Titel: Das Telephon im Vorpostendienste.
Fundstelle: Band 232, Jahrgang 1879, S. 277
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Das Telephon im Vorpostendienste.Vgl. über Vorpostentelegraphen: Trouvé (* 1876 221 430) und Siemens und Halske (* 1877 226 579) sowie Ackermann's Telelog (1878 227 311). Das Telephon im Vorpostendienste. Bereits Anfang 1878 berichtete das Militärische WochenblattAnfang 1878 über Versuche, welche der Hauptmann Körner vom 58. Infanterie-Regiment damals angestellt hatte, um sich über die Verwendbarkeit des Telephons für den Vorpostendienst aufzuklären. Bei diesen Versuchen war ein 320m langes leichtes Kabel benutzt worden, das auf eine 0m,3 lange Rolle gewickelt und in einem alten Tornister untergebracht worden war; die Trommelachse war mit ihren Enden in die Seiten des Tornisterkastens so eingelassen, daſs sie sich leicht drehte und das Kabel nach dem Auslegen mittels einer auf dem einen Ende steckenden hölzernen Kurbel wieder aufgenommen werden konnte. Ein den Kabeltornister tragender Füsilier legte am 18. December 1877 das Kabel von der Feldwache aus nach einem detachirten Unterofficierposten im Geschwindschritt aus, so daſs in 3 Minuten der Posten und die Wache durch das Kabel verbunden waren. Nach Einschaltung zweier von Siemens und Halske gefertigter Telephone wurde an jedem der beiden Orte mittels eines Kapottes ein kleiner abgeschlossener Raum hergestellt, so daſs der starke Wind das deutliche Hören nicht im geringsten hinderte. Als Anruf wurde ein mit lauter Stimme gerufenes „ö“ benutzt; nach der Beantwortung des Anrufes durch das Wort „hier“ begann das Telephoniren. Nach mehrstündigen, vorzüglich gelungenen Versuchen wurde das Kabel in Zeit von 6 Minuten ordnungsmäſsig wieder aufgenommen; diese längere Dauer des Aufnehmens war dadurch bedingt, daſs an zwei Wegübergängen das Kabel mittels einiger Spatenstiche mehrere Centimeter tief in die Erde gelegt worden war. Die seitdem verflossene Zeit ist benutzt worden, um die Mängel zu beseitigen, welche sich bei den weiteren militärischen Versuchen mit dem Telephon herausgestellt hatten. Hr. Hauptmann Körner theilt uns darüber noch Folgendes mit. Zuvörderst wurden Telephone von gröſserer Tonstärke und mit einem einfachen Rufsignale ausgerüstet hergestellt. Sodann wurden die von Siemens und Halske bei ihrem Vorpostentelegraph angewendeten einheitlichen Verbindungsstücke auch zur Verbindung der Telephone mit dem Kabel und der einzelnen Kabelstücke unter einander benutzt; so lieſs sich schnell, bequem und haltbar eine wesentlich längere Linie herstellen. Für die Versuche mit dem Telephon kam das nachstehende Material zur Verwendung, welches dem von Siemens und Halske bei ihrem Vorpostentelegraph ganz ähnlich ist: 1) Der Tornister2Für die auf höheren Befehl bei den Manövern des Gardecorps ausgeführten Versuche mit übrigens gleichem Material aus der Fabrik von Siemens und Halske wurde das Kabel nicht in Tornistern transportirt, weil es nothwendig erschien, dem Soldaten sein Marschgepäck zu belassen. Die Leitung wurde vielmehr auf leichten Handrollen mitgeführt, welche in Leinwandfutteralen ebenso wie die Telephone an Riemen getragen wurden. Diese Ausrüstung, welche auf allen Märschen die Truppe begleitete, entsprach allen Zwecken des Feldgebrauches. Die Sicherung der Leitung bleibt bei der Neuheit dieser Einrichtung die Hauptschwierigkeit für die weitere Verwendung der Telephone im Dienste der Truppen und erschwert ihre Aufnahme selbst bei den bisher erreichten sehr günstigen Erfolgen.D. Red., worin sich 500m Kabel mit Rückleitung, 2 Telephone (Patent Siemens und Halske * 1879 231 138) und die nöthigen Zubehörstücke befanden; 2) der Kabelkasten mit 500m Kabel mit Rückleitung. In dem 30cm hohen, 30cm breiten und 20cm tiefen, hölzernen und mit gefirniſster Leinwand überzogenen Tornister ruht die Kabeltrommel mit ihren Enden in Stahllagern, welche in die Seitenwände eingelassen sind; in den einen Zapfen ist eine zum Wiederaufrollen des Kabels dienende Kurbel eingeschraubt; der andere Zapfen tritt um etwa 35mm aus dem Tornister vor und endet in einem Teller von 5cm Durchmesser, worauf der Verbindungsmuff aufgeschraubt ist, in welchem die beiden Kabeladern enden. Das von Gebrüder Naglo in Berlin hergestellte, 3mm dicke Kabel hat einen dreiadrigen, mit Kautschuk isolirten und mit getheerter Baumwolle übersponnenen innern Leiter, worüber sich die aus zwei (drei) KupferstreifenIn den für den Vorpostentelegraphen benutzten Kabeln stellen Siemens und Halske den äuſsern Leiter (anstatt der früher von ihnen benutzten, bereits wieder verlassenen Kupferstreifen) aus elf dünnen Kupferdrähten her.D. Red. gebildete Rückleitung windet. Das Ganze ist mit Eisengarn umsponnen und durch Theeren wasserdicht gemacht. Das eine Kabelende ist, wie erwähnt, mit dem Muff an dem Tornister verbunden, das zweite endet gleichfalls in einen Muff, mit welchem jener eines zweiten Kabelstückes oder des zweiten Telephons verbunden wird. Als Zubehörstücke sind auſser einer Drahtzange, einem Schraubenschlüssel und der Kurbel, welche stets abgeschraubt werden muſs, wenn der Tornister in die zur Einschaltung erforderliche Lage gebracht wird, noch zwei eiserne Stäbe von 15mm Breite und 23cm Länge vorhanden, deren untere Enden mit je einer Oberringwarze des Gewehres M/71 versehen sind, während ihre oberen Enden einen gabelartigen Ausschnitt haben. Die Oberringwarze greift in die Nuth des Seitengewehres ein, wenn das in die obere Gabel gelegte Telephon mittels des in das Erdreich eingesteckten Seitengewehres aufgepflanztAnstatt das eine Telephon in dieser von Hrn. Hauptmann Körner angegebenen Weise auf dem eingesteckten Seitengewehre aufzupflanzen, dürfte sich das schon vielfach benutzte Tragen desselben auf der Brust an einem Riemen mehr empfehlen, so lange nicht die Erde als Rückleitung benutzt werden soll.D. Red. werden soll. Ein wenig unterhalb der Gabel haben die Stäbe eine seitliche Ausbiegung, worin der etwas breitere Fuſs des Telephons Platz findet. Der Tornister mit Inhalt wiegt 11k,5. Der Kabelkasten mit 500m Kabel wiegt 8k; er wird von demselben Manne, welcher den Tornister trägt, an einem über die rechte Schulter gelegten Riemen getragen. Die von Siemens und Halske construirten Verbindungsmuffe sind sämmtlich von der nämlichen Gröſse. Die Fläche, mit welcher die Muffe einander berühren, trägt zwei wulstförmige Ringsectoren von je 90°; die Sectoren des einen Muffes passen in die des andern hinein und ergänzen sich zum vollen Ringe; dann werden zwei Vorsteckstifte in der Lage einer Sehne durch zwei benachbarte Sectoren hindurchgesteckt und halten die beiden Muffe zweier Kabelenden fest zusammen. Bei dem Muff am Telephon dagegen ist der eine sectorförmige Wulst mit einem Stifte versehen, welcher in ein Loch eines Seetors des zweiten Muffes paſst. Die innere Leitung des Kabels läuft an einen Eisenstift, welcher durch eine Spiralfeder in der Achsenrichtung vorgedrückt wird, so daſs die sich berührenden Stifte der beiden Muffe eine gute leitende Verbindung herstellen; die äuſsere Leitung endet an der die Wulst tragenden Platte. Sind beide Leitungen des Kabels zu benutzen, so wird das eine Telephon mit seinem Muffe einfach auf dem Muff des Tornisters befestigt. Ist dagegen die eine Leitung unbrauchbar geworden, so wird das Telephon mittels derjenigen Contactschraube, an welcher die unbrauchbare Leitung endet, in die Gabel jener am Seitengewehr zu befestigenden Stange gelegt und das Seitengewehr in die Erde gestoſsen, um letztere als Rückleitung zu benutzen und zugleich dem Telephon die beim Rufen mittels der Trompete nöthige verticale Stellung zugeben. Vom Tornister wird dann erst noch ein kurzes Kabelstück nach dem beim Tornister zu verwendenden Telephon geführt. Ueberdies hat Hauptmann Körner den Stift der Muffen noch mit Muttergewinde versehen, um getrennte, einfache Leitungen einschalten zu können, was namentlich dann nothwendig wird, wenn das Telephon einmal in eine vorhandene oberirdische Telegraphenleitung eingeschaltet werden soll.