Titel: Vorkrempel, genannt „Expresskarde“, von G. Risler in Cernay.
Autor: A. L.
Fundstelle: Band 238, Jahrgang 1880, S. 467
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Vorkrempel, genannt „Expreſskarde“, von G. Risler in Cernay. Risler's Expreſskarde. Diese Maschine ist bereits in D. p. J. 1879 234 * 109 beschrieben worden. Heute liegt ein im Bulletin de Mulhouse, 1880 * S. 365 veröffentlichter Bericht über dieselbe vor, dem eine den Vergleich mit dem bisherigen Arbeitsgange ermöglichende Tabelle entnommen werden soll. Zuvor sei kurz erwähnt, daſs die Risler'sche Expreſskarde bezüglich Zuführungs- und Lieferungsorgane ganz mit einer gewöhnlichen Schlagmaschine übereinstimmt und daſs die Auflockerung und Reinigung durch zwei Trommeln bewirkt wird, von denen die erste 0m,4 Durchmesser besitzt, 900 bis 950 Umdrehungen (18,85 bis 19m,897 Umfangsgeschwindigkeit) in der Minute macht und mit einem Metallbeschlag mit Sägezahnform versehen ist. Die zweite Trommel von 0m,2 Durchmesser und 650 minutlichen Umdrehungen (6m,807 Umfangsgeschwindigkeit) trägt Häkchenbeschläge auf Lederband; sie ist dicht gegen die erste Trommel angestellt und dreht sich nach derselben Richtung wie diese. Eine solche Expreſskarde wurde in ein Vorbereitungssystem an Stelle der zweiten doppelten Schlagmaschine eingeschaltet. Die Resultate der Verarbeitung ohne und mit der Risler'schen Maschine sind in der Tabelle auf S. 468 zusammengestellt. Diese Tabelle läſst schwerwiegende Unterschiede nicht erkennen. Der beigegebene Bericht sagt aber Folgendes: Die mit Hilfe der Expreſskarde bearbeitete Baumwolle ist mehr geöffnet und zertheilt und viel reiner. Dies erklärt sich dadurch, daſs die Abfälle fast ausschlieſslich aus Schalen – und Blättertheilen, Sand u.s.w. bestehen und nur wenige kurze Fasern enthalten. An der Karde war zu beobachten, daſs die Abfälle der Vorreiſswalze und der Deckelausstoſs viel mehr mit Knoten und Blättertheilchen beladen waren, als bei gewöhnlicher Vorbereitung mit Hilfe zweier doppelter Schlagmaschinen. Dies beweist, daſs die Expreſskarde die Trennung der Fasern von den fremden Körpern und die Ausscheidung der Knoten erleichtert. Ausbringen aus 100k amerikanischer Baumwolle mittlerer Qualität. Ohne Mit Anwendung der Expreſskarde Abfall Verlust durchVerdunstung,Verstäuben Baumwolle Abfall Verlust durchVerdunstung,Verstäuben Baumwolle k k k k k k 1) 1 Durchgang durch 1 doppelten Crighton'-    schen Oeffner: Samen, Schalentheile, Blätter,    Sand, kurze Fasern 2,15 2,85 95,0 2,3 2,7 95,0 2) 1 Durchgang durch 1 doppelte Lord'sche    Schlagmaschine:     1. Schlag-    flügel Schalentheile, Blätter, SandKurze Fasern, Blätter, Sand zwi-  schen Schlagflüg. u. Siebtrommel 0,40,2 0,40,2     2. Schlag-    flügel Schalentheile u.s.w.Kurze Fasern u.s.w. 0,30,1 0,30,1 ––– ––– 1,0 1,0 93,0 1,0 1,0 93,0 3) 1 Durchgang durch 1 doppelte Lord'sche    Schlagmaschine:     1. Schlag-    flügel Schalentheile u.s.w.Kurze Fasern u.s.w. 0,10,1     2. Schlag-    flügel Schalentheile u.s.w.Kurze Fasern u.s.w. 0,050,05 –––– 0,3 0,7 92,0     1 Durchgang durch die Expreſskarde:       Schalentheile, Blätter, kurze Fasern 0,4 1,0 91,6 4) 1 Durchgang durch 1 Karde mit 2 Läufern,    14 Deckeln mit Selbstputzapparat, System    Wellmann, 1 continuirlich arbeitender Tam-    bourputzwalze unterhalb der Vorreiſswalze: Schalen u. kurze Fasern von Vorreiſswalze 0,55 0,6 Deckelausstoſs 2,0 2,1 Ausstoſs vom Tambour und der Kammwalze 0,25 0,2 –––– ––– –––– –––– 2,80 0,5 88,70 2,9 0,5 88,2 –––– –––– ––––– –––– –––– –––– Insgesammt 6,25 5,05 6,6 5,2 Die Ansicht der Berichterstatter geht weiter dahin, daſs die Fasern durch einen mit Zahn- oder Spitzenbeschlag versehenen Tambour leichter ermüdet und zerrissen werden als durch einen Schlagflügel und daſs, um dies zu verhüten, eine gröſsere Sorgfalt und Vorsicht aufzuwenden ist. Dem kann man unbedenklich beipflichten. Zerreiſsversuche mit Garnen, welche mittels des einen oder anderen Vorbereitungssystemes, sonst aber auf denselben Maschinen und mit möglichst gleichem Draht hergestellt wurden, haben nun nur ganz geringe Abweichungen bezüglich der Zerreiſsfestigkeit, keine bezüglich der Dehnbarkeit ergeben. Man muſs demnach annehmen, daſs bei Construction der Expreſskarde, Wahl der Geschwindigkeiten und Beschickung der Maschine keine Fehler begangen sind. Risler hat die unter der Zuführwalze liegende Mulde so construirt, daſs sich durch Neigen derselben die freie Länge des Vlieſses zwischen der Einklemmstelle und dem Trommelumfang je nach Bedarf, d.h. je nach der mittleren Faserlänge der verarbeiteten Baumwolle, einstellen läſst. Der Trommelbeschlag ist ebenfalls verschieden für verschiedene Stapellängen; die einzelnen Garnituren sind in natürlicher Gröſse auf der dem Bulletin beigegebenen Tafel abgebildet. Die Leistung der Maschine ist auf 450 bis 500k im Tag beschränkt. Da eine doppelte Schlagmaschine täglich 1000 bis 1200k liefert, so müssen also an Stelle einer derselben mindestens zwei Expreſskarden eingeschaltet werden. Jede Expreſskarde fordert 3m,53 in der Länge, ungerechnet Raum für die Bedienung; die Breite ist gleich der Breite der Schlagmaschine. Im Bericht findet auch die Frage Anregung, ob es – die bessere Arbeit der Expreſskarde gegenüber einer zweiten Schlagmaschine im Vorbereitungssystem als völlig erwiesen betrachtet – nicht räthlich sei, die Schlagmaschine in ihrer gegenwärtigen Gestalt überhaupt zu verlassen und an Stelle der Schlagflügel Trommeln mit Sägezahngarnitur oder etwas Aehnliches zu setzen. Die Frage wird mit Recht verneint. Einmal ist die Leistung derartiger Maschinen bedeutend geringer; dann ist die vom Oeffner kommende Fasermasse noch zu stark verunreinigt und zu wenig entwirrt. Es würde eine sehr starke Abnutzung des Beschlages eintreten – zeigen doch selbst die starken Schienen der Schlagflügel einen starken Verschleiſs – und ein weit gröſserer Theil der Fasern zu Bruch gehen. Die Expreſskarde gehört hiernach an Stelle der zweiten Schlagmaschine oder zwischen diese und die Karde. Im ersteren Falle kann voraussichtlich eine Ersparniſs im Betriebe eintreten; es wird den Karden ein reineres, besser geöffnetes Vlieſs vorgelegt und man kann in Folge dessen deren Leistung etwas steigern. Im letzteren Falle erhält man ein reineres und deshalb werthvolleres Gespinnst. Die Schluſsworte des Berichtes, der sich übrigens auch auf die Aussagen der Spinner stützt, welche die Maschine bereits in Betrieb genommen haben, lauten: Die Expreſskarde wird gewiſs vielfach Verwendung finden und kann, wenn mit Verstand angewendet, der Industrie gute Dienste leisten, namentlich bei dem Verarbeiten niederer kurzer Baumwollen, welche mit leichten, in der Schlagmaschine schwer auszuscheidenden Blättern beladen sind. A. L.