Titel: Vorschläge zur Aufsuchung einer rationellen Methode zur Berechnung des Riementriebes; von Prof. L. Pinzger.
Autor: L. Pinzger
Fundstelle: Band 232, Jahrgang 1879, S. 22
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Vorschläge zur Aufsuchung einer rationellen Methode zur Berechnung des Riementriebes; von Prof. L. Pinzger.Das Manuskript kam der Redaction kurze Zeit nach Einlauf Prof. Schmidt's Abhandlung „Theorie des Riementriebes“ (1879 231 406) zu; leider war es unmöglich, beide Arbeiten im vorhergehenden Band unterzubringen. (Vgl. auch 1879 231 550.) Mit Abbildungen. Pinzger, zur Berechnung des Riemenbetriebes. Das auſserordentlich lebhafte Interesse, welches die Mittheilungen von Professor Radinger über die in Nordamerika beliebte, ausgedehnte Verwendung der Riementransmission zur Uebertragung selbst sehr bedeutender Effecte in den Kreisen der deutschen Maschinen-Ingenieure hervorgerufen hat, gibt wohl genügende Veranlassung, die Methode, nach welcher man in Amerika die Constructionsverhältnisse dieser Transmission rechnungsmäſsig feststellt, einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Unter voller Anerkennung des hohen Verdienstes, welches sich Prof. Radinger durch die Veröffentlichung der amerikanischen Berechnungsweise erworben, kann trotzdem nicht geleugnet werden, daſs auch der amerikanischen Formel eine gewisse Einseitigkeit anhaftet, wie solche den bisher in Deutschland üblichen Berechnungsmethoden mit vollem Rechte zum Vorwurf gemacht werden muſs. Dies zu zeigen, soll zunächst der Zweck der folgenden Auseinandersetzungen sein, an welche ich mir alsdann erlauben will, einige Vorschläge zu knüpfen, welche vielleicht dahin führen können, für die Riementransmission diejenigen Verhältnisse zu ermitteln, durch deren gleichzeitig auftretende Wechselwirkung der Riemenbetrieb sowohl hinsichtlich der Anlage-, als der Betriebskosten zu seiner gröſstmöglichen Vollkommenheit ausgebildet werden kann. Behufs möglichst rascher Orientirung mögen folgende Bezeichnungen eingeführt werden: Mit Bezug auf die getriebene Scheibe, für welche die Länge des umspannten Bogens kleiner angenommen werden soll, als bei der treibenden, sei: K1 Zugkraft in der ziehenden Riemenstrecke, K2 gezogenen (beide in Kilogramm), P Umfangswiderstand in Kilogramm, R Scheibenhalbmesser in Meter, b Riemenbreite in Meter, v secundliche Riemengeschwindigkeit in Meter, α Arcuszahl des vom Riemen umspannten Bogens, f der Reibungscoefficient zwischen Riemen und Scheibenumfang. Textabbildung Bd. 232, S. 22 Nach der in fast sämmtlichen deutschen Hand- und Taschenbüchern durchgeführten Berechnungsmethode soll bekanntlich: K_1\leq K{_2} e^f^\alpha (wobei e=2,7182818..) . . . . . . (1) sein, damit der Riemen auf der Scheibe nicht gleitet. Mit Annahme der landläufigen Werthe für f und α erhält man alsdann für gewöhnlich vorkommende Verhältnisse in runder Zahl: K1 = 2K2; da auſserdem unzweifelhaft: K_1-K_2=P . . . . . . (2) sein muſs, so wird bekanntlich K_2=P und K_1=2P. Die Riemenbreite b berechnete sich hiernach aus der zulässigen Beanspruchung des Materials für das Quadratmillimeter, oder auch für das Centimeter Riemenbreite unter Voraussetzung einer mittleren Riemendicke δ von 5mm, mit Zugrundelegung der Zugkraft K1. Wie bereits genugsam erörtert, liegt die Unvollkommenheit dieser Rechnungsmethode in dem Umstände, daſs obige Formeln einen Einfluſs des Scheibenhalbmessers R auf die Wahl der Riemenbreite nicht erkennen lassen. Bei der zweiten in Deutschland bisher üblichen Methode (von Roebling) ging man davon aus, in erster Linie einen zweckmäſsigen Werth für b festzustellen, indem allgemein: \frac {bv}N=Const. . . . . . . (3) gesetzt wurde, d.h. indem man für die in der Secunde und für die Pferdestärke sich abwickelnde Riemenfläche einen bestimmten Werth annahm. Diese Formel ist z.B. in den technischen Kalendern von Heusinger von Waldegg und von Fehland zur Berechnung der Riementriebe benutzt, indem man r=\frac{2R\pi n}{60}=\frac{D\pi n}{60} (n = minutliche Tourenzahl) einführte und hiernach b=Const\,\frac N{nD} erhielt; vor dem Erscheinen einer zu groſsen Riemenbreite schützte man sich durch eine ziemlich willkürliche Wahl der Gröſse des constanten Factors, indem man für denselben bei geringer Riemengeschwindigkeit kleinere, bei gröſserer Riemengeschwindigkeit stetig zunehmende Werthe substituirt. In der That liegt der Werth der Constanten von Gleichung (3) bei solchen Riementransmissionen, deren Constructionsverhältnisse im Uebrigen als ganz brauchbar angesehen werden, zwischen sehr weiten Grenzen, nämlich zwischen 0,06 und 0,14, so daſs als Mittelwerth dieser Constanten die Zahl 0,1 erscheint. Auſserdem wurde die durch einen einfachen Riemen mit Sicherheit übertragbare Zugkraft gewöhnlich zu 6 bis 12k (im Mittel 9k) für 1cm Riemenbreite angenommen und hiernach beurtheilt, ob ein einfacher, oder doppelter, oder in der Mitte einfacher und an den Kanten doppelter Riemen angewendet werden müſste. Bei letzterer Ueberlegung war man nothwendig vor die Frage gestellt, in welchem Gröſsenverhältniſs K1 zur Umfangskraft P angenommen werden müsse, und damit wieder auf die Formeln (1) und (2) zurückverwiesen; mit anderen Worten, man war genöthigt, an die Beantwortung der Frage heranzutreten: „Bis zu welchem Minimalbetrage darf denn nun K2 ermäſsigt werden, ohne daſs der Riemen auf der kleineren der beiden Scheiben zu gleiten beginnt?“ Das einzige Mittel, den Werth K2 bis auf ein Minimum herabzumindern, ohne ein Gleiten des Riemens befürchten zu müssen, besteht offenbar in der möglichsten Vergröſserung des Reibungswiderstandes zwischen Riemen und Scheibe, und man konnte, von der Formel (1) ausgehend, die Lösung dieser Aufgabe bei gegebener Gröſse von α folgerichtig nur in der Vergröſserung des Reibungscoefficienten f suchen. Aus diesem Bestreben entwickelten sich die Constructionen der mit Leder bandagirten und der Starck'schen „Elastic-Scheibe“ (* 1875 218 393), welchen trotz der neueren Anschauungen eine gewisse Berechtigung zuerkannt bleiben muſs. Die Mittheilungen Prof. Radinger's, betreffend die amerikanische Berechnungsweise des Riemenbetriebes, sind unstreitig mit um so gröſserer Freude zu begrüſsen, als die Formel (3) sich durch streng mathematische Ableitungen nicht begründen läſst, aufweichen Umstand auch schon die gröſse Dehnbarkeit des constanten Factors hinweist, dessen man sich bei der praktishen Anwendung dieser Formel bedient. Angesichts der Frage, ob man nunmehr die bisher in Deutschland üblichen Berechnungsweisen ganz über Bord werfen und sich der amerikanischen Formel bedienen müsse, will ich mir nun erlauben, letztere einer kurzen Kritik zu unterziehen, und hierbei meine Eingangs ausgesprochene Behauptung, daſs auch der amerikanischen Roper'schen Formel eine unverkennbare Einseitigkeit anhaftet, beweisen. Die Roper'sche Formel lautet (für obige Bezeichnungsweise): b=0,236\,\frac N{vl}\right, . . . . . . . (4) unter l die Auflagelänge des Riemens in Meter auf der kleineren Scheibe verstanden; dies gibt nach einfachen Umformungen: P=318\,bl . . . . . . . (5) Der Kernpunkt der amerikanischen Auffassung liegt offenbar in dem Umstände, daſs zur Beurtheilung des Gröſsenverhältnisses zwischen K1 und K2 die Wirkung des Luftdruckes, soweit derselbe als belastende Kraft der auf dem Scheibenumfang ruhenden Riemenstrecke auftritt, in Betracht gezogen wird. In dem von Prof. Radinger ausgesprochenen Satze: „Man erkannte in Amerika, daſs die auftretende Spannung des treibenden Riemens nicht von der Gegenspannung allein herkomme, sondern daſs auch der Atmosphärendruck den Riemen an seine Scheibe preſst“, ist mit gröſster Klarheit der Weg vorgezeichnet, der sehr wahrscheinlich zu einer allseitig befriedigenden Lösung der vorliegenden Aufgabe führen kann, während allem Anschein nach die Roper'sche Formel unter alleiniger Berücksichtigung der Luftdruckwirkung abgeleitet worden ist. Bezeichnet man nämlich mit p\,\,(=10333^k) den Atmosphärendruck auf 1qm, nimmt an, daſs die Gesammtheit aller Flächentheilchen des Riemens, welche in directe innige Berührung mit der Scheibenoberfläche getreten sind, an welchen also zwischen Riemen und Scheibe die Luft total weggedrängt worden ist, gleich dem iten Theile der Oberfläche bl sei, so würde unter der Voraussetzung, daſs die Auflagefläche eine Ebene wäre, der Gesammtreibungswiderstand sein: W=fp\,\frac{bl}i . . . . . . . (6) Denkt man sich an dem einen Ende der als eben angenommenen Riemenstrecke die Zugkraft K1, am anderen Ende die Zugkraft K2 wirkend, so würde offenbar K1 bis zum Betrage K_2+W wachsen können, ehe ein Gleiten des Riemens auftritt, d.h. es würde sein können: K_1-K_2=W . . . . . . . (7) Eine Vergleichung der Formel (7) mit (2) und der Formel (6) mit (5) läſst vermuthen, daſs bei der Ableitung der Roper'schen Formel einfach: P=fp\,\frac{bl}i gesetzt wurde, d.h. wegen Formel (5): fp\,\frac1i=318 . . . . . . . (8) Wählt man auf Grundlage der weiteren Mittheilungen Radinger's i=10, so würde f=\frac{3180}{10333}=0,308 – ein Werth, der wahrscheinlich wesentlich zu groſs ist; mit i=9, würde f=0,277, und mit i=8, f=0,246 u.s.w. Die Einseitigkeit der Roper'schen Formel beruht offenbar darin, daſs bei Herleitung derselben die Berührungsfläche zwischen Riemen und Scheibe, allem Anscheine nach, als eben vorausgesetzt wurde, und daſs hiernach der gesammte Reibungswiderstand als allein durch den Luftdruck hervorgerufen erscheint, In Folge dessen ist es auch natürlich, daſs man den Betrag K2 der Gegenspannung als verschwindend klein annehmen zu dürfen meint, wodurch allerdings die Kraft K1 im ziehenden Riemen nur wenig gröſser als P ausfallen würde. Ob letztere Annahme zulässig ist, d.h. ob K2, welches gleich mP gesetzt werden möge, so geringe Beträge annehmen kann, daſs m nur wenig von Null verschieden ist, soll zunächst näher untersucht werden. Es ist ohne Zweifel gerechtfertigt anzunehmen, daſs die Gesammtzahl der Punkte, in welchen sich Riemen und Scheibenumfang unmittelbar berühren, gleichmäſsig über die Länge l der Auflagefläche bl vertheilt sein wird, da nicht wohl angenommen werden kann, daſs die Luft von denjenigen Flächen theilchen des Scheibenumfanges, von welchen sie beim Auflaufen des Riemens nicht sofort weggedrückt werden konnte, durch das „leise Voreilen“ des Riemens gegen den Scheibenumfang noch verdrängt werden wird. Hierzu ist dieses aus der allmälig zunehmenden Spannung der auf dem Scheibenumfang ruhenden Riemen strecke resultirende Voreilen jedenfalls zu gering. Bezeichnet man den Gesammtwerth desselben für die Länge l mit σ, die Spannungen im Riemen auf 1qmm mit k1 und k2, entsprechend den Zugkräften K1 und K2 und mit E den Elasticitätsmodulus des Riemens, so ist nach bekannten Sätzen: \frac{\sigma}l=\frac12\,\frac{k_1-k_2}E\right, . . . . . . . (9) so daſs z.B., für k_1=0^k,20, k_2=0^k,08 und E=18,\, \frac{\sigma}l=\frac1{300}, d.h. für jedes Meter des vom Riemen umspannten Bogens beträgt σ nur 3mm,33. Hieraus darf wohl geschlossen werden, daſs σ höchstens bis auf 5mm für das Meter Auflagelänge, d.h. bis ½ Proc., anwachsen kann.Da das Zurückbleiben des Riemens gegen den Umfang der treibenden Scheibe ebenso viel beträgt, so resultirt hieraus ein Voreilen des Umfangs der treibenden Scheibe gegen den der getriebenen um 1 Proc.; Reuleaux gibt hierfür sogar nur ½ Proc. an. Halt man nun aber fest, daſs die Lufttheilchen, welche beim Auflaufen des Riemens zwischen diesem und dem Scheibenumfang festgehalten wurden, sich trotz dieses geringen Voreilens nicht mehr entfernen können, so ist klar, daſs die mitgerissene Luftmenge um so gröſser sein wird, je geringer die Spannung der auflaufenden Riemenstrecke ist, und umgekehrt. Da aber im ersteren Falle ein Gleiten des Riemens sehr leicht eintreten wird, so darf hieraus wohl der Schluſs gezogen werden, daſs die Zugkraft K_2=mP nicht bis zu verschwindend kleinen Beträgen herabgemindert werden kann, ohne sofort ein Gleiten des Riemens zu veranlassen. Es soll hiermit keineswegs gesagt sein, daſs m=1 sein müſste, wie man auf Grundlage der Formel (1) gewöhnlich annimmt, aber zwischen m=1 und m=0 oder nahe = 0 liegen noch recht viele Werthe, und leider gibt die amerikanische Berechnungsmethode keinen Anhaltspunkt dafür, wie groſs oder wie klein m schlieſslich angenommen werden darf. Nachdem vorstehend die wesentlichen Lücken der Roper'schen Formel dargelegt sind, sei es gestattet, eine Formel zu entwickeln, welche auf der rechnungsmäſsigen Durchführung des von Prof. Radinger ausgesprochenen, oben angeführten Gedankens beruht, indem hierbei der Werth von K1 nicht allein von der Wirkung des Atmosphärendruckes, sondern auch von der Gegenspannung K2 abhängig gemacht ist. Textabbildung Bd. 232, S. 25 Auf die unendlich kleine, auf dem Scheibenumfang ruhende Riemenstrecke R dα, deren Breite = b, wirken die tangentialen Zugkräfte K, K+dK und der Normaldruck \frakfamily{N}, demnach wird unbedingt sein müssen: dK=f\frakfamily{N} . . . . . . . (10) \frakfamily{N} setzt sich nun zusammen aus der Resultirenden von K und K+dK und dem Atmosphärendrucke, d.h. es ist: \frakfamily{N}=Kd\alpha+p\,\frac{bRd\alpha}i\right; . . . . . . . (11) folglich: \frac{dK}{d\alpha}-fK=fp\,\frac{bR}i . . . . . . . (12) Die Integration dieser Differentialgleichung zwischen den Grenzen 0 und α bezieh. K2 und K1, ergibt: K_1=K{_2}\,e^{f\alpha}+p\frac{bR}i\left(e^{f\alpha}-1\right) . . . . . . . (13) und in Verbindung mit Formel (2): P=\left(K_2+p\frac{bR}i\right)\left(e^{f\alpha}-1\right) . . . . . . . (14) Löst man diese Gleichung nach b auf und ersetzt K2 durch mP, so entsteht: b=\frac PR\left(\frac1{e^{f\alpha}-1}-m\right)\frac ip . . . . . . . (15) Andererseits ergibt sich: \frac pi=\frac P{bR}\left(\frac1{e^{f\alpha}-1}-m\right) . . . . . . . (16) Endlich kann noch P=\frac{75N}v gesetzt werden, was zu den Formeln führt: b=\frac{75N}{Rv}\left(\frac1{e^{f\alpha}-1}-m\right)\frac ip . . . . . . . (17) und \frac pi=\frac{75N}{bRv}\left(\frac1{e^{f\alpha}-1}-m\right) . . . . . . . (18) Die Zugkraft K1, deren Gröſse für die Beurtheilung der Maximalbeanspruchung des Riemens maſsgebend ist, berechnet sich schlieſslich zu: K_1=(m+1)\,P . . . . . . . (19) Nennt man s die zulässige Beanspruchung des Riemenleders für das Centimeter Riemenbreite, so würde ein einfacher Riemen belastet werden dürfen mit der Zugkraft: Z=100\,sb . . . . . . . (20) Ist nun Z\geq K_1, so wäre ein einfacher Riemen von der nach Formel (15) oder (17) bestimmten Breite b zur Uebertragung des Effectes N unter Voraussetzung der übrigen angenommenen Werthe E, v und a ausreichend; fällt dagegen Z<K_1 aus, so würde sich entweder die Wahl einer gröſseren Riemenbreite oder die Anwendung eines Riemens mit doppelten Kanten, eventuell eines doppelten Riemens, als erforderlich zeigen. Um nun aber aus Formel (15) oder (17) die Riemenbreite berechnen zu können, müſste man offenbar über die Gröſse der im gegebenen Falle anzunehmenden Werthe von: f Reibungscoefficient zwischen Riemen und Scheibenumfang, m Verhältniſs zwischen der kleinsten zulässigen Gegenspannung K2 und dem Umfangswiderstand P, \frac1i Verhältniſs zwischen dem vom Luftdrucke wirklich belasteten Theile und der ganzen Auflagefläche bl des Riemens auf der Scheibe vollständige Klarheit besitzen, was leider in keiner Weise der Fall ist. Soll aber, was gewiſs wünschenswerth ist, für die Folge jede Unklarheit aus der Berechnungsmethode des Riementriebes verbannt werden, so stellt sich die experimentelle Ermittlung zuverlässiger Werthe für f, m und i als unabweisbare Nothwendigkeit dar. Es gibt sicher mehrere Methoden, mittels welcher sich der eben bezeichnete Zweck erreichen läſst; eine derselben wäre in ihren Grundgedanken etwa folgende: Denkt man sich von einer Transmissionswelle aus mittels einer auf derselben befestigten Riemenscheibe eine zweite gleich groſse Scheibe getrieben, deren Welle in Lagern ruht, welche sich in den Enden einer gegabelten Hängeschiene befinden, läſst an diese Lager eine gegabelte Zugstange angreifen, deren anderes Ende mittels eines Federdynamometers an einen festen Punkt angeschlossen ist, so wird unter der Voraussetzung, daſs die Zugstange genau in die Verbindungslinie der beiden Scheibenmitten, die Hängeschiene genau senkrecht auf diese Verbindungslinie eingestellt ist, was sich jedenfalls durch geeignete Vorrichtungen ermöglichen läſst, das Dynamometer die Summe S=K_1+K_2 der beiden Riemenspannungen angeben; befestigt man auſserdem auf der getriebenen Welle eine Bremsscheibe und miſst auf bekannte Weise durch Bremsdynamometer den gleichzeitig übertragenen Effect, so läſst sich aus der Gröſse desselben P=K_1-K_2 berechnen, wobei allerdings der durch Zapfenreibung absorbirte Effect mit in Rücksicht gezogen werden müſste; hieraus könnte alsdann m=\frac12\left(\frac SP-1\right) berechnet werden. Wird ferner durch Zählwerke die Riemengeschwindigkeit v, sowie die Tourenzahl jeder der beiden Scheiben gemessen (um auch den Gleitungsverlust übersehen zu können), so lieſse sich mittels Gleichung (16) oder (18) der Werth \frac pi, also, da p durch den Barometerstand gegeben ist, i berechnen, sobald man über f die nöthige Klarheit gewonnen hat. Zur Bestimmung von f müſsten Gleitungsversuche auf ebenen Platten, deren Oberflächenbeschaffenheit mit derjenigen des Scheibenumfanges identisch erachtet werden könnte, angestellt werden, bei welchen indeſs ebenfalls genau untersucht werden müſste, ob etwa auſser der auf die Lederplatte aufgebrachten Gewichtsbelastung auch noch eine Mehrbelastung in Folge des Luftdruckes zur Wirkung kommen könnte. Solche Gleitungsversuche auf den Scheiben selbst vorzunehmen, (was ja schon sehr häufig ausgeführt worden ist), um aus den Resultaten derselben den betreffenden Werth von f zu ermitteln, muſs in so fern Bedenken erregen, als grade durch die mögliche Mitwirkung des Atmosphärendruckes auch bei diesen Versuchen sehr leicht ein zu groſser Werth von f erhalten werden kann. Es läſst sich aber bei den letztgenannten Versuchen niemals genau feststellen, ob der Atmosphärendruck mit thätig war oder nicht, während dies bei Gleitungsversuchen auf ebener Fläche durch directes senkrechtes Abheben der belasteten Lederplatte mittels Gegengewichten u.a. eher als möglich bezeichnet werden kann. Auf diese Weise könnte man über die Werthe von f bei den verschiedenen in der Praxis vorkommenden Verhältnissen bezüglich der Beschaffenheit der auf einander ruhenden Flächen des Riemens und des Scheibenumfanges zu möglichster Klarheit gelangen. Ich kann hierbei nicht unterlassen, die Ansicht auszusprechen, daſs ich die gewöhnlich für f angegebenen Werthe 0,28 bis 0,29 u. dgl. sämmtlich für zu groſs halte. Es ist für sehr wahrscheinlich zu halten, daſs eine starke Wölbung des Scheibenumfanges die Wirkung des Luftdruckes erheblich begünstigt, weil hierbei grade in der Mitte des Riemens ein intensives Wegdrücken der Luft beim Auflaufen des Riemens auf die Scheibe stattfinden wird; doch wird andererseits wieder die ungleiche Zugbeanspruchung des Riemens der Gröſse der Wölbung eine Grenze stecken. Es müſste als durchaus verfrüht bezeichnet werden, wenn ich jetzt schon aus der Formel (15) oder (17) Folgerungen über den Einfluſs von f und i auf die erforderliche Riemenbreite b ziehen wollte; indeſs läſst es die Structur dieser Formel zu, mit Rücksicht auf die bisher im Riemenbetrieb gemachten Erfahrungen, folgende Sätze aufzustellen: 1) Läſst man die glatte Haarseite des Riemens auf einem sehr glatten guſseisernen Scheibenumfang laufen, so wird bei gehöriger Wölbung des letzteren wahrscheinlich i klein ausfallen, d.h. es wird unter einem groſsen Bruchtheil der Auflagefläche die Luft weggedrängt sein; dagegen wird gleichzeitig unzweifelhaft auch f klein sein, so daſs die für den Betrieb günstige Kleinheit von i zum Theil durch die Geringfügigkeit von f wieder aufgewogen werden kann. 2) Läſst man dagegen z.B. die rauhe Fleischseite des Riemens auf der rauheren Oberfläche einer bandagirten oder gar einer Starck'schen Elastic-Scheibe laufen, so ist unzweifelhaft f wesentlich gröſser, dagegen ebenso wahrscheinlich auch i gröſser als vorher, so daſs auch hier der Vortheil des gröſseren f durch den Nachtheil des gröſseren i zum Theil neutralisirt erscheinen kann. Selbstverständlich muſs hier vorausgesetzt werden, daſs durch die Rauheit der Scheibenoberfläche der Riemen nicht etwa schädlich beeinfluſst würde; dann wäre eine solche Oberfläche schon aus diesem Grunde zu verwerfen. Zwischen den beiden genannten extremen Verhältnissen liegen offenbar eine groſse Menge anderer, deren relativer Werth sich erst klar übersehen lassen würde, wenn eine groſse Zahl gewissenhaft in oben bezeichneter Richtung durchgeführter Versuche vorliegen; erst dann würde man z.B. genau zu beurtheilen im Stande sein, welchen Einfluſs Temperatur und Feuchtigkeitsgrad der Luft auf die Werthe von f und i ausübt, ferner, ob und in welchen Fällen schmiedeiserne, bandagirte oder Elastic-Scheiben vor guſseisernen einen Vorzug verdienen oder nicht, d.h. ob man durch Anwendung der einen oder der anderen Sorte im Stande ist, die Riemenbreite b sowie die Gegenspannung K2 der gezogenen Riemenstrecke auf ihre Minimalwerthe herabzuziehen, ohne gleichzeitig durch Kostspieligkeit der Scheibenconstruction die Vortheile des billigeren (weil schmäleren) Riemens und der Herabminderung der Reibungswiderstände zu sehr zu beeinträchtigen. Wenn es mir durch Obiges gelungen sein sollte, das Interesse der Fachgenossen in so weit anzuregen, daſs man sich entschlösse, umfangreiche Versuche, welche allerdings viel Zeit und Mühe beanspruchen würden, durchzuführen und hierdurch die Klarstellung der sicher hochwichtigen Frage anzustreben, so wäre der Zweck meiner Zeilen vollständig erreicht. Aachen, im Februar 1879.