Titel: Eine neue Klasse von Phenolfarbstoffen; von C. Reichl.
Autor: Kl.
Fundstelle: Band 235, Jahrgang 1880, S. 233
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Eine neue Klasse von Phenolfarbstoffen; von C. Reichl. Reichl, über eine neue Klasse von Phenolfarbstoffen. Die Eigenschaft der Phenole, mit Aldehyden, Säuren und Anhydriden mehrbasischer Säuren unter Ausscheidung von Wasser zu schön gefärbten Substanzen zusammenzutreten, veranlaſste C. Reichl zu untersuchen, ob nicht durch Einwirkung von mehrwerthigen Alkoholen auf die erwähnte Körpergruppe ebenfalls gefärbte Substanzen zu erhalten wären. Diese Voraussetzung fand ihre Bestätigung für das Glycerin; zugleich zeigte sich im Verlaufe der Untersuchung, daſs auch Kohlenhydrate, Mannit, Quercit, Erythrit und Aethylenglycol mit den Phenolen Farbstoffe geben. Verfasser beschreibt in den Berichten der österreichischen chemischen Gesellschaft, 1879 S. 12 zunächst die Farbstoffe, welche Glycerin mit den einwerthigen Phenolen, nämlich mit Thymol, Kresol und Phenol, ferner mit den zweiwerthigen Phenolen, mit Hydrochinon, Orcin und Resorcin, sowie mit dem dreiwerthigen Phenol, mit der Pyrogallussäure oder dem Pyrogallol bildet und gibt diesen neuen Farbstoffen den Gesammtnamen „Glycereïne.“ Werden 2 Th. Phenol, 2 Th. Glycerin und 1 bis 2 Th. Schwefelsäure längere Zeit auf 110 bis 120° erhitzt, jedoch ohne diese Temperatur zu überschreiten, so bildet sich eine dunkelrothgelbe harzartige Schmelze, welche, nach dem Erkalten mit viel Wasser zusammengebracht, einen ungelösten Theil zurückläſst. Dieser wird auf dem Filter gesammelt, mit Wasser ausgewaschen und entweder in Alkohol oder in Natronlauge aufgelöst, um den Farbstoff im ersten Fall durch Verdunsten der Lösung, im zweiten Fall durch Ausfällen mittels Salzsäure zu gewinnen. Das Phenolglycereïn, eine braungelbe amorphe Masse, ist in Eisessig, Alkohol, sowie in kochendem Wasser löslich, unlöslich in Benzol und in Schwefelkohlenstoff. Seine Lösungen werden durch Ammoniak, durch fixe und kohlensaure Alkalien prachtvoll roth gefärbt. Mit Thonerde, Bleioxyd und anderen Oxyden liefert es farbige Lacke und auf Gewebsfasern kann man mit ihm gelbe und violettrothe Töne hervorrufen. Die Elementaranalyse des neuen Farbstoffes ergab die Formel C9H10O2 und seine Bildung läſst sich durch folgende Gleichung erklären: C6H6O + C3H8O3 = C9H10O2 + 2H2O. Läſst man concentrirte Schwefelsäure unter Erwärmung auf Phenolglycereïn einwirken, so bildet sich ohne Entwicklung von schwefliger Säure eine in kaltem Wasser lösliche Sulfosäure dieses Glycereïns, welche durch alkalische Flüssigkeit roth nüancirt, durch Alaun aber nicht gefällt wird. Erhitzt man gleiche Theile Phenol und Glycerin mit weniger Schwefelsäure, als für die Darstellung des Phenolglycereïns angegeben wurde, so liefert die Schmelze ein in Aether, Benzol, Schwefelkohlenstoff, Essigsäure und in Alkalien unlösliches gelbes Pulver, welches von Alkalien nur roth gefärbt wird. Die Eigenschaften seiner Sulfoverbindung jedoch stimmen mit denen des Phenolglycereïns wieder überein. Das Glycereïn des flüssigen Kresols wird erhalten, wenn 5 Th. Glycerin, 2 bis 5 Th. Schwefelsäure und 6 Th. Kresol zusammen auf 110 bis 120° erhitzt werden. Es bildet eine dunkle, glänzende, amorphe Masse und nach dem Zerreiben derselben ein schwarzbraunes Pulver. Durch Alkalien wird es violettroth gefärbt und stimmt in seinen übrigen Eigenschaften mit obigem Phenolfarbstoff überein. Das Thymolglycereïn, erhalten durch Erhitzen von 3 Th. Thymol, 1 Th. Glycerin und 5 Th. Schwefelsäure, hat dieselben Löslichkeitsverhältnisse wie der Phenolfarbstoff, und zwar ist die alkalische Lösung prachtvoll violett gefärbt. Wolle und Seide können mit diesem Farbstoff violett gefärbt werden. Das Glycereïn des Hydrochinons wird erhalten, indem gleiche Molecüle Hydrochinon, Glycerin und Schwefelsäure auf einander einwirken. Die alkoholische Lösung des Farbstoffes fluorescirt schön grün und wird durch Alkalien bräunlich gefärbt, ohne daſs sie die grüne Fluorescenz verliert. – In gleicher Weise werden auch die Glycereïne des Resorcins und des Orcins gewonnen. Ihre alkoholischen Lösungen werden durch Alkalien geröthet und zeigen alsdann eine grüne Fluorescenz. Auf Wolle und Seide liefern dieselben rein gelbe, röthlich- und grünlichgelbe Farbtöne. Für die Darstellung endlich des Pyrogallolglycereïns werden 7 Th. Pyrogallussäure mit 5 Th. Glycerin und 2 bis 3 Th. concentrirter Schwefelsäure auf 120 bis 130° erhitzt. Die hierbei gewonnene rothe Schmelze enthält einen neuen Farbstoff, welcher durch Zinnsalz schön roth nüancirt wird. Kl.