Titel: Ueber Düngerphosphate; von K. Walter, Civilingenieur in Auvelais (Belgien).
Autor: K. Walter
Fundstelle: Band 230, Jahrgang 1878, S. 486
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Ueber Düngerphosphate; von K. Walter, Civilingenieur in Auvelais (Belgien). (Schluſs von S. 418 dieses Bandes.) Walter, über Düngerphosphate. Die Fabrikation von präcipitirtem Phosphate aus mineralischen Phosphaten ist nur dort möglich, wo zu gleicher Zeit billige Salzsäure und billiges Rohphosphat zu haben sind. Es existirten bis vor 1½ Jahren nur zwei Fabriken in Frankreich, welche das präcipitirte Phosphat aus mineralischem Phosphate herstellten, und werden trotz der dort sehr günstigen Phosphatpreise kaum mehr entstehen können, wegen der verhältniſsmäſsig hohen Salzsäurepreise. Die eine dieser Fabriken arbeitet sehr vortheilhaft, da sie ausnahmsweise die Salzsäure als anderweit werthlos in die Fabrikation rechnen kann und dicht bei geeigneten Phosphatlagern liegt; auſserdem ist dieselbe auch vollkommen auf der Höhe der Fabrikation, wozu mehrjährige Praxis sie befähigt. Die andere Fabrik ist noch nicht dabei angelangt, ein vollkommenes Product zu liefern. Nur dann kann dieser Fabrikationszweig lohnend sein, wenn das Product wenigstens zu 9/10 im Citrate auflöslich ist. In Belgien existirt eine vom Verfasser gegründete Fabrik für präcipitirtes Phosphat, welche jedoch nur dadurch lebensfähig ist, daſs die Anlieferung von Salzsäure zu einem sehr niedrigen Preise auf Jahre gesichert, ferner daſs geeignetes französisches Phosphat zu verhältniſsmäſsig billigem Preise hier zu beschaffen ist. Das obengenannte Monser Phosphat, das so bequem gelegen wäre, ist unbrauchbar, da es. wie schon angedeutet, selbst in angereichertem Zustand die doppelte Menge Salzsäure zur Zersetzung gebraucht, als das Ardenner Phosphat. Bei dem gegenwärtigen Geschäftsgange könnten vielleicht auch noch andere Fabriken anfangen; bei einem Umschlag würde jedoch der Vortheil derselben wieder zweifelhaft werden, da alsdann die Fabrikation von Chlorkalk und der Verkauf von Salzsäure rentabler sein würde, als die in Rede stehende Fabrikation. Aus diesem Grunde und weil die Anlage der Fabrik auf Verarbeitung von Nassauer Phosphat berechnet wurde, war auch die bei Mühlheim am Rhein projectirte Fabrik nicht lebensfähig. Es wird, wie gesagt, nur ausnahmsweise Gegenden geben, wo sich die Bedingungen derart vereinigen, daſs die Salzsäure unter 80 Pf. für 100k und Phosphat mit nur 6 bis 7 Proc. kohlensaurem Kalk ebenfalls nicht mehr als höchstens 70 Pf. für das Procent phosphorsauren Kalk in der Tonne zu stehen kommt. Das Nassauer Phosphat ist vollkommen ungeeignet zu der in Rede stehenden Fabrikation, da es zu viel Eisenphosphat enthält und dieses beim Ausbringen beinahe unüberwindliche Schwierigkeiten bietet; zudem bleibt zu viel unaufgelöste Phosphorsäure im Rückstande. Die Aufgabe der Fabrikation von präcipitirtem Phosphate ist es. hauptsächlich solche Phosphate, welche zur Superphosphat-Fabrikation bereits zu arm sind, zu verwerthen; doch dürfen dieselben nicht zu viel kohlensauren Kalk, Eisen- und Thonerdephosphat enthalten. Es ist Schade, daſs die Bedingungen für rentable Herstellung des präcipitirten Phosphates in so enge Grenzen gezwängt sind; denn es ist kaum ein Zweifel, daſs binnen Kurzem dasselbe einen verhältniſsmäſsig höheren Werth haben wird als das Superphosphat. Hierzu trägt schon sein viel höherer Procentgehalt an Phosphorsäure bei, welcher es für weitere Transporte geeigneter macht. Superphosphat mit 20 Proc. löslicher Phosphorsäure kommt schon ziemlich selten im Handel vor, wogegen präcipitirtes Phosphat mit Leichtigkeit von 35 bis 37 Proc. derselben herzustellen ist. Sodann ist es auch seiner viel feineren Zertheilung halber mehr für Kopfdüngung geeignet, abgesehen von seiner Unschädlichkeit gegen die Pflanzen, gegenüber dem Superphosphate. Man hat demselben mehrfach vorgeworfen, daſs das darin noch enthaltene Chlorcalcium schädlich auf die Pflanzen wirken solle. Doch ist dies durch mehrjährige Erfahrung gründlich widerlegt. Es enthält gewöhnlich 3 bis 4 Proc. Chlorcalcium, wovon 2 Proc. mit Wasser nicht auszuwaschen sind, also in einer Art chemischer Verbindung mit dem Präcipitat ausgefallen sind. Nach den Versuchen Petermann's wäre es allerdings wünschenswerth, so viel Eisen- und Thonerdephosphat, natürlich in Citrat lösliches, in das präcipitirte Phosphat zu bringen als irgend möglich. Die technischen Schwierigkeiten sind jedoch hierfür vorderhand noch zu groſs. Nicht allein bildet sich viel in Citrat unlösliches Eisenphosphat (was übrigens wohl auch in der Bodenkrume beim Geben von Superphosphat stattfinden wird), sondern das erhaltene Präcipitat ist seiner feinen Vertheilung halber durch die Filter und Filterpressen äuſserst schwierig zu behandeln und trocken zu bekommen. Wenn präcipitirtes Phosphat von seinem löslichen Phosphat (z.B. zu 30 Proc. angenommen) 8 Proc. Eisenphosphat hat, so ist dies schon viel und vorderhand kaum möglich weiter zu gehen. Durch die groſsen Mengen von Flüssigkeit, mit denen man zu arbeiten hat, wird die Fabrikation etwas umständlich und erfordert unverhältniſsmäſsig viele Gefäſse. Die groſse Menge Flüssigkeit rührt theils davon her, daſs man die Säure ziemlich verdünnt anwenden, theils weil der zurückbleibende Schlamm des Rohphosphates mit groſsen Mengen Wasser nachgewaschen werden muſs, wenn keine Phosphorsäure verloren gehen soll; alles dies verlangt viel Arbeitslohn. Hierzu kommt noch, daſs das Product selbst sehr voluminös ist und bei höchstens 60 bis 70° getrocknet werden darf, was auch wieder umständliche Arbeit macht. Eine Production von 2000k täglich erfordert 15 Arbeiter; ein Chemiker ist bei einer derartigen Fabrikation natürlich unentbehrlich. 1cbm präcipitirtes Phosphat wiegt nicht mehr als ungefähr 600k, daher groſse Trocken- und Magazinräume nothwendig sind, letzteres um so mehr, als das Product eigentlich blos in den 3 Frühjahrsmonaten verkäuflich ist, wie überhaupt die meisten Düngerphosphate. In die letzte der eingangs genannten Gruppen gehören endlich die verschiedenen Superphosphate, die mit einem Gehalte von 10 bis 22 Proc. in Wasser löslicher Phosphorsäure wechseln. Aermere kommen kaum mehr im Handel vor, und dieselben reicher darzustellen, würde schwerlich vortheilhaft sein. Enthielt das angewendete Rohphosphat viel Eisen- und Thonerdephosphat, so pflegt das Superphosphat zurückzugehen. Wie oben schon bemerkt, wird in Frankreich und Belgien die lösliche assimilirbare Phosphorsäure nicht mehr als in Wasser allein löslich verkauft, sondern alles in citronensaurem Ammoniak Lösliche wird als solche assimilirbare Phosphorsäure verkauft und zu demselben Preise gerechnet wie Superphosphat allein. Meiner Ansicht nach wird man später noch weiter gehen, wenn die jetzt im Gange befindlichen Versuche Petermann's u.a. beweisen, daſs gewisse Phosphate, die selbst nicht im Citrate auflöslich sind, ebenso schnell wirken als Superphosphat. Superphosphat ist, streng genommen, eigentlich nur ein nothwendiges Uebel; denn Niemand wird behaupten wollen, daſs die Pflanze es als solches aufnimmt. Im Gegentheil wird dasselbe, als Kopfdünger angewendet, eher als Gift wirken; denn wo es auf eine Pflanze fällt und Feuchtigkeit vorfindet, gibt es einen rothen Fleck. Es ist ebenfalls eine Frage, ob die durch dasselbe dem Boden zugeführten Mengen Arsenik nicht auf die Dauer einen schädlichen Einfluſs üben. Viele zur Superphosphat-Fabrikation angewendete Schwefelsäure enthält ganz beträchtliche Mengen dieses Giftes, welches auf diese Art der Akerkrume einverleibt wird. Da aber natürliche Phosphate meistens zu langsam wirken, Knochen, Guano u. dgl. nicht in dem Maſsstabe zu haben sind, der dem heutigen Stande der Landwirthschaft entspricht, und Methoden zu allseitiger vortheilhafter Darstellung von assimilirbaren Kalk- und besonders Eisen- und Thonerdephosphaten noch nicht erfunden sind, muſs es wohl vorderhand der Hauptsache nach beim Superphosphat sein Bewenden haben. Die Fabrikation von präcipitirtem Phosphate wird neben der Superphosphat-Fabrikation ebenso bestehen, wie etwa der Ammoniaksoda-Proceſs neben dem alten Leblanc'schen Verfahren. Welche Mengen Superphosphat allein in Groſsbritannien erzeugt, gebraucht und ausgeführt werden, davon macht man sich kaum einen Begriff; die Production des Continentes verschwindet fast dagegen. Ueber die Fabrikation selbst ist nicht viel zu sagen; doch möchte ich anführen, daſs ich durch lange Praxis gefunden habe, daſs mit einem intermittirenden Mischapparate und einer Aufnahmekammer die wenigstens 50t faſst und so viel wie möglich cubisch ist, am besten gearbeitet wird. Die Kammer muſs natürlich so schnell wie möglich gefüllt werden und die Masse 24 Stunden Zeit zum Anziehen haben. Ein Zusatz von Lederschnitzeln, wo solcher mit Vortheil stattfinden kann, macht das Superphosphat locker (wie der Engländer sagt bulky), eine sehr geschätzte Eigenschaft. Trotzdem auch die Superphosphat-Fabrikation unter dem Drucke der gegenwärtigen Geschäftsverhältnisse zu leiden hat, werden doch noch stets neue Fabriken errichtet – ein Beweis, daſs der Verbrauch künstlich auflöslich gemachter Phosphate für die Landwirthschaft fortwährend und naturgemäſs im Steigen begriffen ist.