Titel: Rundschau auf dem Gebiete der Bierbrauerei; von Victor Griessmayer.
Autor: Victor Griessmayer
Fundstelle: Band 235, Jahrgang 1880, S. 452
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Rundschau auf dem Gebiete der Bierbrauerei; von Victor Grieſsmayer. (Fortsetzung des Berichtes S. 379 dieses Bandes.) Greiſsmayer, Rundschau auf dem Gebeite der Brauerei. Mittheilungen aus dem Carlsberger Laboratorium. 1) Ueber die Diastase; von J. Kjeldahl. Das Messen der Fermentkraft. (Schluſs von S. 387 d. Bd.) Gemäſs der weiter oben gefundenen Reductionskraft setzt sich die in der Flüssigkeit enthaltene Trockensubstanz zusammen aus 15 Proc. Maltose und 85 Proc. Dextrin, während sie in dem mit 4cc Malzauszug durchgeführten Versuche 63 Proc. Maltose und 37 Proc. Dextrin enthält. Diesen Zahlen entsprechen nach O'Sullivan die Drehungen α (D) = 184,5° und 157°. Die directe Beobachtung ergab nach Abzug der Correctur α (D) = 185° und 158°. Im ersteren Falle wurde die Flüssigkeit durch Jod dunkelblau, im zweiten hellgelb gefärbt. Da man die wirkliche Drehung dadurch fand, daſs man in beiden Fällen für Dextrin den Werth α (D) = 193° annahm, so scheint dies die Annahme O'Sullivans zu bestätigen, daſs alle Substanzen, welche wir mit dem Namen „Lösliche Stärke und Dextrin“ bezeichnen, dieselbe Rotation besitzen. Bei einer anderen Versuchsreihe wurden immer 100cc Versuchsflüssigkeit (mit 33 Proc. Trockensubstanz und 0,31 Proc. Zucker) in Verwendung genommen und sodann auf 130cc gebracht. Der Zuwachs an Zucker und die Differenz betrug hierbei: Zuwachs Differenz 0,25cc Malzauszug lieferten 0,18g 0,50             „             „ 0,35 0,17 0,75             „             „ 0,52 0,17 1,00             „             „   0,685   0,165 1,25             „             „ 0,82   0,135 1,50             „             „ 0,93 0,11 2,00             „             „ 1,04 Drückt man diese Differenzen durch eine Curve aus, so findet man, daſs sich dieselbe nach dem Zuwachse auf 0g,685, der von 1cc Malzauszug bewirkt wird, von der geraden Linie entfernt Dies kommt aber davon her, daſs dadurch schon eine Reductionskraft von 28 und hiermit die Grenze des Proportionalitätsgesetzes erreicht ist. So sind wir denn nunmehr in den Besitz einer Methode gelangt, Welche es ermöglicht, den Reichthum verschiedener Lösungen an Diastase zu bestimmen, den Werth verschiedener Malzsorten hiernach zu klassificiren und die Entwicklung dieses Fermentes während des Mälzens zu verfolgen u. dgl. Um die im Malze befindliche Diastase vollständig in Lösung zu bringen, bediente sich Kjeldahl folgender Methode: Auf je 25g fein gemahlenes Darrmalz nahm er 1000cc Wasser (destillirt) und digerirte es damit verschiedene Zeiten lang unter öfterem Umrühren. Diese Auszüge filtrirten anfangs trübe, wurden aber öfters aufs Filter zurückgebracht, bis sie klar abliefen. Dann wurde der Zuckergehalt derselben bestimmt und nun je 15cc auf Kleister einwirken gelassen und der Zuwachs an Zucker in der Flüssigkeit notirt: Dauer der Digestion Zuwachs an Zucker Nr. 1 ½ Stunde 0,863g „   2           4 Stunden 1,055 „   3           6     „ 1,098 „   4         12     „ 1,105 Man sieht hieraus, daſs ½ Stunde nicht genügt, um alle Diastase in Lösung zu bringen, daſs man sich aber mit 6 Stunden begnügen kann, da man nach 12 Stunden nicht viel mehr erhält. Bei Untersuchungen von Grünmalz oder überhaupt von Gerste in ihren verschiedenen Keimungsstadien ist das Verfahren verwickelter, weil das Rohmaterial hier sehr wasserreich ist und sich nicht leicht mahlen läſst. Man zerdrückt das feuchte Korn, wiegt dann 25g von der so erhaltenen Paste, befeuchtet nun einzelne Portionen derselben mit Wasser, bis das Ganze – ausgenommen einige Kügelchen – eine homogene Masse bildet, welche man nun mit Wasser auf ein Gewicht von 1025g bringt. Indem man so immer 1000g Wasser zufügt, begeht man allerdings einen Irrthum, da man den schon vorhandenen Wassergehalt unberücksichtigt läſst; doch beträgt derselbe nur 1 Proc. Selbstverständlich muſs man immer eine Wasserbestimmung im Korne vornehmen, um die gefundenen Werthe auf Malztrockensubstanz umrechnen zu können. – Eine andere Methode besteht darin, das feuchte Korn in mäſsig warmem Räume in dünner Schicht auszubreiten. Man unterbricht so den Keimungsproceſs in sehr kurzer Frist, und nach einigen Tagen sind die Körner so trocken, daſs man sie leicht mahlen kann. Aus den früheren Versuchen ersieht man, daſs 1cc,5 Malzauszug (oder 15cc des dünneren Auszuges von 1 Th. Malz auf 40 Th. Wasser) in beiden Fällen einen Zuckerzuwachs von ungefähr 1g erzielt hatten. Verfasser bezeichnet daher mit 100 diejenige Diastasemenge, welche in einem Malze enthalten ist, von dessen Auszug 15cc (1 : 40) bei der Einwirkung auf 200cc Kleister 1g Zucker erzeugen. Man muſs daher bei den betreffenden Analysen so viel Auszug nehmen, daſs man ungefähr 1g Zucker erhält. Bei Malzproben, die in ihrer Wirkung nicht viel verschieden sind, nimmt man also 15cc. Findet man mehr, so müssen eben weniger Cubikcentimeter Auszug genommen werden, bis man in die Nähe von 1g gekommen ist. Z.B. 15cc liefern 1g,9, daher zu viel; nun nimmt man 7cc,5 und erhält 1g,11 Zucker, hat also in der Probe 2\times \frac{1,11}{1,00}\times 100=222. – Wendet man nur 100cc Versuchsflüssigkeit an, so ist die Diastase = 100, da 7cc,5 des Auszuges (1 : 40) einen Zuckerzuwachs von 0g,5 geben. Fermentkraft der Gerste. Es ist bekannt, daſs auch ungekeimte Gerste Diastase enthält; ja es ist mehr davon in derselben enthalten, als man gewöhnlich annimmt. So gaben 15 bis 22cc eines Auszuges aus ungekeimter Gerste, welcher etwa 3,3 Proc. Trockensubstanz in 100cc enthielt, in 200cc Versuchsflüssigkeit je 0,63 und 0g,9 Zucker. Diese Gerste enthielt daher \frac{15}{22}\times 90=61 Diastase, und da sie einen Wassergehalt von 13,5 Proc. aufwies, so betrug die Diastase auf Trockensubstanz berechnet 70. Zehn verschiedene Gerstenproben, auf diese Art untersucht, lieferten merkwürdiger Weise dieselben Diastasemengen. Hieraus erklärt sich auch, warum Gerste, die bei gewöhnlicher Temperatur nur ungefähr 8 Proc. Extract an Wasser abgibt, bei 60° mehr als 50 Proc. Extract liefert, was beinahe ihrem gesammten Stärkegehalte gleichkommt. Das Filtriren dieser Gerstenauszüge ist noch schwieriger als das der Malzauszüge; doch bekommt man sie schlieſslich vollständig klar. Die Behauptung O'Sullivan's, daſs die Stärke von der Diastase nur dann angegriffen werde, wenn sie vorher in Kleister verwandelt wurde, ist nicht richtig, wenigstens nicht für die Stärke der Cerealien (wie Jeder weiſs, der in einen Maischbottich mit Verstand blickt); Kartoffelstärke ist allerdings schwieriger zu verflüssigen. Entwicklung der Fermentkraft während der Bereitung des Malzes. Um das Wachsthum der Diastase während des Keimens zu verfolgen, nahm man alle Morgen um 9 Uhr in der Brauerei eine Probe von demselben Haufen und, um je eine Durchschnittsprobe zu erhalten, nahm man 2 bis 3k in kleinen Portionen von verschiedenen Stellen des Haufens. Diese Menge wurde dann wieder in gleicher Weise ausgesucht, bis man zwei Proben von 25g und eine dritte kleinere zur Wasserbestimmung gewonnen hatte. Die Diastase wurde in den beiden ersten bestimmt und geben die unten angeführten Zahlen das Mittel aus beiden Bestimmungen: A) Im feuchten Zustande zerdrücktes Grünmalz. Tage auf derTenne Trockensubstanzim Malze Fermentkraft Zuwachs der Fermentkraft(auf Malztrockensubstanz) des feuchtenMalzes des wasserfreienMalzes 1 54 Proc.   38   70 2 56   41   73   3 3 54   43   80   7 4 57   60 105 25 5 58   87 150 45 6 60 114 190 40 7 60 132 220 30 8 62 140 226   6 (Die wasserfreie Gerste enthielt 74 Diastase.) B) In dünner Schicht rasch getrocknetes und dann auf der Mühle gemahlenes Grünmalz. Tage auf derTenne Trockensubstanzim Malze Fermentkraft Zuwachs an Fermentkraft des feuchtenMalzes des wasserfreienMalzes 1 53 Proc.   36   68 2 54   36   67   1 3 57   43   75   8 4 60   59   98 23 5 59   83 140 42 6 62 113 183 43 7 60 127 211 28 8 62 135 218   7 (Fermentkraft der entwässerten Gerste = 73.) Die Fermentkraft der Gerste blieb daher ungefähr dieselbe nach 3 Tagen Weiche und änderte sich nur unbedeutend während der ersten 3 Tage auf der Tenne. Dann kommt ein plötzliches Wachsthum derselben, zumal am 5. und 6. Tage, während welcher auch die Keimung am thätigsten ist. Von dieser Periode an läſst das Wachsthum nach und ist am 7. und 8. Tage bereits sehr schwach. Im Ganzen nimmt die Fermentkraft während des Mälzens derart zu, daſs es im fertigen Grünmalze dreimal so stark ist wie in der Gerste, beide im wasserfreien Zustande gerechnet. Verminderung der Fermentkraft während des Darrens. Die Proben wurden auf den Horden in derselben Weise genommen wie auf der Tenne. Die Temperatur wurde an 3 Thermometern abgelesen, wovon eines unter der unteren Darrhorde (also in der Sau), eines zwischen den beiden Darrhorden und das dritte über der oberen Horde angebracht war. Das Mittel aus den Angaben der beiden ersten Thermometer liefert dann die mittlere Temperatur des Malzes auf der unteren Darre und das Mittel aus den Temperaturen des zweiten und dritten Thermometers die mittlere Malztemperatur der oberen Darre. Der Gang der Thermometer war folgender: Zeit Auf derunteren Darre Zwischenbeiden Horden Ueber deroberen Horde 10 Uhr Morgens 65° 48° 38° 12   „         „ 69 53 2     „   Abends 72 57 29 4     „         „ 77 63 6     „         „ 82 68 7     „         „ 87 70 8     „         „ 78 71 31 5     „   Morgens 67 55 42 10   „         „ 65 48 Nach dieser Tabelle muſs daher die mittlere Temperatur des Malzes um 2 Uhr Nachts auf der unteren Horde = 65° und auf der oberen 43° sein. Darrhorden Zeit Temperatur Malztrocken-substanz Fermentkraft des feuchtenMalzes des wasserfreienMalzes Obere 11½ Uhr Morgens 41° 56,5 Proc. 125 221   3        „  Abends 44 58,9 124 210   5½     „        „ 48 61,1 123 202   7¾     „        „ 51 64,1 125 195 11      „        " 49 69,5 135 195 Untere   7¼     „  Morgens 49 88,8 141 159 11      „        " 59 92,9 162 173   4        „  Abends 70 94,7 147 155 10½   „        „ 68 96,6 113 117   7        „  Morgens 61 95,7   96 100 Wie ersichtlich, vermindert sich die Fermentkraft in fortschreitender Weise; die stärkste Verminderung trat ein von 4 bis 10½ Uhr Abends auf der unteren Darre. Bei anderen Versuchen trat sie schon früher ein. Als Resultat aller Versuche aber ergibt sich, daſs die Fermentkraft durch das kritische Darrsystem (ein Tag auf der oberen und ein Tag auf der unteren Darre) ungefähr auf die Hälfte vermindert wird. Einfluſs der Concentration auf die Zuckerproduction. Ein mit etwas Malzauszug verflüssigter Kleister von 10 Proc. Trockensubstanz und 0,95 Proc. Zucker wurde zu folgenden Versuchen verwendet: A) 25cc (mit 0g,93 Zucker) wurden der Einwirkung von 0cc,5 Malzauszug während 20 Minuten bei 59° ausgesetzt. Zuckerzunahme = 0g,39, R = 25. B) 100cc (mit 0g,39 Zucker) ebenso behandelt. Zuckerzunahme 0g,395, R = 13. C) 25cc auf 100cc verdünnt und ebenso behandelt. Zuckerzunahme 0g,355, R = 23,5. Wenn man die Versuche A und C vergleicht, findet man, daſs in beiden dieselbe Beziehung zwischen Ferment und der verwendeten Substanz besteht; nur ist die Lösung in C viermal verdünnter als in A. Also vermindert sich die Zuckerausbeute etwas in verdünnteren Lösungen; aber diese Differenz ist ohne Bedeutung. Uebrigens liegt die Sache anders, wenn die Einwirkung auſserhalb der Gültigkeit des Proportionalitätsgesetzes sich vollzieht. Erhält man in verdünnten Lösungen die Maximalreduction, so wird neue Zugabe von Ferment die Zuckerausbeute nicht mehr merklich steigern; in concentrirteren aber entsteht eine entschiedene Vermehrung der Ausbeute. Ist die Fermentmenge genügend groſs, um in allen Verdünnungen die Maximalreduction zu erzeugen, so ist die Zuckerausbeute proportional der Concentration und unabhängig von der Diastase. Einfluſs fremder Körper auf die Zuckerausbeute. – 1) Zucker. Mehrere Gelehrte haben nach Payen angenommen, daſs die Anhäufung des Zuckers in einer Lösung die Wirkung der Diastase beeinträchtigt und schlieſslich ganz aufhebt. Wir haben weiter oben gesehen, daſs man mit Diastase leicht 66 bis 68 Proc. Maltose erhalten kann, daſs es aber stets schwer hält, diese Grenze zu überschreiten. Man konnte daher vermuthen, daſs, wenn man zu einer Flüssigkeit vor der Zugabe von Diastase 66 bis 68 Proc. Maltose hinzufügt, die Wirkung des Fermentes Null oder doch sehr schwach sein würde. Man stellte nun eine Flüssigkeit her, die auf 100cc 3g,35 Trockensubstanz enthielt, wovon 0g,39 Zucker = 0g,59 Maltose waren. A) 100cc der Flüssigkeit wurden auf 130 verdünnt. Dieses Volumen enthält 2g,76 Dextrin. Hierzu die 0g,59 Maltose, gibt zusammen 3g,35 Trockensubstanz, wovon die Maltose nur 17,6 Proc. (R = 11,5) ausmacht. Zu 50cc dieser verdünnten Flüssigkeit, die also ursprünglich nur 0g,227 Maltose enthielt, gab man 0cc,25 Malzauszug und fand nach der Digestion mit demselben 0g,485 Maltose, also einen Zuwachs von 0g,258. B) Zu 100cc der Flüssigkeit fügte man 5g,1 Maltosehydrat == 4g,84 wasserfreie Maltose und verdünnte die Lösung auf 130cc. Sie enthält daher 2g,76 Dextrin und 5g,43 Maltose, zusammen 8g,19 Trockensubstanz, wovon die Maltose mit 66,3 Proc. (R = 44) Theil nimmt. In 50cc der verdünnten Flüssigkeit, die also 2g,09 Maltose enthielt, fand man nach Digestion mit 0cc,25 Malzauszug 2g,33 oder einen Zuwachs von 0g,24. Diese Versuche beweisen daher, daſs gleiche Diastasemengen unter sonst gleichen Verhältnissen gleiche Maltosemengen erzeugen, ob nun die Lösung eine Reduction von 44 oder 11,5 darstellt. Dieses Ergebniſs ist in scheinbarem Widerspruche mit früheren Sätzen; es erklärt sich aber leicht dadurch, daſs bei der Verzuckerung der Stärke Dextrine abgespalten werden, welche schlieſslich nicht mehr spaltbar sind, worauf die Zuckerbildung aufhört. – Eine Zugabe von Glycose ist ebenfalls ohne jeden hindernden Einfluſs. Um die Frage zu entscheiden, ob es durch Diastase unangreifbare Dextrine gebe, behandelte Verfasser 250g verkleisterte Stärke während einer Stunde mit 400cc Malzauszug und brachte dann die Flüssigkeit zum Sieden. Die Lösung enthielt 8 Proc. Trockensubstanz und 4 Proc. Zucker (= 6 Proc. Maltose), R = 50. Jod gab nur noch schwachgelbe Färbung. Nun fügte man Unterhefe zu, deren Trockensubstanz 2 bis 3 Proc. Maltosedextrin entsprach. Nach 8 Tagen Gährung bei 15° klärte sich die Flüssigkeit. Nach dem Filtriren, Verdampfen des Alkohols, Neutralisirung der freien Säure und passender Verdünnung fand man, daſs die Flüssigkeit 2,86 Proc. Trockensubstanz und 0,37 Proc. Zucker enthielt, R = 13. Nun digerirte man 100cc dieser Flüssigkeit mit verschiedenen Mengen Malzauszug (20 Minuten bei 57°) und bestimmte den Zuckerzuwachs: 100cc der Dextrinlösung +   0,5cc Malzauszug 0,03g Zuwachs +   2           „ 0,03        " +   5           „ 0,04        " + 10           „ 0,04        " Also ist die Einwirkung der Diastase auf das Achroodextrin ganz schwach, selbst nach Elimination der gröſsten Zuckermenge, und es gibt, wie Musculus und Gruber behaupten, durch Diastase unangreifbares Dextrin. Wenn bei der Spiritusbrennerei noch eine Nachwirkung der Diastase stattfindet, so ist hier also nicht die Vergährung des Zuckers daran schuld, sondern die längere Zeit der Einwirkung. Lieſse man die Maischen ohne Hefe ebenso lange stehen, so würde derselbe Erfolg eintreten. 2) Verdünnte Säuren und Alkalien besitzen die stärkste Einwirkung auf die Diastase. Zu je 100cc Versuchsflüssigkeit fügte man verschiedene Mengen verdünnter Schwefelsäure (1cc = 1mg SO3) und behandelte sie wie gewöhnlich mit 0cc,75 Malzauszug: 1/40 normaleSchwefelsäure Zucker-zuwachs 1/40 normaleSchwefelsäure Zucker-zuwachs   0cc 0,44      3,5cc 0,27 1 0,47 4 0,13 2 0,49 6 0,02 2,5 0,48 10 0,01. 3 0,43 Wie schon Leyser früher gefunden hat, begünstigt daher eine geringe Menge Schwefelsäure die Wirkung der Diastase; aber eine gröſsere Menge wirkt derselben rasch entgegen. 0mg,01 Säure auf 100cc Flüssigkeit bewirkt schon eine Verminderung der Zuckerausbeute um 5mg. Andere Säuren vorhalten sich ähnlich. Salzsäure steht der Schwefelsäure am nächsten. Die organischen Säuren wirken schwächer. Die Alkalien wirken ebenfalls in ganz geringen Mengen dagegen. Ueberhaupt stört bei allen Versuchen die Reaction. So reagirt Stärke gewöhnlich sauer und läſst sich schwer durch Waschen von der Säure befreien. Man erhält hiedurch ungenaue Resultate. Auch wirken die Säuren nicht auf alle Malzauszüge in gleicher Stärke. 3) Salze der Schwermetalle. In dieser und der nächsten Reihe wurden nur einzelne Versuche angestellt, jeder mit 100cc der Versuchsflüssigkeit und 0cc,75 Malzauszug. 0g,1 Bleinitrat, Zink- und Eisenoxydulsulfat reducirte den normalen Zuckerzuwachs um mehr als 80 Proc., während mit 0g,5 Manganoxydulsulfat dieser Zuwachs nur um 7 Proc. variirte. Da das Mangansalz die Fehling'sche Lösung schon an und für sich reducirt, so muſs man es vor dem Titriren erst ausscheiden. Man behandelt die Flüssigkeit mit Schwefelammon, filtrirt, schafft den Ueberschuſs des Schwefelammons mit schwefelsaurem Zink fort und filtrirt von Neuem. Dann kann man titriren, da das bischen Zinkoxyd nicht störend ist und beim Sieden sich ausscheidet. Wie bekannt, reagiren Zink- und Eisensalze sauer, Mangansalze neutral. Es scheint demnach, daſs die Wirkung der ersteren auf die Reaction zurückzuführen ist, da sie ähnlich wie freie Säuren sich verhalten. 4) Verschiedene andere Salze. Bezeichnet man die Zuckerausbeute mit 100, welche man vor Zusatz gewisser Salze erhält, so wird dieselbe nach Zusatz von: 0,013g Borax 60 0,5g arsensaurem Natron 20 0,050      " 5 0,5 Kochsalz 90 0,1 Alaun 2 Mit gesättigter Gypslösung 88. 5) Carbolsäure und Salicylsäure. Ohne Zusatz 100 0,03g Salicylsäure 10 0,2g Carbolsäure 89 0,1            "   0. 0,4          " 70 Diese beiden Antiseptica wirken daher sehr verschieden auf die Diastase ein, indem die Salicylsäure wie ein energisches und die Carbolsäure wie ein sehr schwaches Gift sich verhält. Da nun die erstere eine Säure, die letztere aber eigentlich keine Säure (sondern ein Alkohol) ist, so ist auch die Erklärung ihres verschiedenen Verhaltens gegeben. 6) Alkaloide. Verfasser hat nur die Wirkung des Strychnins verfolgt, das er als Nitrat in Dosen von 0,01 bis 0g,25 anwendete. In keinem Falle trat hierbei eine Verminderung, sondern öfters sogar eine kleine Vermehrung der Zuckerausbeute ein (102 bis 105 statt 100). Man trifft hier auf eine Analogie mit mehreren niederen Organismen, zumal mit der Hefe. 7) Alkohol. Dieser Versuch hat in so fern praktisches Interesse, als die nachträgliche Wirkung der Diastase in den gährenden Maischen der Brennereien in Gegenwart ansehnlicher Alkoholmengen stattfindet. Wegen der Flüchtigkeit des Alkohols wurde der Versuch in der Art durchgeführt, daſs man die Mischung von Alkohol und Flüssigkeit in einen Kolben gab, der mit einem Rückfluſskühler verbunden wurde, so daſs man beim Sieden keinen Verlust an Alkohol hatte: 100cc der Flüssigkeit + 0cc,75 Malzauszug ohne Alkohol 0g,53 Zucker   „       „         „         „     „           „           mit 10cc Alko-hol von 93 Proc. Tr. 0,28       „ Der Alkohol reducirte also die Zuckerausbeute um die Hälfte. Er ist daher nicht ohne Einfluſs auf die Diastase; aber wenn man den relativen Verhältnissen von Alkohol und Malzauszug Rechnung trägt, erscheint er als ein schwaches Gift, indem 10cc Alkohol kaum so viel wirken wie 1mg Schwefelsäure. Untersuchung des Ptyalin (Diastase des Speichels). Das Speichelferment ähnelt sehr der Diastase. Wie letztere äuſsert es keine groſse Wirkung auf die Stärke in ihrem Naturzustande; aber den Kleister löst es rasch auf unter Verwandlung in Zucker und Dextrin. Zu den Versuchen wurde menschlicher Speichel verwendet, d.h. das Gemenge der Secretionen der verschiedenen Drüsen. Die Versuchsflüssigkeit enthielt auf 3,31 Proc. Trockensubstanz 0,294 Proc. Zucker. Man nahm jedesmal 200cc (also mit 0g,588 Zucker). Um den Einfluſs der Temperatur zu studiren, nahm Verfasser immer 1cc mit 9cc Wasser und lieſs dieselben immer 15 Minuten bei Temperaturen von 15 bis 70° einwirken. Die Reduction überschritt nie 30: Temperatur Zuckerzuwachs Temperatur Zuckerzuwachs A   15°263742485561677072   0,50g0,781,081,281,351,150,730,250,050,00 B   18°2940434649   56,570   0,58g0,781,031,041,051,020,750,04 Das Optimum liegt bei 46° – eine Temperatur, welche die Körpertemperatur um einige Grade übersteigt, aber 17° unter dem Optimum der Diastase (63) liegt. Bezüglich der Fermentmenge und der Zuckerausbeute gilt für das Ptyalin dasselbe wie für die Diastase. Der Zuckerzuwachs ist zunächst fast proportional dem Fermente, bis die Reduction ungefähr 30 beträgt (Gesetz der Proportionalität); dann läſst die Zuckerausbeute nach. 0cc,5 Speichel erzeugen dieselbe Zuckermenge (0g,8) wie 1cc,15 Malzauszug aus 1 Th. Darrmalz und 4 Th. Wasser. Der Speichel wirkt daher in dieser Beziehung wie concentrirter Malzauszug. Gegen verdünnte Säuren ist Ptyalin ebenfalls sehr empfindlich: 1cc Speichel, der in 200cc Flüssigkeit einen Zuckerzuwachs von 1g,55 gegeben hatte, lieferte nach Zugabe von 10mg Salzsäure nur mehr 0g,012 Zucker. Seine Wirksamkeit wurde daher fast gänzlich vernichtet.