Titel: Ueber das Verhalten von Zinn-Bleilegirungen gegen Essig.
Fundstelle: Band 232, Jahrgang 1879, S. 264
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Ueber das Verhalten von Zinn-Bleilegirungen gegen Essig. (Schluſs von S. 159 dieses Bandes.) R. Weber, über das Verhalten von Zinn-Bleilegirungen gegen Essig. Um das für die Praxis wichtige Verhalten der einen mäſsigen Zusatz von Antimon enthaltenden Legirungen zu prüfen, wurden aus Zinn-Bleilegirungen, von welchen 100 Theile mit 4 Th. Antimon versetzt waren, Becher von der Gröſse der aus unvermischten Zinnlegirungen verfertigten hergestellt und mit diesen nun wie mit den Zinn-Bleibechern verfahren. Das Ergebniſs der vier bezüglichen Versuchsreihen ist aus der Tabelle IV (S. 265) ersichtlich. Der in den Bechern gestandene Essig war wiederum durch suspendirte Metalloxyde stark getrübt und enthielt wiederum in allen Fällen Blei. Die Oberflächen der von dem Essig berührten Metalle waren mit einer dunkler als die Legirung gefärbten Metallschicht beschlagen. Auf den Flächen der sehr bleireichen Legirungen, welche wiederum einen verhältniſsmäſsig stärkeren Angriff erfahren hatten, war eine schwarze, pulverförmige Schicht abgesetzt, welche viel fein zertheiltes Antimon nebst Oxyden enthielt. Tabelle IV. Versuche mit den 4 Th. Antimon auf 100 Th. der Zinn-Bleilegirung enthaltenden Metallgemischen in Form conischer Becher von 50mm oberem, 40mm unterem Durchmesser und 65mm Höhe. Lufttemperatur 22 bis 25°. ZinngehaltderLegirungenProc. Erste ReiheDauer 3 Tage Zweite Reihe,unmittelbarangeschlossenDauer 3 Tage Dritte Reihe,unmittelbarangeschlossenDauer 3 Tage Summe derGewichts-verluste derVersuchsreihen1, 2 und 3 Vierte Reihe,selbstandigDauer 9 Tage Gewichtsverlustg Gewichtsverlustg Gewichtsverlustg 100 0,012 0,010 0,010 0,032 0,037   95 0,018 0,010 0,012 0,040 0,039   85 0,017 0,011 0,011 0,039 0,037   75 0,034 0,014 0,010 0,058 0,038   65 0,052 0,014 0,010 0,076 0,060   55 0,084 0,013 0,014 0,111 0,107   45 0,157 0,020 0,016 0,193 0,161   35 0,362 0,111 0,043 0,516 0,252   25 0,581 0,302 0,201 1,084 1,043   15 0,454 0,305 0,227 0,986 1,080     5 1,050 0,825 0,729 2,604 2,211     0 1,035 0,940 0,990 2,965 2,510 Eine Vergleichung dieser Zahlenreihen mit den unter sonst gleichen Verhältnissen erhaltenen (in Tabelle III S. 158 verzeichnet) ergibt, daſs die antimonhaltigen Legirungen den reinen Zinn-Bleilegirungen ähnlich sich verhalten. Die Löslichkeit des Bleies nimmt wiederum mit dem Zinngehalte rasch ab; ein wesentlicher Einfluſs des Antimons auf die Menge der gelösten Metalle stellte sich nicht heraus. Auch hier zeigt sich, daſs bei dem ersten Angriffe des Essigs mehr Metall als bei der späteren Einwirkung in Lösung gehe, so daſs, wie die vierte Reihe bekundet, der Metallverlust der Dauer der Einwirkung nicht proportional ist. Diese Versuche geben nach Auffassung des Verfassers keinen Anlaſs, den Zusatz von Antimon aus sanitären Rücksichten für bedenklich zu erachten. Es vermehrt dieses Metall die Angreifbarkeit der Legirungen nicht und wird bekanntlich sowohl durch das Zinn, wie durch das Blei leicht metallisch aus seinen Lösungen gefällt. Bekanntermaſsen erhöht ein Antimonzusatz die Steifigkeit der Legirungen, weshalb dieses Metall den weicheren an Zinn ärmeren Legirungen oft beigegeben wird. Bei den vorstehenden Versuchen hatte die atmosphärische Luft unbeschränkt Zutritt. Dieselbe führt die Oxydation der Metalle, welche durch den Essig nur befördert wird, herbei. Dieses läſst sich durch einen Versuch direct nachweisen. Zwei Legirungsplatten von 95 bezieh. 5 Proc. Zinngehalt wurden während einer Dauer von 3 Tagen in ein mit abgekochtem Essig ganz gefülltes, sodann luftdicht verschlossenes Glasgefäſs gebracht und darauf der Gewichtsverlust der Platten ermittelt. Derselbe bezifferte sich: g bei der Legirung von 95 Proc. Zinngehalt auf 0,002,   5 0,007. Nach einer Einwirkungsdauer von 6 Tagen betrug der Verlust der Platte: g von 95 Proc. Zinngehalt 0,003   5 0,008. Die Gewichtsabnahme ist also in diesem Falle ungleich kleiner als früher, und wahrscheinlich würden die Platten gar keinen Verlust erlitten haben, wenn die Luft von ihrer Oberfläche ganz entfernt gewesen wäre. Der Luftzutritt ist nur ein beschränkter, wenn die Gefäſse bis zum Rande mit Essig gefüllt stehen bleiben, oder die Platten ganz unter Essig getaucht sind. Beides kommt in der Praxis wohl nicht oft vor. Ein für die Deutung der in Rede stehenden Reactionen wichtiges Moment ist die Fällung des Bleies aus dem metallhaltig gewordenen Essig durch die Legirung. Pleischl bestreitet die Möglichkeit der Fällung des Bleies durch das Zinn und stellt die Richtigkeit der älteren Beobachtungen in Zweifel. Der Verfasser hielt es für angezeigt, auch über diesen Gegenstand directe Versuche anzustellen, welche zu folgenden Ergebnissen führten. Bei den oben beschriebenen Versuchen ist in allen Fällen eine Farbenveränderung der von dem Essig berührten Metallfläche beobachtet worden, deren entschieden dunklerer, grauerer Ton schon einen gröſseren Bleigehalt als den der Legirung andeutet. Auf der Innenfläche der Becher aus Legirungen von 40 bis 50 Proc. Zinngehalt hatten, wie oben bemerkt, Blättchen sich abgeschieden, und diese bestanden im Wesentlichen aus Blei. Neben diesen die partielle Fällung des Bleies durch die Legirungen darthuenden Erscheinungen erschien von Interesse, eine Reihe von Versuchen anzustellen, welche zugleich einen zahlenmäſsigen Belag liefern und dabei das Verhalten der verschieden zusammengesetzten Zinn-Bleilegirungen erkennen lassen. Zu dem Ende wurden Platten von gleichen Abmessungen (80mm lang, 35mm breit), bestehend aus Legirungen von 95 bis 5 Proc. Zinngehalt, während 3 bezieh. 9 Tagen in eine angesäuerte, verdünnte Lösung von Bleizucker gebracht, welche in luftdicht verschlossenen Gläsern enthalten war. Dieselben wurden mittels eines Sandbades auf der Temperatur von 30 bis 35° erhalten. Die Platten waren vor Beginn des Versuches und sind nach dessen Schluſs gewogen worden. Es ergab sich nun, daſs auf sämmtlichen Platten (mit Ausnahme der Platte aus reinem Blei) Ueberzüge und körnige metallische Absätze sich gebildet und die Gewichte der Platten sich vermehrt hatten. Der Absatz enthielt als wesentlichen Bestandtheil Blei. Wie die nachstehend aufgeführten Zahlen erweisen, haben die Platten von 85 bis 55 Proc. Zinngehalt die gröſste Gewichtszunahme erfahren; die aus reinem Blei bestehende Platte hatte einen geringen Gewichtsverlust erlitten: Versuchsdauer 3 Tage 9 Tage g g Reines Zinn 0,072 0,071 Legirung von 95 Proc. Zinn 0,088 0,141 85 0,106 75 0,105 0,140 65 0,104 0,136 55 0,102 0,135 45 0,073 0,136 35 0,088 0,141 25 0,094 0,146 15 0,052 0,098   5 0,017 0,035 Reines Blei – 0,014 – 0,016. Die durch Ausscheidung des Bleies bewirkte Gewichtszunahme der Platten erklärt sich aus der Verschiedenheit der Aequivalentgewichte des Bleies und des Zinnes. Für 58 in Lösung gehende Gewichtstheile Zinn scheiden sich 103,5 Gewichtstheile Blei auf der Platte aus. Ein etwas anders angeordneter, die Fällung des Bleies recht augenfällig darthuender Versuch ist folgender: In einem aus besten, mit etwa 1 Proc. Kupfer versetzten Zinn gefertigten Becher von der Form der zu obigen Versuchen benutzten wurde ein aus reinem Blei bestehender Reif von 80mm Höhe so eingesetzt, daſs er mit seinem unteren Rande den Boden des Bechers und mit seiner Fläche dessen Innenwand berührte. In den Becher wurde nun ein solches Quantum Essig gegossen, daſs dessen Niveau unter dem oberen Rande des Bleiringes stand. So blieb der Becher 3 Tage stehen. Als darauf der stark getrübte Essig abgegossen wurde, zeigte sich, daſs der Bleiring stark angegriffen war und daſs auf der inneren Wand des Bechers eine bleigraue Metallschicht sich abgelagert hatte. Der Bleireif hatte bei diesem Vorgange einen Gewichtsverlust von 0g,388 erlitten, während der Becher eine Gewichtszunahme von 0g,024 erfahren hatte. Es sei hier noch einmal bemerkt, daſs die wiederholt ausgeführten Analysen der metallhaltigen Essige mit wenigen Ausnahmen einen das Metallmischungsverhältniſs überschreitenden Antheil an Zinn ergeben haben. Die Beobachtungen des Verfassers stehen mit den älteren Wahrnehmungen von Proust, Klaproth und Hermbstedt im Einklänge. Bei den Untersuchungen von Pleischl, auf Grund derer er die Fällbarkeit des Bleies bezweifelt, mögen Nebenumstände von Einfluſs gewesen sein. Daſs anscheinend geringfügige Umstände bei dieser Reaction eine Rolle spielen, geht aus der oben gedachten Bemerkung Fischer'sSchweigger's Journal, Bd. 20 S. 5. hervor, daſs aus einer verdünnten, nicht aber aus einer concentrirten Bleilösung durch Zinn Blei abgeschieden wird. Wie der Verfasser beobachtete, übt die Wärme, dann auch die Zusammensetzung der auf dem bleihaltigen Essig reagirenden Zinnbleilegirung hierbei einen Einfluſs aus. Es ist wiederholt hervorgehoben worden, daſs bei dem ersten Angriffe des Essigs auf die völlig metallische, blanke Fläche der Essig eine gröſsere Menge Metall als später bei gleicher Dauer der Einwirkung aufnimmt. Dieses für die Praxis wichtige Verhalten dürfte in dem Absatze einer bei der ersten Einwirkung gebildeten, in dem Essig nicht löslichen, auf der Metallfläche stark haftenden Oxydschicht beruhen, indem diese die fernere Wirkung des Essigs wesentlich erschwert. Hierfür spricht zunächst die Unlöslichkeit der in dem Essig suspendirten Oxydflocken, ferner der Umstand, daſs die graue, auf der Innenfläche der angegriffenen Gefäſse befindliche dünne Oxydschicht beim Ausspülen der Gefäſse mit dem starken, zu obigen Versuchen benutzten Essig nicht verschwindet. Dafür spricht ferner die Beobachtung, daſs der Angriff des Essigs auf das Metall weniger energisch war, wenn der obere Theil der Metallwand trocken blieb, als wenn derselbe dauernd feucht war, was sich bei zwei Versuchen ergab, welche derart angestellt waren, daſs in dem einen Falle die mit den Platten und Essig besetzten Gläser im oberen Räume eines schwach erwärmten Digestorium, in dem anderen Falle in einem feuchten Keller aufgestellt wurden. Die durch die erste Einwirkung des Essigs auf der Metallfläche gebildete, dort stark adhärirende und die Einwirkung des Essigs erschwerende Schicht vermindert auch wohl den Angriff der Metallflächen durch die Essigreste, die beim Entleeren der Gefäſse darin zurückbleiben und etwas Metall aufnehmen, das nun bei der folgenden Befüllung des Gefäſses mit Essig in letzteren übergeht. Man hat diesen Resten eine besondere Gefährlichkeit beigemessen und angenommen, daſs eine erhebliche Menge löslichen Bleisalzes entstehe, die bei der späteren Benutzung des Gemäſses von der eingegossenen Flüssigkeit aufgenommen werde. Um der Frage näher zu treten, ob die gehegte Besorgniſs als begründet zu erachten ist, hat der Verfasser folgende Versuche ausgeführt: Neun der bei den früheren Versuchen benutzten Cylinder von 250cc Inhalt wurden, nachdem sie im Innern frisch polirt und mit einem in Spiritus getränkten Tuche ausgewischt waren, zweimal täglich während 8 Tagen mit dem Essig von der oben beschriebenen Beschaffenheit derart ausgeschwenkt, daſs ein kleiner Rest davon darin verblieb. Bei der folgenden Spülung gelangte das in der Zwischenzeit durch den Essigrest gelöste Metall in den Spülessig, der nun wiederholt in dieser Weise benutzt und schlieſslich auf seinen Metallgehalt und zwar mit der Maisgabe untersucht wurde, daſs eine directe Bestimmung des Bleies stattfand. Nachstehende Tabelle enthält die bezüglichen Versuchsresultate: Tabelle V. Mengen von Zinn und Blei, welche während 8 Tagen bei 16maligem Ausspülen der Zinn-Bleigemäſse (0l,25 Inhalt) von dem dazu benutzten Essig aufgenommen worden. ZinngehaltderLegirung GelöstesZinn GelöstesBlei ZinngehaltderLegirung GelöstesZinn GelöstesBlei Proc. g g Proc. g g 100 0,080 50 0,048 0,029   90 0,074 0,003 40 0,050 0,029   80 0,084 Spuren 30 0,052 0,051   70 0,082 0,009 20 0,038 0,051   60 0,072 0,020 Die zu Anfang des Versuches blanke Innenwand der Gefäſse war mit einer grauen Oxydschicht belegt; der Essig war wiederum durch Oxydflocken mehr oder weniger stark getrübt. Nach diesen Beobachtungen, welche mit den früheren im Einklänge stehen, und deren Ergebniſs auf den schützenden Einfluſs der unlöslichen Oxydhaut zurückzuführen ist, dürfte mit Rücksicht auf die geringen Mengen der gelösten Metalle die bezüglich der Wirkung der Essigreste gehegten Besorgnisse wohl nicht begründet, aber es dürfte zu empfehlen sein, das Ausscheuern der Gefäſse thunlichst zu vermeiden. Einen erheblichen Einfluſs auf diese Reaction übt die Wärme aus. Die Einwirkung ist nämlich bei niederer Temperatur merklich geringer als bei höherer. Als die aus Antimon-haltigen Zinnlegirungen bestehenden Becher mit dem Essig von obiger Stärke 3 Tage bei einer Lufttemperatur von nur 15° stehen blieben, ergaben sich folgende Werthe für deren Metallverlust: Zinngehaltder Legirung Verlust Zinngehaltder Legirung Verlust g g 100 Proc. 0,015 45 Proc. 0,064   95 0,018 35 0,199   85 0,015 25 0,415   75 0,020 15 0,407   65 0,021   5 0,855   55 0,060   0 0,950. Die Beträge sind kleiner als die in Tabelle IV zusammengestellten. Von Einfluſs ist auch die Beschaffenheit des Essigs; reine verdünnte Essigsäure wirkte weniger intensiv als gleich starker Handelsessig, welcher bekanntlich etwas Alkohol nebst färbenden organischen Stoffen u. dgl. enthält. Die Beobachtung Vauquelin's, daſs der in Zinn-Bleibechern gestandene Wein, nicht der darin befindliche Essig, bleihaltig geworden war, veranlaſste den Verfasser, Versuche mit Essig anzustellen, dem ¼ seines Volums von einer Weinsteinsäurelösung (von gleichem Sättigungsvermögen wie der Essig) zugefügt worden war. Es dienten zu diesem Versuche Platten von 120mm Länge, 60mm Breite, welche 20mm tief in die Säure tauchten. Die Dauer des Versuches betrug 3 Tage, die Lufttemperatur war 22°. Durch Schütteln wurden die Platten täglich zweimal benetzt: Zinngehalt der Gewichtsverlust der Platten im Legirung vermischten Essig unvermischten Essig g g 85 Proc. 0,231 0,044 65 0,233 0,053 45 0,247 0,055. Also mehr als die vierfache Menge Metall war durch die Mitwirkung der Weinsäure in Lösung gegangen. Die vermischte saure Flüssigkeit war nur sehr wenig trübe, während in dem reinen Essig reichliche Mengen Oxydflocken enthalten waren. Auch an den Metallflächen zeigten sich auffällige Verschiedenheiten; die Platten, welche in dem vermischten Essig gestanden hatten, zeigten eine entschieden reinere metallische Fläche, als die der Wirkung des reinen Essigs unterworfenen. Es erklärt sich die Abweichung bezüglich der Mengen der gelösten Metalle aus der Löslichkeit der Oxyde in der Weinsäure, und es sprechen diese Versuche zu Gunsten der obigen Erklärung der Verminderung des Angriffes (Bildung einer Oxydschicht) bei längerer Dauer der Einwirkung des Essigs. Die hauptsächlichsten Ergebnisse der vorstehenden Untersuchung sind kurz folgende: Die Angreifbarkeit der Legirung vermindert sich und zwar verhältniſsmäſsig rasch mit dem steigenden Zinngehalte. Eine Ausnahmestellung einzelner Legirungen ist nicht erkennlich. – Die mit Antimon (4 Proc.) versetzten Legirungen verhalten sich nicht wesentlich anders, als die reinen Zinn-Bleilegirungen. – Der Angriff des Essigs auf die frisch bearbeiteten Flächen ist namhaft gröſser als auf die mit Oxyd belegten. – Die in Lösung gehenden Metalle enthalten im Verhältniſs zur angegriffenen Legirung mehr Zinn als letztere, in Folge der Ausscheidung des Bleies aus dem metallhaltig gewordenen Essig. – Von wesentlichem Einflüsse ist der Zutritt der Luft, die Temperatur und die Beschaffenheit des Essigs. Es ist in letzterer Zeit mehrfach die Ansicht ausgesprochen worden, daſs erst die neueren Untersuchungen (von Pleischl, Reichelt) die Gesundheitsgefährlichkeit der Zinn-Bleilegirungen in das rechte Licht gestellt hätten, indem durch sie erwiesen wäre, daſs selbst die sehr zinnreichen Legirungen an Essig Blei abgeben, und die Besorgniſs nahe läge, daſs dies bei den in der Praxis öfter angewendeten zinnärmeren Compositionen in ungleich höherem Maſse, als man früher angenommen, der Fall wäre. Ob und in wie weit dieses Bedenken gerechtfertigt ist, läſst sich aus den gedachten Untersuchungen nicht erkennen, weil sie den zur Beurtheilung jenes Punktes erforderlichen, durch Zahlen begründeten Anhalt nicht darbieten. Der Verfasser erlaubt sich im Anschluſs an das vorstehend mitgetheilte Ergebniſs seiner Versuche hinsichtlich dieses Gegenstandes Folgendes zu bemerken: Wie die vorstehenden Tabellen zeigen, so werden von dem Essig die an Zinn ärmeren Legirungen allerdings stärker als die besseren Compositionen angegriffen; aber es nimmt, insbesondere in der oberen Region der ersteren Reihe, die Angreifbarkeit der Gemische doch wohl nicht in dem Verhältnisse zu, wie dies vielfach angenommen sein dürfte. Auch die Menge der von den schon als schlechter geltenden Compositionen abgegebenen Metalle (Legirungen mit 20 bis 25 Proc. Blei) ist nicht um so viel beträchtlicher als der Metallverlust der ihnen nahe stehenden edleren Legirungen, daſs, wenn die Gefahrlosigkeit der Legirungen von 10 Proc. Bleigehalt zugestanden wird, die mit 20 bis 25 Proc. unbedingt als gesundheitsgefährlich erachtet werden müſsten. Hierbei kommt noch in Betracht, daſs die Versuche über den Metallverlust, welcher überhaupt (im Vergleich zum reinen Blei) nicht sehr beträchtlich ist, unter Bedingungen erfolgten, welche den Angriff sehr begünstigen und in der Praxis der Regel nach nur selten vorkommen dürften, indem wohl selten während mehrerer Tage stärkster Essig in offenen Geschirren stehen bleibt. Die in letzterer Zeit mehrfach gehegten Bedenken dürften sich auch wesentlich durch die Vergleichung des Verhaltens der Zinn-Blei- und der gebräuchlichen Silberlegirungen abmindern. Der Verfasser hat darüber folgenden Versuch angestellt: Ein in der Ehrenberg'schen Silberwaarenfabrik gefertigter, noch unpolirter Silberbecher von 0,735 Feingehalt, welcher nahezu die Gröſse der aus den Zinn-Bleilegirungen hergestellten conischen Becher hatte, wurde gleichzeitig mit letzteren (bei Ausführung der Versuchsreihe Tabelle III S. 158) unter denselben Verhältnissen und während der gleichen Zeit der Einwirkung des Essigs unterworfen. Die Gewichtsverluste, welche dieser Becher nach Verlauf von jedesmal 3 Tagen erlitten hatte, sind folgende: g 1. Versuch, Gewichtsverlust 0,102 2. 0,099 3. 0,082. Der in dem Becher gestandene Essig war durch Kupfersalz deutlich grün gefärbt und enthielt nur dieses Metall, keine Spur Silber. Die Innenflächen der Becher waren nach dem Abspülen völlig blank, und nicht die geringste Menge eines in Essig unlöslichen Beschlages konnte wahrgenommen werden. Der bei dem zweiten und dritten Versuche sich ergebende geringere Verlust dürfte in der Anreicherung der obersten Silberschicht liegen. Aus der Vergleichung dieser Zahlen mit den in Tabelle III zusammengestellten Versuchsdaten erhellt, daſs der Silberbecher unter gleichen Umständen mehr Metall als die bis 35 Proc. Blei enthaltenden Becher aus Blei-Zinnlegirung abgegeben hat. Der Verfasser beabsichtigt später ausführlichere Versuche über das Verhalten der Silber-Kupferlegirungen anzustellen. Es ist eine öfter gestellte, aber schwer zu beantwortende Frage, bei welchem Bleigehalte die Gesundheitsgefährlichkeit der Zinn-Bleilegirungen beginnt. Erachtet man die Gefährlichkeit des Bleies (und Zinnes) nicht gröſser als die des Kupfers, so dürften die Blei-Zinnlegirungen von einem den gedachten Procentsatz nicht überschreitenden Bleigehalt nicht gefährlicher als die gebräuchliche Silbercomposition sein, deren Benutzung zu Eſsgeschirr erfahrungsmäſsig unbedenklich ist. Mit Rücksicht hierauf dürften die in letzterer Zeit von Pleischl u.a. ausgesprochenen Bedenken doch wohl nicht ganz begründet sein, wenngleich sich geltend machen läſst, daſs gewisse Fälle in der Praxis vorkommen, bei welchen Gesundheitsschädigungen durch Abgabe von Metall, namentlich an saure Speiseflüssigkeiten u.a. stattfinden können. Es würde dies z.B. der Fall sein bei Büchsen bezieh. Büchsendeckeln für Fruchtconserven, bei den Umschlägen zum Einhüllen von Schnupftabak u. dgl. Für diese Fälle würde aber die Benutzung auch der Silber-Kupferlegirungen wegen der Abgabe von Kupfer unzulässig erscheinen, und es dürfte aus ihnen sich kein durchschlagender Grund gegen die Verwendung der bisher zur Anfertigung von Speisegeräthen üblichen Zinn-Bleilegirungen geltend machen lassen. Für derartige Zwecke würden auch andere zur Herstellung von Wirthschaftsgeräthen dienende Metalle und Metallgemische, z.B. Kupfer, Neusilber, ungeeignet erscheinen. Was im Speciellen noch die zur Herstellung der Gemäſse dienenden Compositionen betrifft, so kommt bezüglich der letzteren auſser der sanitären Rücksicht und der Verminderung des Rauminhaltes durch chemischen Angriff der Innenwände noch wesentlich das Moment in Betracht, daſs das Material der Gemäſse eine entsprechende Widerstandsfähigkeit gegen Stoſs und Druck besitzen und auch insofern eine genügende Garantie gegen Veränderung des Rauminhaltes der Gemäſse darbieten muſs. Bezüglich dieses Punktes ist nun geltend zu machen, daſs die Festigkeit der Legirung verhältniſsmäſsig rasch mit dem wachsenden Bleigehalte sich verringert. Zu Beobachtungen dieser Art erwiesen sich die zu obigen Versuchen benutzten cylindrischen Behälter sehr geeignet. Es zeigte sich, daſs die aus den an Blei reicheren, weicheren Legirungen gefertigten Gemäſse wesentlich leichter Formveränderungen als die nach der Bestimmung der Normal-Eichungs-Commission legirten Gemäſse erfahren. Vergleicht man die Becher von 80 Proc. Zinngehalt mit denen, welche aus 70 bezieh. 60procentigen Legirungen gefertigt sind, so zeigt sich bezüglich der Widerstandsfähigkeit eine merkliche Verschiedenheit, welche nicht zu Gunsten der Verwendung von weniger als 80 Proc. Zinn enthaltenden Compositionen spricht. Hierzu kommt noch, daſs letztere verhältniſsmäſsig leicht anlaufen, worin ebenfalls ein bemerkenswerther Uebelstand beruht. Die mit Antimon versetzten, an Zinn ärmeren Legirungen sind zwar fester, aber zugleich auch wesentlich spröder als die unvermischten Zinn-Blei-Compositionen. Sie laufen überdies leicht an und sind keine zur Anfertigung von Gemäſsen empfehlenswerthen Materialien.