Titel: Neuerungen an Dampfkesseln.
Autor: Whg.
Fundstelle: Band 239, Jahrgang 1881, S. 254
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Neuerungen an Dampfkesseln. Mit Abbildungen. (Patentklasse 13. Fortsetzung des Berichtes S. 93 dieses Bandes.) Wehage, über Neuerungen an Dampfkesseln. Kessel ohne Röhren. (Tafel 23 und 24.) Die Neuerungen an den Kesseln ohne enge Röhren (gewöhnliche Walzen-, Flammrohr- und ähnliche Kessel) beziehen sich hauptsächlich auf eine zweckmäſsige Führung der Heizgase, auf die Erzielung einer Wasserströmung auch innerhalb der verhältniſsmäſsig weiten Kessel und auf die Herstellung möglichst fester Formen. Unter den stehenden Kesseln ist zunächst erwähnenswerth ein recht einfacher Kessel (Fig. 1 und 2 Taf. 23), welcher schon seit längerer Zeit von Gebrüder Schultz in Mainz für 4 bis 16e gebaut wird. In der concentrisch in den Kessel ohne Stehbolzen oder sonstige Verankerungen eingebauten Feuerbüchse ist hinter dem Rost eine hohe winkelförmige Feuerbrücke aufgemauert. Die Heizgase ziehen hinter derselben abwärts, um dann in einem fast den ganzen Kessel einschlieſsenden engen Feuerzuge die Auſsenfläche in ihrer ganzen Länge zu bestreichen. Dieser äuſsere Kanal wird gebildet durch einen gemauerten Mantel, der noch von einem Blechmantel umgeben ist. Nach der Zeitschrift des Verbandes der Dampfkessel-Ueberwachungsvereine hat ein derartiger Kessel, auf dem Schraubendampfbagger Nr. 63 „Hessen“ befindlich, stündlich bei 14qm Gesammtheizfläche 311k vorgewärmtes Wasser mit 43k,33 mittlerer Grieskohle verdampft (= 7,2 : 1). Der in Fig. 3 Taf. 23 dargestellte sogen. Staffordshire-Kessel – von William Whittle in Smethwick gebaut – besteht, ganz abweichend von den gewöhnlichen Formen, aus zwei concentrischen abgestumpften Kegelmänteln und einer Kugel. Der innere Kegel bildet die Feuerbüchse und geht oben, die Kugel ganz durchdringend, direct in den Schornstein über. Der innere Kegel endet dicht oberhalb des Wasserspiegels. In dem engen, zwischen den beiden Kegelmänteln bleibenden Räume, in welchem fast allein die Verdampfung stattfindet, wird., da das Wasser durch das Rohr A unten immer nachströmen kann, eine energische aufwärts gehende Strömung eintreten. Wegen der schlechten Ausnutzung der Heizgase kann dieser Kessel nur da am Platze sein, wo das Brennmaterial sehr wohlfeil ist. (Nach dem Engineer, 1880 Bd. 50 S. 327.) Die gleichfalls eigentümliche Form des in Fig. 4 Taf. 23 veranschaulichten Kessels von G. Heger in Berlin (* D. R. P. Nr. 424 vom 3. Juli 1877) erklärt sich aus dem vom Erfinder erstrebten Ziele, auſser möglichst lebhaftem Wasserumlaufe die Dampfbildung auſserhalb der vom Feuer berührten Flächen zu bewirken. Letzteres soll den Zweck haben, die Leistung der Kesselflächen auf Wärmeüberführung durch stetige Berührung mit Wasser zu erhöhen, den Ansatz von Kesselstein zu verhüten und die Ursachen der Ueberhitzung und der Zerstörung der Kesselflächen, sowie der Explosion des Kessels zu vermeiden. Um die Verdampfung an den feuerberührten Blechen zu verhindern, wird das Wasser unter dem Drucke einer entsprechend hohen Wassersäule erhitzt, zu welchem Zwecke das Doppelrohr r, r1 auf den cylindrischen, oben kegelförmig abgeschlossenen Kessel aufgesetzt ist. Die zum Kessel concentrische Feuerbüchse W ist so weit und hoch, daſs zwischen ihr und dem Kesselmantel nur ein enger Raum bleibt. Ein gemauertes viereckiges Feuerrohr F zwingt die Gase, die Feuerbüchswand in absteigender Richtung zu bespülen. Das an der Feuerbüchswand stark erhitzte Wasser wird in das innere Rohr r1 geleitet und soll sich, in demselben aufsteigend, erst bei dem nach oben abnehmenden Drucke in Dampf verwandeln. In der kleinen Kugel, in welcher das äuſsere Rohr r endigt, findet dann die Trennung des Dampfes vom Wasser statt; ersterer wird durch die Röhre r2 in den Dampfsammler D geführt, aus welchem er durch r3 entnommen wird letzteres flieſst in dem äuſseren Rohre r nach unten zurück. Ob durch diese Anordnung selbst bei lebhaftem Wasserumlauf die Dampfbildung an den feuerberührten Flächen wirklich vermieden wird, dürfte eben so fraglich sein, als der Werth der Vortheile, die damit erreicht werden sollen. r4 ist die Speise- und zugleich Abblaseröhre, q ein Differentialquecksilbermanometer. Die in Fig. 5 und 6 Taf. 23 dargestellte Kesselanlage von J. Pohlig in Siegen (* D. R. P. Nr. 8141 vom 7. Januar 1879) zeigt, wie die ähnliche Anlage von Bergreen (1877 224 * 416), das Streben, die Vortheile der Wasserröhrenkessel mit kleinen, aber noch befahrbaren Walzenkesseln zu erreichen. Jeder einzelne Kessel von 500 bis 600mm Durchmesser ist aus einer einzigen Blechtafel von höchstens 7mm Stärke hergestellt, damit keine Quernaht im Feuer liegt. Die Längsnaht wird durch eine gemauerte Zunge verdeckt. Solcher Kessel sind in gröſserer Anzahl in 1 oder 2 Schichten derartig eingemauert, daſs die Heizgase zu einem schlangenförmigen Wege gezwungen werden, wobei eine gute Mischung derselben stattfindet und die Kessel fast am ganzen Umfange, und zwar in der Querrichtung, bespült werden. Die meisten Kessel sind vollständig mit Wasser gefüllt. Die von den Feuergasen zuletzt getroffenen bilden die Dampfsammler. An dem einen Kopfende sind die Kessel in ihren tiefsten Punkten mit einer gemeinschaftlichen Speiseröhre verbunden, während am anderen Ende der Dampf an den höchsten Punkten in eine gemeinschaftliche Dampfröhre abgeführt wird. Sind die Kessel in 2 Schichten angeordnet, so werden nur die unteren gespeist. Die Kessel der oberen Reihe erhalten dann das Wasser aus denen der unteren Reihe, gemischt mit dem unten entwickelten Dampf, durch die Verbindungsröhren D. – Diese Kesselanlage zeichnet sich durch Einfachheit, groſsen Wasser- und Dampfraum, gute Ausnutzung des Brennmaterials und verhältniſsmäſsig groſse Sicherheit aus; sie gestattet bequemes Reinigen der Kessel, etwa nöthige Ausbesserungen eines einzelnen Kessels selbst während des Betriebes, sowie eine bequeme Vergröſserung der ganzen Anlage. Etwas mangelhaft dürfte nur die Abführung des Dampfes, besonders bei den der gröſsten Hitze ausgesetzten Kesseln sein. Eine möglichst gute Ausnutzung der Heizgase soll erzielt werden bei dem Kessel von A. Deininger in Berlin (* D. R. P. Nr. 4443 vom 3. Juli 1878), der mit drei durch Stutzen verbundenen Flammrohren und Unterfeuerung versehen ist. Derselbe ist derartig eingemauert (s. Fig. 7 und 8 Taf. 23), daſs die Feuergase den Weg von einem Kesselende zum anderen im ganzen 6mal zurücklegen müssen. Sie ziehen zunächst unterhalb des Kessels nach hinten, durch das untere Flammrohr a wieder nach vorn, dann durch a1 nach hinten und durch a2 zurück, endlich noch einmal durch c2 und c3 nach hinten und durch c4 und c5 zurück, worauf sie durch c6 und c7 entweichen. Eine gröſsere Wärmeabgabe, als wenn, wie bei Flammrohrkesseln üblich ist, nur jederseits ein äuſserer Feuerkanal vorhanden ist, wird hier kaum stattfinden können, da die engen Kanäle c2 bis c5, welche auſserdem ein häufiges Reinigen erfordern, von den Gasen mit groſser Geschwindigkeit durchströmt werden. Eine möglichst groſse Festigkeit der Kessel zu erreichen, hat H. Schmidt in Cüstrin (* D. R. P. Nr. 70 vom 8. August 1877) zu der Construction Fig. 9 Taf. 23 geführt. Sowohl Kessel, wie Flammrohr sind aus gewalztem ⌴-Eisen hergestellt. Jeder einzelne Ring soll aus einem Stück gebogen und zusammengeschweiſst oder mit unterlegter Lasche zusammengenietet werden. (Näheres ist hierüber in der Patentschrift nicht angegeben). Die Ringe sind dann so mit einander vernietet, daſs sämmtliche Nietungen dem Feuer entzogen sind. – Daſs die Festigkeit des Kessels und besonders auch des Feuerrohres durch diese Anordnung erhöht wird, ist wohl zweifellos; doch dürfte die Herstellung der einzelnen Ringe verhältniſsmäſsig viel Arbeit erfordern. Dem Vortheil, daſs die Feuergase keine Nieten und kein doppeltes Blech treffen, steht der Nachtheil entgegen, daſs die dem Ansetzen des Kesselsteins günstigen vielen Ecken unbequem zu reinigen sind. Die aus Wellblech nach dem System Fox (vgl. 1880 238 34) hergestellten Flammrohre, in England schon seit längerer Zeit besonders bei Schiffskesseln gebräuchlich, scheinen jetzt auch in Deutschland Eingang zu finden, und zwar hat die Firma Schulz, Knaudt und Comp. in Essen die Verwerthung des Fox'schen Patentes für das deutsche Reich erworben. Die Bleche werden zunächst zu einem Cylinder zusammengebogen, dann in einer Specialmaschine geschweiſst und endlich auf dem Wellblech-Walzwerk in 10 Minuten (einschlieſslich der zum Einbringen der Walzen nöthigen Zeit) fertig gewalzt. Die Wellen haben 152mm Theilung. Nach Versuchen, die im J. 1878 von dem Eisenhüttenwerk in Leeds mit gewellten Feuerrohren aus Stahl angestellt wurden, hat sich ergeben, daſs diese Wellrohre ungefähr einen doppelt so groſsen Druck auszuhalten im Stande sind als glatte Rohre. Weitere Vortheile der gewellten Flammrohre sind die gröſsere Heizfläche und eine gewisse Nachgiebigkeit bei ungleichen Dehnungen im Kesselmantel und im Flammrohr; auch soll der Kesselstein auf den Wellrohren weniger leicht festbrennen. Ein Nachtheil dürfte die etwas unbequeme innere und äuſsere Reinigung sein. Auf der Ausstellung in Düsseldorf 1880 waren von der genannten Firma zwei Kessel mit derartigen Flammrohren ausgestellt, ein gewöhnlicher Kessel mit einem Flammrohr und der in Fig. 10 und 11 Taf. 23 dargestellte Kessel, welcher auſser dem Flammrohr im Wasserraum noch zwei Bündel enger Röhren und im Dampfraum zwei weitere Rauchrohre enthält. Die Gase haben, durch die engen Röhren nach vorn zurückkehrend, um durch die Dampftrockenrohre nach hinten abzuströmen, den Weg von einem Kesselende zum anderen 3mal zurückzulegen. Der Kessel bietet also, obgleich er nicht eingemauert, sondern nur mit schlechten Wärmeleitern umhüllt ist, eine sehr groſse Heizfläche. Der Hauptübelstand desselben ist die jedenfalls schwierige Reinigung. Die Herstellung eines Wasserumlaufes wird bei den Kesseln ohne Röhren in der Regel durch passende Verbindung von über einander liegenden Kesseln und durch eingelegte Rohre und Bleche u.s.w. erzielt. Beispiele hierfür sind die Constructionen von F. Demmin in Berlin (* D. R. P. Nr. 1776 vom 9. November 1877 mit den Zusätzen Nr. 6873 vom 14. December 1878 und Nr. 9326 vom 8. October 1879). Es ist bei denselben besonders darauf gesehen, die Ablagerung des Kesselsteins an den Stellen, wo er nachtheilig ist und gefährlich werden kann, zu verhindern. Das Hauptpatent betrifft einen Kessel mit Rauchröhren und einem darunter liegenden Sieder und einen Zweiflammrohrkessel mit Unterfeuerung. Letzterer ist in Fig. 12 und 13 Taf. 23 veranschaulicht. Durch eine gewölbte Blechwand C ist der untere, den heiſsesten Feuergasen ausgesetzte Raum des Kessels abgedeckt. Das Wasser- und Dampfgemisch steigt aus diesem durch A nach oben, während das Wasser aus dem oberen nach dem unteren Raum durch das Rohr B1, nachströmt. Das Speisewasser wird durch die Röhre b in den oberen Raum eingeführt. Der Schlamm soll sich theils auf der Blecheinlage C (bei a Fig. 13), theils in dem Schlammsack D ablagern. Bei der Construction des ersten Zusatzpatentes Nr. 6873 ist ein Oberkessel A mit einer Anzahl Sieder B, B1 und mit einem Schlammsammler C in der in Fig. 14 Taf. 23 dargestellten Weise verbunden. Der oberhalb des Wasserspiegels im oberen Kessel mündende Stutzen D ist trichterförmig erweitert, um starkes Aufspritzen und Aufwallen des aus den Siedern kommenden Wasser- und Dampfgemisches zu verhüten, und auſserdem noch von einer weiteren Schale umgeben, um die Wasseroberfläche in A möglichst ruhig zu erhalten. Der Schlamm wird sich auſser in C hauptsächlich im oberen Kessel A ablagern, wo er nicht so gefährlich werden kann. Wegen der vorhandenen Gegenströmung ist auch die Ausnutzung des Brennmaterials eine gute. Bei der Anordnung des zweiten Zusatzpatentes Nr. 9326 (Fig. 15 Taf. 23) ist der Oberkessel A mit den Siedern B zu einem geschlossenen Rohrstrang verbunden, in welchem ein andauernder Wasserumlauf, jedoch hier ohne Gegenströmung, stattfinden wird. Unterhalb des Rohres F, in welchem das Wasser niedersinkt, führt ein Rohr G in den als Schlammsammler dienenden Unterkessel C, in welchem das Wasser nur wenig Bewegung hat. Das Speisewasser wird immer in den Kessel eingeführt, in welchem sich der Schlamm ablagern soll, bei Fig. 14 also in A, bei Fig. 15 in C. Fig. 1 Taf. 24 zeigt eine Kesselanlage von Fr. Morth in Wien (* D. R. P. Nr. 7989 vom 12. December 1878), aus drei über einander liegenden Kesseln von verhältniſsmäſsig kleinem Durchmesser bestehend. Die beiden oberen horizontal liegenden Kessel B und C sind nur durch einen Stutzen verbunden; aus dem geneigt liegenden unteren Kessel A aber führen mehrere auf der ganzen Länge gleichmäſsig vertheilte Stutzen m und g in den Mittelkessel und erstere durch die Verlängerungen a bis über den Wasserspiegel hinaus. Diese Stutzen ma befördern jedenfalls das Aufsteigen der Dampf blasen aus dem unteren Kessel, wie auch einen Wasserumlauf mit Gegenströmung im Sinne der Pfeile; doch sind solche mehrfachen Verbindungen wegen der bedeutenden Verschwächung der Kessel sehr gefährlich und haben mindestens leicht ein Undichtwerden an den Anschluſsstellen der Stutzen zur Folge. Der obere Kessel C dient nur als Dampftrockner; im Rauchkanal sind noch die Vorwärmer G angebracht. Um den Dampfkessel behufs gröſserer Sicherheit mit den Heizgasen nicht in Berührung zu bringen, hat J. Einbeck in Bremen (* D. R. P. Nr. 8412 vom 3. August 1879) eine Hochdruck-Heiſswasserheizung angewendet, welche, wenn sie auch keine absolute Sicherheit gegen eine Explosion bietet, doch die Gefahr dadurch sehr vermindert, daſs der Kessel sehr geschont wird und das Ansetzen des Kesselsteins ebenso wenig gefährlich, als nachtheilig bezüglich der Wärmeüberführung werden kann. Da das Wasser in den Heizröhren nur um wenige Grade wärmer zu sein braucht, als der zu entwickelnde Dampf, und die Heiſswasserheizung die Anwendung von sehr wirksamen Sicherheitsapparaten gestattet, so ist auch der Eintritt einer zu hohen Dampfspannung fast ausgeschlossen. Die Heizröhren liegen schlangenförmig gebogen sowohl im Heizraum A, wie im Kessel H in Bündeln neben einander (Fig. 2 und 3 Taf. 24). Das Heizwasser, in den unteren Bündeln B stark erhitzt, steigt durch D auf, trocknet in der oberen Röhrenschicht E zunächst den Dampf, heizt und verdampft in den Bündeln F das Wasser des Kessels und kehrt durch df in den Feuerraum zurück. Hier tritt es zunächst in die Bündel G ein, welche durch die Körper K mit den Röhren B in Verbindung stehen. Die Körper K dienen zur Füllung bezieh. Entleerung der Leitung. Verwendet man in den Heizröhren sehr reines Wasser, das dann beliebig lange in denselben bleiben kann, so wird eine innere Reinigung derselben nicht nöthig- die äuſsere Reinigung kann in gewöhnlicher Weise vorgenommen werden. Die höchsten Punkte der Röhren D sind mit einem gemeinschaftlichen Rohrstück L verbunden, welches mit dem Expansionsventil der Heiſswasserleitung in Verbindung steht. Whg.