Titel: Ueber den Farbstoff des Rubus Chamaemorus; von Cech.
Autor: Cech
Fundstelle: Band 238, Jahrgang 1880, S. 88
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Ueber den Farbstoff des Rubus Chamaemorus; von Cech. [Ueber den Farbstoff des Rubus Chamaemorus; von Cech.] Mit der önochemischen Untersuchung des Fruchtsaftes der Beeren des Rubus Chamaemorus beschäftigt, habe ich bemerkt, daſs die zur Darstellung des Mostes verwendeten baumwollenen und wollenen Preſsbeutel sich schon bei gewöhnlicher Temperatur intensiv orangegelb färben. Die Imprägnirung der Faser durch den Farbstoff ist so vollständig und die Färbung so dauerhaft, daſs die gefärbten Stoffe selbst von mit verdünnter Salzsäure versetzten Bädern nicht angegriffen werden. Spätere Versuche haben ergeben, daſs Baumwolle, Wolle und Seide, in dem Fruchtsafte der Beeren des Rubus Chamaemorus aufgekocht, schon binnen wenigen Minuten sich intensiv und dauerhaft orangegelb färben. Mit Seide sind die Versuche weniger befriedigend ausgefallen; doch läſst sich erwarten, daſs auch die Seide bei entsprechender Behandlung dasselbe Feuer der Färbung annimmt, wie Wolle und Baumwolle. Die Beeren des Rubus Chamaemorus liefern demnach einen schönen und billigen Farbstoff, der namentlich auf Wolle und Baumwolle für chamois issabellenfarbige und bernstein und orangegelbe Nüancirungen verwendet werden kann. Die Beeren dieser im Norden häufigen Pflanze sind anfangs granatroth gefärbt, werden aber später vollständig bernstein oder orangegelb. Der orangegelbe Farbstoff hat nicht wie bei vielen anderen Beeren seinen Sitz in der Fruchtschale, sondern er durchdringt die ganze Beere gleichmäſsig. Die Beeren enthalten viel Schleimzucker, Citronensäure und nur 3 bis 6 Proc. Saccharose. Der Geschmack des Mostes ist wenig süss, fade und in Folge von vieler Citronensäure etwas zusammenziehend; darum sind auch diese Beeren bei nordischen Schiffern als Mittel gegen den Scorbut beliebt. Da die aus den Beeren des Rubus Chamaemorus dargestellten Weine eine schöne dunkel bernsteingelbe Farbe haben, welche der Färbung des Sherry und Tokayer Weines gleicht, so dürfte der Farbstoff dieser Wildbeere ein billiges und unschädliches Farbmittel für helle Trauben weine abgeben. Ich bin mit der Isolirung dieses gelben Farbstoffes, welchem der Name „Chamaemorin“ zukäme, beschäftigt. Die Reindarstellung des Farbstoffes dürfte bei der groſsen Billigkeit und dem häufigen Vorkommen des Rubus Chamaemorus nicht mit Schwierigkeiten verbunden sein. St. Petersburg, Juli 1880.