Titel: Zur Milchuntersuchung.
Fundstelle: Band 230, Jahrgang 1878, S. 80
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Zur Milchuntersuchung. Mit einer Abbildung auf Tafel 4. Zur Milchuntersuchung. König (Landwirthschaftliche Zeitung für Westphalen und Lippe, 1878 Nr. 24) hat die Milch aus einem Stalle mit 13 Kühen untersucht und in derselben folgenden Wasser- und Fettgehalt gefunden: Bei Stallfütterung Bei Weidegang 25. April 30. April 20. Mai 31. Mai Fett 1,78 2,79 3,36 2,05 Proc. Wasser 89,79 89,51 88,79 90,73 „ Der Fettgehalt der Milch ist daher den groſsten Schwankungen unterworfen (vgl. 1877 224 655. 225 517). J. Feser (D. R. P. Nr. 72 vom 3. Juli 1877) fordert für normale Milch ein specifisches Gewicht von 1,03 bei 15° oder 30° an der Quevenne'schen Milchwage und einen Fettgehalt von mindestens 3 Proc. den er mit dem in Fig. 9 Taf. 4 abgebildeten Apparate bestimmt. Dieses ganz aus Glas gefertigte Laktoskop enthält auf einem am Grunde innerhalb des Apparates eingeschmolzenen Milchglasröhrchen d in bestimmter Entfernung von dem gegenüber liegenden farblosen Glascylinder mehrere eingebrannte schwarze Linien.Der äuſsere Glasmantel ist in Cubikcentimeter getheilt und trägt zugleich die Fett-Procentscale. Man gibt nun zur Bestimmung des Buttergehaltes einer Milch eine kleine abgemessene Menge der gut gemischten Milch ins Innere des Apparates bis zum Nullpunkt und hierauf so viel Brunnenwasser in allmälig kleineren Absätzen, bis die dunkeln Linien am Milchglasröhrchen eben wieder deutlich sichtbar werden und abgezählt werden können. Man liest dann an der am Apparat befindlichen Scale den Verbrauch an zugesetztem Wasser und den daneben angegebenen entsprechenden Procentgehalt der Milch an Butterfett ab. (J. Greiner in München liefert dieses Galaktometer für 6 M.) Klenze hat bezüglich der Milchuntersuchung Gutachten von 9 Sachverständigen eingeholt und in der Milchzeitung, 1878 S. 425 und 441 veröffentlicht, woraus wir folgende Angaben entnehmen. Bezüglich der Quevenne'schen Milchwage stimmen sämmtliche Urtheile darin überein, daſs dieselbe amtlich geprüft werden muſs, um zuverlässig zu sein. A. Hilger fügt hinzu, daſs der Feser'sche Apparat nur in den Händen eines geübten zuverlässigen Beobachters einigermaſsen brauchbar ist und eben an derselben Ungenauigkeit leidet, an der sämmtliche Instrumente leiden, welche optische Principien als Grundlage besitzen. Müssen wir doch vorläufig immer noch bezweifeln, ob nicht alle optischen Milchprüfungs-Instrumente auf wissenschaftlich richtiger, zuverlässiger Grundlage beruhen. Als das geringste zulässige specifische Gewicht wird 1,029, von Hilger 1,028 angegeben; derselbe fordert mindestens 12 Proc. feste Stoffe. Soxhlet fand jedoch bei einer Stallprobe in der Milch dreier neu melkender Kühe nur 11,56 Proc. feste Bestandtheile und ein specifisches Gewicht von 1,028 bei 15°. Diese Milch, auf den Markt gebracht, wäre unbedingt verdächtig gewesen, und war doch echt und ungewässert. Marktmilch mit 1,028 sp. G. ist allerdings sehr verdächtig und eine stattgehabte Verdünnung durch Wasser sehr wahrscheinlich; behaupten oder sogar beweisen läſst sich dies auf Grund der Bestimmung des specifischen Gewichtes aber ganz und gar nicht. Der Feser'sche Fettbestimmungsapparat ist nach W. Eugling von allen optischen Milchprüfungs-Instrumenten das handlichste, auch da ganz am Platz, wo es sich um Ermittlung einer Verfälschung mit theilweise abgerahmter Milch handelt. Die Handhabung des Instrumentes verlangt jedoch groſse Uebung und will an der Hand der exacten chemischen Fettbestimmung erlernt sein, da weniger Geübte mit dem Feser'schen Apparate Fehler bis über 0,5 Proc. Fett häufig machen. Nach den von W. Fleischmann im Laboratorium der Versuchsstation Raden ausgeführten vergleichenden Untersuchungen betrug die Differenz zwischen den Angaben des neuen Feser'schen Apparates und den Resultaten der gewichtsanalytischen Bestimmung des Fettgehaltes der gleichen Milch nur 0,1 bis 0,2 Proc. Eine gerichtliche Verurtheilung auf Grund eines Versuches mit diesem Apparate ist jedoch nach einstimmigem Urtheile der Sachverständigen nicht gerechtfertigt. Bezüglich der Probenahme hebt W. Fleischmann hervor, daſs die Controle der Milch, falls sie irgend einen Werth haben soll, in einer Weise durchgeführt werden muſs, welche jeden berechtigten Einwand ausschlieſst. Da sich nun bekanntlich die oberen Schichten frisch gemolkener Milch sehr rasch, schon im Verlauf von 30 bis 45 Minuten, merklich an Fett bereichern und in Folge hiervon ein relativ niedriges specifisches Gewicht annehmen können, und da ferner diese Vorgänge durch die Erschütterungen, welche ein Transport der Milch mit sich bringt, durchaus nicht unbedingt beseitigt werden müssen, so ist es unter allen Umständen geboten, die ganze Menge der in einer Kanne enthaltenen Marktmilch zuerst anhaltend und gründlich durchzumischen, ehe man die Probe zur Untersuchung wegnimmt. Diese Vorsichtsmaſsregel darf man nie verabsäumen, wenn man sich gegen den Vorwurf, leichtfertig vorgegangen zu sein, sicher stellen will. Es ist ferner nach dem Urtheile der Sachverständigen möglich, aber nicht wahrscheinlich, daſs 3 Kannen, welche die Milch von je 2 bis 3 Kühen aus verschiedenen Ställen enthalten, ganz genau das gleiche specifische Gewicht und den gleichen Fettgehalt zeigen können, namentlich wenn die Kühe nicht gleicher Race, gleichen Alters, gleicher Laktationsperiode sind und gleich gefüttert werden. Die Frage, ob die Milchprobe von 3 Kühen der Qualität nach für diejenige eines Stalles von 30 bis 36 Stück maisgebend sei, wird verneint. Während Ch. Müller 4 Proc. Fett fordert, verlangen W. Eugling, W. Fleischmann und B. Martiny nur 3,5, W. Kirchner, R. Schatzmann und F. Soxhlet sogar nur 3 Proc. und darunter; Soxhlet hat bei einer Stallprobe nur 2,7 Proc. Fett gefunden, König, wie erwähnt, selbst 1,8 Proc. Die Annahme, daſs eine Milch mit 3 Proc. Fett und einem specifischen Gewicht von 1,029 mit 10 bis 20 Proc. Wasser verfälscht sei, wird als unberechtigt zurückgewiesen.

Tafeln

Tafel Tafel 4
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