Titel: Tenderfüllung während der Fahrt auf amerikanischen Eisenbahnen.
Autor: W.
Fundstelle: Band 234, Jahrgang 1879, S. 272
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Tenderfüllung während der Fahrt auf amerikanischen Eisenbahnen.Aus dem kürzlich im Auftrage des preuſsischen Handelsministers und im Verlage von Ernst und Korn erschienenen Berichte von H. Bartels: Betriebseinrichtungen auf amerikanischen Eisenbahnen – eine erschöpfende und dabei doch knapp und klar gehaltene Darstellung des Eisenbahnwesens der Vereinigten Staaten Nordamerikas, welche geeignet ist, auch für unsere Verhältnisse vielfach nützliche Anregungen zu geben. Der erste Band (267 S. in gr. 8) umfaſst die Bahnhofsanlagen und Signale und enthält 107 Textabbildungen sowie 13 Tafeln.W. Mit Abbildungen auf Tafel 21. Bartels, über Tenderfüllung während der Eisenbahnfahrt. Auf der Strecke New York-Pittsburg der Pennsylvania-Bahn sind behufs Speisung der Locomotiven vor den Expreſszügen die bekannten Ramsbottom'schen WassergräbenDas erste Patent scheint im J. 1858 Mac Donald (vgl. 1858 147 313) in Amerika erhoben zu haben. Den ersten praktischen Erfolg hat Ramsbottom im J. 1861 in England erzielt (vgl. Handbuch für specielle Eisenbahntechnik, 1875 Bd. 3 S. 864, ferner in Betreff der neueren Constructionseinzelheiten Engineering, 1876 Bd. 24 S. 284). eingeführt, aus denen das Wasser während der Fahrt durch ein vom Tender in den Graben heruntergelassenes Rohr geschöpft und in den Wasserkasten geleitet wird. Etwa in der Mitte zwischen den die Endpunkte der Divisionen bildenden groſsen Stationen, welche 160 bis 180km von einander entfernt sind, ist eine solche Vorrichtung angebracht; die Expreſszüge, welche nur an diesen groſsen StationenSationen halten, wo gleichzeitig Maschinenwechsel stattfindet, schöpfen aus diesen Gräben während der Fahrt Wasser und gewinnen dadurch wesentlich an Zeit. Durch diese Einrichtung ist es sogar möglich geworden, daſs am 10. Juni 1876 ein Extrazug die 715km lange Strecke New York-Pittsburg in 10 Stunden zurücklegte, ohne auch nur einmal anzuhalten. Die Vortheile dieser Wassergräben für solche Züge, welche nur an wenigen weit von einander entfernten Stationen halten, liegen auf der Hand, wenngleich die Anlage und Unterhaltung derselben sehr theuer ist. Die Einrichtung ist in Fig. 8 bis 13 Taf. 21 dargestellt. An einer horizontalen Strecke der Bahn, welche auch in einer Curve liegen kann, wird in der Mitte eines jeden Gleises ein eiserner Behälter nach Fig. 8 und 9 angelegt, welcher etwa 500m lang, 0m,5 breit und 0m,15 tief ist. Der Kasten (Fig. 10) besteht aus 4mm,5 starkem Eisenblech und ist etwa 45mm tief in die Schwelle eingelassen, gegen deren Oberkante beide Seiten desselben der ganzen Länge nach durch Winkeleisen versteift sind. Auch die beiden Ränder des Kastens sind auf der ganzen Länge nach auſsen hin durch halbrunde, 22mm starke Eisenstäbe verstärkt. Der Kasten ist gegen die Schwellen so durch Nägel befestigt, daſs er den aus der Temperaturveränderung entstehenden Bewegungen frei folgen kann. Jedes Ende des Kastens ist geschlossen durch eine sanft geneigte Ebene (Fig. 11), welche vom Boden desselben ansteigt, bis zur Höhe des Kastenrandes sich erhebt und dann vorwärts des Kastens wieder in gleicher Weise bis zur Schwellenhöhe fällt. Diese Vorrichtung soll einer Beschädigung des vom Tender heruntergelassenen Rohres vorbeugen und ist aus Holz gefertigt, welches mit Eisenblech beschlagen ist. Auch die Seiten des Kastens sind an den Enden noch mit Holzklötzen, welche gegen die Schwellen befestigt sind, ausgesteift (Fig. 12). Die Füllung der Gräben mit Wasser geschieht von einem nahe gelegenen Sammelbehälter aus mittels Rohrleitung, welche in der Mitte der Grabenlänge zugeführt wird und daselbst mit einem Ventil versehen ist, das von dem dort aufgestellten Wärter bedient wird. An derselben Stelle ist auch noch an jeder Seite des Gleises ein Wasserkrahn mit Schlauch angebracht, durch welchen die Maschinen der Güterzüge gespeist werden, da dieselben nicht mit der Vorrichtung zum Wasserschöpfen versehen sind. Um das Gefrieren des Wassers zu verhindern, wird Dampf direct in die Wassergräben geleitet. Zu diesem Zwecke ist längs derselben zwischen die Gleise (Fig. 8 und 9) ein 50mm starkes eisernes Rohr gelegt, von welchem in Abständen von 12m kleinere Rohre in die Seitenwände des Behälters gehen. Nahe den Gleisen ist in einem Schuppen ein kleiner Dampfkessel aufgestellt, von welchem Dampf durch Rohrleitung in das Hauptrohr geführt und von hier durch Ventil in die Seitenrohre bezieh. den Kasten eingelassen werden kann. Die Dampfleitungsrohre sind alle in hölzernen Kästen (Fig. 9) von quadratischem Querschnitt mit 15 bezieh. 10cm Seite eingeschlossen, welche, um die Condensation des Dampfes zu verhindern, etwa 50cm tief in der Erde liegen; die Ventile sind in leicht zugänglichen, mit Deckel versehenen Gehäusen eingeschlossen. Da die Speisung der Gräben sowie im Winter die Erwärmung der fortwährenden Controle bedarf, so ist bei jeder derartigen Wasserstation ein Wärter angestellt, dessen Bude sich gegenüber der Mitte der Gräben befindet. Beim Anfang und Ende eines Grabens ist ein festes Signal errichtet, welches Nachts auch erleuchtet wird. Meistens genügt es, auf etwas mehr als der halben Länge des Grabens Wasser zu nehmen, um den Tender zu füllen. Die stellbare Vorrichtung am Tender ist aus Fig. 13 ersichtlich. Mittels eines vom Führerstande aus zu stellenden Hebels wird das untere bewegliche Stück des kastenförmigen eisernen Rohres in den Graben gesenkt oder aus demselben gehoben. Der untere Theil des beweglichen Rohres ist aus Messing hergestellt und hat eine Mündungsöffnung von 205mm Höhe und 305mm Breite. Der messingene Theil des Rohres ist durch eine mittlere Wand im Innern abgesteift. Behufs sicherer Einführung des Wassers ist an der Mündung eine vorstehende Lippe aus Kupfer angeordnet. Die Füllung der Sammelbehälter mit Wasser geschieht auf verschiedene Weise. In den wasserreichen Abhängen der Rocky Mountains und der Sierra Nevada wird das Wasser aus den Bächen direct in die Sammelbehälter geleitet und zu diesem Behufe werden oft mehrere Kilometer lange Wassergräben und Gerinne gebaut. Das überflüssige Wasser flieſst aus dem Sammelbehälter durch ein besonderes Rohr ab. An einigen Localbahnen wird das Wasser mittels einer Handpumpe in das oft nur eine Tenderfüllung haltende Faſs vom Wärter gepumpt – eine Einrichtung, welche völlig genügte auf Bahnen, wo täglich nur 4 bis 6 Züge im Ganzen fuhren.

Tafeln

Tafel Tafel 21
Tafel 21