Titel: Mittheilungen von der Weltausstellung in Paris 1878.
Autor: Müller-Melchiors
Fundstelle: Band 233, Jahrgang 1879, S. 1
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Mittheilungen von der Weltausstellung in Paris 1878. (Fortsetzung von S. 500 des vorhergehenden Bandes.) Mittheilungen von der Weltausstellung in Paris 1878. Dampfmaschinen-Steuerungen auf der Ausstellung (Tafel 1 bis 3). B) Präcisionssteuerungen (Schluſs des Berichtes Bd. 232 S. 385). Im Cylinder der Dampfmaschine sollte, um die vollste Ausnutzung der verfügbaren Wärmekraft zu erzielen, ein vollkommener Kreisproceſs stattfinden; die Steuerung hätte hierbei die Function, die verschiedenen Phasen des Kreisprocesses einzuleiten, nach Abschluſs der einen Periode sofort und vollständig die weitere Zustandsänderung anzubahnen und, bis diese vollendet, unthätig zu verbleiben. Sie müſste daher in allen ihren Functionen momentan und intermittirend arbeiten, und nur dann könnte sie voll den Namen Präcisionssteuerung verdienen. Wie wir aber sehen, daſs in der Ausnutzung der Dampfarbeit unsere Praxis durch eine Concurrenz störender Ursachen der Theorie nicht durchaus zu folgen vermag, ja sogar nicht selten sich in einen Widerspruch zu deren Abstractionen versetzt, so muſs auch das Dampfvertheilungsorgan, von seiner Höhe als Leiter des Kreisprocesses herabsteigend, manche Postulate seines idealen Zustandes missen und sich mit dem bequem Erreichbaren begnügen. So nennen wir schon jene Mechanismen Präcisionssteuerungen, bei welchen der Abschluſs der Volldruckperiode und damit die Einleitung der Expansion unter dem Einflusse des Regulators momentan geschieht, und halten das momentane Einleiten der Volldruckperiode in Folge gefürchteter Stoſswirkung für gefährlich, den momentanen Abschluſs der Ausströmung für unnöthig und höchstens noch plötzlichen Beginn der Ausströmung, bezieh. der Condensation, für wünschenswerth. Die sichere Basis dieser angeblich so willkürlichen Charakterisirung ist das Diagramm, und dessen Ecken und Spitzen, welche er erzielen oder vermeiden will, leiten die Hand des Constructeurs. Den Präcisionssteuerungen, und in erster Linie den Corliſssteuerungen, danken wir vor allem die ausgedehnte und rationelle Anwendung des Indicators, und indem dies ganz allgemein den Anstoſs zu einer sorgfältigeren Berücksichtigung der Dampfarbeit seitens der ausführenden Ingenieure wurde, äuſserte die epochemachende Erfindung des genialen Corliſs auch in mittelbarer Weise den segensreichsten Einfluſs auf den ganzen Dampfmaschinenbau. Jetzt wurden auch die älteren Steuerungssysteme eines neuen und eingehenden Studiums gewürdigt, die Kanaldimensionen sorgfältiger gewählt, die Admissionsspannungen erhöht, die Füllungen verkürzt und endlich die Expansionsregulirung während des Ganges der Maschine, von Hand oder mittels des Regulators, immer ausgedehnter angewendet. So kamen der Corliſssteuerung, welche – auf den ersten Wurf ein vollendetes Ganze – durch die unzähligen Nachbildungen nur in Einzelheiten verändert wurde, die positiven Steuerungen wieder näher und näher, erzielten immer bessere ökonomische Resultate, so daſs heute die Anwendung der Präcisionssteuerung bei groſsen Maschinen zwar selbstverständlich feststeht und es immer so bleiben wird, dagegen die Grenze, wie weit noch positive Steuerungen rationell anwendbar bleiben, wieder hinaufrückt. Denn bei annähernd gleichen ökonomischen Resultaten zieht die Mehrzahl der Maschinenbesitzer heute noch die positive Steuerung der Präcisionssteuerung entschieden vor; doch mag im Laufe der Zeit und weiterer Entwicklung der Präcisionssteuerung diese Anschauung wohl auch ins Gegentheil umschlagen. Um diesen Umschlag anzubahnen, muſs eine einfache, in Herstellung und Erhaltung billige, leicht zu behandelnde und unter allen Umständen verläſsliche Präcisionssteuerung hergestellt werden, und in dieser Richtung bewegt sich auch die Mehrzahl neuer Constructionen. Die folgenden Notizen über die Präcisionssteuerungen der Ausstellung werden in dieser Beziehung manches bemerkenswerthe Beispiel bringen. Als Eintheilungsgrund der Präcisionssteuerungen bietet sich zunächst die Form des Dampfvertheilungsorganes dar, welches entweder als Flachschieber, und zwar getrennt oder zusammen arbeitend, oder auch als Rundschieber, Drehschieber und Ventil erscheint. Doch ist die Wahl des Dampfvertheilungsorganes bei diesen Steuerungen eine so durchaus zufällige und so ganz einfluſslos auf die principielle Anordnung des Mechanismus, daſs sich hierauf keine rationelle Eintheilung gründen lieſse. Die Eintheilung nach einzelnen Constructionstypen allein, wie sie in dem jetzt erscheinenden, prachtvoll ausgestatteten Werke von W. H. Uhland versucht wird, ermangelt der Uebersichtlichkeit; die Weite der Füllungsgrenzen, ob bis 40 Proc. oder bis 100 Proc. variable Expansion möglich ist, führt an und für sich gleichfalls zu keinem Gesichtspunkt principieller Zusammenfassung. Dennoch muſs grade in der Gestaltung des Auslösermechanismus, der ja das entscheidende Kriterium der Präcisionssteuerungen überhaupt bildet, auch der Unterscheidungsgrund der einzelnen Präcisionssteuerungen liegen, und derselbe stellt sich bei einer unter diesem Gesichtspunkte unternommenen Vergleichung klar genug heraus. Die älteren Präcisionssteuerungen, vor allem sämmtliche Original-Corliſssteuerungen, ferner auch die Sulzer-Steuerung von Paris 1867 und die meisten Präcisionssteuerungen von Wien 1873 haben die Auslöserbewegung derart mit der Oeffnungsbewegung des Dampfvertheilungsorganes verbunden, daſs in demselben Masse, als die zusammen arbeitenden Kanten des Dampfkanales gröſser werden, die Distanz der zusammen arbeitenden Kanten des Auslösermechanismus abnimmt. Mit dem Rückgänge des Dampfvertheilungsorganes nimmt auch die Kantendistanz des Auslösers wieder zu, die todten Punkte beider relativen oder absoluten Bewegungen fallen zusammen, die ganze Bewegung des Auslösers und des Oeffnungsmechanismus erfolgt in gleichen Zeiten und wir nennen die Steuerungen dieser Kategorie: Präcisionssteuerungen mit isochroner Auslösung. Bei der zweiten Klasse, den Präcisionssteuerungen mit allochroner Auslösung, findet dieses Zusammengehen der Arbeitskanten der Einströmung und des Auslösers nicht mehr statt, die todten Punkte fallen nicht zusammen, die Bewegungsphasen, statt sich zu decken, durchkreuzen sich. Dieser Klasse, welche noch in Wien 1873 nur durch zwei Maschinen vertreten war, gehören die meisten neueren Constructionen der Pariser Ausstellung an; sie ist principiell um nichts complicirter als die Präcisionssteuerung mit isochronem Auslöser und ermöglicht ohne weiteres variable Füllung von 0 bis 100 Proc; hierin allein liegt jedoch nicht der wesentliche Unterscheidungsgrund, da, wie wir sehen werden, auch die isochrone Auslösersteuerung in verschiedenen Combinationen diese Möglichkeit gewährt.Zur Rechtfertigung dieser Eintheilung führen wir an, daſs sie allein die allgemein als zusammengehörig betrachteten Steuerungen zusammenfaſst und ein klares Kriterium zur Erkennung derselben gibt, während andere Gruppirungen, wie beispielsweise nach activer oder passiver, selbsständiger oder abhängiger Auslösung eine ganz willkürliche und gar nicht durchzuführende Eintheilung bedingen würden. 1) Präcisionssteuerungen mit isochroner Auslösung (Tafel 1). Als typisches Vorbild dieser Gruppe erscheint die älteste Corliſssteuerung („Corliſssteuerung von 1862“ * 1874 214 272), sowie alle späteren Modificationen von Corliſs selbst ( *1874 214 272. * 1876 222 97. *1878 229 311) und Anderen (Inglis und Spencer * 1874 214 270. Douglas und Grant * 1871 199 161. Märky und Schulz * 1874 214 274. Steiner *1876 221 491), endlich die weiteren Anwendungen des Corliſsprincipes auf Ventil- und Flachschieber-Steuerungen (Hartmann *1874 214 267), Wannieck und Köppner * 1876 221 493). Sie alle charakterisiren sich sofort dadurch als isochrone Auslösesteuerungen, daſs die Einströmschieber und Auslöser gleichzeitig in ihre extremsten Stellungen gelangen. Wenn nun die Bewegung der Einström- und Ausströmschieber (oder Ventile) von einem gemeinsamen Excenter erfolgen soll, so gelangen die Einströmschieber, genau wie der gewöhnliche Muschelschieber, bei etwa 40 Procent des Kolbenhubes in ihre äuſserste Stellung; gleichzeitig hat auch die Distanz der Auslöserkauten ihr Minimum erreicht und nimmt bei fortgesetzter Bewegung wieder zu. Hat daher nicht schon früher diese Kantendistanz den Werth Null erreicht und dadurch Auslösung und Schluſs des Einströmschiebers herbeigeführt, so kann dies nach erfolgter Bewegungsumkehr überhaupt nicht mehr stattfinden und die Maschine arbeitet als positive Steuerung mit ihrer „natürlichen Füllung“, also nahezu ohne Expansion. Dies muſs beim normalen Betrieb unter allen Umständen vermieden werden und, nachdem in der Nähe des bei etwa 40 Procent des Hubes liegenden Wendepunktes die Kantendistanz überhaupt nur sehr langsam zu- und abnimmt, so findet die späteste Auslösung meistens schon bei 30 Procent des Kolbenhubes statt. Wir betrachten diese nothgezwungene Beschränkung der angeführten Präcisionssteuerungen auf kleine Füllungen im Allgemeinen keineswegs als einen Nachtheil, nachdem ja auch hier für Ausnahmsfälle die „natürliche Füllung“ von 80 oder 90 Proc. verfügbar bleibt, im normalen Betrieb einer eincylindrig expandirenden Maschine aber eine Präcisionssteuerung mit vielleicht 60 Proc. Füllung als ein Unding erscheint; steht ja doch der durch Präcisionssteuerungen erzielbare Gewinn an scharfen Ecken des Indicatordiagrammes und automatischer Regulirung in gar keinem Verhältnisse zu dem bei hohen Füllungen eintretenden Verluste an Expansionsarbeit. Und doch hören wir es stets wieder als Vorzug neu auftauchender Präcisionssteuerungen preisen, daſs sie alle Füllungen, gewöhnlich „von 0 bis 80 Proc.“ erreichbar machen. Dieser zweifelhafte Vorzug läſst sich nun bei den isochronen Steuerungen auf verschiedene Weise erzielen. Zunächst dadurch, daſs man (wie Wood * 1874 211 161. Correy * 1876 221 495. Hartung * 1876 222 205) auf die Anwendung eines gemeinsamen Excenters für Ein- und Ausströmung verzichtet und die Einströmung von einem besonderen Excenter bedienen läſst, welches nun derart gestellt werden kann, daſs die Kantendistanz der Einströmung vom Beginn bis zum Schlusse des Kolbenhubes fortwährend zunimmt, also die Distanz der Auslöserkanten entsprechend fortwährend abnimmt, so daſs sie bis zum Hubende gleich Null zu werden vermag. Das betreffende Excenter hat dann seine todten Punkte mit der Maschinenkurbel nahe zusammenfallend; eine „natürliche Füllung“ existirt nicht mehr, da das Steuerungsorgan, falls es nicht früher durch Auslösung geschlossen war, den ganzen Kolbenrückgang benöthigt, um absperren zu können. Daſs dem entsprechend die Oeffnungsgeschwindigkeit, je weiter die variable Füllung getrieben wird, um so mehr abnimmt und dadurch immer gröſsere Drosselung der Admission verursacht, liegt auf der Hand. Wohl hauptsächlich darum haben einige andere Präcisionssteuerungen dieser Gruppe, statt Excenter für die Bewegung der Einströmung anzuwenden, Curvenscheiben angebracht (Sulzer 1867 *1879 231 96. Bède und Farcot * 1874 214 347. Scheller und Berchtold * 1874 214 351. Nolet * 1876 221 490 u.a.) und erreichen damit gleichzeitig rasche Oeffnung und hohe Füllungsgrade. Ein drittes Mittel endlich, um bei isochronen Präcisionssteuerungen Füllungen über 40 Proc. zu erzielen, besteht in der Verdopplung der Auslöser, so daſs beim Rückgang des Einströmmechanismus ein zweites Paar von Auslöserkanten zur Wirkung gelangt, deren Distanz sich nun von 40 bis 80 Proc. fortwährend vermindert und also auch in diesen Grenzen die Auslösung ermöglicht, falls sie nicht zwischen 0 und 40 Proc. stattgefunden hat. Dieses etwas problematische Auskunftsmittel war unseres Wissens zuerst bei der Doppelschieber-Präcisionssteuerung von Ochwadt (*1876 220 396) angewendet gewesen; in Paris erschien es neuerdings an der gröſsten aller Ausstellungsmaschinen von Farcot und Söhne in St. Ouen, welche von uns bereits (*1879 232 101) beschrieben ist. Ein ganz unvermeidlicher Mangel dieser Construction liegt darin, daſs sie zwischen 30 und 50 Proc. beim Uebergange der Auslösungsfunction und gleichzeitiger Bewegungsumkehr des Einströmmechanismus, in hohem Grade unverläſslich wird; im übrigen läſst sie sich ihrer Einfachheit halber leicht anbringen und hat gegenüber den anderen isochromen Präcisionssteuerungen mit erweiterten Füllungsgrenzen den Vorzug, daſs die normale Bewegung des Einströmmechanismus gewahrt bleibt, so daſs beim Versagen der Auslösung oder der Absperrfedern die Einströmung wenigstens am Hubende sicher geschlossen wird. Nach dem Vorausgeschickten lassen sich nun die hierher gehörigen Präcisionssteuerungen der Pariser Weltausstellung ohne weiteres in bekannte Gruppen einfügen.Der Vollständigkeit halber erwähnen wir zuerst jene Präcisionssteuerungen, über welche uns keine näheren Daten zu Gebote stehen und die daher nur namentlich angeführt werden können. Es sind dies die Doppelschiebersteuerungen mit Auslösung von Gebrüder Boudier in Rouen (mit einem quer zum Vertheilungsschieber wirkenden Rückenschieber) und von Skoda in Pilsen nach Patent Wellner. Ferner mit vier getrennten Flachschiebern für Ein- und Ausströmung die Steuerungen der Maschinenfabrik der Ungarischen Staatsbahn in Pest und von A. Larochaymond in Tournai (Belgien), endlich die Ventilsteuerung von Crespin und Marteau in Paris. Unter den isochronen Steuerungen mit normalen Füllungsgrenzen von 0 bis 40 Proc. ist zunächst die bekannte Corliſs-Flachfeder-Steuerung anzuführen (auch „Corliſssteuerung von 1867“ fälschlich genannt *1874 214 272; vgl. auch 1876 222 100), welche an den schönen Maschinen von Lecouteux und Garnier in Paris und von Le Gavrian und Sohn in Rouen in unveränderter Gestalt angebracht war; ferner die gleichfalls schon bekannte Steuerung des Amerikaners J. Wheelock (*1878 229 413), endlich noch eine neue Rundschieber-Steuerung von der groſsen Maschinenfabrik Cail und Comp. in Paris, welche in Fig. 1 Taf. 1 dargestellt ist. Von Ventildampfmaschinen derselben Gruppe haben wir bereits die vortreffliche Steuerung von A. Zimmermann, welche an der Maschine von Lecointe und Villette angebracht war, beschrieben (* 1878 230 388). Hierher gehören ferner die Steuerungen der Société anonyme de Marcinelle et Couillet (Fig. 2 Taf. 1) und der Compagnie des fonderies et forges de l'Horme (Fig. 3 bis 6 Taf. 1). Unter den isochronen Präcisionssteuerungen mit erweiterten Füllungsgrenzen (0 bis 80 Proc.) haben wir die neue Farcot-Steuerung bereits genannt; auſserdem war die schon früher beschriebene Flachschieber-Steuerung von Correy (* 1876 221 495) an einer Woolf'schen Balanciermaschine von T. Powell in Rouen und eine ganz ähnliche Steuerung an der gleichfalls Woolf'schen Balanciermaschine von E. Boyer in Lille angebracht. Endlich ist noch die Flachschieber-Steuerung von Cail, Halot und Comp. in Brüssel zu erwähnen, bei welcher die Bewegungshebel der Einströmschieber wider rotirende Curvenscheiben durch den Dampfdruck gepreſst werden und mit stellbaren Gleitstücken anliegen, welche hier die Auslöser bilden und je nach ihrer Stellung ein früheres oder späteres Abschnappen und Sperren der Einströmung bewirken. Damit sind alle hierher gehörigen Ausstellungsmaschinen genannt und wir gehen zur Beschreibung der darunter befindlichen Neuheiten über. Die Maschine von Cail (Fig. 1 Taf. 1) hatte 500mm Cylinderdurchmesser, 1m Hub und diente zum Antrieb des zweiten Block im Mitteltract der französischen Maschinenhalle; sie wurde von 4 Rundschiebern gesteuert, welche mit der central am Cylinder gelagerten Steuerscheibe in Verbindung standen, die unten liegenden Ausströmschieber fest, die Einströmschieber lösbar. Bei der Bewegungsrichtung der Excenterstange im Sinne des Pfeiles Fig. 1 geht die Zugstange des hinteren Einströmschiebers, nachdem sie die Todtpunktlage passirt hat, nach rechts und nimmt dabei einen Winkelhebel mit, welcher auf der Spindel des Schieberhahnes lose aufgesteckt ist. Hinter dem Winkelhebel trägt die Spindel einen fest verkeilten Quadranten, der mit einem stählernen Anschlag versehen ist. Gegen diesen Anschlag lehnt sich der Zahn der am losen Winkelhebel angehängten Klaue, so daſs bei der nun folgenden Bewegungsphase die Schieberspindel von dem Winkelhebel nach links mitgenommen und der Schieber geöffnet wird. Zum Zwecke der Auslösung trägt die Mitnehmerklaue zwischen ihrem Angriffspunkt am Winkelhebel und dem Stahlzahn einen Daumen, dessen aufrecht stehender Arm durch eine Zugstange mit dem vom Regulator fixirten, im Cylindermittel gelagerten Winkelhebel in Verbindung steht. Bei der Linksdrehung der Mitnehmerklaue schwingt diese Zugstange um ihren momentanen Fixpunkt im Regulatorwinkelhebel nach aufwärts; dabei nähert sich der Arm des Auslöserdaumens immer mehr der senkrechten Lage und der Daumen selbst wird in Folge dessen nach unten verdreht, so daſs er sich wider den festgekeilten Quadranten der Schieberspindel anstemmt und die Mitnehmerklaue, welche bis jetzt voll am Umfange des Quadranten auflag, von demselben weghebt. So erfolgt endlich, indem die Kantendistanz zwischen Quadrantenanschlag und Mitnehmerzahn mehr und mehr vermindert wird, das Abschnappen des letzteren und im gleichen Momente geht die Schieberspindel nach rechts zurück, vermöge der Spannfeder, welche durch eine Zugstange auf den Quadranten wirkt; dabei findet die Auslösung früher oder später statt, wenn der Regulatorwinkelhebel derart verdreht wird, daſs sich der Fixpunkt der zum Auslöserdaumen führenden Zugstange nach rechts oder links verschiebt. Die Cail'sche Steuerung hat im Princip eine groſse Aehnlichkeit mit der bekannten Construction von Inglis und Spencer; die fast vollständige Entlastung der Schieberspindel, welche beim Rückschnellen nur mit dem Quadranten verbunden bleibt, ist ein Vorzug der neueren Construction, zudem daſs sie wesentlich einfacher und von leichterer Herstellung ist; unerreicht aber bleibt die Inglis und Spencer'sche Steuerung in der stets centrischen Angriffsweise des Mitnehmers und Auslösers. Die in den Regulator übertragene Kraftcomponente der Auslösung wird in beiden Fällen durch das Hebelverhältniſs zwischen dem Radiusvector des Daumens und dem Angriffspunkt der Zugstange einerseits, durch die Reibung der Mitnehmerflächen und den Einlöserdruck (Federspannung bezieh. Eigengewicht)Das Einlösen des Mitnehmerzahnes hinter dem Anschlage für ein neues Spiel geschieht bei Cail durch das Eigengewicht der Mitnehmerklaue, bei Inglis und Spencer bekanntlich mit einigem Geräusch durch die Spannung der Flachfedern – für beide Constructionen wohl mit gleicher Sicherheit. bestimmt und bleibt stets eine minimale Gröſse. Die zweite hier zu besprechende Maschine, von der Société anonyme de Marcinelle et Couillet ausgestellt und zum Betrieb eines groſsen Grubenventilators (System Guibal, 12m Durchmesser) bestimmt, hatte 620mm Cylinderdurchmesser, 850mm Hub und wurde von Doppelsitzventilen gesteuert (Fig. 2 Taf. 1). Doch erfolgte auch hier, in einer für Ventilsteuerungen ungewöhnlichen Weise, der Antrieb von einer gemeinschaftlichen Steuerscheibe aus, und war in Folge dessen variable Füllung nur innerhalb der normalen Grenzen von 0 bis 40 Proc. möglich. Die Uebertragung der Scheibenbewegung auf die Einströmventile erfolgt durch Doppelhebel, bezieh. durch den Ventilgehäusen vorgelagerte Wellen, deren äuſsere Hebel die Zugstangen der Steuerscheibe aufnehmen, während innen die mit stählernen Klauen armirten Mitnehmerhebel aufgekeilt sind. Die Mitnehmerklaue stöſst wider einen in der Ventilspindel angebrachten Anschlag und öffnet, wenn sich die Excenterstange in der Richtung des Pfeiles bewegt, das hintere Einströmventil. Der Auslöser ist hier nicht mit dem Mitnehmer, sondern mit dem Anschlag verbunden, indem der letztere nicht direct der Ventilspindel, sondern einem Winkelhebel eingesetzt ist, welcher in der Ventilspindel drehbar gelagert wird; jedoch legt sich dieser Hebel in der gezeichneten Stellung derart gegen den Schlitz der Ventilspindel, daſs ihm eine weitere Rechtsdrehung unmöglich wird und er somit für den Moment des Anhebens ein starres Ganze mit der Ventilspindel bildet. Bei fortgesetztem Aufsteigen des Ventiles kommt der horizontale Arm dieses Winkelhebels immer näher einem feststehenden Zapfen, welcher endlich das weitere Aufsteigen hindert, den Winkelhebel nach links verdreht und derart den Anschlag von der Mitnehmerklaue wegschiebt, worauf das Ventil auf seinen Sitz zurückfällt und absperrt. Beim Rückgange vermag der Mitnehmerhebel den Anschlag zurückzuschieben, bis er unter dieselben kommt und der Winkelhebel, durch den Einfluſs einer kleinen Blattfeder, wieder in seine normale Stellung gelangt. Der Auslöserzapfen ist selbstverständlich vom Regulator verstellbar und zwar dadurch, daſs er am verticalen Arme eines Winkelhebels sitzt, welcher auf die Welle des Mitnehmers lose aufgeschoben und mit seinem horizontalen Arm von der Regulatorzugstange erfaſst wird; in Folge dieser Lagerung wird der Regulator nur von einer kleinen Kraftcomponente beansprucht und vermag es leicht, durch Verdrehen des Auslösezapfens nach rechts oder links die Füllung zu vermindern oder zu erhöhen. Bei der vorliegenden Dampfmaschine handelte es sich nun nicht darum, die Geschwindigkeit unter verschiedenen Arbeitsleistungen constant zu erhalten, sondern die Regulirung hatte hier den ganz speciellen Zweck, die Tourenzahl der Maschine unter gewissen Verhältnissen zu vermehren. Da nämlich, wie bereits bemerkt, die Maschine dazu bestimmt ist, mittels eines Guibal'schen Ventilators die Wetterführung einer Kohlengrube zu besorgen, und, wie längst bewiesen, bei niedrigem Barometerstand erhöhte Wetterbildung in den Gruben stattfindet, so muſs eine rationelle Regulirung im Stande sein, im Bedarffalle die Tourenzahl zu erhöhen und hierdurch einen vermehrten Luftumlauf einzuleiten. Dies geschieht in einfacher Weise dadurch, daſs statt des Centrifugalregulators ein mächtiges Quecksilberbarometer angewendet wird, in dessen offenem Schenkel ein Schwimmer spielt, welcher durch die aus Fig. 2 ersichtliche Verbindung auf die Auslösungshebel einwirkt. Bei abnehmendem Luftdrucke sinkt das Quecksilber aus dem oberen, luftdicht verschlossenen Behälter des barometrischen Regulators in den unteren offenen Behälter, welcher, selbstverständlich um etwa 760mm tiefer liegend, den Schwimmer enthält; letzterer wird gehoben und bewegt die zur Steuerung führende Zugstange nach links. In Folge dessen fallen die verticalen Stangen, welche zu den Winkelhebeln der Auslösungszapfen führen und mit ihrem unteren Ende auf einem treppenförmigen Support aufruhen, um eine Stufe tiefer, die Winkelhebel verdrehen sich nach links, der Auslösungszapfen kommt in eine höhere Lage und die Füllung wird vergröſsert. Es wird hierdurch, da die Widerstände nur im Verhältnisse der Tourenzahlen wachsen, im übrigen aber constant sind, die Geschwindigkeit der Maschine in den Grenzen von 50 zu 75 Touren variirt, entsprechend einem Sinken der Barometersäule um 8mm,5. Bei Erhöhung der Luftspannung bleibt dagegen der barometrische Regulator wirkungslos, indem sich die zu den Winkelhebeln der Auslösezapfen führenden Zugstangen an den Stufen anstemmen und der Winkelhebel des Schwimmers in dieser Richtung ausgelöst wird, da er mittels einer nur einseitig wirkenden Sperrklinkenkupplung mit der horizontalen Bewegungsstange verbunden ist. Diese Anordnung ist deshalb gewählt, um zwar die aus Sicherheitsgründen erforderliche Zunahme der Tourenzahl selbstthätig einzuleiten, die Verminderung der Tourenzahl dagegen dem Ermessen des Maschinenführers zu überlassen. Die Compagnie des fonderies et forges de l'Horme bei St. Chamond (Departement Loire, Frankreich) hatte eine Zwillingsmaschine (400mm Cylinderdurchmesser, 800mm Hub) ausgestellt, welche mittels Zahnradübersetzung zwei Schachtpumpengestänge antrieb. Zwischen beiden Maschinen stand ein gemeinschaftlicher Regulator, von welchem aus unterirdisch geführte Zugstangen beiderseits zu den Steuerungen gingen. Jeder Cylinder wird von vier guſseisernen Ventilen gesteuert, deren Sitze zur thunlichsten Verminderung des schädlichen Raumes weit in den Cylinder hineinragen, so daſs die Cylinderdeckel sehr tief gehalten und mit entsprechenden Aussparungen versehen sein müssen. Diese aus Fig. 4 Taf. 1 ersichtliche Anordnung, welche einen sehr langen Cylinder erfordert und unter anderem auch bedingt, daſs der hier gewählte Corliſs-Bajonnetständer gleichzeitig den vorderen Cylinderdeckel bildet, erscheint uns kaum empfehlenswerth. Die Steuerung (Fig. 3, 5 und 6) erfolgt hier, wie bei der Anwendung von Ventilen gewöhnlich, durch eine Steuerwelle, welche von der Schwungrad welle durch gleiche Kegelräder angetrieben wird und je zwei Excenter für die Einström- und Ausströmventile in Bewegung setzt. Es wäre somit hier die Möglichkeit gegeben, die Füllungsgrenzen beliebig zu erweitern; doch gab die Ausstellungsmaschine rationeller Weise nur Füllungen bis zu 43 Proc. Der Mitnehmermechanismus hat principiell groſse Aehnlichkeit mit der früher besprochenen Steuerung von Cail. Auch hier sind die Mitnehmerhebel und der mit einem Anschlag versehene Quadrant auf einer gemeinsamen Welle angebracht, erstere fest verbunden, letztere frei beweglich. Die Welle ist in einem gabelförmigen Ständer gelagert, der auf einen Anguſs des Cylinders geschraubt wird; der Quadrant geht auf der anderen Seite in einen Hebel aus, welcher durch eine aufwärts gehende Zugstange mit dem Hebel des Einströmventiles verbunden ist; die beiderseits von Quadranten aufgeholzten Mitnehmerhebel endlich stehen durch eine nach abwärts gehende Zugstange mit dem Excenter der Steuerwelle in Verbindung. Auf demselben Bolzen, welcher die Excenterstange trägt, ist auch die Mitnehmerklaue angebracht und wird durch eine Feder gegen den Quadranten gepreſst. Für die Bewegungsrichtung der Pfeile in Fig. 5 wird daher der Quadrant mitgenommen und das Ventil geöffnet; dies geschieht so lange, bis das nach rückwärts gerichtete Hörn der Mitnehmerklaue wider einen oberhalb desselben befindlichen Daumen stöſst, worauf bei fortgesetzter Drehung in der Richtung des Pfeiles die Mitnehmerklaue endlich so weit gehoben wird, daſs ihr Zahn den Anschlag des Quadranten verläſst, worauf derselbe unter dem Einflusse die das Ventil belastende Schraubenfeder zurückschnellt und das Ventil geschlossen wird. Die Auslöserdaumen für die beiden Einströmventile sind auf einer gemeinsamen Welle befestigt, welche durch Hebel und Zugstange vom Regulator verdreht wird; für die gezeichnete Stellung findet Maximalfüllung statt. Bewegt sich die Regulatorzugstange in der Richtung des Pfeiles, so wird die Füllung vermindert. Die Inanspruchnahme des Regulators hängt dabei von denselben Verhältnissen ab wie bei der Cail'schen Steuerung. 2) Präcisionssteuerungen mit allochroner Auslösung (Taf. 2 und 3). Diesem System, welches, wie schon erwähnt, erst neuerer Zeit allgemeinere Aufnahme gefunden hat, gehört als grundlegender Typus die Sulzer'sche Ventilsteuerung von Wien 1873 an (vgl. * 1879 231 7. 96). Auch hier wird, gleich vielen isochronen Ventilsteuerungen (so bei Compagnie de l'Horme, Hartmann, Hartung) die Ventilbewegung und Auslöserbewegung direct von der Excenterstange abgeleitet; während aber die isochronen Steuerungen die Bewegung derselben nur nach einer Richtung hin ausnutzen, kommt bei der Sulzer-Steuerung von 1873 sowohl die Längs- als die Querbewegung der Excenterstange zur Wirkung, erstere auf die Ventileröffnung, letztere auf die Kantendistanz des Auslösers einwirkend, und indem sich die Phasen dieser beiden Bewegungen selbstverständlich kreuzen, entsprechend den um 90° von einander entfernten Todtpunktlagen des Excenters, entsteht eine allochrone Präcisionssteuerung. Diese vortreffliche Construction, welche rasche Ventileröffnung mit weiten Füllungsgrenzen und gröſstmöglicher Einfachheit verbindet, hat auſserordentlich weite Verbreitung gefunden und war auch in Paris 1878 bei einer Dampfmaschine der Société anonyme de constructions mécaniques d'Anzin vertreten, welche den vierten Block des südlichen Tractes in der französischen Maschinenhalle antrieb. Auch war sie an der einen Seite einer Zwillingsmaschine von H. Satre und V. Averly in Lyon angebracht (Antriebsmaschine des dritten Block des nördlichen Tractes in der französischen Maschinenhalle), deren zweiter Cylinder die neue Sulzer-Steuerung hatte. Zu den Modifikationen der Sulzer-Steuerung von 1873 gehören von den in Paris ausgestellten Maschinen auch die Steuerungen von Socin und Wick, Walschaerts und Escher-Wyſs, sowie etwas weiter entfernt die Steuerung von Galloway und Söhne. Die schon beschriebene neueste Sulzer'sche Steuerung (*1879 231 8.96) ist insofern gleichfalls mit der älteren Sulzer-Steuerung verwandt, als auch hier die Mitnehmer- sowie die Auslöserbewegung von einer gemeinsamen Excenterstange abgeleitet werden; doch ist hier die Excenterbewegung schon ganz wesentlich modificirt, um, wie wir bereits früher hervorgehoben haben, ein rasches Anheben des Ventiles mit gleichzeitig sanftem Angriff des Mitnehmers zu vereinigen. Statt die verschiedenen Bewegungen eines einzigen Excenters zu benutzen, läſst sich selbstverständlich auch ein zweites Excenter für die gesonderte Bewegung des Auslösers anbringen und hierdurch in den verschiedensten Modificationen eine allochrone Präcisionssteuerung erzielen. Nach diesem System war die in Wien 1873 ausgestellte Rundschieber-Steuerung von Wannieck und Köppner (*1873 214 318) construirt, ferner die Doppelschieber-Präcisionssteuerung von Allcock (* 1876 220 395), die interessante Drehschieber-Steuerung von H. v. Reiche (* 1876 221 497) und endlich auch die zu Paris 1878 ausgestellt gewesene Fördermaschinen-Steuerung der Société anonyme d'Anzin. Während die älteren Steuerungen vermöge ihrer Complication kaum einen dauernden Erfolg erringen konnten, zeigte die letztgenannte, daſs sich auch dieses System ganz vortrefflich für allochrone Steuerungen eignet und speciell für Reversirmaschinen. Hier allein und bei mehrcylindrig expandirenden Maschinen ist auch ein hoher Füllungsgrad unerläſslich und eine freiere Disposition der einzelnen Steuerungsbestandtheile wünschenswerth, und es scheinen daher diese Maschinen das hervorragendste Anwendungsgebiet der allochronen Steuerungen zu repräsentiren. Nachdem wir hiermit die sämmtlichen uns bekannten allochromen Präcisionssteuerungen charakterisirt haben, schreiten wir zur näheren Darstellung derjenigen unter ihnen, welche in Paris erschienen waren und noch nicht beschrieben sind. Die Maschine von Socin und Wich in Basel (Fig. 7 und 8 Taf. 2) hatte die Steuerwelle längs des Cylinders gelagert, welche jedoch nicht direct von der Schwungradwelle angetrieben, sondern mit der den Regulator bewegenden Welle (Fig. 8) durch Vermittlung eines Stirnräderpaares verbunden und hierdurch näher an den Cylinder gerückt war. Dieselbe hatte vier Excenter aufgekeilt, von denen je zwei für die unten liegenden Ausströmschieber und die oben liegenden Einströmventile bestimmt sind. Erstere sind als Rostschieber construirt und liegen zur thunlichsten Verminderung des schädlichen Raumes direct im Ausströmkanal; ein nach unten ragender Arm des Schiebers passirt einen Schlitz des Schiebergesichtes und steht unten mit der vom Ausströmexcenter bewegten Schieberstange in Verbindung; als Zwischenglied dient eigenthümlich genug ein Excenter statt des normalen Winkelhebels. Die Stange des Admissionsexcenters ist an ihrem oberen Ende mit der Mitnehmerklaue versehen und in der Mitte an einer Lenkerstange aufgehängt, vermöge welcher die Mitnehmerklaue nicht allein die zur Ventileröffnung erforderliche auf- und abgehende, sondern auch eine pendelnde Bewegung macht. Obwohl daher (für die Stellung Fig. 7) das Excenter für die Ventilerhebungsrichtung nahezu im todten Punkt steht und die Mitnehmerklaue bald wieder nach aufwärts steigt, so kann doch auch später noch die Auslösung erfolgen, da das Excenter von der Todtpunktlage xy, welche den Endstellungen des Auslösers entspricht, noch weit entfernt ist. Bis aber das Excenter den Punkt x erreicht hat, bewegt sich die Mitnehmerklaue noch fortwährend nach rechts und kann somit in jedem Momente die Auslösung erfolgen, auch beim Rückgange des Anschlages. Letzterer, unter dem wir hier nur stets die passive Kante verstehen, welche in mehr oder weniger directer und fester Verbindung mit dem Dampfvertheilungsorgan steht, befindet sich hier an einer Zugstange angebracht, deren oberes Ende an einem einarmigen, das untere an einem Winkel-Hebel angreift. Der abwärts gerichtete Arm des Winkelhebels trägt eine Frictionsrolle und preſst mit derselben, wenn er in der Richtung des Pfeiles aus seiner punktirt gezeichneten Anfangsstellung verdreht wird, den hinteren Arm des Ventilerhebungshebels hinab, somit das Ventil hinauf. Indem nun die Gleitfläche dieses Hebels entsprechend stark geneigt wird, läſst sich beliebig rasch die nöthige Ventilöffnung erzielen; eine weitere Erhebung wäre dann nutzlos, und in Folge dessen endigt die Gleitfläche in eine concentrisch dem Winkelhebel-Drehpunkt ausgehöhlte Mulde, in welcher sich die Frictionsrolle für die gezeichnete Stellung bereits befindet und somit keine weitere Ventilerhebung veranlassen kann. Findet nun die Auslösung statt, so muſs nicht allein das Ventil durch eine Feder hinabgepreſst, sondern auch der mit der Frictionsrolle versehene Winkhebel hinaufgezogen werden, und hierzu dient die obere Hebelverbindung der den Anschlag tragenden Zugstange. In gleicher Weise wie die Ventilspindel unten drückt dieser Hebel von oben mittels eines kleinen Kolbens auf die Sperrfeder, so daſs im Momente des Auslösens sowohl das Ventil auf seinen Sitz hinab geschnellt wird, als der Winkelhebel und der Anschlag in ihre ursprüngliche Stellung hinauf gelangen. Die Wirkungsweise der Steuerung erscheint hiernach völlig klar gestellt und es ist kaum als selbstverständlich zu erwähnen, daſs die Variation der Füllung durch Hinausschieben der Excenterstange mittels des Lenkers erfolgt, der zu diesem Zwecke auf einem vom Regulator verdrehten Excenter sitzt. Noch ist zu bemerken, daſs der Anschlag mit seiner Stange fest verbunden ist und keine seitliche Ausbeugung erlaubt, wie dies beispielsweise bei der oben beschriebenen Steuerung von „Marcinelle und Couillet“ und überhaupt bei fast allen isochronen Präcisionssteuerungen in einer oder der anderen Form erforderlich wird. Die allochronen Steuerungen sind in Folge der geänderten Bewegungsphase der Auslösung dieser Bedingung nicht unterworfen. Die Firma E. Walschaerts in Brüssel, deren Träger mit unserem Heusinger v. Waldegg die Ehre der Erfindung der Kreuzkopf-Coulissensteuerung theilt, hatte in der belgischen Abtheilung eine äusserst schöne und gefällige Dampfmaschine (Fig. 9 und 10 Taf. 2) in Betrieb, deren Steuerung sich an die vorher beschriebene von Socin und Wick am nächsten anschlieſst. Es war auch hier die Ausströmung durch unten liegende Flachschieber besorgt, welche jedoch nicht von einem Excenter, sondern origineller Weise direct von dem Kreuzkopf gesteuert wurden, indem derselbe einen beiderseits geneigten Anschlag trug (Fig. 9), der an den Hübenden je einen mit Frictionsrolle armirten Hebel hinabdrückte und auf diese Weise fast momentan Schluſs oder Oeffnung bewirkte, dann aber die Schieber während des übrigen Hubes unverändert stehen lieſs. Diese Einrichtung, deren Vorzüge unleugbar sind, hat in der von Walschaerts gewählten Durchführung den einzigen Nachtheil, daſs beide Ausströmschieber verbunden sind, und in Folge dessen werden Vorausströmung und Compression gleich lang, was keinesfalls im Interesse einer guten Dampfvertheilung liegt; durch je zwei besondere Anschläge für jeden Ausströmschieber lieſse sich dies, allerdings mit Verlust der Einfachheit, sofort beheben. Unter allen Umständen bleibt es interessant, an Walschaerts Maschine die erste Präcisionssteuerung zu begrüſsen, bei welcher auſser der Admission alle Functionen nahezu momentan erfolgen.Die bei Anwendung von Curvenscheiben erzielbare Geschwindigkeit der Oeffnung und des Schlieſsens steht unter allen Umständen hinter der vom Kreuzkopf abzuleitenden weit zurück. Die Steuerung der Einströmventile erfolgt, wie bei Socin und Wich, von den zwei Excentern einer längs des Cylinders rotirenden Welle aus, und zwar gleichfalls durch Vermittlung von Excenterstangen, welche am oberen Ende in die Mitnehmerklaue ausgehen und in der Mitte durch einen vom Regulator stellbaren Lenker geführt sind (Fig. 10). Der doppelarmige Ventilbewegungshebel trägt direct den Anschlag, gegen welchen sich der Mitnehmer, bei fortgesetzter Drehung der Steuerwelle in der Richtung des Pfeiles, alsbald anlegt und die Ventilerhebung bewirkt. Gleichzeitig schwingt jedoch die Excenterstange um den Lenker als Fixpunkt, so daſs die Mitnehmerklaue während des ganzen Kolbenhubes von links nach rechts wandert und somit in jedem Momente die Auslösung erfolgen kann. Dies geschieht um so früher, je mehr der Regulator nach aufwärts steigt und den Hebel der Lenkerstange entsprechend nach rechts verdreht. Die Steuerung der von Escher, Wyſs und Comp. in Zürich ausgestellten Woolf'schen Maschine (die zwei hinter einander liegenden Cylinder mit 200 und 400mm Durchmesser und 600mm Hub, mit geheiztem Dampfbehälter zwischen kleinem und groſsem Cylinder) ist in Fig. 11 Taf. 2 skizzirt. Einström- und Ausströmventile sind hier an jedem Cylinderende unten und neben einander angeordnet, letztere von Curvenscheiben bewegt, erstere von Excentern, welche alle auf einer für beide Cylinder gemeinschaftlichen Steuerwelle sitzen; nur die Füllung des kleinen Cylinders ist variabel und selbstverständlich bis nahe zu 100 Proc. Die Excenterstange des Einströmventiles trägt auch hier wieder direct die Mitnehmerklaue und ist durch eine Lenkerstange geführt, welche jedoch hier nicht in der Mitte, sondern am unteren Ende angreift. Bewegt sich nun das Excenter, dessen Stellung in Fig. 11 beiläufig dem Todtpunkt der Maschine entspricht, in der Richtung des Pfeiles, so wird einerseits die Mitnehmerklaue hinabgedrückt und dadurch der Ventilhebel, gegen dessen Anschlag sie anliegt, nach rechts verdreht und das Ventil gehoben; andererseits aber auch, da nun das Excenter nach rechts geht und die Stange unten festgehalten ist, die Mitnehmerklaue immer weiter nach rechts verschoben, bis endlich die Auslösung erfolgt, unabhängig davon, ob die Stange im Niedergang oder Aufgang begriffen ist. Um nun die Füllung zu variiren, ist der Lenker der Excenterstange nicht fest gelagert, sondern mit dem einen Ende eines Winkelhebels verbunden, welcher auf der Welle des Ventilhebels lose aufgesetzt ist und mit seinem horizontalen Arm von der Regulatorzugstange erfaſst und entsprechend verdreht wird. Die Beanspruchung des Regulators ist hier, wie im Allgemeinen bei den den allochronen Präcisionssteuerungen, gröſser als bei den isochronen. Es ist aus der Skizze ersichtlich, daſs die Mitnehmerklaue nicht fest mit der Excenterstange verbunden wird, sondern um einen Bolzen beweglich und mit einer Verlängerung in einer auf der Spindel des Ventilhebels frei beweglichen Hülse verschiebbar geführt ist. Hierdurch wird nahezu derselbe Effect erzielt, als ob die Klaue mit der Excenterstange aus einem Stücke bestände, und dies nur so weit gestört, als es zum Zwecke der stets vollen Flächenberührung zwischen Mitnehmer und Anschlag, welche hiermit erstrebt wird, erforderlich ist. Etwas weiter wie die vorstehend beschriebenen Constructionen von der Sulzer-Steuerung von 1873 entfernt, jedoch im Princip noch immerhin derselben Kategorie angehörig, ist die Präcisionssteuerung mit allochroner Auslösung der Woolf'schen Maschine von W. J. Galloway und Söhne in Manchester (Fig. 12 und 13 Taf. 3). Die Steuerung, Patent Galloway und Beckwith, war an einer liegenden Woolf'schen Maschine angebracht (ähnlich der in Wien 1873 ausgestellten, vgl. *1873 212 8), deren neben einander liegende Cylinder zwischen sich die Uebergangsschieber, links am groſsen Cylinder die Ausströmschieber und rechts am kleinen Cylinder die Einströmschieber hatten, sämmtlich Flachschieber. Die erstgenannten Schieber wurden durch Vermittlung einer Zwischenwelle von einem gemeinsamen Excenter angetrieben, welches auf der Schwungradwelle angebracht war, die für den groſsen Cylinder ausgekröpft und für den kleinen Cylinder mit einer aufgesteckten Kurbel versehen wurde. Letztere bewegte mittels einer Schleppkurbel eine kleine Vorgelegewelle, welche zur Steuerung des kleinen Cylinders diente und auſserdem durch Stirnradübersetzung den Regulatorantrieb vermittelte (Fig. 12). Auf dieser Welle waren durch Auskröpfung zwei diametral entgegengesetzte Kurbelzapfen, nahezu normal zur Richtung der Maschinenkurbel, hergestellt und an dieser griffen die zwei zur Bewegung der beiden Einströmschieber bestimmten Stangen an. Mit ihrem hinteren Ende greift jede dieser Steuerungsschubstangen ein lang geschlitztes Gleitstück an (in der Draufsicht Fig. 13 oben, vertical schraffirt), welches in einem besonderen Ständer gelagert ist und selbst wieder ein zweites Gleitstück, das auf der Schieberstange aufsitzt, umfaſst. Dort, wo die Schieberstangen die Stopfbüchsen des Schieberkastens passiren, sind sie im Durchmesser verstärkt, so daſs der einseitige Dampfdruck sie stets nach auswärts zu verschieben trachtet in die Stellung, welche das obere Schieberstangen-Gleitstück in Fig. 13 einnimmt. Um nun die Verbindung zwischen dem Steuerungsschubstangen- und Schieberstangen-Gleitstück herzustellen, trägt letzteres einen nach oben vorstehenden Anschlag, ersteres eine Mitnehmerklaue, welche sich hinter dem Anschlag anlegt und sodann die Schieberstange nöthigt, der Bewegung der Steuerkurbel zu folgen. Die Mitnehmerklaue bildet den horizontalen Arm eines Winkelhebels, dessen zweiter Arm nach aufwärts gerichtet ist; denken wir uns hier einen festen, und nur vom Regulator bewegten Anschlag, so wird je nach der Stellung desselben die Mitnehmerklaue früher oder später aufgehoben, die Schieberstange fährt nach rechts zurück und der Schieber schlieſst ab. Auf diese Weise würde eine isochrone Steuerung erzielt; um jedoch eine allochrone Steuerung herzustellen und die bei einer Woolf'schen Maschine erforderlichen höheren Füllungsgrade zu erreichen, ist statt dieses festen Anschlages ein beweglicher Arretirungshebel angebracht und zum Abtrieb desselben die verticale Bewegung derselben Kurbel verwendet, deren horizontaler Ausschlag die Admissionsbewegung bewirkt. Es ist aus Fig. 12 ersichtlich, wie die beiden Steuerungsschubstangen über den Zapfenmitteln vertical aufsteigende Lenker angebolzt haben, welche die horizontalen Arme zweier Winkelhebel erfassen, deren verticale Arme die Auslösung der Mitnehmerklauen bewirken, und indem der Drehpunkt dieser Winkelhebel vom Regulator nach rechts oder links verschoben werden kann, erfolgt selbstthätig frühere oder spätere Auslösung. Die Bewegungsphasen der Winkelhebel kreuzen sich selbstverständlich mit denen der Steuerungsschubstangen und stellen so das Charakteristikon der allochronen Steuerungen dar. Die constructive Durchführung erhellt vollständig aus den Skizzen Fig. 12 und 13; hervorzuheben ist vielleicht noch die Anbringung des Luftbufferkolbens am Führungsständer, sowie der dem Gleitstücke der Schieberschubstange eingesetzte Zapfen, welcher zur Hubbegrenzung des Schieberstangen-Gleitstückes bestimmt ist und zu diesem Zwecke in einen Langschlitz des letzteren einspielt. Die groſse Fördermaschine der Société anonyme de constructions mécaniques d'Anzin (Director A. v. Quillacq), zu deren Steuerung wir nun gelangen, war in Construction und Ausführung eine der schönsten der Ausstellung. Die zwei gekuppelten Maschinen, aus denen sie bestand, hatten 750mm Cylinderdurchmesser, 1m,600 Hub und trieben zwei mächtige Seilkörbe für Bandseile: neben denselben befand sich die Bremsscheibe für die von einem Dampfcylinder bethätigte Bremse; das Bett bildete ein Bajonnetbalken in Verbindung mit dem breit aufgelagerten Cylinder; die Kreuzkopfführungen waren concentrisch der Cylinderachse ausgebohrt. Die innere Steuerung erfolgt durch Doppelsitzventile (Fig. 15 Taf. 3), die äuſsere durch eine Gooch'sche Coulisse, welche einen zwischen den Ventilgehäusen angeordneten Hebel in oscillirende Bewegung setzt, je nach der Stellung der Steuerungsschubstange für Vorwärts- oder Rückwärtsgang. Dieser Steuerhebel, den wir uns zunächst fix am unteren Ende gelagert denken wollen, hat beiläufig in der Mitte zwei Schubstangen angelenkt, mit denen er die beiden Ausströmventile bewegt; am oberen Ende trägt er die Mitnehmerklaue für die Eintrömventile. Rechts und links von derselben hängt an einem vom Regulator gestellten doppelarmigen Hebel je eine kurze Druckstange, welche einerseits in einen Anschlag ausgeht, andererseits mit dem Winkelhebel des betreffenden Einströmventiles verbunden ist, so daſs der Steuerhebel im Stande ist, mittels der Mitnehmerklaue abwechselnd das linke und das rechte Einströmventil zu öffnen; ersteres hat für die Bewegungsrichtung der Figur 14 stattgefunden, während das rechte Einströmventil geschlossen bleibt. Für eine isochrone Steuerung lieſsen sich nun die Anschläge (vgl. Zimmermann's Steuerung * 1878 230 388 und die. spätere Steuerung von Scheller und Berchtold *1873 214 352) leicht so disponiren, daſs in Folge der Bogenbewegung von Mitnehmer und Anschlag die Kantendistanz proportional der Ventileröffnung abnimmt, bis innerhalb der Grenzen von 0 bis 40 Proc. die Auslösung erfolgte. Hier aber erhält die Mitnehmerklaue – selbstverständlich mit dem Steuerungshebel, an welchem sie befestigt ist – eine selbstständige Bewegung nach aufwärts und abwärts, welche derart wirkt, daſs bei der extremen Linksstellung des Steuerhebels und entsprechendem höchstem Hub des linken Ventiles die Mitnehmerklaue gerade in ihrer verticalen Mittelstellung ist und sich bei dem nun folgenden Rechtsgange des Hebels noch fortwährend hebt, bis sie bei der Mittelstellung des Steuerhebels ihre höchste Lage erreicht hat und nun wieder bis zur nächsten Mittelstellung des Steuerhebels nach abwärts sinkt. Dies geschieht dadurch, daſs der unten liegende Drehpunkt des Steuerhebels nicht fix gelagert ist, sondern im einen Ende eines ausbalancirten Winkelhebels, dessen anderes Ende durch die aus Fig. 14 ersichtlichen Hebel mit der Coulissenaufhängung in Verbindung steht. Hierdurch beschreibt der oscillirende Steuerhebel die erforderliche auf- und abgehende Bewegung und die Mitnehmerklaue die in Fig. 14 punktirte elliptische Bahn, vermöge welcher der linke Ventilanschlag unterhalb, der rechte oberhalb der Mitnehmerklaue abschnappen kann, und zwar von Beginn bis Ende des Hubes, je nach der Stellung des die Ventilschubstangen tragenden doppelarmigen Hebels. Der Mittelpunkt der Coulisse beschreibt, bei gleichen Voreilungswinkeln für Vorwärts- und Rückwärtsgang, bekanntlich einen Weg, welcher einem Excenter vom Voreilungswinkel von 90° entspricht, während die Coulissenenden, in denen der Gleitbacken der Steuerungsschubstange abwechselnd arbeitet, einen Voreilungswinkel von etwa 10 bis 20° haben; hierdurch wird die zu einer allochronen Steuerung erforderliche Durchkreuzung der Bewegungsphasen erzielt und weiters auch die Auslösesteuerung für Vorwärts- und Rückwärtsgang brauchbar gemacht. Die durch Hebel und Zugstangen bewirkte Verbindung zwischen dem Regulator und dem die Auslösung bestimmenden doppelarmigen Hebel ist in Fig. 14 deutlichkeitshalber weggelassen, und wir führen nur noch zur völligen Erklärung der Skizze die an den Ventilgehäusen angebrachten Sicherheitsventile gegen Condensationswassergefahr an, sowie auch der Umstand erwähnenswerth ist, daſs die Mitnehmerklaue nicht direct mit dem Steuerungssebel verbunden, sondern statt dessen an einer nach aufwärts gerichteten Verlängerung der ihn bewegenden Schubstange angebracht wird. Dies bleibt ohne merklichen Einfluſs auf die von der Klaue beschriebene Bahn und hat nur den Zweck, in allen Stellungen ein möglichst vollständiges Anliegen der Klaue an die Anschläge zu bewirken. Müller-Melchiors. (Fortsetzung folgt.)