Titel: Ueber das Gehen des Menschen.
Fundstelle: Band 239, Jahrgang 1881, S. 35
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Ueber das Gehen des Menschen. Mit einer Abbildung. Marey, über das Gehen des Menschen. Um das Gehen des Menschen beurtheilen zu können, hat Marey (Comptes rendus, 1880 Bd. 91 S. 261) einen Apparat construirt, den er Odograph nennt. Unter dem Fuſse der Versuchsperson befindet sich ein kleiner Gummiblasebalg, welcher durch einen Kautschukschlauch s mit dem obern Theil des Odographen verbunden ist. Bei jedem Schritt wird nun eine geringe Luftmenge in den Apparat gepreſst und dadurch ein Räderwerk in Bewegung gesetzt, welches einen Zeichenstift e senkrecht in die Höhe treibt, so daſs sich dieser um so schneller hebt, je rascher die Schritte sich wiederholen. Gleichzeitig wird der Cylinder w mittels eines in seinem Innern befindlichen Uhrwerkes gedreht, so daſs in Folge dieser doppelten Bewegung der Stift e auf einem dem Cylinder aufgelegten Papierstreifen mehr oder weniger schräge Linien zieht. Die Projection der gezeichneten Curve auf die Ordinatenachse gibt die Anzahl der Schritte, die auf die Abcissenachse gibt die dazu verwendete Zeit an. Da 1000 Schritte den Stift um 10mm heben und der Cylinder sich stündlich um 60mm dreht, so würde bei 1m Schrittlänge nach Zurücklegung von 1km der Stift um 10mm gehoben sein; derselbe hebt sich aber um 13, 14 ja selbst um 17mm, so daſs die mittlere Schrittlänge 0,76, 0,71 und sogar nur 0m,6 beträgt. Textabbildung Bd. 239, S. 34 Durch eine groſse Anzahl von Versuchen mit verschiedenen Personen hat sich nun ergeben, daſs die Schritte länger sind beim Ansteigen einer Anhöhe als beim Hinuntergehen; sie werden verkürzt durch das Tragen von Lasten, sowie durch hohe Absätze unter den Schuhen und dadurch, daſs die dicke Schuhsohle sich etwas über den Fuſs hinaus verlängert. Man sollte daher niedrige Absätze unter den Schuhen tragen, deren Sohlen biegsam und nicht zu lang sind. Zur Beurtheilung der Häufigkeit und Gleichmäſsigkeit der Schritte ist es wesentlich, daſs die gezogene Linie nur bei vollkommen gleichmäſsigem Schritt gerade ist; bei Beschleunigung des Schrittes biegt sich die Linie nach oben, bei Verlangsamung nach unten. Beim Ansteigen werden nun zwar die Schritte länger, aber langsamer; beim Gehen in der Ebene nehmen dagegen Länge und Häufigkeit des Schrittes gleichmäſsig zu, so daſs eine Beschleunigung der Schritte gleichzeitig ihre Länge vergröſsert. Die Fortsetzung dieser Versuche verdient jedenfalls Beachtung.