Titel: Ueber Eichenroth und Lohgerberei.
Fundstelle: Band 238, Jahrgang 1880, S. 62
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Ueber Eichenroth und Lohgerberei. Ueber Eichenroth und Lohgerberei. Während Stähelin und Hofstetter (Liebig's Annalen, 1844 Bd. 51 S. 63) die Phlobaphene auf das Radical C10H8O4 beziehen, gibt Grabowski (daselbst, 1867 Bd. 145 S. 1) dem Phlobaphen und dem Eichenroth die Formel C26H24O14 und Oser (Wiener Berichte, 1876 Abth. 2 S. 181) für die von ihm gefundene Spaltung der Eichengerbsäure in Zucker und Eichenroth die Gleichung C20H20O11 + H2O = C14H10O6 + C6H12O6. Etti (1880 237 170) stellt für die reine Gerbsäure die Formel C17H16O9, für Eichenroth C34H26O15 auf und findet entgegen der bisherigen Annahme, daſs Eichengerbsäure kein Glucosid ist. Etwa gleichzeitig mit Etti hat sich auch C. Böttinger (Liebig's Annalen, 1880 Bd. 202 S. 269) mit diesen Stoffen beschäftigt, ist aber zu abweichenden Resultaten gekommen. Zur Darstellung des Phlobaphens und der Eichengerbsäure wurde Eichenlohe zur Entfernung von Fett, Wachs, Chlorophyll und kleinen Mengen Gallussäure zunächst mit Aether, dann mit Alkohol ausgezogen. Der alkoholische Auszug wurde verdampft, der zurückbleibenden braunen Masse durch Aether noch etwas Wachs artige Substanz entzogen, wobei sich die Masse in rundliche, sehr hygroskopische Klumpen verwandelt, bestehend aus leicht in Wasser löslicher Gerbsäure und unlöslichem Phlobaphen. Trotzdem können die beiden Stoffe durch alleinige Behandlung mit Wasser nicht vollkommen getrennt werden, weil Gerbsäure haltiges Wasser Phlobaphen in der Wärme ziemlich leicht löst, so daſs die ersten wässerigen Auszüge stark braunroth gefärbt sind. Das nach mehrmaliger Behandlung mit heiſsem Wasser behandelte Phlobaphen hält aber dennoch etwas Gerbsäure mechanisch zurück, so daſs es mit heiſsem Alkohol behandelt stark dunkelbraun gefärbte Auszüge gibt, welche neben wenig Gerbsäure viel Phlobaphen enthält, obgleich letzteres in reinem Zustande fast unlöslich in heiſsem Alkohol ist. Verdampft man aber die alkoholischen Auszüge, zieht die Gerbsäure mit Wasser aus, so erhält man durch mehrfache Wiederholung dieses Verfahrens schlieſslich reines Phlobaphen. Zur Reindarstellung der Eichengerbsäure werden die wässerigen Auszüge verdampft, zur Trennung von dem ausgeschiedenen Phlobaphen mit viel kaltem Wasser gemischt, durchgeseiht, wieder abgedampft und mit Wasser gefällt, bis man schlieſslich eine Gerbsäurelösung erhält, welche an der Luft zu einem in Wasser klar löslichen Firniſs eintrocknet. Die concentrirte Gerbsäurelösung gesteht beim Versetzen mit kalter verdünnter Schwefelsäure zu einem flockigen Brei, der sich aber bei gelindem Erwärmen völlig verflüssigt. Bei steigender Temperatur zersetzt sich die Gerbsäure unter heftigem Stossen der Flüssigkeit in Zucker und Eichenroth, welches mit Phlobaphen identisch ist. Die abgeschiedenen braunrothen Massen werden wiederholt mit heiſsem Wasser, dann mit siedendem Alkohol ausgezogen. Das so gewonnene Phlobaphen oder Eichenroth bildet ein röthlich braunes Pulver, löst sich nicht in siedendem Wasser, kaltem Alkohol, Aether und siedendem Benzol, nur wenig und bei 100° getrocknet gar nicht in siedendem absolutem Alkohol, nicht in Essigsäure, Soda- und Tanninlösung, reichlich in Eichengerbsäurelösung und etwas in der bei der Spaltung der Gerbsäure gebildeten Zuckerlösung. Wässerige Lösungen der Alkalien lösen das Phlobaphen mit rothbrauner Farbe; die Lösung absorbirt Sauerstoff. Von Eisenchlorid wird das Phlobaphen geschwärzt, von concentrirter Salpetersäure oder verdünnter Chromsäure fast gänzlich zu Kohlensäure und Wasser oxydirt. Mit Zinkstaub destillirt wurden Spuren von Brenzcatechin, mit schmelzendem Kali Protocatechusäure, Essigsäure und Spuren von Phloroglucin erhalten. Die Analyse des Eichenrothes führte zur Formel 2C14H10O6.H2O. Durch Erhitzen mit Essigsäureanhydrid auf 140° wurde das Triacetylderivat C14H7O6 (C2H3O)3, mit Benzoylchlorid bei 130° Tribenzoyleichenroth C14H7O6(C7H5O)3 erhalten. Böttinger meint, wie das Tannin als Anhydrid des Pyrogallols zu betrachten sei, so müsse das Eichenroth als Anhydrid von Methyl- und Carboxylpyrogallol aufgefaſst werden. Er hält ferner für erwiesen, daſs das zweite Spaltungsproduct der Eichengerbsäure Zucker sei, hat aber in der erhaltenen Flüssigkeit auch Quercit aufgefunden. Bezeichnet man nun nach Knapp Leder als Haut, deren Fasern durch Zwischenlagerung eines unlöslichen Stoffes am Verkleben behindert werden, so erscheint das Eichenroth als der eigentliche Gerbstoff bei der Lohgerberei, während die Gerbsäure nur dessen Einverleibung in die Haut vermittelt. Lohe enthält aber mehr Phlobaphen, als die zugleich darin vorhandene Gerbsäure in Lösung überführen kann, so daſs bei dem gewöhnlichen Gerbeverfahren ein Verlust an gerbenden Stoffen stattfindet, der allerdings durch Ausziehen der Lohe mit möglichst starker Gerbsäurelösung verringert werden könnte. Praktische Bedeutung würde ein solches Verfahren allerdings kaum haben, da der concentrirte Auszug beim Verdünnen mit Wasser einen Theil des gelösten Eichenrothes ausfallen lassen würde; auſserdem eignen sich zur guten Gerbung der Haut erfahrungsmäſsig nur verdünnte Gerbebrühen, und ist auch die Gerbsäure bei der Gerbung wesentlich betheiligt. In feine Stücke zerschnittenes lohgares Leder wurde nach vollkommenem Auswaschen mit Wasser bei Luftabschluſs mit 4procentiger Sodalösung ausgezogen, die braunen Auszüge mit Essigsäure übersättigt und mit Bleiacetatlösung ausgefällt. Mit Schwefelwasserstoff' zerlegt, eingetrocknet und dann mit Alkohol ausgezogen, wurde ein Rückstand erhalten, welcher alle Eigenschaften eines Gemenges von Gerbsäure und Phlobaphen besass. Somit veranlassen Gerbsäure und Eichenroth gemeinschaftlich die Gerbung der Haut; doch überwiegt das Phlobaphen, da Leder auch nach mehrmaligem Ausziehen mit Soda noch eine rothbraune Farbe zeigt. Mit verdünnter Natronlauge behandelt, gibt es dann noch groſse Mengen eines Gemisches von viel Phlobaphen und sehr wenig Gerbsäure ab. Die nach zehnmaligem Ausziehen zurückbleibende Schwarte hat immer noch eine lichtbraune, in der Mittelzone etwas dunklere Farbe und verwandelt sich beim Kochen mit Wasser gröſstentheils in Leim. Wird sie nach dem Auswaschen mit kaltem Wasser in den Exsiccator gebracht, so schrumpft sie zu einer bräunlichgrauen Masse zusammen und behält dieses noch immer an Leder erinnernde Aussehen auch bei längerem Erhitzen auf 100°, quillt aber in Wasser schnell wieder auf. Phlobaphen und Gerbsäure spielen demnach in dem Lohgerbeproceſs die Hauptrolle und ist das Eichenroth als das eigentlich gerbende Princip zu bezeichnen. Wird Pyrogallussäure mit rauchender Salzsäure auf 160 bis 180° erhitzt, so erhält man eine intensiv schwarze Masse, wahrscheinlich ein Gemisch der beiden Pyrogallolanhydride C12H6O3 und C12H8O4, welche in Gegenwart von etwas unverändertem Pyrogallol in Wasser löslich ist und Haut ebenso in schwarz gefärbtes Leder umwandelt, als eine Lösung von Phlobaphen haltiger Gerbsäure braunes Leder erzeugt. Vielleicht kann man dem entsprechend Producte der Buchenholztheerfabrikation in brauchbares Gerbmaterial umwandeln.