Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der Gerberei. |
Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 318 |
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Neuerungen auf dem Gebiete der
Gerberei.
Mit einer Abbildung auf Tafel 29.
Neuerungen auf dem Gebiete der Gerberei.
L. Gaulard in Paris (*D. R. P. Nr. 2052 vom 15.
December 1877) will beobachtet haben, daſs das Gerben der Häute auf der Zerlegung
des Wassers der Brühe beruht, indem das Tannin sich des Sauerstoffes bemächtigt,
während der Wasserstoff an die stickstoffhaltige Substanz tritt und Ammoniak bildet.
Um diesen Vorgang zu beschleunigen, bringt er die Häute und die dazwischen gelagerte
Rinde in einen Bottich (Fig. 11
Taf. 29) mit Doppelboden, in welchem zwei Stück Retortenkohle a parallel zu einander befestigt sind. Die kupfernen
Klemmen werden nun durch die beiden Drähte mit einer galvanischen Batterie verbunden
(vgl. 1877 224 657).
A. Knauſs in Gütersloh (*D. R. P. Nr. 1617 vom 13.
December 1877) umgibt die Versetzgrube mit einem zweiten Behälter und legt in den
Zwischenraum beider Dampfröhren, um die Gerbflüssigkeit auf einer gleichmäſsigen
Temperatur erhalten zu können.
C. Jasmand in Berlin (*D. R. P. Nr. 84 vom 27. Juli
1877) hat eine Maschine zum Schnellgerben von fettgarem Leder angegeben, welche im
Wesentlichen mit Frey's Maschine (1876 220 285)
übereinstimmt. Die von E. Volkersen in Hamburg und Ch. Molinier in Buzet (* D. R. P. Nr. 949 vom 18. August
1877) construirte Maschine zum Abfleischen, Abhaaren, Zurichten u. dgl. von Häuten,
Leder und ähnlichen Stoffen arbeitet mit einer Messerwalze und Gummitrommel, welche
ähnlich von Matern (vgl. 1875 215 472) angegeben
ist.
Die von C. Heyl in Worms (*D. R. P. Nr. 244 vom 17. Juli
1877) eigenthümlich angeordnete Lederpolirmaschine glättet das Leder mittels eines
rasch rotirenden Steines. W. Wrest (*D. R. P. Nr. 695
vom 21. October 1877) empfiehlt eine Maschine zum Weichmachen und Bearbeiten des
Leders mittels eigenthümlich angeordneter Schaber und Rollen.
Um Glacéleder
herzustellen, wird nach W. Krapp (D. R. P. Nr. 586 vom
29. Juli 1877) weiſser, an der Luft getrockneter Hundemist mit kaltem Wasser
angerührt und dazu grobe Weizenkleie gemengt. Nach Verlauf einiger Stunden befindet
sich die Masse in einer starken Gährung. Alsdann filtrirt man sie durch ein leinenes
Tuch. Ferner löst man ein wenig doppeltkohlensaures Natron in Wasser auf und fügt
einige Tropfen Schwefelsäure hinzu. Die letztere Operation soll angeblich das auf
der Haarseite (Narben) befindliche Grundfett des Leders lösen, welches gewöhnlich
hartnäckig festsitzt und die Reinigung des Leders vom Kalk erschwert oder gar
verhindert. Nun gieſst man diese Flüssigkeit zu der aus dem Brei gewonnenen und
setzt warmes Wasser hinzu. In dieser Flüssigkeit werden Lammfelle sehr rasch und
schön zubereitet. – Nach W. Eitner (Der Gerber, 1878 S. 196) ist dieses Verfahren nicht
neu, der Zusatz von Natron und Schwefelsäure überflüssig. Die Beize als solche ist
gut; nur muſs sie lauwarm angesetzt werden.
Jüngst ging durch mehrere Fachzeitschriften die Notiz, daſs Leder, welches durch
langes Lagern hart geworden ist, durch Einreiben mit roher Oelsäure wieder die
frühere Geschmeidigkeit erlange, da diese Säure das Leder schneller als jedes andere
Fett durchdringe. W. Eitner (Der Gerber, 1878 S. 171) warnt vor Anwendung der Oelsäure, da diese das
Leder eher spröde mache.
Künstliches Gewicht bei Leder. Zu den vielen neuen
Errungenschaften der Lederfabrikation gehört leider auch die künstliche Beschwerung
des Leders. Die Frage nach dem natürlichen Gewicht des Leders beantwortet W. Eitner (Der Gerber,
1878 S. 145) dahin, das natürliche, also reelle Gewicht eines Sohlleders sei jenes,
welches die gehörig gereinigte und entfleischte Haut nach vollendeter Gerbung und
Trocknung habe. Vergleicht man nun verschiedene völlig gare Sohlleder einer und
derselben Gerbung, so wird man schon nicht unbedeutende Gewichtsunterschiede
bemerken, d.h. Lederstücke von gleicher Fläche, gleicher Dicke, die sogar einer und
derselben Hautstelle von zwei Häuten entnommen wurden, werden nicht gleiche oder
annähernd gleiche, sondern schon bedeutend verschiedene Gewichte zeigen. Noch mehr
ist dies der Fall, wenn gleiche, aber mit verschiedenen Gerbstoffen hergestellte
Lederstücke verglichen werden. So wiegen 200qc
groſse, 500mm dicke Lederstücke, gleich trocken
und derselben Hautstelle entnommen, von:
g
Pfundleder, gehämmert
116,43
Valoneaterzen, ungehämmert
109,36
Eichenwildsohlleder, gewalzt
97,56
Fichtensohlleder
79,69
Hemlockleder
103,23
Englische Sohlleder
118,15.
Die Frage, in wie fern die durch diese Gewichte bedingten
Preise im richtigen
Verhältniſs mit der Güte und Dauerhaftigkeit des Leders stehen, ist zur Zeit noch
nicht genau zu beantworten, da über die Güte der Sohlleder, mit verschiedenen
Gerbmaterialien gegerbt, nur Ansichten herrschen und richtige Resultate von nach
allen Richtungen hindurch geführten diesbezüglichen Versuchen noch nicht vorliegen.
Die Gewichtsverschiedenheiten hingegen kommen bei obigen Ledern zum geringen Theil
aus den gröſseren und geringeren Verlusten an Haut bei den vorbereitenden
Operationen (Aeschern und Schwitzen) für die Gerbung, zum allergröſsten Theil aber
aus dem Vorhandensein gröſserer und geringerer Mengen von Gerbstoff und anderen
Extractivstoffen der pflanzlichen Gerbmaterialien.
Ein besonders groſser Gehalt an Gerbstoff oder Schmiere ist nicht als Verfälschung zu
betrachten, wohl aber schon ein Tränken mit Traubenzucker und nachheriges Trocknen.
Besonders verderblich ist das Beschweren mit verschiedenen Stoffen noch deshalb,
weil dieses namentlich mit losem, schwammigem Leder ausgeführt wird.
Man erkennt ein derartig beschwertes Leder durch den Gewichtsverlust beim Auswaschen;
Salze geben häufig einen weiſsen Beschlag auf dem Leder. Gekleistertes Leder ist
sehr zähe im Schneiden, ähnlich jenem Leder, welches noch sehr ungar ist.
Gezuckertes Leder kennzeichnet sich beim Lagern in warmen feuchten Magazinen durch
einen eigenthümlichen Geruch nach gährender Maische, welche von der Gährung des
Zuckers herrührt; bei längerem Lagern unter diesen Umständen kann das Leder groſsen
Schaden leiden.