Titel: Whitworth's Messmaschinen, Richtplatten, Lehren und sonstige Messapparate.
Autor: J. P.
Fundstelle: Band 233, Jahrgang 1879, S. 278
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Whitworth's Meſsmaschinen, Richtplatten, Lehren und sonstige Meſsapparate. Mit Abbildungen. Ueber Whitworth's Meſsmaschinen u. dgl. Whitworth's Meſsmaschinen, Richtplatten, Lehren und sonstige Meſsapparate verdienen die allgemeinste Beachtung. Sie waren auf der Pariser Weltausstellung 1878 zu sehen und haben dort die Aufmerksamkeit der Fachmänner in verdientem Maſse auf sich gelenkt. Eine eingehende Beschreibung derselben mit Betrachtungen über ihre Anwendung und die damit zu erzielende Genauigkeit der Messung wird gewiſs Allen willkommen sein, welche dem Gegenstande bisher näher gekommen sind, insbesondere wenn dieselbe Whitworth's eigene Ansichten in sich schlieſst.Eine solche erschien 1876 unter dem Titel „Meſsmaschine von Whitworth nebst einer Beschreibung seiner Richtplatten, Lehren und sonstigen Meſsapparate,“ von T. M. Goodeve, Lehrer des Maschinenbaues an der Royal School of Mines und C. P. B. Shelley, Professor der Technologie am Kings College in London in englischer Sprache und 1879 eine autorisirte Ausgabe hiervon in deutscher Bearbeitung von M. Schröter. Mit 44 Textfiguren und 4 lithographirten Tafeln. (Jena 1879. Hermann Costenoble.) Obwohl, wie Prof. M. Schröter im Vorwort des vorliegenden Buches ganz zutreffend bemerkt, die Wichtigkeit genauer Messung und damit die Wichtigkeit exacter Arbeit den Männern der Praxis so selbstverständliche Dinge sind, daſs es als ein ganz besonderes Verdienst anzusehen ist, wenn einmal eine Autorität wie Whitworth sich darüber vernehmen läſst, so muſs man ihm doch zustimmen, wenn er weiter sagt, „freilich wird man bei Verfolgung des Gegenstandes bald inne, daſs dabei doch nicht alles so unmittelbar auf der Hand liegt, wie es auf den ersten Anblick scheinen könnte.“ Die Herstellung einer vollkommenen Ebene kann zwar angestrebt, niemals aber erreicht werden; angenähert vollkommen zeigen sie die Richtplatten, welche eine Menge kleiner Auflagflächen in gleichmäſsiger Vertheilung darbieten und ein durch die Operation des Schabens hervorgebrachtes wolkiges Aussehen haben. Gleitflächen erfordern mehr und gleichmäſsiger vertheilte solche kleine Auflagflächen als Berührungsflächen, zwischen denen keine relative Bewegung existirt. Fig. 1., Bd. 233, S. 279 Ueber den Werth der genauen Herstellung solcher Flächen kann kein Zweifel obwalten; aber die Art ihrer Herstellung kann verschieden sein. Letztere wird nun in Hinsicht der Anfertigung und Benutzung der Richtplatten und guſseisernen, entsprechend breiten Linealen im ersten Kapitel des in Rede stehenden Werkes in eingehender und fachlich recht klarer Weise erörtert, wobei auch die Schaber mit den von Whitworth eingeführten Schneidewinkeln, sowie ihre Erzeugung und Handhabung in Betracht kommen. In Fig. 1 sind bei A, B und C die Enden der auf einander folgenden Schaber, in Fig. 2 die Handhabung des Schabers beim Schaben der Whitworth'schen Richtplatten veranschaulicht. A zeigt den ersten Schaber mit einem Schneidewinkel von ungefähr 60°. „Mit dem Fortschreiten des Schabprocesses sollte der Schneidewinkel stumpfer werden; man macht ihn für die Zwischenstadien gleich 90° (B Fig. 1) und geht gegen das Ende der Operation auf 120° (C Fig. 1) über. Die Länge der arbeitenden Kante variirt von 2½ Zoll (63mm,5) bis ½ Zoll (12mm,7); erstere benutzt der Arbeiter im Anfang, letztere zur Vollendung der Operation.“ Fig. 2., Bd. 233, S. 279 Es folgt dann die Beschreibung der Herstellung einer Stange von rechteckigem Querschnitte mit normalen Endflächen, wie sie bei der Meſsmaschine zur Verwendung kommt. Im zweiten Kapitel werden die Schwierigkeiten der Längenmessung mittels Strichmaſs und der Messung von Längen und Cylinderdurchmessern mittels des Greifzirkels aus einander gesetzt und endlich die Grundsätze allgemein dargelegt, welche Whitworth bei der Construction seiner Meſsmaschine mit Endflächenmessung leiteten. Nach der von Whitworth angenommenen Meſsmethode kann man mittels der Millionstel-Meſsmaschine einen Spielraum zwischen den zu messenden Flächen durch Drehung eines getheilten Kreises um einen Theilstrich um 1/1000000 Zoll engl. (etwa 0mm,000025) und mittels der Werkstatt-Meſsmaschine um 1/10000 Zoll (etwa 0mm,0025) vergröſsern oder verkleinern. Erstere Maschine dient hauptsächlich zur Herstellung genauer Copien eines Normalzolles, bezieh. zur Vergleichung solcher Copien mit dem Urmaſs. Zu diesem Zweck wird zunächst der Normalzoll derart in die Maschine eingelegt, daſs die eine seiner ebenen Endflächen an einer der gewissermaſsen den Greifzirkel vertretenden Ebenen der Maschine fest anliegt, während zur Prüfung des Contactes mit der anderen ein besonderes Instrument, die sogen. Fuhlplatte, zur Anwendung kommt. Fig. 3., Bd. 233, S. 280 Fig. 4., Bd. 233, S. 280 Letztere, in Fig. 3 im Grundriſs und Aufriſs dargestellt, ruht, wie Fig. 4 zeigt, mit dem kurzen Arme auf einer festen Unterlage und mit dem langen Arme auf dem Finger des Beobachters und befindet sich mit den beiden ebenen parallelen Seitenflächen zwischen der Endfläche des Normalzolles und der beweglichen Ebene der Meſsmaschine. Die Einstellung ist genau, wenn der zwischen den Flächen vorhandene Widerstand gerade hinreicht, um die nach Fig. 4 gehobene Fühlplatte zu halten und nicht sinken zu lassen, sobald der Finger entfernt wird. Die Messung erfolgt durch Vergleichung und Ermittlung der Anzahl Theilstriche bezieh. Millionstel-Zoll des Längenunterschiedes der Copie gegenüber dem Normalzoll. Im dritten und vierten Kapitel ist die Beschreibung der in den Abbildungen vorgeführten Meſsmaschinen und der Nachweis der Genauigkeit der damit erzielten Messungen enthalten. Die Millionstel-Meſsmaschine und die Meſsmaschine für Werkstätten sind eher zu Vergleichungen als zu einfachen Messungen geeignet. Es läſst sich nämlich nicht ohne weiteres die Länge eines beliebigen, in die Maschine eingespannten Stabes sofort genau erhalten, sondern es werden nur die Längen unterschiede bei speciell für die Endmessung vorgerichteten Stäben nachgewiesen und eignen sich daher diese Maschinen ganz besonders zur Herstellung von Copien der Normallängeneinheit. Es befinden sich ferner in diesen Abschnitten ganz interessante geschichtliche Angaben über die Anfertigung von Endmaſsen, sowie über den Uebergang vom Strichmaſs zum Endmaſs. Bezüglich der Sicherheit der Messung mit letzterem sei hier der letzte Absatz des dritten Kapitels angeführt, welcher sehr zutreffend sagt: „Jeder, der mit der praktischen Werkstattarbeit vertraut ist, weiſs, daſs der Arbeiter so sehr gewöhnt ist, beim Zusammenpassen von zwei Stücken sich auf das Gefühl zu verlassen, daſs es ebenso verfehlt als nutzlos wäre, ihm ein Mikroskop in die Hand zu geben, um den Gröſsenunterschied zweier Stücke damit zu messen. Da bei mikroskopischer Messung beide Enden des betreffenden Stückes beobachtet werden müssen, so reicht man mit einer einzigen Beobachtung nicht aus, sondern muſs deren zwei machen; ferner können nur auſserordentlich kleine Gegenstände das Gesichtsfeld des Mikroskopes ausfüllen, so daſs letzteres mit allem Zubehör von einer Stellung in die andere transportirt werden muſs, um überhaupt Resultate zu erhalten. Alles dies fällt bei der Meſsmaschine weg, da sie nur eine einzige Beobachtung erfordert. Whitworth konnte bei geschlossenen Augen einen Gröſsenunterschied noch wahrnehmen, der einer Bewegung der messenden Flächen seiner gewöhnlichen Werkstatt-Meſsmaschine um 1/50000 Zoll (etwa 0mm,0005) entsprach. Es ist Thatsache, daſs man mit Endmaſs leichter auf 1/10000 Zoll (etwa 0mm,0025) genau arbeiten kann als auf 1/100 Zoll (etwa 0mm,25) mit gewöhnlichen Strichmaſsstäben. Man sollte daher überall, wo Maschinentheile in einander zu passen sind, nach Lehren oder Kalibern, nicht nach Maſsstäben arbeiten.“ Bei der Werkstatt-Meſsmaschine kommt keine Fühlplatte zur Anwendung; sie dient nur zur schätzungsweisen Gröſsenbestimmung, mit Zugrundelegung des Widerstandes, den man beim Durchziehen des Gegenstandes zwischen den Endflächen der Maschine empfindet. Auf umstehender Seite versinnlicht Fig. 5 den Gebrauch der Werkstatt-Meſsmaschine beim Messen eines Kaliberbolzens, der blos in der Hand gehalten ist; schwere Stücke werden hierbei vertical über der Maschine aufgehängt. Den Schluſs des vierten Kapitels bildet die Beschreibung eines Meſsapparates für Erweiterungen der Geschützrohre mit Angabe der Genauigkeit der Messung und Daten über eine Geschützprobe. Fig. 5., Bd. 233, S. 282 Steigungstabelle für Schrauben mit dreieckigem Gewinde. Anzahl derGange auf 1 ZollLange FruhereAbstufungenin Zoll Neue Normal-durchmesserin Zoll engl Anzahl derGange auf 1 ZollLange FruhereAbstufungenin Zoll Neue Normal-durchmesserin Zoll engl Anzahl derGange auf 1 ZollLange FruhereAbstufungenin Zoll Neue Normal-durchmesserin Zoll engl 48 0,100 12 0,525  4½  2⅛ 2,125 40 0,125 12 0,550 4  2¼ 2,250 32 0,150 12 0,575 4  2⅜ 2,375 24 0,175 12 0,600 4  2½ 2,500 24 0,200 11  ⅝ 0,625 4  2⅝ 2,625 24 0,225 11 0,650  3½  2¾ 2,750 20 ¼ 0,250 11 0,675  3½  2⅞ 2,875 20 0,275 11 0,700  3½ 3 3,000 –––––––––– –––––– –––––––––– 18 0,300 10  ¾ 0,750  3¼  3¼ 3,250 –––––––––– –––––– –––––––––– 18 0,325 10 0,800  3¼  3½ 3,500 18 0,350 9  ⅞ 0,875 3  3¾ 3,750 16 0,375 9 0,900 3 4 4,000 16 0,400 8 1 1,000  2⅞  4¼ 4,250 –––––––––– –––––– –––––––––– 14 0,425 7  1⅛ 1,125  2⅞  4½ 4,500 14 0,450 7  1¼ 1,250  2¾  4¾ 4,750 14 0,475 6  1⅜ 1,375  2¾ 5 5,000 12 ½ 0,500 6  1½ 1,500  2⅜  5¼ 5,250 5  1⅜ 1,625  2⅝  5½ 5,500 5  1¾ 1,750  2½  5¾ 5,750  4½  1⅞ 1,875  2½ 6 6,000  4½ 2 2,000 Das fünfte Kapitel endlich behandelt das gute Zusammenpassen von Maschinentheilen mit relativer Bewegung, die Einführung richtiger Gröſsenabstufungen in allen Zweigen des Maschinenbaues, dann das Whitworth'sche Gewindesystem und die zugehörigen Gewindekaliber nebst Lehren und enthält in einer Note des Uebersetzers auszugsweise das auch in D. p. J. (1877 226 638) im Auszuge enthaltene Gutachten der Abtheilung für Mathematik und Mechanik des Vereines zur Beförderung der Gewerbfleiſses. Dann folgt die Whitworth'sche Steigungstabelle für Schrauben mit dreieckigem Gewinde, die auf S. 282 vorgeführt ist wegen der neuen Normaldurchmesser in englischen Zollen, welche von 0,1 bis 0,7 Zoll um 0,025 Zoll gleichmäſsig und dann zunehmend steigen. Diese Tabelle scheint bisher wenig oder gar nicht beachtet worden zu sein; thatsächlich enthält diese Tabelle die Durchmesser 5/16 und 7/16 Zoll englisch nicht mehr, welche in der Tabelle des Pfalz-Saarbrücker Vereines (1877 226 639) enthalten sind. Am Schlüsse des fünften Kapitels ist noch die Whitworth'sche Drahtlehre behandelt, welche nach Tausendstel-Zoll steigt, und hieran sind als Schluſs des Werkes die Vorschläge Whitworth's zur Einführung von Normal-Endmaſsen für jede Fabrikstadt angeschlossen. Wir haben hiermit einen allgemeinen Ueberblick des oben näher genannten Werkes geliefert und glauben damit zugleich den hohen Werth desselben für die Praxis dargethan zu haben. J. P.