Titel: Neuerungen in der Gespinnstfabrikation; von Hugo Fischer.
Autor: Hugo Fischer
Fundstelle: Band 238, Jahrgang 1880, S. 133
Download: XML
Neuerungen in der Gespinnstfabrikation; von Hugo Fischer. Mit Abbildungen auf Tafel 4 und 10. (Patentklasse 76. Fortsetzung des Berichtes S. 34 d. Bd.) Hugo Fischer, über Neuerungen in der Gespinnstfabrikation. II) Umordnung der Gespinnstfasern: 1) Krempeln (Schluſs). b) Vliesstheiler. Die zur unmittelbaren Erzeugung von Vorgespinnstfäden aus dem die Krempel verlassenden Flor dienenden Vliesstheiler, auf welche sich die in den letzten Jahren durch Patent geschützten Neuerungen beziehen, zerfallen in drei Gruppen. Die Trennung des Vliesses in Streifen erfolgt: 1) mittels feststehender platten- oder fadenförmig gestalteter Werkzeuge; 2) mittels rotirender Schneidscheiben; 3) mittels umlaufender Bänder oder fadenförmiger Körper. Der Theilung durch Platten begegnen wir zuerst in dem an Hub. Gilljam in Firma N. Gilljam in Soers bei Aachen ertheilten Patente (* Nr. 3052 vom 14. April 1878 ab). Die aus Stahlblech gefertigten, etwa 2mm starken Platten a von der in Fig. 14 Taf. 4 dargestellten Form, sind an beiden Enden auf parallel zur Peigneurachse liegenden Stäben b, c befestigt und schmiegen sich mit ihren glatt geschliffenen schmalen Kanten an der Stelle, wo der Hacker h1 mit der Kammwalze p zusammenarbeitet, an die Oberfläche dieser letzteren an. Durch auf die Stangen b, c aufgeschobene Ringe r werden die Platten gegenseitig in bestimmten Abständen gehalten, welche der Breite der zu bildenden Vliessstreifen entsprechen. Durch Spannschrauben zwischen den beiden Stangen erfolgt das Anspannen der Platten, durch Stellschrauben s das richtige Anstellen derselben an den Peigneur. An der Berührungsstelle entsteht hierdurch eine Abtheilung des Vliesses in Streifen, von denen der 1., 3., 5., 7... von dem rechenartig gestalteten Hacker h1 abgenommen wird, während die übrigen Streifen auf der Kammwalze verbleiben, bis sie durch einen zweiten Hacker h2 abgelöst werden. Die abgenommenen Streifen werden durch die Nitschelwerke N1, N2 in Vorgarnfäden übergeführt. Durch A. J. Wolters in Aachen sind an diesem Flortheiler verschiedene Aenderungen vorgenommen worden, welche sich derselbe durch Patente (* Nr. 7550 und 8909 vom 1. Mai bezieh. 28. Juni 1879) schützen lieſs. Diese Aenderungen bestehen namentlich in der Befestigungs- und Justirungsart der Schneidplatten, die dem letzten Patent zu Folge in der durch Fig. 1 und 2 Taf. 10 dargestellten Weise erfolgt. Die Befestigung findet nur am oberen Plattenende mittels der Tragstange t statt, um dadurch die freie Abführung des vom Vliess sich lösenden Staubes u. dgl. zu erleichtern. Die Federung der dünnen Schneidplatten a wird durch tief herabreichende Zwischenplatten b verhindert, an denen dieselben festgenietet sind. Diese Zwischenplatten wechseln auf der Tragstange t mit an diesen befestigten cylindrischen Ringen c ab, an denen eine parallel zur Tragstange laufende Schiene d befestigt ist. Zwei Schrauben in einem Lappen jeder Zwischenplatte drücken gegen diese Schiene und dienen zur genauen Einstellung der Schneidplatte, welche so zu erfolgen hat, daſs sich das untere Ende derselben sanft an die Umfläche der Kammtrommel anlegt; über dieser Berührungsstelle findet das erste Abkämmen der Theilstreifen des Vliesses durch den Hacker h1 statt. E. Köster in Neumünster, Holstein (* D. R. P. Nr. 9277 vom 11. October 1879) nimmt die Flortheilung nicht unmittelbar am Peigneur vor, sondern löst den ganzen Flor von diesem ab und leitet ihn zu einem besonderen Theilapparat. Dieser, in Fig. 3 Taf. 10 dargestellt, besteht aus den drei Walzen a, b und c, über welche Riemen in der dargestellten Art geführt sind. An der mittleren Walze b findet die Theilung des Flores mittels ebener, sich an die Walzenumfläche anlehnender Blechplatten d statt. Diese Platten erstrecken sich über den halben Walzenumfang und greifen in peripherische Rinnen der schmalen Zahnscheiben e ein. Diesen Zahnscheiben gegenüber trägt die Walze c vorspringende glatte Ränder f, welche in Berührung mit den Zahn Scheiben stehen. Die Riemen sind zwischen diesen Rändern und demnach auch zwischen den Schneidplatten d hindurchgeführt; die von a nach c laufenden Riemenstücke sind halbgeschränkt, um freien Raum für das Herabfallen gelöster Fasern u. dgl. zwischen den Platten d zu gewähren. Der vom Peigneur p kommende Flor wird von der Walze c und den umgelegten Riemen aufgenommen, den Zahnscheiben zugeführt und hier unterhalb der Berührungspunkte von e und f durch die Vorderkanten der Schneidplatten in Streifen getrennt, welche von den Riemen in durch die Platten gebildeten Kanälen den Abführungswalzen g, h zugeleitet werden. Durch achsiale Hin- und Herbewegung dieser Walzen findet das Würgeln des Florbandes statt. Die zuerst von Bède und Comp. in Verviers (vgl. 1873 209 * 251) benutzten, beiderseitig befestigten Stahlbänder als Theilwerkzeuge werden von J. S. Bolette in Pepinster, Belgien (Erloschenes * D. R. P. Nr. 216 vom 20. Juli 1877) durch paarweise angeordnete Stahldrähte ersetzt, welche sich an die mit ringsumlaufenden Nuthen a (Fig. 4 und 5 Taf. 10) versehenen Ränder der gezahnten Theilscheiben b anschmiegen. Diese Scheiben sind auf zwei über einander liegenden Walzen w1, w2 in Wechsellage angeordnet Die Drähte sind bei c unter Einschaltung der Schraubenfedern d elastisch befestigt und schlieſsen sich nach Passirung der Scheiben an die stellbaren Stützstäbe e und f an. Der zwischen die rotirenden Zahnscheiben eingeleitete Flor wird von den Drähten ebenso erfaſst wie früher von den Stahlbändern und nach der Trennung streifenweis den Würgelzeugen W1, W2 zugeführt. Der Erfinder erstrebt durch diese Neuerung eine billigere Herstellung, leichtere Justirung und bessere Instandhaltung des Theilapparates (vgl. 1879 234 185 Note). Wie bei der soeben besprochenen Klasse von Vliesstheilern findet auch bei den mit Theilscheiben arbeitenden Apparaten die Theilung des Flores entweder unmittelbar am Peigneur, oder nach erfolgter Abnahme des ganzen Flores auf besonderen Theilwalzen statt Die erste Theilungsart wird durch das Patent des Fabrikanten J. Klein in Aachen (* D. R. P. Nr. 6695 vom 21. Januar 1879) vertreten. Derselbe ersetzt, wie die Betrachtung der Fig. 6 und 7 Taf. 10 ergibt, den unteren getheilten Hacker durch eine mit garnirten Theilscheiben a ausgerüstete Walze W. Zwischen diesen Theilscheiben sitzen lose auf der Walzenachse glattrandige Scheiben b, von gleichem Durchmesser wie die mit Kratzen besetzten Scheiben a, so daſs beide die Peigneurumfläche berühren. Die Scheiben b werden durch verzahnte Antriebscheiben c mit gleicher Umfangsgeschwindigkeit wie die Kammwalze gedreht. Sie halten die unter ihnen liegenden Vliessstreifen auf dem Peigneurbeschlag, während die sich gegen den Peigneur drehenden Theilscheiben a die Vliessstreifen zwischen den Druckscheiben b abstreifen. Die unter den letzteren liegenden, auf der Kammwalze verbleibenden Streifen werden an einem höher gelegenen Punkte durch einen Hacker h abgenommen. Die Theilung des Vliesses durch besondere Theilwalzen nach Abnahme vom Peigneur sucht H. Wolte in Sommerfeld (* D. R. P. Nr. 7259 vom 4. April 1879) durch Anwendung eines auf dem Princip der Kreisscheren beruhenden Schneidwerkes herbeizuführen, wie solches schon lange in der Eisenfabrikation zum Zertrennen von Blechtafeln in Stäbe Anwendung findet. Zur richtigen Ableitung der Vliessstreifen nach den Würgelzeugen dienen Abstreifmeissel a und b, von denen ersterer durch sein Gewicht auf der unteren Schneidwalze S1, aufruht, der letztere durch ein Gegengewicht an die obere Schneidwalze S2 angedrückt wird, wie dies aus Fig. 8 und 9 Taf. 10 zu ersehen. Eine dritte Construction bezieht sich endlich auf die Abführung bezieh. Aufwickelung der gewürgelten Vorgespinnste. Der Apparat von E. Wilhelm in Crimmitschau (* D. R. P. Nr. 5133 vom 21. Mai 1878) entnimmt die vorbereiteten Fäden mittels eines um zwei Walzen von verschiedenem Durchmesser geführten endlosen Tuches und leitet sie auf diesem zu dem auf der groſsen Walze liegenden Wickel hin. Dieser Wickel erhält auſser seiner Rotationsbewegung noch seitliche Verschiebung um etwa 40mm, um ein gleichmäſsiges Aufwickeln der Fäden in derselben Weise zu erzielen, wie bei dem älteren System der seitlichen Fadenleitung, doch jedenfalls in weniger vollkommener Weise, da er gleichzeitig auf dem stützenden Riemen gleitet. Dagegen bietet das die Fäden stützende endlose Tuch ein geeignetes Mittel, bei vorkommendem Fadenbruch ohne Schwierigkeit die weitere Aufwickelung des gebrochenen Fadens zu bewirken, da dasselbe die Fadenenden fängt und sicher dem Wickel zuleitet. Die Schwierigkeiten, welche bei Flortheilern mit biegsamen, umlaufenden Th eil Werkzeugen, den sogen. Riementheilern, dadurch entstehen, daſs sich die einzelnen Zugkraftorgane strecken und dann nicht mehr sicher geführt sind, oder daſs dieselben reissen und durch neue ersetzt werden müssen, haben zu Constructionen geführt, welche auf einen möglichst freien Lauf, leichte Zugänglichkeit und Nachspannung der einzelnen Organe, Verminderung der Zahl und Erhöhung der Festigkeit derselben Bedacht nehmen. In ersterer Beziehung ist der Flortheiler von Josephy's Erben in Bielitz zu nennen, welcher bereits in D. p. J. 1879 234 * 185 besprochen wurde, sowie der Theiler der Ersten Brünner Maschinenfabriks-Gesellschaft in Brunn (* D. R. P. Nr. 3988 vom 8. Juni 1878), bei welchem durch Zusammenfügung der Theilwalzen aus durch Ringeinlagen gebildeten getrennten Scheiben, welche bei beiden Walzen wechselseitig gestellt sind, eine einfache Riemchenleitung erzielt wird. Der Lauf der Riemchen ist aus Fig. 10 und 11 Taf. 10 zu ersehen und folgt den Walzen a, b, c bezieh. a1, b1, c1, von denen c und c1 verstellbar gelagert sind und zur Anspannung der Riemen dienen. Die Leitung ist einfach, eine Schränkung der Riemen findet nicht statt, da dieselben die Räume zwischen den Theilscheiben S1, S2 frei passiren können, und damit ist eine möglichst lange Erhaltung derselben gesichert. J. S. Bolette in Pepinster sucht die oben genannten Schwierigkeiten zu vermeiden, oder doch wenigstens zu verringern, einmal durch Verminderung der Zahl der theilenden Riemen, das anderemal durch Ersatz des Leders durch ein weniger elastisches Material. Das erstere (* D. R. P. Nr. 7664 vom 28. März 1879. 1879 234 * 185) gelingt ihm durch eine solche Führung jeden Riemens um die beiden Theilwalzen, daſs derselbe zur Theilung und Ableitung je zweier benachbarter Vliessstreifen gleichzeitig dient, das letztere durch Anwendung metallener Drähte statt der Riemen (* D. R. P. Nr. 6272 vom 13. Juli 1878 und Nr. 7664 vom 28. März 1879). Der Ersatz der Riemen durch Fäden, Darmseiten oder anderem ebenfalls stark elastischen Materiale, wie er ebenfalls in den genannten Patenten vorgesehen ist, kann hier offenbar weniger in Frage kommen, da durch diese nur die Zahl der theilenden Organe verdoppelt, also die Betriebssicherheit vermindert, die Widerstandsfähigkeit aber nicht erhöht wird. Eine besondere Gattung der Vliesstheiler – im weitesten Sinne des Wortes – bilden ferner die Einrichtungen für die Theilung des von der Krempel gelieferten Pelzes in gleichschwere Stücke, welche für die folgenden Krempeln als Vorlage dienen. Hierher gehört die für Wollkrempeln bestimmte Vliesstrommelwage von O. Schimmel in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 8064 vom 24. Juni 1879). Dieselbe ist eine doppelarmige Balkenwage mit Laufgewicht, deren Schale durch die Vliesstrornmel a gebildet ist (Fig. 12 Taf. 10). Ein Gegengewicht b dient zur Ausgleichung des Trommelgewichtes derart, daſs ein an dem Hebelarm c gelagerter und in das an der Trommelachse befestigte Zahnrad eingreifender Transporteur d mit dem Getriebe e zum Eingriff gebracht wird. Das Laufgewicht f dient zur Bestimmung der Trommelfüllung. Das plötzliche Ausrücken des Rädereingriffes bei bestimmter Trommelbelastung soll durch den die Druckwalze o tragenden, sich auf eine Rolle am Wagenarm c stützenden Hebel h bewirkt, die Oscillation der ausgelösten Trommel durch die unter den Zapfen i tretende Nase k an der Trommelstirnwand verhindert werden. c) Krempelbeschläge. Unter den Erfindungen dieser Abtheilung sind es nur zwei, welche eine speciellere Beachtung verdienen: die Patente von K. Schneichel in Dessau (* D. R. P. Nr. 1275 und Nr. 1631 vom 28. August 1877). Durch dieselben ist dem Erfinder eine neue Ausbildungsform des Sägezahndrahtes für Reisskrempeln, sowie dessen Befestigung auf der Zahnwalze geschützt. Zweck der Neuerung ist die bessere Auflockerung der gewolften Wolle vor dem Eintritt in die gewöhnliche Krempel, um in dieser die Beanspruchung der Fasern auf ein Minimum zu beschränken. Schneichel sucht diesen Zweck dadurch zu erreichen, daſs er vor den Tambour der Reisskrempel eine kleine, mit gewöhnlichem Sägezahndraht beschlagene Trommel aufstellt, um welche eine Anzahl kleinere, mit dem neuen „Doppelsägezahndraht“ beschlagene Walzen nach Art der Arbeiter und Wender gruppirt sind. Durch die Anwendung der neuen Zahnform (Fig. 13 Taf. 10) wird eine gröſsere Zahl von Arbeitsstellen an den einzelnen Walzen geschaffen, als diese die Benutzung des gewöhnlichen Sägezahndrahtes ergeben würde, und dadurch die vollständige Auflösung der Wollflocken befördert. Die Zähne des Beschlages sind abwechselnd nach verschiedenen Seiten gerichtet, so daſs von zwei nach entgegengesetzten Richtungen und mit ungleicher Geschwindigkeit umlaufenden Walzen a und b die Walze b mit den in der Drehrichtung gestellten Zähnen α die von den analog gestellten Zähnen β der Walze a zugeführte Wolle abstreift und dieselbe gleich darauf den entgegengesetzt gerichteten Zähnen γ derselben Walze darbietet. Die Wollflöckchen, hierbei von den Zähnen γ zurückgehalten, werden zum Theil von den Zähnen α in die einzelnen Fasern aufgelöst, während nicht gelöste Faserbündel nach der Arbeitsstelle mit der vorher gehenden Walze zurückkehren, um hier die weitere Auflösung zu erfahren. Diese Einschaltung einer gröſseren Anzahl derartiger Zahnwalzen zwischen Wolf und Reisskrempel läſst bei dem Vorhandensein der vielen aufeinander folgenden Arbeitsstellen und der Widerstandsfähigkeit des Beschlages in der That eine gute Auflösung der Faserbündel, eine gröſsere Schonung der Krempelbeschläge und gleichmäſsig gebildetere Vliesse erwarten. – Auch die Befestigung des Zahndrahtes auf der Walze ist originell und weicht von der gewöhnlich geübten dadurch ab, daſs sie das Eindrehen einer schraubenförmig um die Walze laufenden Nuth zur Aufnahme des Drahtes entbehrlich macht. Bei der neuen Befestigungsart wird die genau cylindrisch abgedrehte Walze gleichzeitig mit dem Zahndraht a und einem runden Zwischendraht b umwunden, so daſs beide Drähte dicht neben einander zu liegen kommen, wie dies die Figur 14 Taf. 10 zeigt. Hierdurch wird der Zahndraht an seitlichen Verschiebungen verhindert, während eine der unteren Seite desselben parallel laufende Rippe c sich unter den Zwischendraht b legt und die Befestigung durch Niederpressen des Drahtes auf die Walzenoberfläche vollendet. Andere Patente – darunter die von H. Heusch in Aachen und J. N. Yonck in Verviers – beziehen sich auf die Ausfütterung der Kratzenbeschläge mit weichen Stoffen zur Verminderung der freien Zahnlänge, um dadurch die Widerstandsfähigkeit und Dauer der Zähne zu erhöhen. Heusch (* D. R. P. Nr. 1081 vom 28. August 1877) füttert mit einer weichen, fast ungewalkten und mit einer dünnen Lederlage bedeckten Filzschicht, welche die Zähne umgibt, aber bei dem Eintritt von Wolle in den Beschlag zurückweicht; Yonck (* D. R. P. Nr. 5708 vom 2. Juli 1878) dagegen leimt auf der Hakenseite des Kratzenbandes eine oder mehrere dünne Filzlagen derart auf, daſs dieselben nach erfolgter theilweiser Abnutzung der Drähte entfernt werden können. Die Zähne erhalten hierdurch wieder die ursprüngliche Form, Länge und Elasticität.