Titel: Nitroverbindungen der Cellulose; von Dr. Guido Wolfram.
Autor: Guido Wolfram
Fundstelle: Band 230, Jahrgang 1878, S. 45
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Nitroverbindungen der Cellulose; von Dr. Guido Wolfram. Wolfram, über Nitroverbindungen der Cellulose. Im J. 1833 erhielt BraconnotAnnales de Chimie et de Physique, Bd. 52 S. 290. Poggendorff's Annalen, Bd. 29 S. 176. durch Auflösen von Stärke, Papier u.s.w. in concentrirter Salpetersäure und Ausfällen mit Wasser eine weiſse, pulverige Substanz, Xyloidin, welche mit einer Flamme in Berührung gebracht schwach verpuffte. Während Braconnot aus der angewendeten Substanz das gleiche Gewicht Xyloidin erhalten hatte, beobachtete PelouzeComptes rendus, Bd. 7 S. 713. Journal für praktische Chemie, Bd. 16 S. 168. die Gewichtszunahme der eingetragenen Stärke; er betrachtete die neue Verbindung als ein salpetersaures Salz, in welchem die Stärke die Rolle einer Basis spiele. Pelouze bemerkte ferner, daſs schon das Eintauchen von Papier, Leinwand und Baumwollenzeug in Salpetersäure von 1,5 sp. G. dieselben leicht verbrennlich mache. Nach seiner Ansicht verdanken sie diese Eigenschaften dem Xyloidin, welches sie bedeckt. Im J. 1846 kündigte Schönbein die Entdeckung einer explosiven, als Ersatz für Schieſspulver anwendbaren Baumwolle an, welche in ihrer Explosionswirkung das beste Schieſspulver um das vierfache übertreffe, sich zum Sprengen vortrefflich eigne, weder Rauch noch Rückstand bei der Verbrennung hinterlasse, bei der Darstellung gefahrlos sei und wenig Vorrichtungen nöthig mache. Schönbeins geheim gehaltenes Verfahren wurde alsbald von Böttger nachentdeckt. Die Hoffnung, Schönbein würde die Darstellung dieses merkwürdigen Productes bekanntgeben, hielt die Chemiker ab, Versuche zu seiner Darstellung zu unternehmen, obwohl viele dessen Aehnlichkeit mit den von Pelouze dargestellten Substanzen erkannten. Da veröffentlichte Otto in Braunschweig Folgendes: „Vollkommen unabhängig von Schönbein und Böttger, auf einer Beobachtung von Pelouze fuſsend, ist es mir gelungen, eine explodirende Baumwolle darzustellen, welche nach den damit vorgenommenen Versuchen in der That geeignet scheint, das Schieſspulver zu ersetzen.“ Weiter sagt er, um wichtige Entdeckungen schnell auf die höchste Stufe der Vollkommenheit zu bringen, müsse man sie veröffentlichen, und beschreibt dann die Darstellung, die Eigenschaften und die Anwendung der Schieſsbaumwolle. Diese Mittheilung von Otto stürzte das Hinderniſs der freien Bewegung; alle Chemiker und eine bei weitem gröſsere Anzahl Nichtchemiker beschäftigten sich mit der Darstellung der Schieſsbaumwolle, so daſs MarchandJournal für praktische Chemie, 1847 Bd. 40 S. 193. sagt: „Sechs Wochen lang athmeten die öffentlichen Blätter nur Schieſsbaumwolle und der Verbrauch an Salpetersäure war kolossal.“ Knop in Leipzig ersetzte die zur Darstellung angewendete concentrirte Salpetersäure durch die zweckmäſsigere Salpeter-Schwefelsäure. Durch die vielen Versuche und Analysen, welche mit der Schieſsbaumwolle ausgeführt wurden, erkannte man, daſs dieselbe wesentlich verschieden sei von dem aus Stärke dargestellten Xyloidin, blieb aber bis auf die neueste Zeit in Ungewiſsheit über die Formel, welche der Schieſsbaumwolle zukomme. Dieselbe ist: nach Pelouze: C24H17O17(NO5)5 Schönbein und Böttger: C9H6N2O13, Peligot: C24H18X6O24, Schmidt und Hecker: C24H16X5O21, van Kerkhoff und Reuter: C24H13X6O19, Porret und Teschemacher: C24H16X8O24, Domonte und Ménard: C24H18X6O24, und C24H16X4O20, erstere in Aether-Alkohol löslich, letztere darin unlöslich. Gérhardt stellte für die von Domonte und Ménard untersuchte, in Aether-Alkohol lösliche Nitrocellulose die Formel C24H16X4O20 auf, Gladstone für eine von ihm selbst untersuchte die Formel C24 H15X5O20. Walther Crum gab die Formel: C24H14X6O20, welche Gérhardt auch für die von Pelouze, Schmidt und Hecker, van Kerkhoff und Reuter, sowie von Gladstone untersuchten Producte aufstellte. Nach Hadow werden durch Eintragen von Baumwolle in Salpeter-Schwefelsäure von verschiedener Concentration drei verschiedene Verbindungen erhalten: a) C12H7X3O10 oder C36H21X9O30, unlöslich in Aether-Alkohol, b) C36H22X8O30, löslich in Aether-Weingeist, c) C36H23X7O30, löslich in Aether und Eisessig. Nach der Ansicht der meisten Chemiker ist der Stickstoff als Wasserstoff vortretendes X = NO4, nach der von Pelouze, Cottereau, Walther Crum und Béchamp als NO5, Salpetersäure, enthalten. Während die Chemiker bemüht waren, die Zusammensetzung der Schieſsbaumwolle fest zu stellen, versuchten die meisten Staaten, dieselbe an Stelle des Schieſspulvers einzuführen, und richteten groſse Fabriken zur Darstellung derselben ein. Bald nach der Entdeckung der Schieſsbaumwolle warnten einzelne Stimmen vor der neuen Substanz, da dieselbe im Luftstrome schon unter 100° sich entzünden und explodiren könne. Ferner fand man, daſs bei längerem Aufbewahren, unter nicht genau bekannten Umständen, eine Zersetzung und auch Explosion der Schieſsbaumwolle stattfinden könne. Durch lang fortgesetztes Auswaschen suchte man diesem Uebelstande abzuhelfen, und neuerdings versuchten General v. Lenk durch Behandlung mit Natronwasserglas, Abel durch kohlensaures Natron, die Selbstzersetzung zu verhindern. Die Zerstörung der Fabriken von Bouchet in Frankreich, Dartford in England und anderer in Sachsen und Oesterreich zeigte genügend die Unzuverlässigkeit und Gefährlichkeit der Substanz. Als auch die Anwendung der Schieſsbaumwolle in Gewehren und Geschützen eine nachtheilige Einwirkung auf diese Waffen bemerken lieſs, gingen die Regierungen von der Verwendung derselben ab, und jetzt wird wahrscheinlich nur noch in England Schieſsbaumwolle in gröſserer Menge zu artilleristischen Zwecken dargestellt und zum Laden von Torpedos. verwendet. Auſserdem erstand in dem Nitroglycerin der Schieſsbaumwolle ein so überaus kräftiger Rivale, daſs dieselbe auch als Sprengmittel überall verdrängt wurde. In neuerer Zeit arbeitete und schrieb F. A. Abel besonders über die Darstellung der Schieſsbaumwolle und suchte deren Beibehaltung zu erreichen. Im J. 1863 machte AbelWagner's Jahresbericht, 1863 S. 310. Mittheilungen über die von Lenk in Hirtenberg dargestellte verbesserte Schieſsbaumwolle, welche nach Untersuchungen von Schrötter, Redtenbacher und Schneider die stets gleichbleibende Zusammensetzung der Trinitrocellulose C12H7(NO4)3O10 habe, und welcher durch Behandlung mit Natronwasserglas gröſsere Haltbarkeit verliehen würde. Pelouze und MaureyComptes rendus, Bd. 59 S. 363. Wagner's Jahresbericht, 1864 S. 234. zeigten hierauf, daſs diese österreichische Schieſsbaumwolle gleiche Zusammensetzung, gleiches Verhalten gegen Wärme und gleiche ballistische Kraft mit der französischen zu Bouchet dargestellten habe, daſs aber beiden die Formel: C24H18O18(NO5)5 zukäme, welche nur um 1 Aeq. HO von der 1847 von Pelouze aufgestellten abweiche. In Erwiederung darauf erklärt F. A. AbelChemical News, 1866 Bd. 11 S. 4., daſs die Versuche vielmehr zur Annahme der Formel C12H7 3(NO4)O10 führten, als zu der von Pelouze und Maurey angegebenen. Nach Abel'sWagner's Jahresbericht, 1871 S. 304. Vorschrift wurde in der Patent Safety Gun-Cotton Factory, früher Prentice und Comp. zu Stowmarket comprimirte Schieſsbaumwolle dargestellt, durch 24stündige Einwirkung von 10 Th. eines Säuregemisches von 1 Th. Salpetersäure von 1,5 sp. G. und 3 Th. Schwefelsäure von 1,85 sp. G. auf 1 Th. Baumwollabfall. Nach dem Ausschleudern im Centrifugalapparat wurde die Schieſsbaumwolle in viel Wasser gewaschen, darauf im Holländer zerrissen und gewaschen und dann nochmals in einer poaching-Maschine etwa 48 Stunden in warmem Wasser gewaschen, wodurch sie reiner wird als durch Lenk's Auswaschen in flieſsendem Wasser während 6 bis 8 Wochen. Darauf wird die Schieſsbaumwolle verdichtet und getrocknet. 1871 versendete die Fabrik wöchentlich 8 bis 10t comprimirte Schieſsbaumwolle. Im J. 1872 flog ein Theil der Fabrik in die Luft. Nach P. Champion und H. PelletWagner's Jahresbericht, 1877 S. 479. ist die Zusammensetzung der Schieſsbaumwolle nicht, wie Abel angibt, Trinitrocellulose C6H7(NO2)3O5, sondern Pentanitrocellulose nach Pelouze: Berechnet: C 26,23 H 2,73 O 58,29 N 12,75 Gefunden: 26,18 2,81 58,23 12,78. AbelWagner's Jahresbericht, 1877 S. 385. erwiedert darauf, daſs die käufliche Schieſsbaumwolle (comprimirte nach Abel) aus Trinitrocellulose mit 4 bis 5 Proc. unveränderter Cellulose, bis 12 Proc. Dinitrocellulose, 1 Proc. aus dem Fette und Harze der Baumwolle entstehenden Substanzen und 0,5 Proc. Asche bestehe. Darauf hin wurde von Champion und PelletComptes rendus, 1877 Bd. 84 S. 609. eine neue Probe untersucht und darin 1 Proc. unveränderte Cellulose, 6 Proc. Dinitrocellulose und 93 Proc. eines Productes gefunden, dessen Zusammensetzung der Pentanitrocellulose entsprach. Domonte und Menard und ziemlich gleichzeitig mit diesen Meynard und Reuter hatten entdeckt, daſs eine besondere Art der Schieſsbaumwolle in Alkohol-Aether löslich sei und beim Verdunsten der Lösung eine glasartige Schicht zurücklasse. Legray versuchte i. J. 1850 diese Lösung in die Photographie einzuführen und die glasartige Haut als Bildträger zu benutzen, kam aber zu keinem Ziele. Glücklicher waren Archer und Fry, welche i. J. 1851 ihr neues Collodium-Verfahren der Oeffentlichkeit übergeben konnten. Von dieser Zeit beginnt der groſsartige Aufschwung, welchen die Photographie genommen hat. Es war durch dieses Verfahren ein Mittel gegeben, Bilder von auſserordentlicher Schärfe und Feinheit der Zeichnung beliebig oft vervielfältigen zu können. Herrscht bis auf die neueste Zeit noch Ungewiſsheit über die Zusammensetzung der explosiven Schieſsbaumwolle, so ist die Unsicherheit über die Zusammensetzung der Collodiumwolle eine noch viel gröſsere. Wie schon oben angegeben, stellte Gérhardt für dieselbe die Formel C24H16X4O20, Gladstone und Béchamp C24H15X5O20, Hadow C36H22X8O30 oder C36H23 X7O30 auf. Champion und Pellet fanden neuerdings für russische Collodiumwolle die Formel C12H5(NO2)5O10 und für nitrirtes Papier C12H6(NO2)4O10. In den photographischen Lehrbüchern und Journalen ist eine groſse Anzahl von Vorschriften zur Darstellung guter Colodiumwolle angegeben. Es ist unmöglich, auf diese einzugehen, und nur im Allgemeinen ist anzugeben, daſs durch zahlreiche Versuche Folgendes festgestellt wurde. Die Eigenschaften des Pyroxylins sind verschieden je nach der Concentration der Säuremischung, der Temperatur beim Eintauchen, der Dauer der Einwirkung und der Art der Cellulose. Bei niederer Temperatur bereitetes Pyroxylin zeigte sich photographisch empfindlicher als bei hoher Temperatur dargestelltes, war aber in seinen physikalischen Eigenschaften nicht so gut. Schwefelsäure, im Ueberschuſs bei der Darstellung angewendet, pergamentisirte die Collodiumwolle, deren Lösung dann sehr intensive Bilder gab. Man schrieb dies der Bildung eines Dextrin-artigen Stoffes durch Einwirkung der Schwefelsäure auf die Cellulose zu. Für Trockenplatten wurde bei hoher Temperatur dargestelltes Collodium vorgezogen und versucht, ihm durch Ueberziehen der Baumwolle mit Gelatine vor dem Nitriten bessere Eigenschaften zu geben. Zu gleicher Zeit fand man, daſs bei niedriger Temperatur aus Papier dargestelltes Collodium gleich gute Eigenschaften besäſse. Um die Unsicherheit, welche über die Zusammensetzung und die Anzahl der Nitroverbindungen der Cellulose herrscht, zu heben und ferner den Einfluſs darzuthun, welchen verschiedene Säuremischungen unter verschiedenen Umständen auf die Cellulose ausüben, und um der Ursache der merkwürdigen Eigenschaften des löslichen Pyroxylins auf die Spur zu kommen, beschloſs ich, Cellulose (Baumwolle, Hanf, Papier, Leinen, Strohstoff) auf verschiedene Art zu nitriren und die entstehenden Producte zu untersuchen. Zur Untersuchung des Gehaltes der Nitrocellulose an Untersalpetersäure konnte bei der voraussichtlich groſsen Reihe von Bestimmungen die Elementaranalyse nicht angewendet werden, da dieselbe zu ungenau und zu umständlich in der Ausführung ist. Nach Béchamp's Beobachtungen wird Nitrocellulose durch saure Eisenchlorürlösung unter Entwicklung von Stickoxydgas zersetzt. Da nach Schulze die Bestimmung der Salpetersäure in Brunnenwässern auf derselben Reaction beruht, so lag es nahe, auch den von SchulzeZeitschrift für analytische Chemie, 1870 S. 401.beschriebenen Apparat zu benutzen und die Analyse auf diese Weise mit geringen Abänderungen in der Handhabung des Apparates auszuführen. Der Apparat besteht aus einem etwa 150cc fassenden Kölbchen, das mit einem doppelt durchbohrten Kork verschlossen ist, in welchem sich zwei unter spitzem Winkel nach unten gebogene Glasröhren befinden. Beide stehen durch enge, mit Quetschhähnen zu schlieſsende Gummischläuche mit Glasröhren in Verbindung, von welchen die eine am Ende nach oben gebogen und mit einem Stückchen Gummischlauch überzogen ist, um dieselbe vor dem Zerbrechen zu schützen. Diese Röhre taucht in ein Gefäſs mit etwa 30proc. Natronlauge, in welcher ein mit derselben Lauge gefülltes, 100cc Gas lassendes Eudiometer, das in 0cc,2 getheilt ist, mittels eines Retortenhalters stehend erhalten wird. Die andere Glasröhre kann bis auf den Boden eines kleinen Becherglases eingetaucht werden, welches mit 20cc concentrirter Eisenchlorürlösung und 20cc concentrirter, Salpetersäure-freier Salzsäure gefüllt ist. Zur Ausführung der Analyse werden 0,3 bis 0g,35 Nitrocellulose bei 80 bis 90° getrocknet, sorgfältig gewogen und nebst 15 bis 20cc Wasser in das Kölbchen gebracht. Während das Wasser zum Kochen erhitzt wird, ist der eine Quetschhahn geöffnet, so daſs die Luft durch die Natronlauge entweichen kann. Ist dieselbe aus dieser Röhre ausgetrieben, so daſs beim Zusammendrücken des Gummischlauches die Natronlauge schnell, wie in ein Vacuum zurücksteigt und gegen die Finger anschlägt, so wird diese Röhre durch den Quetschhahn geschlossen, die andere geöffnet und in das Bechergläschen getaucht. Ist die Luft durch die saure Eisenchlorürlösung entwichen und durch den Wasserdampf die Flüssigkeit so viel als möglich erhitzt, so wird die Flamme unter dem Kölbchen entfernt und der Quetschhahn geschlossen. Während das Kölbchen etwas abkühlt, der Druck im Innern dadurch sinkt, wird das gebogene Ende der Entwicklungsröhre unter das Eudiometer gebracht und dann durch Oeffnung des betreffenden Quetschhahnes dem gröſsten Theil der Eisenchlorürlösung der Eintritt in das Kölbchen gestattet, jedoch so, daſs keine Luftblasen mit eindringen können. Darauf wird die Flamme wieder unter das Kölbchen gebracht und, sobald die zusammengedrückten Gummischläuche sich aufzublähen beginnen, die Röhre nach dem Eudiometer geöffnet, so daſs das Stickoxydgas in dasselbe eintreten kann. Gegen das Ende der Operation wird die Flamme verstärkt und der Kolbeninhalt gekocht, bis sich das Gasvolum nicht mehr vermehrt. Das reichlich übergehende Salzsäuregas wird durch die Natronlauge unter lebhaft knatterndem Geräusche absorbirt. Sobald das Gas vollständig übergetrieben ist, wird die Flamme entfernt, das Zurücksteigen der Natronlauge durch Schlieſsen des betreffenden Quetschhahnes verhindert und der andere geöffnet. Das Eudiometer wird mit Hilfe eines kleinen Porzellantiegels in ein hohes Standgefäſs eingetragen, welches so weit mit Wasser gefüllt sein muſs, daſs das Eudiometer vollständig untergetaucht werden kann. Nach 10 bis 15 Minuten wird die Temperatur des Wassers an einem gleichfalls eingetauchten Thermometer abgelesen und das Eudiometer so weit aus dem Wasser gehoben, daſs die Flüssigkeit innerhalb und auſserhalb desselben gleiches Niveau hat, und das Volum des Gases abgelesen. Nachdem auch der Barometerstand notirt worden ist, berechnet man das Volum des Gases in bekannter Weise auf 00 und 760mm Barometerstand. Nach Bunsen wiegt 1l Stickoxydgas 1g,34343, 1l Untersalpetersäure wird dann 1g,72659 wiegen. Mit Hilfe dieser Werthe wird die Menge der in der angewendeten Substanz enthaltenen Untersalpetersäure berechnet und daraus deren Gehalt in Procent gefunden. Einen ähnlichen, aber weniger praktischen Apparat benutzten P. Champion und H. Pellet zur Bestimmung des Stickstoffes in Nitroverbindungen. Sie kochten die Substanz mit einer Lösung von neutralem schwefelsaurem Eisenoxydul-Ammoniak, lieſsen nach Austreiben der Luft durch ein Trichterrohr mit Glashahn ein Gemisch von Schwefelsäure und Salzsäure eintreten und maſsen die Menge des Stickoxydes in gleicher Weise. Die nachfolgenden Nitrirungsversuche wurden, so weit als thunlich, mit verschiedenen Arten der Cellulose als Baumwolle, Papier, Leinen, Hanf und Strohstoff' ausgeführt, von denen die drei ersteren keiner vorhergehenden Reinigung unterworfen wurden. Die verwendete Baumwolle war die reinste, gekrempelte, welche im Handel vorkommt. Eine Reinigung durch Auskochen mit Natronlauge u.s.w. und folgendes Auswaschen erleichterte durchaus nicht das Eindringen des Säuregemisches, wie L. WarneckePhotographische Mittheilungen, 1877 Bd. 14 S. 302. angibt. Als Papier wurde ein kurzfaseriges Filtrirpapier verwendet, welches ziemlich viel Holzstoff zu enthalten schien. Das Leinen war alte, gebleichte Leinwand. Der Hanf wurde durch mehrmaliges Auskochen mit Natronlauge und Chlorkalk mit etwas Salzsäure so weit gereinigt, daſs er vollkommen weiſs und seidenglänzend erschien. Der auf gleiche Weise aus Stroh dargestellte Strohstoff eignet sich nicht zum Nitriren, da er zu festen Stücken zusammentrocknet, welche nur unvollständig von der Säure durchdrungen werden. Es wurde deshalb Strohstoff in Papierform verwendet, welcher durch Behandlung mit Salzsäure von seinem Gehalte an kohlensaurem Kalk (3 Proc.) befreit wurde. Die benutzte Schwefelsäure hatte 1,8424 sp. G., die Concentration der Salpetersäure ist bei den betreffenden Versuchen angegeben. Beim Vermischen der beiden Säuren trat eine Temperaturerhöhung auf 60 bis 80° ein. Nachdem durch Abkühlen des Gefäſses mit Wasser die gewünschte Temperatur erreicht war, wurde die Cellulose eingetragen, durch Andrücken an die Gefäſswand alle Luftblasen entfernt und dann die Mischung der langsamen Abkühlung überlassen, so daſs nach 12 bis 24 Stunden dieselbe eine Temperatur von 20 bis 23° zeigte. Auf das Auswaschen der Nitrocellulose wurde besondere Sorgfalt verwendet und dasselbe entweder in flieſsendem Wasser oder durch sehr wiederholtes, tagelang fortgesetztes Decantiren und Auspressen bewirkt. Das Trocknen der Pyroxyline wurde im Vacuum oder im Luftstrome bei gewöhnlicher, oder wenig erhöhter Temperatur ausgeführt. Trocknen im Wasserbade führte stets zu einer theilweisen Bräunung und Zersetzung der Nitrocellulose. Die analysirten Verbindungen werden am besten durch ihren Procentgehalt an Untersalpetersäure mit einander verglichen, und es würden dann die Trinitrocellulose, oder verdoppelt die Hexanitrocellulose als höchste Nitrationsstufe angenommen, folgende sechs Verbindungen möglich sein: C12H19O10,NO2, Mononitro-Cellulose mit 12,49 Proc. NO2 C12H18O10,2NO2, Binitro-Cellulose 22,22 C12H17O10,3NO2, Trinitro-Cellulose 30,06 C12H16O10,4NO2, Tetranitro-Cellulose 36,50 C12H15O10,5NO2, Pentanitro-Cellulose 41,89 C12H14O10,6NO2, Hexanitro-Cellulose 46,76 Die in folgender Tabelle enthaltenen Versuche sind mit Salpetersäure von 1,38 spec. Gew. angestellt worden. Art undMengederCellulose Nr. des Versuches Schwefelsäure Salpetersäure Temperaturbeim Eintauchen Dauer derEinwirkung Untersalpetersäure Bemerkungen. cc cc Grd. Std. Proc. 2g Baum-   wolleDesgl.Desgl.Desgl.Desgl.Desgl.Desgl.Desgl.Desgl.2g PapierDesgl.Desgl.2g LeinenDesgl.Desgl.2g HanfDesgl.Desgl.2g Stroh-   stoffDesgl.Desgl.10g Baum-   wolle 12345678910111213141516171819202122 2525252525252537,5502537,5502537,5502537,5502537,550100 252525252525252525252525252525252525252525100 18181840404040404040404040404040404040404060 ¼½1¼½124242424242424242424242424242424 33,7435,0735,2333,7234,7235,1335,6239,9941,5835,8139,0540,3232,4135,8838,2032,6838,9941,2136,2338,4739,4034,77 Theilweise löslich in Alkohol, löslich    in Aether-Alkohol.Desgleichen.Desgleichen.Desgleichen.Desgleichen.Desgleichen.Desgleichen.Nicht in Alkohol, theilweise in Aether-    Alkohol löslich.Unlöslich in Aether-AlkoholUnlöslich in Alkohol, schwerlöslich in    Aether-Alkohol.Theilweise löslich in Aether-Alkohol.Unlöslich in Aether-Alkohol.Unlöslich in Alkohol, schwer löslich in    Aether-Alkohol.Schwer löslich in Aether-Alkohol.Theilweise löslich in Aether-Alkohol.Unlöslich in Alkohol, löslich in Aether-    Alkohol.Theilweise löslich in Aether-Alkohol.Unlöslich in Aether-Alkohol.Unlöslich in Alkohol, löslich in Aether-    Alkohol.Theilweise löslich in Aether-Alkohol.Theilweise löslich in Aether-Alkohol.Löslich in Alkohol und Aether-Alkohol. Versuche mit Salpetersäure von 1,505 specifischem Gewicht. Art und MengederCellulose Nr. des Versuches Schwefelsäure Salpetersäure Temperaturbeim Eintauchen Dauer derEinwirkung Untersalpetersäure Bemerkungen. cc cc Grad Stdn. Proc. 2g BaumwolleDesgleichenDesgleichenDesgleichenDesgleichenDesgleichen5g Baumwolle2g BaumwolleDesgleichenDesgleichenDesgleichen2g Papier2g Hanf2g Leinen2g Strohstoff1g Nitrocellulose von   Versuch 23Desgl. von Versuch 24Desgl. von Versuch 25 232425262728293031323334353637383940 255075255075255050505025252525255075 252525252525252525252525252525252525 252525282828204562859020202020252525 3332424241/40¼¼7/60¼24242424242424 42,0641,6641,9942,0141,9641,8541,4542,0941,6941,9542,1741,9942,0142,1642,0341,9842,0242,07 Sämmtlich unlös-lich in Alkohol undAlkohol-Aether,löslich in Acetonund Essigäther. Versuche mit Mischungen von Salpetersäure von 1,467 mit solcher von 1,38 specifischem Gewicht. Versuch 41: Von 1 Vol.-Th. Salpetersäure von 1,467 mit 1 V.-Th. von 1,38 gaben 25cc mit 25cc Schwefelsäure bei 60° in 15 Minuten eine unlösliche Schieſsbaumwolle mit 41,56 Proc. NO2. Versuch 42: Von 2 V.-Th. Salpetersäure von 1,38 mit 1 V.-Th. von 1,467 gaben 25cc unter denselben Umständen eine in Aether-Alkohol leicht lösliche Collodiumwolle mit 39,19 Proc. NO2. Versuch 43: Von 3 V.-Th. Salpetersäure von 1,38 mit 1 V.-Th. von 1,467 gaben 25cc mit 25cc Schwefelsäure unter denselben Umständen ebenfalls eine lösliche Collodiumwolle mit 38,37 Proc. NO2. Versuch 44: 3g Papier gaben mit derselben Mischung in 15 Minuten bei 23° ein schwer lösliches Pyroxylin mit 36,17 Proc. NO2. Versuch 45: 3g Papier gaben dagegen bei 60° mit derselben Mischung in 15 Minuten ein leicht lösliches Collodiumpapier mit 38,33 Proc. NO2. (Schluſs folgt.)