Titel: Ueber Methylanilin und Methylalkohol; von Bardy.
Autor: Kl.
Fundstelle: Band 234, Jahrgang 1879, S. 333
Download: XML
Ueber Methylanilin und Methylalkohol; von Bardy. Bardy, über Methylanilin und Methylalkohol. Als das Methylanilin für die Anilinfarben-Industrie eine Bedeutung zu gewinnen anfing, versuchte Bardy für die Darstellung dieses Productes das kostspielige Jodmethyl durch Brom- und Chlormethyl, zuletzt durch salpetersaures Methyl zu ersetzen. Obgleich die Fabrikation der letzteren Verbindung mit vielen Umständlichkeiten und mit bedeutenden Gefahren verbunden war, zumeist von der groſsen Unreinheit des damaligen käuflichen Holzgeistes herrührend, so wurden doch im Ganzen mehr als 40000k salpetersaures Methyl dargestellt und für die Methylanilin-Bereitung verwendet. Das auf diesem Weg erhaltene Methylanilin lieſs viel zu wünschen übrig; insbesondere enthielt es häufig Nitroproducte, welche auf die Nuance des Methylviolettes einen nachtheiligen Einfluſs ausübten und überhaupt viel Umständlichkeiten und Arbeit in der Violettfabrikation verursachten. Diese Methode ist aber so interessant, daſs sie gewiſs verdient, neben den anderen Verfahren, das Anilin zu methyliren (vgl. 1878 230 245), mit verzeichnet zu werden, um so mehr als sie im Groſsen ausgeführt wurde. Doch war es natürlich, daſs Bardy dieselbe verlieſs, als der neue Weg, das Methyl durch Einwirkung von Holzgeist auf Anilinchlorhydrat in das Anilin einzuführen, durch Berthelot's Arbeiten bekannt wurde. Anfänglich bot auch dieses Verfahren groſse Schwierigkeiten, wieder in Folge der im käuflichen Holzgeist enthaltenen Verunreinigungen. Das so dargestellte Methylanilin war dem mit Jodmethyl bereiteten bei Weitem vorzuziehen wegen seines reicheren Gehaltes an Dimethylanilin, mit welchem ein viel blaueres Violett und eine bedeutend gröſsere Ausbeute desselben erzielt wurde. Aber die Beschaffung eines Autoclaven für den ungemein hohen Druck von 200at stieſs auf unendliche Schwierigkeiten, bis endlich eine Maschinenfabrik sich herbeilieſs, einen solchen zu liefern, indem sie ausdrücklich jede Verantwortung für etwaige Explosionen und die damit verbundenen Unglücksfälle von sich wies. Es wurde mit diesem Druckkessel länger als ½ Jahr ohne allen Anstand und ohne irgend welchen Unglücksfall gearbeitet, während unterdessen Bardy seine Versuche, den käuflichen Holzgeist von seinen Verunreinigungen, insbesondere vom Aceton und von den durch Zusatz von Schwefelsäure sich verkohlenden Bestandtheilen; vollkommen zu befreien, fortsetzte und glücklich durchführte. Mit; dem reinen Methylalkohol war es jetzt möglich, das Methylanilin in gröſseren Kesseln unter Anwendung eines Druckes von nur 25 bis 30at zu erzeugen. Von nun an hatte die Fabrikation des Methylviolettes eine sichere Grundlage gewonnen und sie entwickelte sich auf derselben seit dem J. 1867 in dem Maſse in Frankreich, England, Deutschland und in der Schweiz, daſs die tägliche Gesammtproduction des Violettes in diesen Ländern sich heute auf mehr als 2000k beziffert. Es wurde damals vorgeschlagen, den Methylalkohol in Ameisensäuremethyläther überzuführen und aus diesem den reinen Methylalkohol zu gewinnen. Doch waren die zugleich vorgeschlagenen Methoden, den Methylalkohol mit Wasser, Braunstein und Schwefelsäure oder mit einer gesättigten Lösung von Oxalsäure in Glycerin zu destilliren, oder denselben einfach mit krystallisirter Ameisensäure zusammenzubringen, theils unausführbar, theils kostspieligkostpielig, theils mangelhaft in der Ausbeute. Wird Methylalkohol mit einem Salz der Ameisensäure versetzt, mit Salzsäuregas übersättigt und destillirt, so entwickeln sich sehr lästige saure Dämpfe, und wenn die Einwirkung der Salzsäure etwas länger dauert, so bildet sich fast nur Chlormethyl; überdies ist das Einleiten des Salzsäuregases eine sehr langwierige Operation. Aber der Weg ist der richtige, sowie man denselben in der von Bardy in den Sitzungsberichten der Société d'Encouragement, 1879 S. 173 mitgetheilten, in Gemeinschaft mit L. Bordet ausgeführten Weise abändert. Läſst man ein Gemenge von Methylalkohol und käuflicher, also wasserhaltiger Salzsäure auf trockenes ameisensaures Natron einwirken, so geht der Alkohol fast augenblicklich und beinahe vollständig in Ameisensäuremethyläther über, welcher bei seinem niedrigen Siedpunkt von 32° sich sehr leicht abdestilliren läſst. Auf Zusatz von so viel möglichst concentrirter Natronlauge, als die Ameisensäure zur Bindung erfordert, zerlegt sich dieser Aether schon in der Kälte in ameisensaures Natron und in einen ziemlich hochgradigen Methylalkohol, welcher sogleich bei der ersten Destillation mit 0,901 bis 0,889 sp. G. übergeht, worauf er, einmal über Potasche und einmal über Natrium abdestillirt, ein fast wasserfreies, ganz reines Product in einer von der theoretischen Berechnung wenig abweichenden Menge liefert. Das zurückbleibende ameisensaure Natron kann nach dem Trocknen wieder benutzt werden, um eine neue Portion Methylalkohol in Ameisensäureäther überzuführen; auch läſst sich das Verfahren noch billiger ausführen, wenn man das Natronhydrat durch Aetzkalk ersetzt und von ameisensaurem Kalk ausgeht. Diese Reindarstellung des Methylalkohols ist kurz schon (* 1879 233 246. 496) besprochen worden, wo insbesondere über Bardy's Verbesserung der Methode von Krämer und Grodsky, den käuflichen Holzgeist quantitativ zu prüfen, berichtet worden ist. Bardy hat nach dieser von ihm modificirten Methode viele Sorten Holzgeist untersucht; für die besten ergab sie 94 bis 95 Proc., für die schwächeren 35 bis 40 Proc. Methylalkohol, während das Alkoholometer manche Sorten bis zu 99° stark anzeigt. Ist ein Holzgeist mit Weingeist vermischt, so ist die Analyse nicht mehr richtig, weil dann ein Gemenge von Jodmethyl und Jodäthyl überdestillirt. Um sich von der Anwesenheit des Weingeistes im Holzgeist zu überzeugen, behandeln Bardy und Riche den zu untersuchenden Alkohol mit Schwefelsäure und übermangansaurem Kali, wobei nur der Weingeist, nicht aber auch der Holzgeist, in den entsprechenden Aldehyd übergeht. Der Manganoxydniederschlag wird durch einen Zusatz von unterschwefligsaurem Natron aufgelöst, worauf einige Tropfen einer verdünnten Lösung von Rosanilinchlorhydrat zugefügt werden (vgl. 1877 223 652). Enthält der Holzgeist nur eine Spur Weingeist, so wird der entstandene Aldehyd das Fuchsin in Violett überführen und die Flüssigkeit violett färben. Ist umgekehrt ein Weingeist durch Methylalkohol verfälscht und soll dieser nachgewiesen werden, so wird nach einem täglich in Bardy's Laboratorium ausgeführten Verfahren die zu untersuchende Flüssigkeit mit Jod und amorphem Phosphor behandelt und das Destillat mit Anilin zusammengebracht. Reiner Weingeist liefert hierbei nur Aethylanilin, unreiner ein Gemenge von Aethyl- und von Methylanilin. Wird nun das methylirte Alkaloid isolirt, dann mit salpetersaurem Kupfer erhitzt und das erhaltene Product in Alkohol aufgelöst, so wird die Lösung eine gelbe Färbung annehmen, wenn reiner Weingeist untersucht worden ist, eine violette aber, wenn nur 1 Proc. Methylalkohol in dem fraglichen Weingeist enthalten war. Diese Farbenreaction läſst sich auch auf Wolle übertragen, so daſs es möglich ist, das Resultat der Untersuchung actenmäſsig aufzubewahren. Kl.