Titel: Zur Kenntniss der Farbstoffe.
Fundstelle: Band 239, Jahrgang 1881, S. 480
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Zur Kenntniſs der Farbstoffe. (Fortsetzung des Berichtes Seite 402 dieses Bandes.) Zur Kenntniſs der Farbstoffe. Biebricher Scharlach (vgl. 1880 237 155). Nach R. Nietzky (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 1838) muſs als Typus der vorliegenden Körperklasse das bereits von Caro und Schraube dargestellte Phenoltetrazobenzol, das Einwirkungsproduct von Phenol auf Diazoazobenzol, betrachtet werden. Diesem Körper analog stellte Nietzki aus β-Naphtol (Isonaphtol) und Diazoazobenzol ein β-Naphtotetrazobenzol dar, welches die Grundlage der betreffenden rothen Farbstoffe bildet. Dieser Körper entsteht leicht, wenn man eine aus Amidoazobenzol, Salzsäure und Natriumnitrit bereitete Lösung von Diazoazobenzol mit einer alkalischen β-Naphtollösung zusammenbringt. Die Substanz bildet so ein lebhaft ziegelrothes Pulver, ist unlöslich in Wasser und Alkalilauge, wenig löslich in Alkohol, ziemlich leicht löslich in heiſsem Eisessig. Aus letzterem Lösungsmittel krystallisirt sie in hübschen, braunen Blättchen, welche immer grünen Metallschimmer zeigen. Der Schmelzpunkt liegt bei 195°. Concentrirte Schwefelsäure löst den Körper mit dunkelgrüner Farbe, scheidet ihn jedoch auf Wasserzusatz unverändert ab. Beim Erhitzen mit rauchender Schwefelsäure entsteht eine Sulfosäure, welche sich durch concentrirte Schwefelsäure blau färbt. Energische Reductionsmittel, wie Zinn und Salzsäure, spalten ihn in Amidonaphtol, Paraphenylendiamin und Anilin. Die Analyse bestätigt die Formel C22H16N4O. Wendet man statt des Amidoazobenzols in obiger Reaction die Sulfosäuren desselben an, so entstehen die Sulfosäuren des β-Naphtoltetrabenzols. Die Monosulfosäure, aus Amidoazobenzolmonosulfosäure dargestellt, bildet mit Alkalien Salze, welche sich wenig in kaltem, ziemlich leicht in siedendem Wasser lösen und sich daraus beim Erkalten als brauner, flockiger Niederschlag abscheiden. Das Natronsalz lieſs sich aus verdünntem Alkohol in rothen Krystallen erhalten, welche beim Trocknen Krystallwasser verlieren. Die Analyse des bei 130° getrockneten Salzes entsprach der Formel NaSO3C22H15N4O. Die Disulfosäure, aus der Amidoazobenzoldisulfosäure dargestellt, unterscheidet sich von der vorstehenden durch viel gröſsere Wasserlöslichkeit. In wenig heiſsem Wasser zerflieſst ihr Natriumsalz zu einem zähen Syrup, welcher erst nach langem Stehen krystallinisch wird. Versetzt man eine verdünntere, heiſse Lösung vorsichtig mit Kochsalz, so scheidet sich das Salz beim Erkalten in Gestalt einer aus langen, verfilzten Nadeln bestehenden Gallerte aus. Das Natriumsalz wurde aus verdünntem Alkohol umkrystallisirt und bildete so haarfeine hochrothe Nadeln, welche beim Trocknen unter Wasserverlust braun werden. Bei 130° getrocknet, führt die Analyse zur Formel C22H14N4O (N2CO3)2. Beide Salze sind äuſserst beständig und werden durch verdünnte Salze nicht zerlegt. Starke Salzsäure scheidet bei genügender Concentration der Lösungen daraus die Säuren ab, welche in Löslichkeit und Ansehen den Alkalisalzen sehr ähnlich sind. Die Kalk- und Bariumsalze sind fast völlig unlöslich. Starke Alkalilauge färbt die rothen Salze schmutzig violett, concentrirte Schwefelsäure schön dunkelgrün. Die Natriumsalze der Mono- und Disulfosäure bilden die Bestandtheile des Biebricher Scharlachs. Beide sind ausgezeichnete Farbstoffe; sie färben Wolle und Seide in Gegenwart von sauren Beizen in schön cochenillerother Nuance und übertreffen alle bisher bekannten rothen Azofarbstoffe an Farbkraft. Höhere Sulfosäuren als die Disulfosäure sind in dem Handelsproduct nicht enthalten. Die Trisulfosäure des Amidoazobenzols kann unter den bei der Fabrikation eingehaltenen Bedingungen höchstens spurweise entstehen. Der daraus entstehende rothe Farbstoff würde aber, da er durch Kochsalz nur sehr schwierig abscheidbar ist, bei weiteren Reinigungsprocessen in der Mutterlauge bleiben. Man sucht schon aus diesem Grunde die Bildung solcher höheren Sulfosäuren zu vermeiden. Eine interessante Spaltung zeigen diese Körper unter dem Einflüsse gelinder Oxydationsmittel. Behandelt man die alkalischen Lösungen obiger Sulfosäuren mit Zinkstaub oder Natriumamalgam, so spaltet sich nur Amidonaphtol ab, während die Amidoazobenzolsulfosäure zurückgebildet wird. Es liegt auf der Hand, daſs man durch Einwirkung der Sulfosäuren des Naphtols auf Diazoazobenzol und dessen Sulfosäuren noch eine erhebliche Anzahl von Farbstoffen combiniren kann. Dieselben lassen sich durch eine bemerkenswerthe Farbenreaction ihrer Constitution nach leicht unterscheiden. Farbstoffe, welche nur in den Benzolkernen sulfonirt sind, färben sich ebenso wie der schwefelfreie Azokörper durch concentrirte Schwefelsäure schön dunkelgrün. Solche, welche die Sulfogruppe nur im Naphtol enthalten, werden durch dieses Reagens violett und solche, welche sie im Naphtol und gleichzeitig im Benzolrest enthalten, rein blau gefärbt. Behandelt man das Tetrazobenzol-β-Naphtol bei 60 bis 100° mit rauchender oder bei höherer Temperatur mit gewöhnlicher Schwefelsäure, so scheinen die Sulfogruppen in beide Reste einzugreifen. Im ersteren Falle entsteht direct eine blaue Lösung, bei Anwendung von englischer Schwefelsäure dagegen löst sich der Azokörper unverändert mit grüner Farbe, welche erst bei längerem Erhitzen auf 100 bis 120° unter Bildung der Sulfosäure in ein reines Blau umschlägt. Ueber Resorcinfarbstoffe berichten P. Weselsky und R. Benedikt in den Monatsheften für Chemie, 1880 S. 886. Resorcin wurde in Aether gelöst, durch Eis gekühlt und mit Salpetrigsäure haltiger Salpetersäure versetzt. Nach 48 Stunden wurden die ausgeschiedenen Krystalle gesammelt und erst mit Aether, dann mit Wasser gewaschen. Die Ausbeute an rohem Diazoresorcin betrug 40 bis 60 Procent des verarbeiteten Resorcins. Zur Gewinnung der in den ätherischen Mutterlaugen enthaltenen Nebenproducte der Reaction wurde in etwas abgeänderter Weise verfahren. Alle diese Nebenproducte können dem Aether durch Schütteln mit Kalilauge entzogen werden. Sie nimmt dabei eine tief purpurrothe Farbe an, welche von einem Farbstoffe herrührt, der durch Ansäuren mit verdünnter Schwefelsäure als amorpher, flockiger Niederschlag gefällt wird. Das von ihm abfiltrirte, saure, gelb gefärbte Filtrat wird neuerdings mit Aether ausgeschüttelt und der durch Vertreiben des Aethers erhaltene Rückstand mit schwach gespanntem Wasserdampf aus einer Retorte destillirt. Es geht dabei ein neues Mononitroresorcin in die Vorlage; das bereits bekannte befindet sich in der Retorte in Wasser gelöst und krystallisirt beim Erkalten zum gröſsten Theile aus. Der Rest wird durch Ausschütteln der Mutterlauge gewonnen. Nach den vorliegenden Analysen ist es möglich, daſs dem Diazoresorcin nicht die Formel C18H12N2O6, sondern die an Wasserstoff ärmere Formel C18H10N2O6 zukomme. Zur Prüfung des Verhaltens von Resorcin gegen Untersalpetersäure wurde frisch destillirtes, vollkommen trockenes Resorcin in Aether gelöst, welcher vorher mit Natrium entwässert worden war, die Lösung in zwei gut verschlieſsbare Flaschen vertheilt und in Eis gekühlt. Nun wurde aus salpetersaurem Blei ein Strom Untersalpetersäure entwickelt und durch einige Minuten in die eine Hälfte der ätherischen Resorcinlösung eingeleitet. Ferner wurde ganz concentrirte eiskalte Salpetersäure mit demselben Gase gesättigt; mit einigen Tropfen der auf diese Weise erhaltenen rothen rauchenden Salpetersäure wurde der zweite Theil der Resorcinlösung versetzt. Dann wurden die Flaschen verschlossen und in Eis gekühlt. Nach einigen Stunden hatten sich in beiden Flaschen Krystalle von Diazoresorcin abgesetzt. Dasselbe könnte sich demnach nach der Gleichung bilden: 3C6H6O2 + N2O4 = C18H10N2O6 + 4H2O. Die Reaction mit Untersalpetersäure ist ebenfalls keine glatte, indem die Mutterlaugen wieder gröſsere Mengen Nitroresorcin enthalten. Das Diazoresorcin verbindet sich mit Basen und mit Säuren, wenn auch mit diesen nur zu sehr losen Verbindungen. Zur Bereitung des Diazoresorcinäthyläthers wurden je 5g Diazoresorcin mit etwa 25cc absolutem Alkohol in ein Rohr gebracht und in die Mischung Salzsäure bis zur Sättigung eingeleitet. Um die schädliche Wirkung der überschüssigen Salzsäure abzuhalten, wurde dann noch etwas Alkohol zugesetzt. Die zugeschmolzenen Röhren wurden 12 Stunden im Wasserbade erhitzt. Der tiefblau gefärbte Inhalt wurde mit viel Aether verdünnt und mit schwacher Kalilauge ausgeschüttelt. Dieselbe nimmt die Salzsäure, unverändertes Diazoresorcin und harzige Zersetzungsproducte auf, während der Diazoresorcinäthyläther im Aether gelöst bleibt. Man erhält ihn durch Abkochen des letzteren und Umkrystallisiren des Rückstandes aus absolutem Alkohol. Wenn man dem Diazoresorcin die an Wasserstoff ärmere Formel C18H10N2O6 beilegt, dann hat der Aether die Zusammensetzung C18H8(C2H5)2N2O6. Der Diazoresorcindiäthyläther besteht aus sehr feinen verfilzten Nadeln von rothbrauner Farbe. Er ist unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol und Aether. Von concentrirter Schwefelsäure wird er mit rein blauer Farbe aufgenommen. Dadurch kann er leicht von den aus Resorcinmonoäthyläther erhaltenen Farbstoffen unterschieden werden, mit denen er sonst groſse Aehnlichkeit besitzt. Verdünnt man seine Lösung in Schwefelsäure mit Wasser, so wird die Flüssigkeit gelb; Kalilauge fällt daraus einen braunen flockigen Niederschlag. In Kalilauge ist der Diazoresorcinäther unlöslich. Zur Darstellung der Aethyläther des Resorcins wird ein Kolben von etwa 3l Inhalt mit 200g Resorcin, 400g käuflichem Aetzkali und 800g äthylschwefelsaurem Kalium beschickt, so viel Alkohol zugesetzt, daſs die Mischung eine dünnbreiige Beschaffenheit annimmt und einige Tage am Rückflufskühler gekocht. Man gieſst den Kolbeninhalt in verdünnte Schwefelsäure und schüttelt nach dem völligen Erkalten mit Aether aus. Derselbe hinterläſst beim Abdestilliren ein Gemenge von Resorcin, Resorcinmono- und Diäthyläther. Durch Destillation mit Wasserdampf bringt man den Diäthyläther mit wenig Monoäthyläther in die Vorlage und trennt beide in bekannter Weise durch Schütteln mit Aether und verdünnter Kalilauge. In der Retorte bleibt Resorcinmonoäthyläther theils ölig ausgeschieden, theils neben Resorcin in Wasser gelöst zurück. Man mischt den ganzen Retorteninhalt mit concentrirter Kochsalzlösung. Der Aether scheidet sich fast vollständig als schweres Oel aus, wogegen das Resorcin in Lösung bleibt, ausgeschüttelt und zu einer neuen Operation verwendet wird. Der Resorcinmonoäthyläther muſs durch Destillation gereinigt werden. In ganz gleicher Weise werden bei Anwendung von methylschwefelsaurem Kalium die Methyläther des Resorcins gewonnen. Es wurden ferner je 8g des Resorcinäthers in 500g getrockneten Aethers gelöst, in Eis gekühlt und 3cc einer mit salpetriger Säure gesättigten Salpetersäure unter beständigem Schütteln zugetropft. Nach 24 Stunden hatten sich die Wände der Glasflaschen mit einem dunkeln krystallinischen Ueberzuge bedeckt, welcher mit einer Federfahne losgelöst und durch Abfiltriren und Waschen mit Aether von den anderen Producten der Reaction getrennt wurde. Durch Umkrystallisiren aus viel Alkohol gereinigt, bilden diese Krystalle den weiter unten als „ätherunlöslichen Farbstoff“ bezeichneten Körper. Die ätherische Flüssigkeit wurde mit verdünnter Kalilauge geschüttelt, sodann von der wässerigen Schicht abgehoben und abdestillirt. Es hinterblieb ein brauner Rückstand, der ebenfalls aus Alkohol umkrystallisirt wurde. Die so erhaltenen Derivate des Resorcinmethyl- und Aethyläthers werden als „ätherlösliche Farbstoffe“ bezeichnet. Die beim Ausschütteln erhaltene kalische Flüssigkeit wird mit verdünnter Schwefelsäure übersättigt. Es scheidet sich dabei ein nicht weiter untersuchter Farbstoff mit etwas Harz aus. Man filtrirt davon ab und schüttelt mit Aether aus. Derselbe nimmt zwei Nitrokörper auf, welche durch Destillation mit Wasserdampf leicht von einander getrennt werden können. Jedes derselben enthält nur eine Nitrogruppe. Sie sind später als „flüchtiger“ und „nichtflüchtiger Mononitroresorcinmonoäthyl- und Monomethyläther“ beschrieben. Behandelt man den Resorcindiäthyläther in gleicher Weise wie den Monoäthyläther, so erhält man ganz dieselben Producte mit Ausnahme des in Aether unlöslichen Farbstoffes. Es bilden sich also auch hier der ätherlösliche Farbstoff und die beiden isomeren Nitroresorcinäther. Der ätherunlösliche Farbstoff aus Resorcinmonoäthyläther besteht aus sehr feinen, mikroskopischen, bordeauxrothen Nadeln, die keinen Flächenschimmer besitzen. Er ist unlöslich in Wasser, Aether und verdünnten Laugen, löslich in sehr groſsen Mengen kochenden Alkohols, aus denen er beim Erkalten auskrystallisirt. In Schwefelsäure löst er sich mit intensiver Purpurfarbe auf, beim Verdünnen mit Wasser wird die Flüssigkeit orange. Er schmilzt näherungsweise bei 230°. Die Analyse macht für diesen Farbstoff die Formel C24H20N2O6 wahrscheinlich. Der ätherlösliche Farbstoff aus Resorcinmono- oder Diäthyläther besteht im reinen Zustande aus einem Haufwerk lebhaft orangerother Krystallnadeln. Er wird von absolutem Alkohol weit leichter als der ätherunlösliche aufgenommen. In concentrirter Schwefelsäure löst er sich mit einer blauvioletten Farbe, welche die Mitte zwischen den Färbungen hält, welche die Lösungen des Diazoresorcinäthers und des ätherunlöslichen Farbstoffes in Schwefelsäure zeigen. Auch diese Lösung wird beim Verdünnen mit Wasser orange. In Kalilauge ist der Farbstoff unlöslich. Er schmilzt bei 228° und ist vollkommen unzersetzt sublimirbar. Die Analyse führt zur Formel C14H11NO3. Der Resorcinmonomethyläther gibt zwei Farbstoffe, welche in ihrem äuſseren Ansehen und ihren Reactionen den entsprechenden Aethylderivaten fast vollständig gleichen. Ueber die Constitution der aus den Resorcinäthern entstehenden Farbstoffe läſst sich bisher nichts Bestimmtes sagen; nur so viel ist gewiſs, daſs sie verschieden von dem Diazoresorcinäther und somit keine directen Derivate des Diazoresorcins sind. Destillirt man die bei der Diazoresorcinbereitung als Nebenproducte auftretenden Nitrokörper mit Wasserdampf, so geht, wie erwähnt, ein neues Nitroresorcin in die Vorlage über. Man schüttelt das wässerige Destillat sammt dem bereits Ausgeschiedenen mit Aether aus, verdunstet denselben und krystallisirt den Rückstand aus verdünntem Weingeist oder aus viel Wasser um. Das flüchtige Mononitroresorcin bildet orangerothe Prismen, die sich schon bei gewöhnlicher Temperatur langsam verflüchtigen und einen intensiven, an Orthonitrophenol erinnernden Geruch besitzen. Es schmilzt bei 85° und ist destillirbar; seine Zusammensetzung entsprichtentpricht der Formel C6H3(NO2)(OH)2. Bringt man es in Eisessig mit Brom zusammen, so krystallisirt ein Dibrommonitroresorcin aus. Bei der Einwirkung von Salpetrigsäuredämpfen auf Resorcinmono- und Diäthyläther wurden zwei isomere Mononitroresorcinmonoäthyläther erhalten und durch Destillation mit Wasserdampf getrennt. Der flüchtige wird durch Ausschütteln des Destillates mit Aether und Umkrystallisiren des durch Abtreiben des letzteren erhaltenen Rückstandes aus verdünntem Alkohol leicht rein erhalten. Zur Gewinnung des nicht flüchtigen Nitroäthers wird der nach der Destillation mit Wasserdampf verbleibende Retorteninhalt filtrirt, mit Aether ausgeschüttelt und das Extrahirte durch mehrmaliges Umkrystallisiren aus ganz verdünntem Weingeist unter Zusatz von Thierkohle gereinigt. In ganz gleicher Weise wurden die Nitroderivate des Resorcinmonomethyläthers getrennt und gereinigt. Der nichtflüchtige Mononitroresorcinmonoäthyläther krystallisirt aus Alkohol und Eisessig in Nadeln und Blättern; seine Lösung in kochendem Wasser scheidet beim Erkalten lange, verfilzte, weiche Nadeln aus. Er schmilzt bei 131° und löst sich mit dunkelgelber Farbe in Aetzkali; nach einiger Zeit krystallisiren lange Nadeln des Kalisalzes aus. Die Analyse führt zur Formel C6H3.NO2OC2H5.OH. Dieser Körper entsteht auch durch Oxydation des von Aronheim aus dem Resorcindiäthyläther erhaltenen Nitroresorcinmonoäthyläthers. Zur Darstellung des letzteren wurden 1 Th. Resorcindiäthyläther mit 1 Th. Amylnitrit in 5 Th. Alkohol gelöst und mit 10 Th. einer Mischung versetzt, welche aus gleichen Volumen Alkohol und rauchender Salzsäure bereitet und in Eis gekühlt worden war. Nach kurzer Zeit begann die Ausscheidung gelber Krystalle und war nach einigen Stunden beendet. Dieses Verfahren hat den Vortheil gegenüber dem Aronheim'schen, daſs man das Nitrosoproduct frei von allen öligen Beimengungen erhält. Man löst es zur vollständigen Reinigung in verdünntem Alkali auf, filtrirt und fällt mit Salzsäure aus. Zur Ueberführung dieses Körpers in die entsprechende Nitroverbindung kann concentrirte Salpetersäure nicht verwendet werden, weil dieselbe einen Dinitroresorcinäther erzeugt. Versuche, die mit rothem Blutlaugensalz und übermangansaurem Kali angestellt wurden, blieben ohne Erfolg. Leitet man hingegen die Dämpfe der salpetrigen Säure in Aether, welcher sehr fein vertheilten Nitrosoresorcinather suspendirt enthält, so erzielt man nach einiger Zeit eine vollkommen klare Lösung. Zur Entfernung der Salpetersäure schüttelt man die Flüssigkeit wiederholt mit Wasser aus. Der Aether enthält dann nur mehr ein Nitroproduct, welches er nach dem Abkochen als langsam erstarrenden Rückstand hinterläſst. Man krystallisirt diesen aus möglichst wenig kochendem Benzol um und erhält beim Erkalten eine reichliche Ausscheidung compacter Krystalle, die bei 131° schmelzen und alle Eigenschaften des nichtflüchtigen Mononitroresorcinmonoäthyläthers zeigen. Versetzt man die Lösung des nichtflüchtigen Mononitroresorcinäthers in Eisessig mit überschüssigem Brom, so erstarrt die Flüssigkeit sehr bald zu einem Krystallbrei. Der so erhaltene Dibrommononitroresorcinmonoäthyläther, C6H.NO2.Br2.OC2H3.OH, bildet schwach gelbe Nadeln, die bei 60° schmelzen. Der flüchtige Mononitroresorcinmonoäthyläther, C6H3NO2.OC2H3.OH, bildet weiche, schwefelgelbe Nadeln von intensivem Gerüche, welche bei 79° schmelzen, schwer löslich in Wasser, leicht in Alkohol, Aether und Essigsäure sind. Dieser Körper kann auch aus dem nichtflüchtigen Mononitroresorcin erhalten werden. Man erhitzt je 5g derselben mit 10g äthylschwefelsaurem Kalium, 12g Aetzkali und einigen Tropfen Wasser im zugeschmolzenen Rohre auf 140°, löst den Röhreninhalt in Wasser, säuert mit Schwefelsäure an und schüttelt mit Aether aus. Der Auszug wird mit Wasserdampf destillirt. Im Rückstande befindet sich nur unverändertes Nitroresorcin; nichtflüchtiger Nitroresorcinäther hat sich nicht gebildet. Das wässerige Destillat enthält den flüchtigen Aether, welcher durch Umkrystallisiren gereinigt, leicht mit dem aus Resorcinmonoäthyläther erhaltenen erkannt werden konnte. Bei der Bromirung in Eisessig gibt dieser Körper einen Monobrommononitroresorcinmonoäthyläther, C8H8BrNO4 schön gelbe Nadeln vom Schmelzpunkt 114°. Die Mononitroresorcinmonomethyläther, C7H7NO4, sind in allen ihren Eigenschaften den entsprechenden Aethylderivaten auſserordentlich ähnlich. Der nichtflüchtige Aether schmilzt bei 144°, der flüchtige bei 95°. Ueber die Condensation tertiärer Basen mittels Stickoxyd berichten E. Lippmann und R. Lange (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 2136). Die Einwirkung von Stickoxyd auf organische Körper verläuft träge, wenn man mit gröſseren Mengen Substanz arbeitet, da erst nach Tagen und Wochen ein Theil verändert wird. Bei der Einwirkung auf Anilin, Toluidin u.s.w. scheint Stickoxyd ähnlich wie salpetrige Säure zu wirken. Als Stickoxyd in die salzsaure Lösung des Anilins geleitet wurde, schieden sich stahlblaue Nadeln ab, wahrscheinlich das Chlorhydrat des Amidoazobenzols; bei geringerer Concentration hingegen entsteht die letztere Base, gelbe Nadeln, die durch Salzsäure cochenilleroth gefärbt werden, welche den Schmelzpunkt von 127° zeigen. Erwärmt man die Lösung, welche noch viel unverändertes Chlorhydrat enthält, auf 100°, so entsteht ein blauer Farbstoff, vielleicht Azodiphenylblau. Als in 500g Dimethylanilin, mit 510g Alkohol gelöst, 4 bis 5 Tage ohne Unterbrechung Stickoxyd eingeleitet wurde, färbte sich die Flüssigkeit anfangs grün unter reichlicher Entwicklung von Kohlensäure, nach 6 bis 10 Tagen roth, nach 12 Tagen hatten sich ziegelrothe Nadeln von C9H12N2 ausgeschieden, von welchen man 5 bis 10 Procent der angewendeten Menge der Base erhielt. Nach fortgesetztem Einleiten während 3 bis 4 Wochen bilden sich weiſse, glänzende Blättchen von Tetramethyldiphenyldiamin, C6H5(CH3)2N, und als Hauptproduct der Reaction ein violetter Farbstoff. Man destillirt den Alkohol sorgfältig ab, schüttelt den Rückstand, der theils unverändertes, theils verdertes Dimethylanilin enthält, mit Benzol, bis dasselbe nicht mehr braun gefärbt erscheint. Der nun als zähe Masse zurückbleibende Farbstoff wird zur weiteren Reinigung in Alkohol gelöst und hierzu so lange käufliches Benzol hinzugefügt, bis die Lösung sich trübt. Nach 24 Stunden erhält man bereits grüne Nadeln von bekanntem Aussehen der Anilinfarbstoffe. Der gröſsere Theil scheidet sich aus der Lösung, wenn diese auf dem Wasserbade eingeengt wird; die Mutterlauge derselben ist gelb, von Unreinlichkeiten gefärbt. Der so erhaltene Farbstoff schmilzt nicht mehr wie anfangs unter Wasser, ist in demselben löslich und kann hieraus umkrystallisirt werden. Die Analyse führte zu der Formel (C6H5[CH3]2NO)2NO2.