Titel: Ueber das westindische Buchsholz; von Dr. J. Moeller.
Autor: J. Moeller
Fundstelle: Band 238, Jahrgang 1880, S. 60
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Ueber das westindische Buchsholz; von Dr. J. Moeller. Mit Abbildungen. J. Moeller, über das westindische Buchsholz. In meinem Berichte über die in diesem Jahre abgehaltene Fachausstellung der Drechsler in Leipzig (Mittheilungen aus dem technologischen Gewerbemuseum, 1880 Bd. 1 S. 95) erwähnte ich das türkische und das westindische Buchsbaumholz als zwei im Handel vorkommende Sorten von sehr ungleichem Werthe. Das erstere kommt von den Häfen des schwarzen Meeres und das von Abassia gilt als das beste, als unersetzlich geradezu für gute xylographische Arbeiten. Das Abassiaholz wird aber immer seltener, während der Bedarf in noch höherem Maſse steigt und deshalb sucht man schon lange nach einem Ersatz für dasselbe. Vor etwa 20 Jahren wurde man auf das westindische Buchsbaumholz aufmerksam und seit 12 Jahren kommt es regelmäſsig von Puerto Cabello (Venezuela) nach Hamburg. Die verschiedenen Sorten führen die Marken N., A., C.-H. und G. Die Marke N. (Naranjillo) ist am meisten geschätzt, wenn auch sie nicht als vollständiger Ersatz für das türkische Buchsholz gelten kann; neben ihr hat sich nur noch die Marke A. (Atata) Bedeutung erringen können. Nach den Hamburger statistischen Tabellen wurden i. J. 1878 479t westindisches Buchsbaumholz eingeführt. Die in Leipzig ausgestellten Proben des westindischen Buchsbaumholzes erregten mein Interesse in hohem Grade, weil ich sofort sah, daſs sie kein Buchsholz waren. Ich bemühte mich, Muster davon zu erhalten; allein die ausstellende Firma lieſs meine wiederholte Bitte unbeantwortet; auf hiesigem Platze war das Holz unbekannt und auch in Sammlungen war es nicht vorhanden. Da schickte mir endlich Prof. Bernardin aus dem Museum des Hauses Melle-les-Gand ein Plättchen dieses Holzes. Unterdessen veröffentlichte Dr. A. Ernst aus Caracas im Botanischen Centralblatt, 1880 Bd. 1 S. 574, daſs das Holz dort zu Lande Amarilla yema de huevo (d. i. dottergelb) heiſse und von einer Apocynee (Aspidosperma Vargasii D C.) stamme. Diese Mittheilung war geeignet, den Werth einer Untersuchung des Holzes zu erhöhen; denn nunmehr konnte man hoffen, die noch immer nicht über jeden Zweifel erhabene Abstammung des in neuester Zeit so viel genannten Quebrachoholzes sicher zu stellen. Ich will gleich vorausschicken, daſs diese Hoffnung sich erfüllt hat. Die anatomische Untersuchung des westindischen Buchsbaumholzes schlieſst jeden Zweifel aus, daſs Quebracho blanco sein nächster Verwandter sei, daher gleichfalls von einer Aspidosperma-Art abstammen müsse. Das westindische Buchsholz hat eine gleichmäſsig hell dottergelbe Farbe; auf Sehnenschnitten ist ein leichter Flader eben kenntlich, hervorgerufen durch eine äuſserst zarte jahrringähnliche Schichtung des Holzes. Auf dem geglätteten Querschnitte sieht man schon mit unbewaffnetem Auge dicht gedrängte, feine, geradläufige Markstrahlen und mit der Loupe überdies zahlreiche unregelmäſsig zerstreute, helle Pünktchen. Das Holz ist mäſsig hart, leicht spaltbar und hat 1,39 sp. Gew. Mikroskopischer Bau: Das Holz ist überaus reich an Gefäſsen, welche sowohl vereinzelt, als in unregelmäſsigen Gruppen an einander gelagert vorkommen. Sie sind über die ganze Breite des Querschnittes gleichmäſsig zerstreut, meist 0mm,04 weit, fast kreisrund. Die angegebene Weite des Lumens wird nur selten und um weniges überschritten; dagegen kommen häufiger enge Gefäſse bis zu 0mm,01 herab vor. Die Gefäſswand ist ansehnlich verdickt (0mm,006) und von zahlreichen Poren durchzogen. Stopfzellen fehlen. Die Libriformfasern sind durchschnittlich 0mm,035 breit, sehr stark verdickt, doch nicht bis zum Schwinden des Lumens. Ihr Querschnitt ist rundlich, seltener durch gegenseitigen Druck abgeplattet und schon bei mäſsiger Vergröſserung sieht man Porenkanäle. Die meisten Markstrahlen bestehen aus drei Reihen in radialer Richtung stark gestreckter, dünnwandiger und von Poren reichlich durchsetzter Zellen. Die Zellen der einreihigen Markstrahlen sind breiter und weniger gestreckt. In einigen Markstrahlzellen, aber nicht gerade häufig, findet man groſse, schlecht ausgebildete Krystalle. Auſser den Markstrahlen kommen im Holze keine parenchymatischen Elemente vor. Längsschnitte lehren, daſs die Gefäſse mit wenig geneigten, vollkommen perforirten Querwänden an einander grenzen, und daſs ihre Wände dicht mit kleinen, schmal behöften Tüpfeln besetzt sind (Fig. 1). In Macerationspräparaten trifft man nur hier und da auf Tracheïden; auch die engen Gefäſse pflegen perforirt zu sein. Das bedeutsamste Merkmal der Aspidosperma-Hölzer sind die eigenthümlichen Tüpfel der Libriformfasern. Jene des Quebrachoholzes wurden bereits (1878 230 * 481) beschrieben und abgebildet.Ich bemerke bei dieser Gelegenheit, daſs Hager in der Pharmaceutischen Centralhalle, 1880 S. 70 mit Unrecht die Echtheit meines Materials in Zweifel zieht, und was die Einwände v. Höhnel's (Botanische Zeitung, 1880 S. 450) gegen meine Deutung der Tüpfel betrifft, so werden dieselben dort widerlegt werden, wo sie erhoben wurden. Sie sind verschieden von den Libriformtupfeln des westindischen Buchsbaumholzes, mit denen sie aber in dem wesentlichen Punkte übereinstimmen, daſs das Lumen des Tüpfelkanales ungleich und unregelmäſsig ist. Man sieht schon an feinen Längsschnitten, besonders an Tangentenschnitten, daſs die Tüpfelkanäle in das Lumen der Faser breit münden und sich nach auſsen trichterförmig verengen, um dann oft nochmals sich zu erweitern und knopfförmig zu enden (Fig. 1). Besonders deutlich sieht man diese Verhältnisse an Präparaten, welche Luft enthalten, weil dann die Hohlräume dunkel gerändert erscheinen. Liegen die Präparate längere Zeit im Wasser, oder hat man sie, wie gebräuchlich, erwärmt, um die Luft auszutreiben, dann bedingt die stärkere Quellbarkeit der inneren Zellschichten, daſs die Tüpfelkanäle cylindrisch werden. Deshalb sind auch Macerationspräparate nicht geeignet, die Verhältnisse klar zu zeigen. Meist sind die Fasern so stark gequollen, daſs man ihre Tüpfel nur im Querschnitte als feine Spalten sieht. Bilder, wie Fig. 2, trifft man sehr selten an. Sie beweisen aber, daſs die Tüpfelkanäle von einer Membran ausgekleidet sind, welche der Schultze'schen Macerationsflüssigkeit länger widersteht, als die älteren (äuſseren) Lagen der Zellwand, und daſs diese schon zerstört sein können, wenn jene noch erhalten sind. Fig. 1., Bd. 238, S. 61 Fig. 2., Bd. 238, S. 61 Trotzdem die Hölzer von Quebracho blanco und westindischem Buchs sehr nahe verwandt sind, ist ihre Unterscheidung mit Hilfe des Mikroskopes doch sicher durchzuführen, und von allen bekannten Hölzern unterscheiden sie sich durch die charakteristischen Tüpfeln der Libriformfasern. Das westindische Buchsholz hat weit zahlreichere und engere Gefäſse als Quebracho, es besitzt kein Parenchym und schmälere Markstrahlen, was besonders auf Sehnenschnitten auf den ersten Blick auffällt. Die Verschiedenheit der Tüpfel ist nur mit starken Vergröſserungen, die verhältniſsmäſsig weniger zu Gebote stehen, erkennbar. Eine Verwechslung des Aspidosperma-Holzes mit echtem Buchs ist geradezu unmöglich. Abgesehen von anderen Merkmalen sind die leiterförmig perforirten Gefäſse von Buxus bezeichnend. Es wäre noch die bedeutungsvolle Frage zu erörtern, ob nicht etwa auch das weiſse Quebrachoholz für die Zwecke der Holzschneidekunst verwendbar wäre. Karl Müller hat gelegentlich einer Besprechung meines Berichtes „Pflanzen-Rohstoffe“ in der Zeitschrift Natur, 1880 S. 244 diese Frage auf Grund der Mittheilungen von Prof. P. G. Lorentz bejaht und eben kommt mir die jüngste Nummer jener Zeitschrift vom 19. August in die Hand, in welcher derselbe Gegenstand eine, meiner Meinung nach, zu sanguinische Beurtheilung erfährt. Ich glaube nämlich, daſs das weiſse Quebrachoholz wegen seiner ungewöhnlichen Härte und wegen seiner geringen Homogenität – anatomisch ausgedrückt durch die geringe Zahl weiter Gefäſse und durch die breiten Markstrahlen – weit hinter dem westindischen Buchsholz steht, ja sogar hinter die meisten heimischen Schnitzhölzern, und daſs von seiner Verwendbarkeit für feinere xylographische Arbeiten gar keine Rede sein kann.