Titel: Die Wasserwerke der Stadt Budapest.
Autor: Gustav Schmidt
Fundstelle: Band 239, Jahrgang 1881, S. 1
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Die Wasserwerke der Stadt Budapest. Mit Abbildungen auf Tafel 1 und 2. G. Schmidt, über die Wasserwerke der Stadt Budapest. Bis zum Sommer 1878 hatte das Wasserwerk der Stadt Budapest 5 Cornwall-Kessel zu 60qm Heizfläche und 2qm,8 Rostfläche in Betrieb, welche für drei Maschinen A, B, C von nominell 60e dienen sollten. Es konnten jedoch mit scharf betriebenen eln höchstens zwei dieser Maschinen jede mit 90e indicirt bethätigt werden. Ende 1878 kamen die neuen, von Maschinenbaumeister Otto H. Müller construirten Balanciermaschinen D und E (Fig. 1 und 2 Taf. 1) jede zu 12Ce indicirt in Betrieb. An den Kesseln wurde nichts geändert. Dagegen wurden die alten Maschinen A, B, C umgebaut, von welchen C im August 1880 in Betrieb kam. Seit dieser Zeit können mit nur zwei von den 5 Kesseln sowohl die zwei neuen Balanciermaschinen D und E, wie auch die reconstruirte Maschine C in Betrieb erhalten werden, wenn C mit 12e und D, E mit je 100e indicirt arbeiten. Dies gibt zusammen 340e indicirt oder etwa 290e effectiv bei nur 120qm Heizfläche, wonach auf 1e effectiv nur 0qm,413 Heizfläche entfallen. Zugleich zeigt der Kamin jetzt keine Spur von Rauch, während früher die Nachbarschaft höchst belästigt war. Hierdurch ist die Stadt, welche schon die Anlage eines neuen Wasserwerkes auf der Margerethen-Insel mit dem Kostenaufwande von 4 Millionen Gulden ins Auge faſste, weil eine Vergröſserung der Kesselanlage auf dem jetzigen Platze unmöglich war, in die Lage gesetzt, das alte Werk allen Bedürfnissen vollkommen anzupassen. Die Pumpmaschinen C, D und E dienen zur Versorgung des am linken Donauufer gelegenen Stadttheiles mit reinem, aus dem Filterstollen gewonnenem Donauwasser.Die Maschinen A und B, deren Pumpen viel zu hoch liegen, um aus dem Filterbrunnen saugen zu können, sollen später zur Versorgung des Extravillans, d. i. der äuſsersten Stadttheile, für Gemüsegärter und Straſsenbespritzung dienen, zu welchen Zwecken das unfiltrirte Donauwasser ganz entsprechend ist. Die Filtration geschieht mittels eines guſseisernen 0m,6 weiten durchlochten Rohres, welches parallel dem Donauufer in einer Tiefe von 3m,6 unter dem Nullpunkte des Flusses im Schotterbette versenkt ist und dessen Inhalt sich in einen 5m,7 weiten Sammelbrunnen ergieſst, von wo ein 0m,6 weites, 87m langes Saugrohr zu den Pumpen der neuen Maschine führt. Diese Pumpen sind verticale doppelt wirkende Saug- und Druckpumpen mit einigen wesentlichen Neuerungen, um groſse Saughöhen und schnellen Gang ohne Stöſse zu ermöglichen. Jede der beiden Pumpen hat 0m,494 Durchmesser und 1m Hub. Die Saughöhe beträgt gewöhnlich 7m und kann bis 8m steigen, während die Druckhöhe bis zu dem 8000m entfernten gemauerten und eingewölbten Wasserbehälter in der Vorstadt Steinbruch im Maximum 35m,5 beträgt. Der wirkliche Druck auf die Pumpenkolben sammt Leitungswiderständen entspricht einer Höhe von 38 bis 47m, je nach dem Wasserverbrauch und anderen auf den Druck in der Leitung wirkenden Ursachen. Die gemeinschaftlichen Saug- und Druckröhren haben 0m,6 Weite. Der beiden Pumpen gemeinschaftliche Saugwindkessel hat 0m,8 Durchmesser und 2m,37 Höhe, der gemeinschaftliche Druckwindkessel 1m,1 Durchmesser, 3m,825 Höhe. Zwischen dem Saugwindkessel und den Saugstutzen der Pumpen, desgleichen zwischen den Druckröhren der einzelnen Pumpen und dem gemeinsamen Rohr, welches in den Druckwindkessel einmündet, sind Absperrschieber von 0m,45 Durchmesser eingeschaltet. Ein Bourdon'sches Feder-Vacuummeter und zur Controle ein Quecksilber-Vacuummeter gibt den Unterdruck im Saugwindkessel an, ein Bourdon'sches Feder-Manometer und ein Quecksilber-Manometer messen den Ueberdruck im Druckwindkessel und der Höhenunterschied der Wasserstände in dem Saug- und Druckwindkessel beträgt 5m,8. Die Pumpen haben bronzene Ringventile von 0m,65 Durchmesser, welche nach O. Müller's Zeichnung von A. Borsig in Berlin ausgeführt sind. Der lichte Querschnitt eines jeden Ventiles beträgt 0,75 des Pumpenkolbenquerschnittes, der Hub 18mm. Der rasche Schluſs der Ventile wird durch eine Gummihülse von 20cm Höhe bewirkt. Die Communicationen zwischen den Ventilgehäusen und den Pumpen messen durchaus 0,8 bis 0,9 des Kolbenquerschnittes und sind so wie die Ventilgehäuse kreisrund gehalten; oberhalb der unteren und der oberen Druckventile besitzt jede der beiden Pumpen für sich zwei Windkessel, an welche sich das für oben und unten gemeinschaftliche Einzeldruckrohr vor dem Absperrschieber schlieſst. Diese dürfen nicht zu klein sein, sonst macht sich die Compression der Luft im Pumpendiagramm stark ersichtlich, wie dies bei einem dieser Windkessel der Fall ist. Diese Pumpen gehen selbst bei 23 Doppelhüben, somit bei 0m,76 Kolbengeschwindigkeit, fast lautlos, sobald die Wassersäule ihre volle Geschwindigkeit erlangt hat, was jedoch nur sehr allmählich mittels anfänglicher Drosselung des Dampfes herbeigeführt werden darf. Nur wenn die Saughöhe 7m übersteigt, ist die groſse Geschwindigkeit nicht zulässig, da der Querschnitt der Ventile nicht zu reichlich bemessen ist und eher gröſser sein dürfte. Zum Betriebe der Pumpen dienen zwei Woolfsche Balancier-Maschinen mit Doppelsteuerung und Zwischenbehälter (so genannte Woolf-Receiver-Maschinen), jede mit 120e indicirt mit gemeinsamer Schwungradwelle und unter 90° gestellten Kurbeln. Es kann aber auch in kurzer Zeit ein Kurbelzapfen herausgenommen und der Steuerungsantrieb ausgerückt werden, so daſs nur eine der beiden Maschinen mit ihrer Pumpe arbeitet. Diese Maschinen sind vollkommen freistehend und gänzlich unabhängig von den Wänden des Maschinenhauses, welche nur für den Laufkrahn von 10t Tragfähigkeit benutzt werden, der für die rasche Aufstellung und für Reparaturen unentbehrlich ist. Das ganze Fundament der Maschine besteht nur aus den beiden Wänden des Pumpenschachtes, auf welchem die Enden der freitragenden Grundplatten ruhen. Von diesen gehen 4 Fundamentschrauben am groſsen Cylinder und eben so viele am Schwungradswellenlager durch die Schachtwände hinunter, vereinigen sich direct mit den Rahmen, auf welchen die Pumpen stehen, so daſs diese Rahmen gewissermaſsen die Gegenplatten der Fundamentschrauben bilden. Auſserdem aber sind die Pumpen durch schmiedeiserne 10cm starke Säulen mit den Grundplatten der Maschinen verbunden, welche theils als Distanzschrauben dienen, theils das todte Gewicht der oberen Maschinentheile tragen helfen. Auf den Maschinenrahmen stehen die hohlen guſseisernen zweitheiligen Böcke, welche die Balancierlager tragen; letztere sind an den querlaufenden Balken angegossen, mit welchen die Theile der 4 Böcke verschraubt sind. Die Füſse dieser Böcke fallen einerseits in das Mittel des groſsen Cylinders, andererseits zwischen den kleinen Cylinder und das Schwungradlager. Der Balancier hat hierbei nur die Hälfte des Druckes auszuhalten, als wenn beide Cylinder auf denselben Balancierarm wirken würden, und der Kurbelzapfendruck wird sehr gering, da die Kolbenstangen der Pumpen direct an jene der Hochdruckcylinder anschlieſsen. Diese sind mit Corliſssteuerung versehen, nicht nur aus Rücksicht auf die Schwankungen des Druckes im Rohrnetze, sondern auch wegen der bedeutenden Schwankungen des Dampfdruckes, welcher durch das häufige Putzen der Feuer herbeigeführt wird, weil die zur Verwendung kommende Saljo-Tarjaner Kohle 20 bis 30 Proc. Abfall gibt. Die Kesselspannung schwankt zwischen 3 bis 4at,5 und steigert sich beim Anlassen, besonders wenn auch eine der älteren Maschinen mitgeht, öfters bei 5at. Hierzu kommt noch die Schwankung der Saughöhe zwischen 4 bis 8m. Die Corliſssteuerung gestattet Füllungen von 0 bis 50 Proc., wenn der Regulator spielt und 95 Proc., wenn dessen Kugeln am tiefsten Punkte stehen. Um diese Grenzen zu ermöglichen, wurden für jeden Corliſscylinder zwei Excenter angebracht, eines für die Einlaſsschieber und eines für die Auslaſsschieber. Für den getheilten Muschelschieber des groſsen Cylinders ist eine lose Kurbelscheibe angebracht, welche gegen eine feste Scheibe auf der Steuerungswelle verdreht werden kann und auch die radiale Verstellung des Kurbelzapfens gestattet. Die von letzterem abgehende Schubstange wirkt auf einen Lemniscoïdenlenker, durch welchen die Schieberstange des groſsen Cylinders gerade geführt wird. Durch diese Einrichtung ist die Füllung des Niederdruckcylinders in den Grenzen von 55 bis 70 Proc. veränderlich. Die besten Diagramme ergaben sich bei 59 Proc., wenn die Füllung im kleinen Cylinder 25 Proc. und der totale Füllungsgrad 0,104 betrug. Unmittelbar vor den Cylindern befindet sich ein Wasserabscheider, damit der Hochdruckcylinder möglichst trockenen Dampf erhält. Aus demselben gelangt der Dampf durch das Verbindungsrohr, welches den Receiver bildet, in die Dampfkammer des Niederdruckcylinders. Die Dampfmäntel der beiden Cylinder und des Receiver werden mit Kesseldampf bedient und das Condensationswasser der drei Mäntel mit demjenigen des Hauptdampfrohres und des Wasserabscheiders gemeinschaftlich einem für beide Maschinen dienenden, im Pumpenschachte befindlichen Automaten zugeführt, aus welchem es in ein geschlossenes Sammelgefäſs gelangt. Aus diesem wird das Wasser durch eine kleine, am Fuſsboden des Pumpenschachtes stehende, durch Riemen betriebene Pumpe abgesaugt und weggeschafft. (Für die Oekonomie wäre es richtiger, diese gegen 20 Proc. betragende Wassermenge in den Kessel zu pumpen, was aus localen Verhältnissen nicht angeordnet wurde.) Zwei weitere Pumpen von 160mm Durchmesser und 1m Hub schaffen das nöthige Injectionswasser aus dem groſsen Saugwindkessel nach den Kaltwassercisternen, in welchen die Condensatoren stehen. Diese Cisternen bilden mit der Grundplatte der Maschine ein einziges Stück. Das darin befindliche Wasser bedeckt sämmtliche Verdichtungen des Condensators und der Luftpumpe, so daſs das Eindringen von Luft in den Condensator absolut ausgeschlossen ist. Die gute Wirkung dieser Einrichtung zeigt sich in der Unterlinie der Indicatordiagramme der groſsen Cylinder, welche eine Tiefe bis zu 0k,95 für 1qc aufweisen, während mit gewöhnlichen Condensatoren meist nur 0k,7 erreicht wird. Dadurch, daſs besondere Kaltwasserpumpen vorhanden sind, wird gegenüber der herkömmlichen Einrichtung, das Einspritzwasser aus dem Hauptdruckrohr zu entnehmen, sehr an Kraft und Wasser gespart. Beispielsweise gehen bei den älteren Pumpmaschinen des Pester Wasserwerkes für diesen Zweck allein gegen 20 Procent des geförderten Wassers, also ebenso viel an Arbeit verloren. Die Luftpumpe besitzt kein Saugventil, sondern nur ein Kolbenventil und Druckventil und der Kasten oberhalb der letzteren ist mit einer eine sehr hohe Stopfbüchse enthaltenden Halbkugel geschlossen, welche als Windkessel dient. Die Luftpumpen-Kolbenstange, welche auf Seite des groſsen Cylinders hängt, benöthigt in Folge dessen gar keine Geradführung, eben so wenig die daneben befindliche Speisepumpe, welche aus dem Luftpumpen-Ausguſskasten saugt. Daher entfällt auch die Nothwendigkeit eines Parallelogrammes und sind die Kolbenstangen der beiden Cylinder mit Schlittenführung gerade geführt. Die Hauptdimensionen und Daten der Maschine sind: Durchmesser der Hochdruckcylinder     635mm Hub                 „               „   1005 Durchmesser der Niederdruckcylinder     765 Hub                 „               „   1640 Volumverhältniſs der Cylinder 1 : 2,41 Durchmesser der Schwungradwelle in den Lagern     220mm Desgleichen im Schwungrad     300 Aeuſserer Durchmesser des Schwungrades   5710 Gewicht des Schwungrades 12700k Länge des Balancier   4105mm Höhe in der Mitte     900 Stärke durchaus       38 Balancierzapfen in den Lagern     131 Länge der Kurbeln     820 Stärke der Kurbelzapfen     131 Länge der Pleuelstangen   4184 Anzahl der Umdrehungen in der Minute für die vertrags-    mäſsig nominelle Lieferung von 24000cbm in 24 Stunden       22 Secundl. Geschwindigkeit des Hochdruck- u. Pumpenkolbens       0,73m Geschwindigkeit des Niederdruckkolbens       1,20 Gesammte Höhe der Maschine von der Unterkante der    Pumpengrundplatte bis zum höchsten Punkt des Balancier       11,5 Die Betriebsresultate ergeben sich aus den auf Tafel 2 beigegebenen Indicatordiagrammen der Hoch- und Niederdruck-Dampfcylinder Fig. 1, der groſsen Wasserpumpen Fig. 2, der Kaltwasserpumpen Fig. 3 zur Förderung des Einspritzwassers, der Luft- und Speisepumpen Fig. 4 und 5. Die von O. Müller rankinisirten DampfdiagrammeDie Diagramme sind hierbei idealisirt, nämlich genau dem Mittel der wirklichen Diagramme von vorn und hinten entsprechend. Die Oberlinie des Diagrammes des groſsen Cylinders, so wie sie vom Indicator erhalten wurde, ist punktirt eingezeichnet. zeigen, 1) daſs die Absperrung, wenn nicht gedrosselt wird, etwa 0,24, der totale Füllungsgrad somit 0,1 beträgt; 2) daſs bei dem Austritt des Dampfes aus dem kleinen Cylinder kein Spannungsabfall stattfindet; 3) daſs der Gegendruck im groſsen Cylinder nur 0at,11 beträgt. Diesem entspricht auch das Luftpumpendiagramm, welches beim Ausaugen auf einen Augenblick fast das absolute Vacuum erreicht. Die Betrachtung des Luftpumpendiagrammes lehrt ferner, daſs die Luftpumpe, deren Volum 1/10 des Niederdruckcylinders beträgt, noch immer viel zu groſs ist und selbst mit 1/25 des groſsen Cylinders genügt hätte. Darunter herabzugehen, wäre fehlerhaft. Die Analyse des Luftpumpendiagrammes ergab eine Einspritzwassermenge von 0cbm,177 für 1e indicirt gegenüber 0cbm,695 der C-Maschine. Zur Controlirung dieser Menge wurden Indicatorversuche mit der betreffenden Injectionswasserpumpe angestellt, deren Diagramme eine Menge von 0cbm,183 für 1e ind. ergaben, was bei der Annahme von 4 Proc. Ventilverlust sehr genau mit der Bestimmung aus dem Luftpumpendiagramm übereinstimmt. Letzteres Diagramm zeigt sehr schön die Zunahme der Leitungswiderstände bei zu weit getriebener Einspritzwassermenge, wobei überdies das Vacuum nicht besser, sondern schlechter wird (vgl. 1879 234 84). Dieselbe Erscheinung zeigt das Speisepumpen-Diagramm, auſserdem aber noch, daſs die Saugspannung bei einer Kolbengeschwindigkeit von nur 0m,13 bis zu 0at,33 steigt, obwohl die Saughöhe = 0 ist und die lichte Oeffnung des Saugventiles 0,25 des Kolbenquerschnittes beträgt. Der Speisewasser-Verbrauch für 1e effectiv beträgt laut wiederholt vorgenommener Probe mit dem früher controlirten und sehr verläſslichen Kennedy'schen Wassermesser Nr. 3 und abzüglich des mitgerissenen Wassers 8,5 bis 9k in der Stunde gegen 35 bis 47k der älteren Maschinen A, B, C. Der Wirkungsgrad der Maschine, nämlich die durch den Indicator gemessene Leistung der Pumpen, getheilt durch jene der Maschine, beträgt 0,91, während die älteren Maschinen folgende Coefficienten aufweisen: Maschine A 0,87 B 0,86 C 0,70. Bei letzterer Maschine ging ein groſser Theil der Arbeit durch Reibungen des complicirten Pumpen-Antriebes, hauptsächlich aber durch die ungeschickt gepackten Plungerkolben verloren. Die neuen Maschinen wurden von der Stadtbehörde am 11. April 1878 definitiv bestellt, Mitte Juli war die ausführende Maschinenfabrik (Topham in Wien) im Besitze sämmtlicher Zeichnungen, die wegen einer Reise erst Ende Mai begonnen werden konnten, und am 20. November desselben Jahres waren die Maschinen vollständig montirt, wobei zu beachten ist, daſs sämmtliche Modelle neu angefertigt werden muſsten. Die gesammte Herstellung der Maschinen hatte also nicht mehr als 5½ Monate erfordert, obwohl mehrere Bestandtheile weit her bezogen werden muſsten: z.B. sämmtliche Dampfkolben von Mather und Platt in Manchester, die Pumpenventile von Borsig in Berlin u.s.w. Die Ausführung kann in allen Details eine vollendete genannt werden. Auſserdem verdient bemerkt zu werden, daſs sich die seit mehreren Jahren zur See angewendete Asbestdichtung in den Stopfbüchsen aller Dampfcylinder ganz vortrefflich bewährt hat. Die alten Maschinen A und B hatten 790mm Durchmesser, 1580 Hub, rückwärts gehende Schubstangen mit 2 Schwungrädern und drei vorn liegende von dem Querhaupt direct betriebene Pumpen. Die Maschinen hatten oben liegende Schieberkästen und keine Dampfmäntel, gaben also sehr starken Wasserschlag, wenn der Dampf nicht stark gedrosselt wurde. Bei 4at im Kessel durfte man daher nur 2at,5 im Cylinder anwenden und erhielt bei ⅓ Füllung und bei einem Gegendruck von 0,3 bis 0k,5 für 1qc höchstens 80 bis 90° ind. bei 14 bis 15 Touren. Die alte Maschine C hatte nur 1350mm Hub, übrigens gleiche Construction wie A und B und lieferte bei 23 Touren Maximum 90e ind. Sie bethätigte zwei verticale Pumpen, welche unter der hier vorn liegenden Kurbelachse im Fundament stehen und 632mm Hub haben. Jede der 3 Maschinen A, B, C benöthigte für sich allein gehend 3 Kessel. Nur mit allen fünf scharf angestrengten Kesseln konnten alle 3 Maschinen arbeiten. Die jetzt umgebaute Maschine C wurde als Woolf'sche Maschine hergestellt, mit einem groſsen Cylinder von 790mm wie früher und einem kleinen Corliſscylinder von 526mm Durchmesser, beide mit Dampfmäntel. Der Receiver umgibt den Corliſs-Cylindermantel concentrisch und ist auſsen gut umhüllt. Receiver und Dampfmantel sind aus einem Stücke gegossen, in welches der Cylinder mit abgedrehter Flansche eingepaſst und andererseits mit einem Kupferring gedichtet ist. Die Corliſsschieber liegen hier an den CylinderdeckelnDie Anordnung der Corliſsschieber an den Deckeln behufs Erzielung eines möglichst kleinen schädlichen Raumes wurde zuerst von Bède und Farcot (1873 210 * 161. 1874 214 * 347) angewendet. Neuester Zeit hat auch Corliſs diese Anordnung angenommen. Vgl. W. H. Uhland: Die Corliſs- und Ventil-Dampfmaschinen. Lieferung III S. 88 und VII S. 244., die Einlaſsschieber natürlich über der Stopfbüchse, die Auslaſsschieber unten. O. Müller erreicht hierdurch die Reduction des schädlichen Raumes auf 1,4 Proc. Der neue groſse Cylinder hat einen oberhalb der Mitte schräg liegenden Schieberkasten; denn in Folge des Dampfmantels ist eine gefährliche Wasseransammlung nicht mehr zu fürchten und überdies haben die beiden Deckel Sicherheitsventile für den Fall eines Wasserschlages. Die Regulirung der Füllung des groſsen Cylinders erfolgt nur durch Veränderung der Excentricität des für den getheilten Schieber dienenden Excenters. Das Verbindungsrohr vom kleinen zum groſsen Cylinder hat keinen Dampfmantel, sondern ist nur gut eingehüllt. Das Volumen des Ring-Receiver und Verbindungsrohres zusammen ist genau gleich dem Volumen des kleinen Cylinders, das Volumverhältniſs der beiden Cylinder = 1 : 2,24. Es genügt für diese reconstruirte Maschine einen der vorhandenen Kessel auf 5at zu heizen, durch absichtliche Drosselung eine Anfangsspannung im Cylinder von 4 bis 4at,5 zu erzielen, um bei 0,3 Füllung des kleinen Cylinders, also bei dem totalen Füllungsgrad von 0,134 oder beiläufig 7½facher Expansion, 120e ind. zu erhalten mit 26 Umdrehungen in der Minute. Hierbei ist die Absperrung im groſsen Cylinder bei 65 Procent des Kolbenhubes so bestimmt, daſs jeder der beiden Cylinder gerade die halbe Arbeit = 60e leistet. Der Condensator steht im Fundament, wird durch Gelenk- und Winkelhebel vom Kreuzkopf aus bethätigt. Die Luftpumpenstange besitzt Geradführung durch Lenker, der Ausguſskasten ist durch eine Haube geschlossen und auſserdem besitzt das nach aufwärts geführte Abfluſsrohr an seiner höchsten Stelle noch einen Windkessel. Das Ende dieses Rohres darf nie ins Freie ausgieſsen, sondern unter Wasser, sonst bekommt man sehr unregelmäſsige Diagramme, Schläge und überflüssigen Kraftbedarf an der Luftpumpe. Der zweite horizontale Arm des Winkelhebels betreibt die Speisepumpe und 3 kleine sehr sorgfältig gearbeitete Pumpen a, b, c, deren Druckröhren sämmtlich in das Speiserohr einmünden, a nimmt das Wasser aus den Dampfmänteln der beiden Cylinder, b das Condensationswasser aus dem Receiver, c das Wasser aus dem Schieberkasten des Corliſscylinders, da in diesen drei Räumen verschiedene Spannung herrscht. Ein Automat ist hierbei gar nicht vorhanden. Da die Pumpen obwohl klein doch reichlich sind, so saugen sie auch Dampf aus den zu entwässernden Räumen, wodurch das dem Ausguſskasten entnommene sehr kühle Speisewasser im Druckrohr sehr stark erhitzt wird. Die neuen Cylinder der Maschine A und B werden so beschaffen sein wie bei der reconstruirten Maschine C. Des gröſseren Hubes halber beträgt jedoch hier der schädliche Raum der Corliſscylinder bei gleichen Drehschiebern nur 1,24 Procent des Cylindervolumens. Um Raum für die Kolbenstange des hinter dem groſsen Cylinder liegenden kleinen Cylinders zu gewinnen, wird die zwischen beiden Cylindern quer liegende Schwungradwelle um 184mm gehoben und die Lager auf untergeschobene Böcke so gelegt, daſs die Kolben in den äuſsersten Stellungen noch genügenden und gleich groſsen Spielraum behalten, obwohl sich der Kolbenhub bei unveränderter Kurbel vergröſsert.Ist R der Kurbelradius, L die Schubstangenlänge und a die Höhe des Wellen mittels über oder unter dem Niveau der horizontalen Kolbenstange, so beträgt der Kolben weg:S=\sqrt{(L+R)^2-a^2}-\sqrt{(L-R)^2-a^2},wofür man für alle praktischen Fälle setzen kann:S=2\,R+\alpha und \alpha=1,01\,\frac{a^2\,R}{(L^2-R^2)}.Damit das Kolbenwegmittel unverändert bleibe, muſs das Lagermittel bei seiner Hebung dem Cylindermittel um \beta=\frac{\alpha}{2}\left(\frac{L}{R}\right) genähert werden. Im vorliegenden Falle folgt für R=790,\ L=3600,\ a=184 der Kolbenschub S=1582^{mm},2 und  \beta=1,1\frac{3600}{790}=5^{mm}.G. S. Von den reconstruirenden Maschinen A, B werden 20 Touren gehofft. Das rankinisirte Diagramm der neuen Maschine C bei 26 Umdrehungen zeigt Fig. 6 Taf. 2, und es ist von groſsem Interesse, daſs der so sehr erfahrene Constructeur O. Müller es für zweckmäſsig befunden hat, die Steuerung derart zu reguliren, daſs das Diagramm des kleinen Cylinders keine scharfe Spitze, sondern eher einen kleinen Abfall zeigt und daſs er hierauf Gewicht legt. Betreffend die durch O. Müller ausgeführten Woolf'schen Maschinen mit Doppelsteuerung (Woolf-Receiver-Maschinen oder Compound-Maschinen mit 180° Kurbelstellung) können wir nach dessen gefälligen Angaben, denen wir auch das Vorstehende entnehmen, folgende historische Mittheilung machen: Im J. 1855 wandelte O. Müller in der Ruston'schen Maschinenfabrik in Prag eine eincylindrige verticale Maschine mit oben liegender Schwungrad welle durch Zugabe eines groſsen Cylinders und darunter stehenden Luftpumpe in eine Woolf'sche Maschine mit 900 Kurbelstellung ohne eigentlicher Zwischenkammer und ohne Absperrung im groſsen Cylinder um. Trotzdem war der beabsichtigte Erfolg reichlich vorhanden und es geht die Maschine bis heute. Im J. 1862 sah O. Müller in Oberhohenelbe eine von John Derham in Blackburn gebaute Woolf'sche Maschine, bei welcher der Lieferant den groſsen Cylinder auf ⅝ Absperrung montirte, ohne darüber im Klaren zu sein. 1864 projectirte Müller bei Ruston für eine Woolf'sche Maschine einen durch ein Röhrensystem geheizten Receiver; doch wurde derselbe nicht ausgeführt. Seit d. J. 1867 erfolgten Müller's Reconstructionen auf eigene Verantwortung, sämmtlich mit bestem Erfolg und zwar: 1867 bei Gregersen in Pest. Frühere Woolfsche Hochdruckmaschine in Woolfsche Condensationsmaschine mit 175° Kurbelstellung. Ersparung an Kohle 50 Procent. 1873 Fabrikshofmühle in Ofen. Frühere gekuppelte Corliſsmaschine in Compound, ein Corliſscylinder durch einen Niederdruckcylinder ersetzt, mit Dampfmäntel an beiden Cylindern, geheizten Receiver und Absperrung im groſsen Cylinder bei 0,7 Hub. Ersparniſs an Kohle 67 Proc. für gleiche Pferdestärke. 1873 Arpad-Mühle in Pest. Ersetzung des früheren kleinen Cylinders durch Corliſscylinder mit Dampfmantel. Mehrvermahlung 20 Proc. bei gleichem Kohlenverbrauch. 1874 Agramer Dampfmühle. Eincylindrige Condensationsmaschine in eine Woolfsche durch Hinzufügung eines Niederdruckcylinders in der Achse des alten. Mit Receiver und Absperrung bei 0,7 Hub durch einfache Schieber. Ersparniſs 60 Proc. 1874 Debreziner Dampfmühle. Frühere Woolfsche Balanciermaschine in eine Mac-Naught'sche, das Verbindungsrohr als Receiver dienend, nicht geheizt. Der groſse Cylinder ohne Dampfmantel von früher beibehalten, neuer Schieberkasten 65 Proc. Absperrung, der neue kleine Cylinder auf die Kurbelseite gesetzt. – Der Zweck, das dem Einsturz drohende Fundament beibehalten zu können, wurde vollkommen erreicht. 1874 Dampfschiff Arpad. Schräg liegende eincylindrige Maschine mit Condensation in eine Woolfsche durch Hinzufügung eines Hochdruckcylinders, Absperrung bei 66 Proc. Ersparniſs 50 Proc. 1874 Dampfschiff Napredac. Horizontale Zwillingsmaschine in Compound mit geheiztem Receiver. Absperrung im groſsen Cylinder bei 0,50. Ersparniſs 66 Proc. 1875 Dampfmühle in Groſswardein. Der kleine Cylinder einer Woolf'schen durch Corliſscylinder mit Dampfmantel ersetzt. Absperrung bei 0,6 des Hubes im groſsen Cylinder. 20 Proc. Mehrvermahlung bei gleichem Kohlen verbrauch. 1876 Back'sche Dampfmühle in Szegedin. Gekuppelte Corliſsmaschine in Woolfsche Receivermaschine durch Hinzufügung zweier neuer Niederdruckcylinder in der Achse der alten Corliſscylinder. Eier wurde zum ersten Male die Spitze im Diagramm des kleinen Cylinders angestrebt und erreicht. Absperrung im groſsen Cylinder bei 0,7, bei sehr kleinem Receiver. Vermahlung bei gleichen Kesseln um 70 Proc. gesteigert und der Kohlenverbrauch für 1e auf die Hälfte vermindert. 1877 Dampfschiff Aladar. Schräg liegende Niederdruck-Dampfmaschinen in Compound. Der eine Cylinder wurde durch Ausbüchsung in einen Hochdruckcylinder mit Mantel umgewandelt, der andere durch einen neuen Niederdruckcylinder ersetzt. Ungeheizter Receiver. Absperrung bei 0,50. Ersparniſs 50 Proc. 1877 Dampfmühle in Losoncz. Woolfsche Maschine ohne Receiver, aber mit 90° Kurbelstellung in eine richtige Compoundmaschine umgewandelt durch Aufstellung eines neuen Niederdruckcylinders mit Dampfmantel und Regulirung auf 46 Proc. Absperrung und eines geheizten Receiver mit Vermehrung der Tourenzahl. Ergebniſs 50 Proc. Mehrvermahlung und 25 Proc. Kohlenersparung. 1878 Gacs'sche Tuchfabrik. Eine 40 Jahr alte Hochdruck-Balanciermaschine in eine Mac-Naught'sche Woolf-Receiver-Maschine, 72 Proc. Absperrung. Ersparniſs 50 Procent. 1878 Walzmühle in Pest. Aehnlich wie in Groſswardein (52 Proc. Absperrung) mit gleichem Erfolg. 1878 Lieferung der oben besprochenen D- und E-Maschinen für das Wasserwerk der Stadt Pest. 1879 Grazer Wasserwerksmaschine. Zwillingsmaschine in Compound, wie bei Schiff Aladar (60 Proc. Absperrung) und mit gleichem Erfolge an Kohlenersparniſs. 1879 Ganz und Comp. in Ofen. Zwei getrennt liegende Expansions-Hochdruckmaschinen in zwei Woolfsche Receiver-Maschinen, indem die alten Cylinder als Niederdruckcylinder beibehalten und hinten in der Achse derselben die neuen Hochdruckcylinder angebracht wurden. Absperrung 72 Procent. Ersparniſs 50 Proc. 1880 Die C-Maschine des Pester Wasserwerkes, A, B im Aufstellen begriffen. Bei diesen wurden zum ersten Male gar keine Automaten angewendet, sondern die Entwässerung aller Räume systematisch durch Pumpen bewerkstelligt, nachdem sich die verschiedensten Automaten an früheren Maschinen als unverläſslich zeigten, die Entwässerung von höchster ökonomischer Wichtigkeit ist und eine probeweise 2jährige Anwendung einer Pumpe statt der Automaten in Szegedin zu keinem Anstände führte, obwohl die Diagramme dieser Pumpe sehr verschieden sind, je nachdem die Pumpe mehr Wasser oder mehr Dampf nimmt. Auſserdem wurde in derselben Periode ungefähr die gleiche Zahl von eincylindrigen Maschinen in Corliſsmaschinen umgewandelt, u.a. 1876 die nominell 100e-Betriebsdampfmaschine des Kupferwalzwerkes von Chaudoir in Simmering bei Wien, welche zugleich Condensation erhielt, vielleicht der erste Fall, daſs man bei einer Walzwerksmaschine gewagt hat, die Corliſssteuerung und Condensation anzuwenden, trotz der Nothwendigkeit von 80 Umdrehungen in der Minute und obwohl die Luftpumpe direct betrieben wird, also bei 1m,1 Hub 1m,46 Kolbengeschwindigkeit besitzt, ohne zu schlagen. Der Erfolg war ein so bedeutender, daſs auch die andern drei Walzwerksmaschinen in gleicher Weise umgebaut wurden. O. Müller wendet ausschlieſslich die alte Corliſssteuerung an, welche mit gebremsten Fallgewichten über 50 Proc. Füllung gestattet; jedoch ist die constructive Durchführung so sehr vereinfacht, daſs die Steuerung weit billiger kommt als früher. Bei diesen Maschinen ist die Kesselspannung zu klein, um drosseln zu können. Wo dies aber angeht, arbeitet Müller nie mit der Minimalfüllung, sondern drosselt etwa 1at ab, um trockneren Dampf in den Cylinder zu bekommen, und hat seit jeher eine solche mäſsige Drosselung angewendet und vortheilhaft gefunden. 'Der Nachtheil der Drosselung wird durch die gröſsere Temperaturdifferenz zwischen Heizdampf und Cylinderdampf, also bessere Wirksamkeit des Dampfmantels, und durch die geringere Menge mitgerissenen Wassers mehr als ausgeglichen, und es ist ein bloses Vorurtheil zu glauben, daſs durch eine nicht übertriebene Drosselung der stündliche Dampfverbrauch für 1e ungünstiger ist, wie dies neuester Zeit wieder von Moritz R. v. Pichler ohne irgend welchen Beleg durch Wassermessungsversuche behauptet wird.Vgl. Der Indicator, S. 49: „Im Diagramm Fig. 11 beträgt der Verlust durch starkes Drosseln eine Atmosphäre am mittleren wirksamen Dampfdrucke, somit 24 Proc. an Leistung; bei 33 Proc. Füllung, dem punktirten Diagramme, immer noch 12 Proc. an Leistung. Genau ebenso verhalten sich die Verluste an Dampfmenge für die Stunde und Pferdekraft. Neuestens wurde Hrn. Otto H. Müller in Verbindung mit der Prager Maschinenbau-Actiengesellschaft vormals Ruston die Lieferung der groſsen Maschinen des Ofener Wasserwerkes übertragen, bei welchen von Müller die höchste mögliche Brennstoffökonomie angestrebt wird. Gustav Schmidt.