Titel: Neuerungen an Wirkmaschinen.
Autor: G. W.
Fundstelle: Band 232, Jahrgang 1879, S. 510
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Neuerungen an Wirkmaschinen. (Fortsetzung des Berichtes S. 120 dieses Bandes.) Neuerungen an Wirkmaschinen. Eine Wirkmaschine zur Herstellung von Farbmustern mit vielen Fäden in regulären doppelflächigen Waaren von Biernatzki in Hamburg (* D. R. P. Nr. 4669 vom 23. Mai 1878)Das Patentrecht ist am 23. Mai 1879 auf den Erfinder der Maschine, W. Reinhardt in Naumburg a. d. S., übergegangen. ist ein Handränderstuhl zu nennen und besteht aus einer halben oder einseitigen Lamb'schen Strickmaschine, wie man sie schon mannigfach zur Strumpffabrikation aus glatter Waare verwendet, mit einer vor derselben angebrachten Rändermaschine. Die Einrichtung und Bewegung der Stuhl- und Maschinen-Nadelreihe ist indeſs wesentlich von den bisherigen Handränderstühlen und den Strickmaschinen verschieden, so daſs trotz der Verwendung von Zungennadeln, mit denen bislang die Strickmaschinen nur sehr ungleichmäſsige Eins- und Eins-Ränder lieferten, die vorliegende Einrichtung recht gleichmäſsige Maschenlagen erzielen läſst. Der erste Theil der neuen Vorrichtung, d. i. die als eigentlicher Wirkstuhl anzusehende einseitige Strickmaschine, enthält zwar das schief liegende Nadelbett mit den Führungsnuthen für die Zungennadeln und diese letzteren selbst genau so wie die Lamb'sche Strickmaschine, aber die Art der Nadelbewegung ist eine wesentlich andere: Jede Nadel enthält am unteren Ende einen rechtwinklig aufwärts gebogenen Haken und weiter nach oben hin durch doppelte Abkröpfung nochmals einen bis über die Nuth emporreichenden Vorsprung; durch Schienen kann nun die ganze Nadelreihe gleichmäſsig aufwärts geschoben oder hinabgezogen werden und durch ein gewöhnliches Röſschen oder eines der Seitendreiecke im Schlosse der Strickmaschine sind die Nadeln auch einzeln abwärts zu bewegen. Zum Beginn einer Reihenbildung werden sämmtliche Stuhlnadeln durch eine Schiene und durch Hebel, welche der Arbeiter mit den Händen zu bewegen hat, so weit empor geschoben, daſs ihre Maschen hinter die zurückliegenden Zungen gelangen (es wird „eingeschlossen“) und dabei rückt gleichzeitig eine Deckschiene über die Stuhlnadelreihe mit aufwärts, um die zurückspringenden Zungen zu verhindern, sich wieder vorwärts auf die Nadelhaken zu legen. Hierauf wird die Röſschenschiene und mit ihr der Fadenführer seitlich verschoben und die Nadeln kommen einzeln abwärts und ziehen den Faden als neue Maschen durch die alten hinab. Behufs Herstellung fester oder lockerer Waare ist die Röſschenschiene gegen die Abschlagkante des Gestelles durch Schrauben zu verstellen. Eine dritte Bewegung aller Nadeln gemeinschaftlich nach abwärts erfolgt dann, wenn auch die Maschinenreihe vollendet ist und beide Maschenreihen gegen einander nochmals angespannt und ausgeglichen werden. Die Rändermaschine ist in derselben Lage, wie im gewöhnlichen Handstuhle, vor der Stuhlnadelreihe angebracht; ihre Zungennadeln liegen verschiebbar zwischen zwei auf einander geschraubten Platten und haben unterhalb derselben je einen rechtwinklig abgebogenen Haken, mit welchem sie von unten durch eine Schiene gegen ihre obere Nadelbarre angedrückt werden. Diese Nadeln werden somit also doch im Allgemeinen fest liegend in der Maschine gehalten; soll aber irgend eine derselben auſser Thätigkeit gesetzt werden, so entfernt man die untere, von einer Feder angedrückte Platte und zieht die Nadel hinab, aus der horizontalen Reihe der übrigen hinweg. Auch in der Stuhlnadelreihe ist, ähnlich wie in der Strickmaschine, ein Hinabziehen der freien Nadeln unter ihre Arbeitslage möglich. Das Heben und Senken der Maschine und des Abschlagbleches hat der Arbeiter mit den Händen vorzunehmen; es ist nur für richtige Einstellung durch Federn und geeignete Hebelverbindungen Sorge getragen. Ebenso enthält die Maschinen-Nadelreihe eine vortheilhafte Vorrichtung zur Verhinderung des Hakenschlieſsens beim Heben der Nadeln und Zurückklappen ihrer Zungen. Der Fadenführerapparat zum Wirken von Jacquard-Farbmustern enthält eine sinnreich angeordnete Klemmvorrichtung, welche jeden Faden einzeln in richtiger Spannung erhält. Die Aus- und Einrückung dieses Spannapparates erfolgt durch die Röſschenschiene am Anfange und Ende ihres Ausschubes. Der Cotton-Randerstuhl von H. Stärker in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 4585 vom 22. Mai 1878) ist die Umwandlung des flachen glatten Kulirstuhles von Cotton in einen Ränderstuhl, welcher elastische Ober- oder Randstücken arbeitet. Der glatte Cotton-Stuhl hat vertical stehende Nadeln in beweglicher Nadelbarre, horizontale fallende und stehende Platinen und Schwingen und arbeitet zweinädelig. An ihm hat deshalb die Rändermaschine mit horizontal liegenden Nadeln angebracht werden müssen und dies hätte allein schon eine Aenderung des Abschlagkammes und Waarenabzuges veranlassen müssen 5 es sind aber auſserdem noch manche Neuheiten gegen die alte Einrichtung zu bemerken: der ganze Stuhl hat sehr groſse Breite, ist in vier Felder eingetheilt und wirkt in jedem vier Ränder neben einander, also 16 Ränder in der ganzen Breite. Jedes Feld hat seine besondere Stuhl- und Maschinen-Nadelbarre, Abschlagvorrichtung und Mühleisenstellung, so daſs auf ihren Nadelreihen, bis zu einer gewissen Grenze, verschiedene Waaren gearbeitet werden können mit feinerem und stärkerem Garne und dichter oder lockerer Maschenlage. Eine besondere Nadelpresse ist gar nicht vorhanden, sondern die untere Platinen-Führungsschiene dient mit ihrer Vorderkante als Presse der Stuhlnadeln und mit ihrer unteren Kante als Presse für die Maschinennadeln; beide Reihen müssen aber an diese Schiene hinan gedrückt werden. Der Zählapparat, welcher die Umsteuerung der Bewegung für das Wirken des Doppelrandes, der Langreihe und der gewöhnlichen Randreihen zu controliren hat, ist für möglichst weitgehende Reihenzahlen eingerichtet; er hat deshalb nicht nur die üblichen zwei Klinkräder mit Stoſsklinken, welche man in verschiedener Zeitdauer wirken läſst, sondern es kann auch erforderlichen Falles die Röſschenschiene in jeder zweiten Reihe eine dieser Stoſsklinken ausdrücken, so daſs das Rad nur nach je zwei Maschenreihen sich um einen Zahn fortdreht. Die Zusammensetzung der Fadenführer aus einzelnen Blechschienen ist so gewählt, daſs zufälliges Drehen und Verschlingen jedes laufenden Fadens ganz vermieden wird. Die Gröſse des Stuhles macht seine Verwendung, ähnlich der des glatten Cotton-Stuhles, in groſsen Fabriken jedenfalls vortheilhaft; auf den Kleinbetrieb konnte bei dieser Construction nicht gerechnet werden. Es ist indeſs in neuerer Zeit die Verwendung der breiten Cotton-Stühle (mit 8 Strumpflängen neben einander in einer Maschine) in gröſseren Betrieben recht bemerklich geworden, denn seit die kleinen mechanischen Ein- oder Zweilängenstühle in der Hausindustrie oder im Kleinbetriebe sich so ungemein verbreitet haben, erscheint vielfach ihre Verwendung in gröſseren Etablissements, der Betriebskosten wegen, nicht mehr lohnend genug. Die Einrichtung an Strick- und Wirkmaschinen zur Herstellung gemusterter Strickwaren von C. A. Roscher in Markersdorf bei Burgstädt Sachsen (* D. R. P. Nr. 3762 vom 26. Februar 1878) zeigt zunächst eine Verbindung der Strickmaschine mit einer gewöhnlichen Jacquardmaschine, derart, daſs durch die Platinen der letzteren die Nadeln der ersteren beliebig in und auſser Wirksamkeit gebracht werden können, indem man sie entweder emporschiebt in ihre Arbeitslage, oder im Nadelbett herabzieht, so daſs die unteren Haken nicht mehr vom Schlosse getroffen werden. Behufs dieser Veränderungen liegen in der Verlängerung der Nadeln noch federnde Zwischenstücke, und das Schloſs erfaſst mit den Seitendreiecken die eigentlichen Nadeln, mit dem Mitteldreiecke aber die Zwischenstücke. Ferner zeigt die Einrichtung einen vielfachen Fadenführerapparat zur Herstellung von langgestreiften oder Jacquard-Farbmustern. Derselbe enthält auf einer Anzahl Gleitschienen ebenso viele Führer, deren jeder durch eine Feder vom Schlosse der Maschine seitlich mit fortgenommen wird; gewöhnliche, aber selbstthätig verstellbare Ausrückkeile lösen die Verbindung zwischen Mitnehmer-Feder und Führer und lassen letztere am Ende ihres Ausschubes stehen. Die Erfindung harrt noch ihrer Ausführung. Ein Deckapparat für Strickmaschinen von G. L. Oemler in Plagwitz bei Leipzig (* D. R. P. Nr. 3880 vom 2. Mai 1878) ist eine an der Larm'schen Strickmaschine angebrachte Petinetmaschine, mit welcher man einzelne Maschen irgend einer Reihe von ihren Nadeln abheben und auf andere Nadeln überhängen kann. Eine längs der Nadelbetten hin liegende Schiene, welche durch mehrfache Hebel Verbindungen so an den Gestellwänden befestigt ist, daſs sie der Arbeiter mit der Hand leicht nach den Nadeln hin bewegen und auch in der Längsrichtung verschieben kann, trägt die gewöhnlichen Oehrnadeln, welche man in den Handdeckern für Strickmaschinen verwendet. Die Handhabung dieser Vorrichtung ist indeſs nicht so ohne weiteres ausführbar und nicht so einfach wie die der Petinetmaschine am Handwirkstuhle, weil die einzeln beweglichen Zungennadeln durch den verschiedenen Zug der Maschen verschieden hoch gehalten werden, also nicht genau in einer geraden Reihe liegen, und weil nach Beendigung einer Maschenreihe viele Zungen auf ihren Haken liegen, also dieselben schlieſsen und erst wieder zurück gelegt werden müssen. Zur Ueberwindung dieser Schwierigkeiten hat man an beiden Seiten der gewöhnlichen drei Schloſsdreicke noch je zwei Dreiecke angebracht, von denen das nachlaufende Paar die Nadeln nochmals empor schiebt, bis die alten Maschen ihre Zungen zurückgeklappt haben, aber noch nicht von denselben abgefallen sind, so daſs die Decknadeln in die offenen Haken eingehängt werden können. Diese Hilfsdreiecke sind aber nicht immer in Thätigkeit, sondern werden dann, wenn glatte Waare ohne Muster zu arbeiten ist, durch Handhebel in die Schloſsplatte zurückgezogen. Für das Gelingen der Arbeit ist weiter noch nöthig, daſs diejenigen Maschen, welche fortgehängt und dabei schief gezogen worden sind, während der nächsten Reihenbildung nicht übermäſsig angespannt werden; deshalb sind die Seitendreiecke des Schlosses, welche man durch excentrische Zapfen heben und senken kann, noch durch Federn abwärts gedrückt und haben in den Langschlitzen für ihre Stellzapfen etwas Spielraum. Kommen nun Nadeln mit solchen verkürzten Maschen an diese Dreiecke heran, so werden sie von denselben nicht unbedingt in die tiefste Lage hinab gedrückt, sondern die Dreiecke heben sich ein wenig und schonen die betreffenden Maschen. Die Neuerungen an Strickmaschinen von McNary in Brooklyn, Nordamerika (* D. R. P. Nr. 4555 vom 4. August 1878), beziehen sich ausschlieſslich auf Verbesserungen der alten McNary'schen Rundstrickmaschine (1860 patentirt), welche ihre Maschenbildung mit Hilfe von Hakennadeln und kurzen Abhebezähnen verrichtet, mit acht neben einander eingeführten Fäden eine mehr der Kettenwaare ähnliche Faden Verbindung liefert und welche durch ganze oder theil weise Umdrehungen ihres Nadelkranzes es zuerst ermöglicht hat, Strümpfe mit ausgeprägter Form der Ferse und Fuſspitze geschlossen ohne Naht zu arbeiten. Nach der neuen Einrichtung enthält die Maschine gewöhnliche Wirkstuhlnadeln mit langen elastischen Haken, welche in Partien von 20 oder mehr Stück neben einander gleichzeitig gehoben und gesenkt, auf letzterem Wege auch gepreſst werden, um die Fäden zu erfassen und als Schleifen durch die alten Maschen hinab zu ziehen. Preſsrollen, welche als Fadenregulator dienen, ziehen regelmäſsig bestimmte Fadenlängen von den Spulen ab und liefern sie der Maschine für je eine Maschenreihe. Die Regulator- oder Formscheibe, welche selbstthätig die Drehungen oder Ausschwingungen des Nadelkranzes aus- und einrückt, ist in vollkommenerer Weise, als früher, ausgeführt und wirkt auf die sinnreich construirte Schnecke, welche in den Zahnkranz des Kopfes eingreift und beliebig als links- oder rechtsgängig verstellt werden kann. G. W.