Titel: Neuerungen in der Eisenerzeugung.
Autor: –r.
Fundstelle: Band 233, Jahrgang 1879, S. 42
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Neuerungen in der Eisenerzeugung. Mit Abbildungen auf Tafel 8. Neuerungen in der Eisenerzeugung. Ueber die Ausscheidung des Phosphors aus dem Roheisen. Gleichzeitig mit den Untersuchungen von J. L. Bell über die Ausscheidung von Kohlenstoff, Schwefel, Silicium und Phosphor (1877 225 264. 351. 1878 229 184. 290) hat A. Krupp in Essen durch Versuche in groſsem Maſsstabe gezeigt, daſs beim Zusammenbringen von flüssigem Roheisen mit den Oxyden des Eisens und Mangans Silicium, Schwefel, namentlich aber Phosphor aus dem Eisen ausgeschieden und in die Schlacke übergeführt werden. Durch Anwendung von Mangan haltigem Roheisen oder Mangan haltigen Oxyden wird der Angriff der Oxyde auf den Kohlenstoff des Roheisens verzögert und dadurch den Oxyden mehr Zeit zum Verschlacken der genannten Verunreinigungen des Eisens gegeben (vgl. 1879 231 275). Unter Benutzung dieser Reaction reinigt Krupp (*D. R. P. Nr. 4391 vom 2. Juli 1877) Phosphor haltiges Roheisen vom Phosphor, gleichzeitig auch von Silicium, Schwefel und Mangan in folgender Weise. Flüssiges Roheisen, das entweder direct vom Hohofen oder aus einem Umschmelzofen abgestochen werden kann, wird in einen rotirenden Ofen geleitet, dessen Futter aus basischen Oxyden des Eisens oder Mangans oder aus einer Mischung von beiden besteht, und in welchen überdies noch solche Oxyde in je nach der chemischen Zusammensetzung des Roheisens verschiedener Menge als Zuschläge eingebracht werden. Dieses Roheisen wird sodann während einer gewissen Zeit bei der nöthigen Temperatur der beschriebenen Reaction ausgesetzt und, wenn der Kohlenstoff anfängt, angegriffen zu werden, abgestochen und von den Schlacken getrennt; worauf es sofort in flüssigem Zustande zu Stahl oder Eisen beliebiger Kohlungsgrade weiter verarbeitet werden kann, indem es von dem Reinigungsofen durch Rinnen oder mittels einer Pfanne in den Verarbeitungsapparat übergeführt wird. Selbstverständlich kann es auch in Masseln gegossen und so zu späterer Weiterverarbeitung aufbewahrt werden. Zur Ausführung dieses Processes werden rotirende Oefen verwendet, deren Herd mit basischen Eisenoxyden und Manganoxyden ausgekleidet ist. Auſser dem um die Achse i (Fig. 1 und 2 Taf. 8) drehbaren Ofen von Pernot (*1874 213 126. 1875 217 426) und dem Ofen von Howson und Godfrey (*1878 228 133) schlägt Krupp noch zwei andere Oefen vor, von denen der in Fig. 3 gezeichnete Ofen mit einer durchgehenden, der in Fig. 4 und 5 dargestellte Ofen mit einer zurückkehrenden Feuerung geheizt wird. Beide sind je um eine horizontale Achse xy (welche jedoch auch schräg gelegt werden kann) drehbar und haben einen ringförmig in sich geschlossenen, mit den genannten Oxyden ausgekleideten Herd. Derselbe ruht wie der Pernot'sche mit den Gleitringen b und b1, von denen b gleichzeitig als Zahnrad zum Drehen angenommen ist, auf Leitrollen, welche auf einem zur Reparatur ausfahrbaren Wagen d gelagert sind. Das Füllen des Ofens erfolgt durch eine durch die Thüren e und die Oeffnungen e1 im Herdkörper eingeführte Rinne, oder bei ausgefahrenem Herd durch eine der Oeffnungen e1 allein, das Entleeren durch den Abstich f. Der Herdkörper braucht keinen kreisförmigen Querschnitt zu haben, derselbe kann vielmehr der besseren Mischung wegen beliebig abgeändert werden. Das Einlassen des Roheisens in den Reinigungsofen erfolgt, nachdem die Temperatur desselben so weit gesteigert ist, daſs die das Futter bildenden Oxyde zu schmelzen anfangen und die als Zuschläge eingebrachten Materialien zusammengesintert sind. Die Zeit, während welcher das Roheisen der Reaction ausgesetzt wird, ist je nach der chemischen Zusammensetzung und der Menge des zu reinigenden Roheisens verschieden; bei einer Beschickung von 5t beträgt sie 5 bis 15 Min. Sobald der Kohlenstoff des Roheisens angegriffen wird, was man an dem Auftreten von Blasen in der Masse erkennt, wird das Eisen abgestochen und von der Schlacke getrennt; ersteres behält dabei völlig die chemische und physikalische Eigenthümlichkeit eines gefeinten Eisens und es wird namentlich seine Flüssigkeit nicht beeinträchtigt. Die Trennung des Roheisens von der Schlacke, welche die Unreinigkeiten in sich aufgenommen hat und welche von bedeutend geringerem specifischem Gewichte ist, läſst sich auf verschiedene Weise leicht bewirken. Wenn das gereinigte Metall durch Rinnen abgeführt wird, so läſst sich die Schlacke unterwegs abfangen; wenn es in eine Pfanne abgestochen wird, so kann es unter Zurücklassung der Schlacken durch den Boden der Pfanne abgezapft werden. Die Weiterverarbeitung des flüssigen Productes zu Stahl, Fluſseisen und ähnlichen Endproducten kann auf irgend eine der bekannten Methoden geschehen. Da von den Gegnern der Patentertheilung behauptet worden war, daſs eine Entphosphorung ohne Entkohlung nicht möglich sei, so begaben sich A. W. Hofmann und H. Wedding im Auftrage des deutschen Patentamtes an Ort und Stelle, um sich von der Richtigkeit der Angaben zu überzeugen. Nach dem vorliegenden BerichtVerhandlungen des Vereines zur Beförderung des Gewerbfleiſses, 1879 8. 201. wurde (auf Anregung des Ingenieurs Narjes) am 16. März 1877 von Krupp die erste Entphosphorung mit 4t Eisen ausgeführt. Das Verfahren auf der Hütte in Essen war sehr einfach. Die 5t Roheisen wurden im Cupolofen geschmolzen und in den in Fig. 1 und 2 abgebildeten Pernot'schen Ofen mit Generatorgasfeuerung abgestochen. Derselbe hat einen äuſsern Herddurchmesser von 3m,75, eine lichte Weite von 3m, eine äuſsere Bordhöhe von 0m,9 und eine lichte Tiefe von 0m,61; die Neigung ist 1 : 10. Der Herd ist mit ebenem Boden und etwas gerundeter Kante aus Eisenerzen etwa 0m,29 dick bei hoher Temperatur aufgeschmolzen und wird vor jeder Hitze mit 700 bis 800k Erz beschickt, welches ebenfalls bis zu starker Sinterung erhitzt wird, ehe das aus dem Cupolofen abgestochene Eisen einflieſst. Die Temperatur ist also (im Gegensatze zu Bell) starke Weiſsglut. Anfangs macht der durch eine Dampfmaschine bewegte Ofen 2, bald 5 Umdrehungen in der Minute. Nach etwa 5 (höchstens 10) Minuten ist die Entkieselung und Entphosphorung vollendet und der Beginn eines Blasenwerfens mit Kohlenoxydflämmchen zeigt den Eintritt der Entkohlung, worauf sofort der Abstich in die vorgewärmte Pfanne erfolgt, welche das gereinigte Eisen in flüssiger Form zu den Flammöfen führt, wo in üblicher Weise die Entkohlung durch Erze, die Desoxydation durch Mangan bis zum guſsfertigen Fluſseisen oder Stahl erfolgt. Bei drei mit verschiedenen Roheisensorten ausgeführten Operationen wurden vor und nach der beschriebenen Entphosphorung je 2 Proben entnommen und von Prof. Finkener untersucht; dieselben enthielten Procent: Kohlenstoff Phosphor I II I II 1) Vor dem Proceſs 3,99 3,98 0,632 0,629 Desgl. nach demselben 3,75 3,77 0,131 0,133 2) Vor dem Proceſs 3,81 3,78 0,450 0,445 Desgl. nach demselben 3,56 3,57 0,108 0,106 3) Vor dem Proceſs 3,17 3,16 1,223 1,218 Desgl. nach demselben 3,02 3,04 0,303 0,301 In ähnlicher Weise will J. Berchelmann in Pfungstadt (* D. R. P. Nr. 3022 vom 21. November 1877) Roheisen mit basischen Oxyden des Eisens oder Mangans behandeln, um es von Phosphor, Silicium, Schwefel und Mangan zu reinigen. Der betreffende Apparat ist in Fig. 6 bis 8 Taf. 8 in verschiedenen Schnitten dargestellt. Der um die beiden Zapfen c und d drehbare Apparat besteht aus einem an beiden Enden geschlossenen, mit einem Stutzen b versehenen runden Gefäſse a aus starkem Eisenblech, welches mit einem feuerfesten, möglichst wenig Kieselsäure haltigen Futter versehen ist. Mittels des Rades am Zapfen c kann das Gefäſs nach beiden Richtungen gedreht werden. Durch den zweiten Zapfen d führt ein getrennter Gas- und Luftkanal in das Innere des Gefäſses, um während der Operation die erforderliche Hitze zu erhalten. Gegenüber dem Stutzen b ist aus demselben feuerfesten Material eine Brücke e aufgeführt, welche zur etwa erforderlichen Kühlung mittels einer durch den Zapfen c geführten Leitung mit Wasser versorgt werden kann. Zur Erneuerung des feuerfesten Futters können die beiden Deckel h abgenommen werden. Die Reinigung des Eisens hat nun nach Angabe Berchelmann's folgenden Verlauf: Zuvörderst wird das feuerfeste Futter angewärmt, was zweckmäſsig geschehen kann, indem das Gefäſs in horizontale Lage gebracht und durch die beiden Oeffnungen g Gas und Luft – oder nur Luft, wenn Kokes angewendet – eingeführt wird. Alsdann wird das erwärmte Gefäſs in die verticale Stellung zurückbewegt, und nimmt daſselbe dann durch die Einfluſsöffnung das flüssige Eisen, entweder direct vom Hohofen oder von einem Umschmelzofen, sowie die in einem besonderen Ofen geschmolzene basische Schlacke auf. Hierauf wird das Gefäſs in der dem Zufluſs entgegengesetzten Richtung um 180° gedreht. Während der ersten Hälfte dieser Drehung flieſst bei genügender Höhe der Brücke nur die Schlacke in die andere Abtheilung des Gefäſses, bei der weiteren Drehung folgt das Eisen und wird auf diese Weise gezwungen, durch die Schlacke zu treten, wodurch eine innige Berührung zwischen den beiden Flüssigkeiten stattfindet. Alsdann wird das Gefaſs wieder um 180° zurückgedreht, und wiederholt sich diese Operation so oft, bis der Kohlenstoff aus dem Eisen zu entweichen beginnt, worauf das Abstichloch f geöffnet wird. Das Eisen flieſst zuerst aus; sobald die Schlacke kommt, wird man das Gefäſs etwas drehen und derselben dadurch eine andere Richtung geben, so daſs sie von dem Eisen geschieden wird. Man wird die Oxyde auch in festem, entweder kaltem oder rothwarmem Zustand einbringen und durch das flüssige Eisen auflösen lassen können. Erfahrungen über die Verwendbarkeil dieses Apparates liegen noch nicht vor. L. GrunerBulletin de la Société d'Encouragement, 1879 Bd. 6 S. 27. erinnert daran, daſs es gelingt, durch den Puddelproceſs 80 Procent des im Roheisen enthaltenen Phosphors abzuscheiden, wenn der Herd und die Wände des Ofens aus Eisen hergestellt und mit Eisenoxyd besetzt werden und wenn die anfangs gebildete, an Kieselsäure reiche Schlacke entfernt wird. Früher wurde der Puddelproceſs in einem Ofen ausgeführt, dessen Herd mit einem thonigen Sand ausgefüllt war, so daſs die erhaltene Schlacke derartig reich an Kieselsäure war, daſs die Oxydation des Phosphors und theilweise auch des Siliciums dadurch gehindert wurde. Aus demselben Grunde kann man auch zum Bessemer- und zum Siemens-Martin-Proceſs nur Roheisen mit wenig Phosphor verwenden, da die erhaltene Schlacke mindestens 45 Proc. Kieselsäure und in Folge dessen nur Spuren Phosphorsäure enthält. Die Entfernung des Phosphors aus dem Eisen ist nicht von der Temperatur abhängig, wie Bell meint, sondern von der mehr oder weniger basischen Natur der Schlacke. Der Auskleidung der Bessemer- und der Siemens-Martin-Apparate mit reichen Eisenoxyden steht die Schmelzbarkeit derselben entgegen. Die von Tessie du Motay in Terre-Noire versuchte Auskleidung einer Bessemerbirne mit Magnesia wurde des hohen Preises wegen aufgegeben, der von C. W. Siemens versuchte Bauxit war zu reich an Kieselsäure. Auf den Vorschlag von Gruner kleideten nun S. G. Thomas und P. C. Gilchrist auf dem Blänavon-Eisenwerke in Südwales eine kleine Bessemerbirne mit einem Gemisch von Kalk und Natronwasserglas aus; die Phosphorausscheidung war zwar befriedigend, die Auskleidung aber zu hinfällig. Nun wurden aus einem sandigen Dolomit unter starkem Druck Steine geformt und bei möglichst hoher Temperatur gebrannt.Die beim Glühen der genannten Dolomitsteine beobachtete Bildung von Pyroxen wurde bereits (1879 232 282) kurz erwähnt; die Krystalle hatten folgende Zusammensetzung:Kieselsäure52,6Thonerde  0,0Eisenoxyd  0,3Kalk27,8Magnesia18,9–––– 99,6.Diese Austreibung der Thonerde, welche hier demnach die Rolle einer Säure gespielt hatte, ist für die Frage über die chemische Constitution der Thonerde haltigen Gläser bemerkenswerth. Dieselben hatten bei 2,8 sp. G. folgende Zusammensetzung: Kalk 49,3 Magnesia 25,2 Thonerde 11,2 Eisenoxyd   1,5 Kieselsäure 12,3 ––––  99,5. Mit diesem festen, an der Luft keine Feuchtigkeit anziehenden Silicoaluminat von Kalk und Magnesia wurde die Birne ausgekleidet, auſserdem jeder Beschickung etwas Kalk und Eisenoxyd zugefügt. Das verarbeitete Roheisen enthielt 1,4 bis 1,5 Proc. Phosphor. Folgende Versuche zeigen den Einfluſs des Kieselsäuregehaltes der Schlacke: I II III Schlacke KieselsäurePhosphorsäureKalk und Magnesia 25,111,540,0 18,814,4 15,911,7 Proc. Phosphorgehalt des Bessemereisens   0,85   0,5   0,08 Beim Versuch I und II waren die Zuschläge nicht genügend, Versuch III war gut durchgeführt. Ein andere Schlacke einer guten Operation hatte folgende Zusammensetzung: Kieselsäure 20,30 Thonerde   3,60 Kalk 30,30 Magnesia   5,30 Eisenoxydul 25,20 Manganoxydul   3,10 Phosphorsäure 11,80 Vanadinsäure   0,36 Schwefel –––––  99,96. Die hohe Temperatur des Bessemerprocesses hindert demnach nicht die Ausscheidung des Phosphors, wenn nur dafür gesorgt wird, daſs die Schlacke weniger als 20 Proc. Kieselsäure enthält und nicht mehr als 11 bis 12 Proc. Phosphorsäure aufzunehmen braucht. Beim Puddelproceſs kann der Kieselsäuregehalt der Schlacke bis 30 Proc. betragen. Ueber das Verfahren von S. G. Thomas und P. C. Gilchrist wurde Bd. 232 S. 451 berichtet. F. Kokesofen von R. Wintzek in Morgenroth. Das wesentlich Neue an diesem jüngst patentirten und durch Fig. 9 bis 20 in verschiedenen Ansichten und Schnitten wiedergegebenen Kokesofen (* D. R. P. Nr. 2005 vom 20. Januar 1878) besteht in der Art der Bodenerhitzung. Die Sohle des Ofens ist, abweichend von allen anderen Systemen, durch eine Reihe schmaler Schlitze r durchlocht, und steht dadurch die Ofenkammer a mit einem darunter liegenden Luftkanal h in Verbindung, welcher aus den an den Kopfenden des Ofens befindlichen Eingangsöffnungen i mit atmosphärischer Luft gespeist wird. Aus h tritt letztere in hoch erhitztem Zustand durch die Schlitze r in die Ofenkammer, durchdringt den dort lagernden, etwa 0m,6 dicken Kohlenkuchen und veranlaſst in diesem eine lebhafte Grasverbrennung, heftiger als dies in jedem anderen Kokesofen möglich ist. Durch diese Einrichtung soll jede selbst die magerste Kohle eine dichte, brauchbare Koke liefern. Im Uebrigen ist die Ofenconstruction vielen bis jetzt angewandten Systemen ähnlich. Der Ofen wird durch zwei im Gewölbe befindliche Oeffnungen b gefüllt und wie üblich planirt. Die Gase treten durch die beiden seitlich im Gewölbe ausgesparten Oeffnungen c in einen Seitenkanal und aus diesem, nachdem sie ihn schlangenförmig durchzogen haben, in einen unter dem Luftkanal befindlichen Bodenkanal l, welcher durch eine Zunge derart getheilt ist, daſs die Gase ihn zwei Mal in der Längenrichtung durchstreichen müssen, und steigen schlieſslich in der Ofenmitte durch die senkrechten Schächtchen f in den zu dem Schornstein führenden Hauptkanal g. In letzterem liegen die Steinschieber e zur beliebigen Ueberdeckung der Schächtchen f, wodurch der Ofenzug regulirt werden kann. Zur Einführung noch weiterer Verbrennungsluft sowohl in die Ofenkammer, als in den Seitenkanal dienen die im Ofengewölbe und in den Kopfenden des Seitenkanales befindlichen Oeffnungen k. Der untere Theil des Ofens ist, zur besseren Erhitzung des Bodens vom Seitenkanal aus, conisch ausgeführt. –r.

Tafeln

Tafel Tafel 8
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