Titel: Qualitätsnormen für Papiersorten.
Fundstelle: Band 241, Jahrgang 1881, S. 105
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Qualitätsnormen für Papiersorten. Hartig, über Qualitätsnormen für Papiersorten. Prof. Dr. Hartig in Dresden sind in den letzten Jahren von Behörden und anderen Papierconsumenten wiederholt Papierproben verschiedener Art zur Feststellung ihrer Güte, insbesondere ihrer gesammten Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Einwirkungen, übermittelt worden. Andererseits wurden ihm auch von verschiedenen Fabrikanten, denen es mit Herstellung bester Qualitäten Ernst war, Proben zugestellt, an denen ermessen werden konnte, welche Festigkeits- und Dehnbarkeitswerthe zuverlässig bei gutem Willen und bei sorgfältiger Durchführung des Fabrikationsprocesses für die wichtigeren Papiersorten erreicht werden können. Aus den zahlreichen Ergebnissen mit Proben der letzteren und für eine angenäherte Werthschätzung von Proben der erst bezeichneten Art hat sich der Verfasser eine Tabelle von Qualitätsnormen der hauptsächlichsten Papiersorten angelegt, welche nach dem Civilingenieur, 1881 S. 223 hier zur Mittheilung gebracht wird. Die Tabelle enthält: 1) Den zulässigen Maximalwerth des Aschengehaltes der Papiersorten für den Zustand der Lufttrockenheit, wenn die Einfügung mineralischer Füllstoffe – wie zu fordern – unterlassen wird. 2) Den Minimalwerth der Reiſslänge in Kilometer, d.h. diejenige geringste Länge eines parallelkantigen, frei hängend gedachten Streifens, bei welcher infolge des Eigengewichtes die Zerreiſsung eintritt; diese Zahl ergibt sich aus Bruchbelastung des Probestreifens (Pk) und metrischer Feinheitsnummer desselben (N) nach der einfachen Beziehung R = PN. 3) Den Minimalwerth der Bruchdehnung in Procent, d.h. die procentale Verlängerung eines parallelkantigen Probestreifens bei Ueberführung von Spannung Null bis zur Bruchspannung (δ Proc). 4) Den Minimalwerth des Arbeitsmoduls, reducirt auf einen Streifen von der Länge 1m und der metrischen Feinheitsnummer 1 oder (was auf denselben Werth führt) auf das Gewicht von 1g des lufttrockenen Materials, ausgedrückt in Meterkilogramm. Mit Rücksicht auf die ganz regelmäſsige Gestalt des Spannungsdiagrammes und nach genauer Ausmessung vieler solcher Diagramme kann dieser Arbeitsmodul angenähert berechnet werden nach der Formel A=\frac{2}{3}\ \frac{\delta}{100}\,R. Nach Hartig gibt der Zahlenwerth A den zuverlässigsten und zutreffendsten Ausdruck für die gesammte Widerstandsfähigkeit der Papiere gegen mechanische Einwirkungen aller Art. Bei Maschinenpapieren sind die Zahlenwerthe der Rubrik 2 bis 4 so zu verstehen, daſs die Probestreifen sowohl in der Arbeitsrichtung, als querlaufend herausgeschnitten wurden und von den so gewonnenen Zahlen der Mittelwerth genommen ist. Bei guten Maschinenpapieren erreicht die Zerreiſsungsfestigkeit in der Querrichtung mindestens ¾ derjenigen in der Arbeitsrichtung und die Bruchdehnung der letzteren mindestens ¾ derjenigen in der Querrichtung. Sämmtliche Werthe für R, δ und A wurden aus Diagrammen abgeleitet, die mittels des Zerreiſsapparates von D. Reusch (1880 235 * 414) erhalten wurden. Alle Papiersorten sind frei von geschliffenem Holze vorausgesetzt, wie dies aus bekannten Gründen für beste Qualitäten nicht anders sein kann. Papiersorte Aschen-gehalt Reiſslänge Bruch-dehnung Arbeits-modul Proc. km Proc. mk Flieſspapier, weiſses 0,5   0,90 1,0 0,006 Druckpapier, Harzleimung 2,0 2,0 2,0 0,027 Conceptpapier,      „ 2,0 3,0 2,5 0,050 Mundirpapier, Briefpapier 2,0 4,0 3,0 0,080 Geschäftsbücher-,Urkundenpapier,Aktendeckel, HarzleimungThierischeLeimung 2,01,0 4,55,5 3,54,5 0,1050,165 Pergamentpapier 0,6 5,4 4,8 0,173 Bemerkenswerth ist, daſs der Arbeitsmodul der letzten beiden Papiersorten denjenigen des besten Urkundenpergamentes A = 0mk,133 noch übertrifft; auch ist hiermit festgestellt, daſs es in Deutschland Fabrikanten gibt, welche in ihren Papieren die hier aufgestellten Normen noch erheblich übertreffen. Die oft gehörte Klage, daſs wirklich gute Papiere, welche gegen Zerstörung ähnliche Garantien bieten wie etwa die Aktenpapiere früherer Jahrhunderte, in Deutschland nicht zu haben wären, wird hierdurch hinfällig.