Titel: Eine Studie über die Ringspindel; von A. Lüdicke, Professor an der technischen Hochschule in Braunschweig.
Autor: A. Lüdicke
Fundstelle: Band 242, Jahrgang 1881, S. 334
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Eine Studie über die Ringspindel; von A. Lüdicke, Professor an der technischen Hochschule in Braunschweig. Mit Abbildungen. Lüdicke, eine Studie über die Ringspindel. Auf dem Rechnungswege die Beziehungen zwischen Fadenspannung, Läufergewicht und Geschwindigkeit, Ring- und Kötzerhalbmesser bei Ringspindeln festzulegen, hat bisher nur sehr unvollkommen gelingen wollen, weil man fast ganz im Finsteren tappte bei Annahme des Coefficienten der Reibung zwischen Läufer und Ring. Die Lösung der Aufgabe ist nicht ohne praktische Bedeutung. Es steht zu erwarten, daſs man dadurch Fingerzeige erhält zur Verbesserung der Ringspindeln; zum mindesten würde man dann im Stande sein, für die verschiedenen zu spinnenden Garne die passenden Läufergewichte durch Rechnung zu bestimmen, was bisher, soviel mir bekannt, nur durch Probiren erreicht wurde. Auf meine Veranlassung unternahmen es die HH. Studirenden Pauselius und Werthmann der hiesigen technischen Hochschule, den Reibungscoefficienten durch Versuche zu bestimmen. Die Genannten konnten wegen Eintrittes der Ferien die Versuche nicht zu Ende führen und habe ich dieselben, wo es mir nöthig schien, ergänzt und einige neue Versuchsreihen hinzugefügt. Ich schicke, ehe ich auf die Besprechung der Versuche eintrete, einige allgemeine Bemerkungen voraus. Der Läufer steht, wenn man demselben gleichförmige Geschwindigkeit zuertheilt und von den wohl kaum bestimmbaren Luftwiderständen absieht, unter Wirkung folgender Kräfte: Eigengewicht, Centrifugalkraft, Spannung in dem vom Führungsauge kommenden Fadenstück, Spannung in dem gegen den Kötzer anlaufenden Fadenstück. Das Eigengewicht kann, weil im Verhältniſs zur Centrifugalkraft immer sehr klein, vernachlässigt werden. Setzt man ferner die Spannungen in den vom Läufer ausgehenden Fadenstücken einander gleich, nimmt man an, daſs der zwischen Läufer und Führungsauge ausgespannte Faden in gerader Linie läuft, während er sich in Wirklichkeit in Folge der Centrifugalkraft und des Luftwiderstandes ausbaucht, und daſs der gegen den Kötzer anlaufende Faden in einer Horizontalebene liegt und mit einem durch den Läufer gelegten Radius den Winkel α einschlieſst, so liegen die Kräfte P, P cos α und die Centrifugalkraft C (Fig. 1) in einer verticalen durch die Spindelachse gehenden Ebene. Ihre Resultante ist R; diese gibt die Pressung des Läufers gegen den Ring an. Multiplicirt man R mit dem Reibungscoefficienten f, so muſs für den Beharrungszustand: R\,f=P\,sin\,\alpha . . . . (1) sein. P sin α ist die tangential an den Ring laufende Componente der in Richtung ac liegenden Fadenspannung P. Sin\,\alpha=\frac{r}{\varrho}, wobei r=\mbox{Kötzerhalbmesser}, \varrho=\mbox{mittlerer Ringhalbmesser}. Fig. 1., Bd. 242, S. 335 Fig. 2., Bd. 242, S. 335 Fig. 3., Bd. 242, S. 335 Kennt man die Fadenspannung, die Centrifugalkraft und Ring- und Kötzerhalbmesser, so lieſse sich nach Figur 1 die Resultante R construiren und aus Gleichung (1) der Reibungscoefficient berechnen nach: f=\frac{P}{R}\ \frac{r}{\varrho} . . . . (2) Die Untersuchung gipfelt schlieſslich in der Bestimmung der Fadenspannung P; denn r, ρ, auch Winkel β1 in Fig. 1, sind als bekannt vorauszusetzen, während die Centrifugalkraft leicht durch Wiegen des Läufers und Berechnung der Umdrehungen desselben ermittelt werden kann. Die Fadenspannung wurde mit Hilfe des in Fig. 2 gezeichneten Apparates bestimmt. Auf den Schnurwürtel einer genau senkrecht aufgestellten Ringspindel war eine Platte gelöthet worden zum Tragen des Ringes e. Die gröſste Sorgfalt wurde bei der Befestigung des Ringes beobachtet, um denselben genau senkrecht und genau concentrisch zur Spindel zu erhalten. In der Verlängerung der Spindelachse befand sich bei b das Führungsauge, angebracht in einem entsprechend gebogenen und auf dem Tisch verschraubten Bandeisenstück. Von b aus lief ein feiner aber fester Faden durch den Läufer a und von da in horizontaler Richtung weiter über c nach einer Rolle und trug eine aus dünnem Weiſsblech hergestellte Wagschale h. An den Läufer wurde ein zweiter Faden geknüpft, welcher in horizontaler Richtung nach K lief und ebenfalls eine Wagschale l trug. Die beiden kleinen Röllchen waren äuſserst leicht beweglich. Die Spindel erhielt u Umdrehungen im Sinne des beigezeichneten Pfeiles. Auf die Schale l wurden so viel Gewichte gestellt, daſs im Fadenstück aK eine Spannung C=\frac{u^2}{894,454}\,G\,\varrho entstand, wobei G = Gewicht des Läufers in Kilogramm, ρ = mittlerer Ringhalbmesser in Meter. C ist also gleich der Centrifugalkraft, die entstehen würde, wenn der Läufer mit u Umdrehungen auf dem Ringe herumliefe. Durch die angesetzte Kraft C wird der Läufer gegen den Ring gepreſst. Ertheilt man dem Ringe Drehung, so nimmt derselbe den Läufer in Folge der Reibung ein Stück weit mit. Der Läufer tritt aus der durch die Spindelachse und die Mittelebene der Rolle m gehenden Ebene heraus. Jetzt hat man die Schale l nur so lange zu belasten, bis der Läufer wieder in diese Ebene eintritt. Durch Visiren über den Punkt K nach der Spindelmitte läſst sich dies leicht bestimmen. Der gröſseren Sicherheit halber wurde auch noch ein Loth angebracht, welches etwa da, wo der Buchstabe C steht, den Faden aK berührte. Bei leichten Läufern erwies sich dies aber nicht zweckmäſsig, weil der Faden a K in starke Schwingungen gerieth, welche auf das Loth übergingen. Hat sich nach gehöriger Belastung der Schale h der Läufer in die Visirlinie eingestellt, so gleichen die Verhältnisse den durch Fig. 1 angegebenen. Das Gewicht von Schale h und Füllung stellt die Fadenspannung dar. Man kann nunmehr, da alle übrigen Werthe bekannt sind, zur Construction der Resultante R nach Fig. 1 oder zur Berechnung von R schreiten und erhält aus Gleichung (2) den Reibungscoefficienten. Die Versuche selbst wurden auf sieben verschiedene Läufer ausgedehnt und in folgender Weise unternommen. Jeder Läufer wurde vor jeder Versuchsreihe sehr sorgfältig gewogen und dann für 5, 6, 7 oder 8 Tausend Umdrehungen die Centrifugalkraft berechnet. Das Wiegen der Läufer vor jeder Versuchsreihe erwies sich im Laufe der Untersuchung als durchaus erforderlich, da eine merkliche Abnutzung eintrat. Das wiederholte Wiegen war anfänglich unterlassen worden. Mit dem einmal gewogenen Läufer wurden sämmtliche Versuchsreihen bei 5, 6, 7 und 8 Tausend Umdrehungen der Spindel ausgeführt. Da sich aber das Gewicht der Läufer während der Versuchsdauer in unerwartet hohem Grade verringerte, wie die nachfolgende Tabelle bei einem Blick auf die einzelnen Werthe von G zeigt, so ergaben sich bei Berechnung der Centrifugalkräfte unter Benutzung des Anfangsgewichtes zu starke Abweichungen. Die groſsen Umdrehungszahlen waren mit Hilfe einer Drehbank und eines zwischen diese und Spindel eingeschalteten Vorgeleges leicht zu erreichen. Die Spindelumgänge wurden mit einem Goldschmid'schen Spindelumdrehungszähler, welcher vor jedem Versuch gröſserer Sicherheit halber auf Null eingestellt wurde, gezählt. Einiges Geschick erforderte es, die Drehbank so zu treten, daſs die Spindel auch wirklich nahezu so viele Umdrehungen machte, als bei Berechnung der Centrifugalkraft zu Grunde gelegt worden waren. Wesentlich erleichternd hierbei wirkte der Umstand, daſs eine Abweichung von + oder – 100 Umdrehungen von der geforderten Zahl kaum einen Einfluſs auf die aufzugebende Belastung der Schale h übte. Waren bei einem Versuche, welcher streng genommen mit z.B. 6000 Umdrehungen vor sich gehen sollte, zwei Werthe zwischen 5900 und 6000 erreicht, so wurde versucht, noch zwei zwischen 6000 und 6100 liegende Werthe zu bekommen, was auch nach einiger Uebung mit Leichtigkeit gelang. Noch sei bemerkt, daſs die Drehbank ein sehr schweres Schwungrad besaſs, wodurch eine recht gleichförmige Bewegung der Spindel eintrat. Jeder Versuch dauerte in der Regel 30 Secunden, ausnahmsweise wohl auch 1 volle Minute. Die beobachteten Umdrehungszahlen sind in folgende Tabelle eingetragen. Alle Versuche sind mit einem Ring vom mittleren Halbmesser ρ = 22mm,225 (⅞'' engl.) durchgeführt. Der Faden ac (Fig. 1) berührte einen Kreis vom Halbmesser r = 15mm,875 (⅝'' engl.), gleich dem gröſsten bei dem erwähnten Ringe zulässigen Kötzerhalbmesser. Der Werth r : ρ der Gleichung (2) ist hiernach für alle Versuche constant und = 0,714286. Gewichte und Kräfte in Gramm. Nr. desLäufers Umdrehungen = 5000 6000 7000 8000 11/0 Gewicht des LäufersCentrifugalkraft.Beobachtete UmdrehgnFadenspannungResultanteReibungscoefficient G =C =n =P =Pr : ρ =R =f =     0,0198  12,2984980,   49605100,   5090    4,615    3,296    9,8098    0,336   0,019817,7096020,   5980      5960  5,275  3,76814,54  0,259   0,019723,9826970,   70207030,   7060  7,865  5,61819,44  0,289    0,019631,1658010,   80208050 9,585 6,84625,978  0,269 Bemerkungen Unsicher we-gen starkerErzitterungender Fäden Desgl. 3/0 G =C =n =P =Pr : ρ =R =f  =     0,0414  25,7144980,   49404960,   5060  10,915    7,7964  20,284    0,384   0,041437,02812,555  8,96829,907  0,2999   0,04149,9137040,   7050    694018,81513,439339,809  0,3376    0,040764,7157950,   80307970 20,855   14,896452,48    0,284Unsicher weg.d. AbspringenseinigerkleinerGewichte.Endgewicht d.Läuf. = 0,0393 Nr. desLäufers Umdrehungen = 5000 6000 7000 8000 1/0 G =C =n =P =Pr : ρ =R =f = 0,0531,0555130,   5080492010,565   7,546425,057   0,3012   0,0544,725970,   61006050,   6140   17,115   12,22535,6       0,3434      0,049560,266920,   70606900,   703021,80515,57548,261    0,3282   0,04977,9127840,   82208140,   8080  22,172  15,83764,37    0,246Endgewicht d.Läuf. = 0,0488 2 G =C =n =P =Pr : ρ =R =f =    0,068442,4844940,   50605040,   502022,01  15,721  33,374       0,47106    0,068461,1776050,   60006060,   599028,23    20,164348,05     0,4196    0,069184,1217100,   69607100,   698031,40    22,428567,14     0,3012        0,0704111,948100,   8100792032,98  23,557  92,047      0,2559Endgewicht d.Läuf. = 0,0684 5 G =C =n =P =Pr : ρ =R =f = 0,09458,38355080,   50604940  28,705    20,503645,81     0,4476 0,0980,4966040,   59605980,   595033,5      23,9285  63,59       0,3763Dieser Ver-such musstemit einemneuen Läuferangestelltwerden.     0,093113,2167100,   70507060  38,545  27,53291,34     0,3014      0,0918145,9667980,   79708040,   8020   41,415   29,582120,65        0,2452 9 G =C =n =P =Pr : ρ =R =f =   0,153695,40254950,   50204950,   505043,7531,25  74,946       0,41697        0,1536137,386040,   60506110,   595050,62  36,157 109,804       0,3293      0,151183,846900,   69407030,   7150 57,23     40,8785150,05        0,2724      0,1495237,7127940,   81008010 71,85    51,321194,79       0,2635Endgewicht d.Läuf. = 0,1479 11 G =C =n =P =Pr : ρ =R =f =       0,1951121,173  57,895    41,3536  95,062    0,435      0,1951174,4985920,   60206050 65,32   46,657139,23     0,335      0,1936235,6856960,   6960702072,66 51,90 192,618      0,2694        0,1912304,027990,   80608000 82,31   58,793252,89         0,23195Endgewicht d.Läuf.= 0,1894 Die in der Tabelle als „unsicher“ bezeichneten Resultate haben keine weitere Verwendung gefunden; die übrigen sind als gleichwerthig angesehen worden. Aus der Tabelle geht zunächst hervor, daſs eine Abnahme des Reibungscoefficienten bei zunehmender Läufergeschwindigkeit eintritt. Zwar zeigen nicht alle Versuchsreihen darin volle Regelmäſsigkeit. Die Schwankungen finden aber in Folgendem ihre Erklärung. Der Ring wurde so viel als möglich frei von Oel gehalten durch Abwischen mit Alkohol oder Benzin. Es lieſs sich jedoch gar nicht vermeiden, daſs während der Versuche Oel auf den Ring gelangte. Ueber demselben befand sich, wie schon oben erwähnt, der Zähler angebracht, welcher gut in Oel gehalten werden muſste. In Folge der sehr hohen Umdrehungszahlen spritzte das Oel herum. Das Papierblatt, welches zum Aufschreiben der beobachteten Umdrehungszahlen diente, zeigte sich, trotzdem es 150 bis 200mm von der Spindel ablag, nach kurzer Zeit mit feinen Oeltupfen übersäet. Der Ring wird also auch nicht ohne Oel geblieben sein; einige Male konnte das Auffallen eines etwa Stecknadelkopf groſsen Oeltropfens beobachtet werden. Schon ein Hauch von Oel wird eine Verminderung des Reibungscoefficienten herbeiführen. War der Ring gereinigt, so muſste sich ein hoher Werth für den Reibungscoefficienten ergeben. Ein unbeachtet auffallender Oeltropfen konnte für den nächsten Versuch einen beträchtlich niederen Werth entstehen lassen. Nicht ganz ohne Einfluſs mögen auch die Erzitterungen der Läufer gewesen sein, welche um so stärker wurden, je geringer das Läufergewicht und die Geschwindigkeit waren. Zieht man aus den Werthen der Reibungscoefficienten für 5 oder 6 oder 7 oder 8 Tausend Umdrehungen das arithmetische Mittel, so ist bei: 5000 6000 7000 8000 Läuferumdreh. f = 0,4093 0,3506 0,2999 0,252. Trägt man die Umdrehungszahlen als Abscissen, die Werthe des Reibungscoefficienten als Ordinaten auf, so liegen die Endpunkte der letzteren nahezu in einer geraden Linie und läſst sich f durch folgende Gleichung ausdrücken: f=0,65-0,00005\,u, . . . . (3) worin u die Umdrehungen des Läufers angibt. Die Werthe für den Reibungscoefficienten sind erstaunlich hoch, wenn man bedenkt, daſs polirter Stahl auf polirtem Stahl läuft. Bei den Versuchen wurde allerdings darauf gehalten, daſs der Ring möglichst frei von Oel blieb. Hier kann wohl etwas zu viel geschehen sein. Es ist leicht möglich, daſs die Ringe an der Ringbank schwach geschmiert sind durch Berührung mit öligen Fingern oder öliger Putzwolle o. dgl. In viel stärkerem Grade als bei einigen Versuchen kann, ja darf dies kaum auftreten, weil sonst die Fäden leicht beschmutzt würden, kleine Fäserchen an Ring und Läufer ankleben und den Gang des letzteren hindern würden.In Zwirnereien werden die Läufer regelmäſsig nach jedesmaligem Abzug der Kötzer geschmiert.D. Red. Daſs die Reibung bei den Versuchen in der That groſs war, zeigt die starke Abnutzung der Läufer, deren Gewichtsabnahme aus der Tabelle zu ersehen ist. Wo die Abnutzung eintritt, lehrt ein Blick auf Fig. 3, welche einen Läufer Nr. 9 darstellt, nachdem derselbe 6 bis 7 mal mit je 5, 6, 7, 8 Tausend Umdrehungen und je 72 Minute gelaufen ist. Die Gewichtsabnahme beträgt 0g,0057. Der Läufer ist an dem Knie, welches während des Versuches innerhalb des Ringes lag, blau und schwach gelb angelaufen. Das Anlaufen konnte übrigens bei fast allen Läufern beobachtet werden. Einige Male sprangen sogar Funken. Der schräg abgeschliffene Fuſs Fig. 3 lehrt übrigens, daſs der Läufer geeckt hat, was immer eintrat und auch bei ruhendem Ring und bewegtem Läufer nicht anders sein wird. Als weiterer Beweis für die starke Reibung sei endlich noch angeführt, daſs sich im Inneren des Ringes nach kurzer Zeit eine groſse Menge ganz feiner Spänchen angesammelt fand. Auf Grund der dargelegten Versuche würde man annehmen können, daſs der Coefficient der Reibung zwischen Läufer und Ring innerhalb der Grenzen u = 5000 bis u = 8000 einer Gleichung von der Form: f=a-b\,u . . . . (4) folgt, worin u die Anzahl der Läuferumgänge in 1 Minute angibt. Vielleicht werden die Versuche von anderer Seite wiederholt, was sehr wünschenswerth ist. Vielleicht gelingt es auch recht bald, die Zweifel über die Höhe der Werthe a und b zu heben. Dazu scheinen mir Versuche, in der beschriebenen Weise durchgeführt, nicht recht geeignet. Durch in der Praxis gemachte Erfahrungen dürfte eher eine Richtigstellung der Werthe für a und b zu erhalten sein. Davon noch weiter unten. Da die Werthe für den Reibungscoefficienten so unerwartet hoch ausfielen, unternahm ich noch 16 Versuche mit geschmiertem Ring. Es wurde ein Oeltropfen an die Innenseite des Ringes gebracht. Die Resultate waren aber derart, daſs von der Bildung von Mittelwerthen Abstand genommen werden muſste. War zufällig etwas Oel am Knie des Läufers angesammelt, so ergab sich ein kleiner Werth für f; war dies nicht der Fall, so hielt sich f ganz oder nahezu auf derselben Höhe wie bei den Versuchen mit ungeschmiertem Ring. In Folge der groſsen Geschwindigkeit des Ringes (bei 8000 Umdrehungen ist die mittlere Umfangsgeschwindigkeit 18m,62 in 1 Secunde) wurde das Oel nach dem gröſsten Kreis, möglicherweise also gerade von der Schleifstelle abgetrieben. Hält man fest, daſs der Reibungscoefficient durch eine Gleichung von der Form f = a – bu bestimmbar ist und sieht vorläufig davon ab, daſs die wahren Werthe von a und b noch nicht ermittelt sind, so läſst sich wenigstens andeuten, nach welchen Richtungen die Kenntniſs der Gleichung für f förderlich bei der Construction und Benutzung der Ringspinnmaschinen ist. Offenbar gibt es bei dem Spinnen jedes Garnes eine obere Grenze der Fadenspannung, welche nicht überschritten werden darf, wenn nicht häufig Fadenbrüche eintreten sollen. Bei dem Spinnen auf der Ringbank tritt die gröſste Fadenspannung ein, wenn der Faden gegen den kleinsten Kötzerhalbmesser anläuft. Dieser kleinste Spulenhalbmesser und das Läufergewicht lassen sich ermitteln, wenn man die gröſste zulässige Fadenspannung Pmax als gegeben ansieht. Dazu bieten sich zunächst die beiden schon bekannten Gleichungen (1) und (4) dar: Rf = P sin α bezieh. f = a – bu. Bei der folgenden Untersuchung soll auſser Berücksichtigung bleiben, daſs, in Folge der verschiedenen Anzahl von Fadenwindungen in steigender und fallender Schicht und weil die Ringbank abwechselnd mit und gegen den Faden läuft, an den Wegenden der Ringbank Geschwindigkeits- und Spannungssprünge eintreten müssen. Die Kenntniſs des kleinsten Kötzerhalbmessers r1 ist wichtig, weil sich dadurch das auf der Spule unterzubringende Garnvolumen bestimmt, welches aus ökonomischen Gründen so groſs als möglich genommen werden muſs. Nach Gleichung (2) ist sin α = r1 : ρ; es wird um so kleiner, je kleiner das Product Rf. Der Reibungscoefficient f ist, wenn die Spindel mit constanter Umdrehungszahl läuft, nur innerhalb sehr enger Grenzen veränderlich, da die Umdrehungszahlen des Läufers für Bewickelung auf den gröſsten und kleinsten Spulendurchmesser nicht weit aus einander liegen. r1 ist also fast ausschlieſslich von R abhängig und dies wird, wie ein Blick auf Fig. 1 zeigt, am kleinsten, wenn: R=P\,sin\,\beta_1 . . . . (5) Setzt man dies ein, so folgt: r_1=f\,\varrho\,sin\,\beta_1 . . . . (6) f bleibt noch näher zu bestimmen. Macht die Spindel n Umdrehungen in der Minute und soll das Garn bei einem mittleren Halbmesser des Garnkegels = r2 auf 1 Längeneinheit \varphi\,\sqrt{\mbox{Nummer}} Drehungen erhalten, so bestimmt sich die in 1 Minute vom Streckwerk herauszugebende Garnlänge l unter der Annahme, daſs bei dem Drahtgeben keine Längenänderung eintritt, aus folgenden 2 Gleichungen: u=n-\frac{l}{2\,r_2\,\pi} . . . \varphi\,\sqrt{\mbox{Nr.}}\,l=u . . . . . (7) Man erhält: l=\frac{n}{\varphi\,\sqrt{\mbox{Nr.}}+\frac{1}{2\,r^2\,\pi}} . . . . 8) Der mittlere Halbmesser r2 ist vorläufig nicht genau bestimmbar. Man begeht aber keinen Fehler von Belang, wenn man denselben für die Bestimmung von l entsprechend wählt. Durch ein geringes Fehlgreifen bei der Wahl werden höchstens die Grenzen des Drahtes, welcher, wie bekannt, bei der Ringspindel gewöhnlicher Anordnung variabel ist, etwas aber unwesentlich verschoben. Ist die in 1 Minute vom Streckwerk herauszugebende, nicht variable Garnlänge l bekannt, so macht der Läufer bei Bewickelung auf den kleinsten l Spulenhalbmesser r1: u_1=n-\frac{l}{2\,r_1\,\pi} . . . . (9) Umgänge in 1 Minute und der Coefficient der Reibung ist für diesen Gang f = a – bu1. Durch Vereinigung beider Gleichungen und Reduction auf f folgt: f=a+\frac{b\,l}{2\,r_1\,\pi}-b\,n . . . . (10) Durch Einsetzen dieses Werthes in Gleichung (6) erhält man den kleinsten Spulenhalbmesser: r_1=p+\sqrt{p^2+q}, . . . . (11) worin: p=\frac{\varrho\,(\alpha-b\,n)\,sin\,\beta}{2} . . . . (12)    q=\frac{\varrho\,b\,l\,sin\,\beta}{2\,\pi}. . . . . (13) Das Läufergewicht bestimmt sich aus der Centrifugalkraft. Fig. 1 lehrt: R^2=P^2+(C-P\,cos\,\alpha_1)^2-2\,P\,(C-P\,cos\,\alpha_1)\,cos\,\beta_1 . . . . (14) Da im gegebenen Falle R senkrecht auf C steht, so vereinfacht sich die Rechnung wesentlich; es ist jetzt: R^2=(P^2+sin\,\beta_1)^2 und C=P_{max}\,(cos\,\alpha_1+cos\,\beta_1) . . . . (15) Cos α1 läſst sich, sobald r1 bestimmt ist, sehr leicht ermitteln. Es ist: sin\,\alpha_1=\frac{r_1}{\varrho}, also cos\,\alpha_1=\sqrt{1-\left(\frac{r_1}{\varrho}\right)^2}. Für die Centrifugalkraft gibt es noch eine zweite Gleichung: C=\frac{{u_1}^2\,\varrho}{894,454}\,G\,\varrho, . . . . (16) worin G das Läufergewicht in Kilogramm, ρ der mittlere Ringhalbmesser in Meter. Man erhält hiernach das Läufergewicht: G=\frac{894,454}{{u_1}^2\,\varrho}\,P_{max}\,(cos\,\alpha_1+cos\,\beta_1) . . . . (17) Die Gleichung (17) hat nur Gültigkeit, wenn der Faden gegen den zulässigen kleinsten Spulenhalbmesser anläuft. Die allgemeine Gleichung für G ergibt sich durch Vereinigung von Gleichung (1) mit (14) und Einsetzen des aus Gleichung (16) zu entnehmenden Werthes für C. Sie lautet: G=\frac{894,454}{{u_1}^2\,\varrho}\,P_{max}\,\left[cos\,\alpha_1+cos\,\beta_1+\sqrt{cos^2\,\beta_1+\left(\frac{r_1}{\varrho\,f}\right)^2-1\right]} . . . . (18) Der kleinste Spulenhalbmesser ist, wenn man von den bekannten oder als bekannt vorauszusetzenden Gröſsen in Gleichung (12) und (13) absieht, lediglich abhängig von l, von der in 1 Minute gelieferten Garnlänge. Diese Länge wird ein Maximum, wenn auf der Maschine das gröbste Garn mit dem kleinsten Drahte gesponnen wird. Setzt man den gröſsten Werth von l in Gleichung (13) ein, so liefern die Gleichungen (11) bis (13) den gröſsten Werth für den kleinsten Spulenhalbmesser. Dieser wäre bei der Abmessung der Spulen zu Grunde zu legen. Aus ökonomischen Gründen lassen sich nicht für ein und dieselbe Ringbank Spulen verschiedenen Durchmessers vorräthig halten, wie es eine genaue Ausführung der Gleichung (11) verlangt. Nehmen wir an, daſs auf einer Ringbank Garn von Nr. 16 engl. an aufwärts gesponnen werden soll, daſs der zulässige kleinste Drahtcoefficient für ringgesponnenes Garn 3,5 ist, daſs der mittlere Ringhalbmesser ρ = 22mm,225 (⅞'' engl.) und der gröſste Abstand der Ringbank vom Läuferauge, wodurch Winkel β1 bestimmt wird, 254mm (10'') ist, daſs ferner für die Berechnung des Reibungscoefficienten f die Werthe a = 0,65 und b = 0,00005, welche wahrscheinlich die gröſsten Werthe von f ergeben, zu Grunde gelegt werden sollen, so lassen sich für 5, 6, 7 und 8 Tausend Spindelumdrehungen die gröſsten Werthe der kleinsten Spulenhalbmesser berechnen. Man hat nur noch über den in Gleichung (8) vorkommenden mittleren Spulenhalbmesser r2 zu entscheiden. Bei dem angegebenen Ringhalbmesser ist der gröſste zulässige Kötzerhalbmesser 15mm,875 (⅝''). Der kleinste Spulenhalbmesser wird voraussichtlich nicht viel unter ¼ Zoll herunter gehen. Man kann hiernach r2 = 7/16 Zoll setzen. Dies und φ = 3,5, Nr. = 16 in Gleichung (8) eingesetzt, gibt für: n = 5000 6000 7000   8000 l  = 348,1 417,72 487,34 556,96'' engl. Man erhält ferner aus Gleichung (12) und (13): p = 0,1743 0,1525 0,13075 0,10896'' engl. q = 0,002415 0,002898 0,003381 0,003863   „ und aus Gleichung (11) endlich: r1 = 0,3554 0,3142 0,2739 0,2341'' engl. Diese Werthe von r1 sind meiner Kenntniſs nach zu groſs. Es sind mir eine ganze Reihe von Ringspindelconstructionen bekannt, welche auf Papierdütchen spinnen lassen, bei denen r1 = ⅛ bis 3/16 Zoll engl. Die mir unterstellte Sammlung besitzt einen Ringbankkötzer mit Garn Nr. 16 englisch, dessen kleinster Durchmesser 5/16 Zoll ist. Fassen wir nochmals die Gleichungen (11) bis (13) ins Auge, so ergibt sich, daſs r, hauptsächlich von p abhängt, q ist immer ein kleiner Werth und abhängig von l, der in 1 Minute vom Streckwerk gelieferten Garnlänge, oder, was dasselbe sagt, vom Draht. Der Ausdruck für p wird nur kleiner, wenn a – bn oder besser wenn der Reibungscoefficient f kleiner wird. Die angestellte Betrachtung zeigt einen Weg, auf welchem die wahren Werthe von f für die verschiedenen Umdrehungszahlen des Läufers abgeleitet werden könnten mit Hilfe von der Praxis zu entnehmenden Werthen. Nimmt man an, daſs bei dem Spinnen auf Papierdütchen der durch Gleichung (6) angedeutete Grenzzustand erreicht wird, eine Annahme, gegen welche kaum etwas vorzubringen sein dürfte, so wäre f durch Messen von r1, ρ und Ermittelungen von sin β1 bestimmt. Es ist: f=\frac{r_1}{\varrho\,sin\,\beta_1} nach Gleichung (6). Um die Gleichung für f aufstellen zu können, wäre noch nothwendig, die Spindelumgänge n zu zählen und die in 1 Minute vom Streckwerk gelieferte Garnlänge l zu bestimmen. Die Gleichung u_1=n-\frac{l}{2\,r_1\,\pi} liefert dann die Umdrehungen des Läufers. Trägt man diese Umdrehungszahlen u1 wieder als Abscissen, die zugehörigen Werthe von f als Ordinaten auf, so wird sich voraussichtlich eine Linie irgend welcher Art für den Reibungscoefficienten verzeichnen und deren Gleichung aufstellen lassen. Gelingt es auf diesem Wege, die Gleichung für den Reibungscoefficienten zu ermitteln, so kann auch die Lösung der zweiten Aufgabe, rechnungsmäſsige Bestimmung des Läufergewichtes, in sichere Aussicht gestellt werden. Zur Auflösung der Gleichung (18) ist die Kenntniſs der während des Spinnens zulässigen gröſsten Fadenspannung Pmax nothwendig. Darüber ist so gut wie nichts bekannt. Aber auch hier läſst sich Licht schaffen gleichzeitig mit und bei den Beobachtungen und Erwägungen zur Ermittelung des Reibungscoefficienten. Wenn auſser r1, ρ, l, n und sin β1 noch bei dem Spinnen der verschiedenen Garne auf der Ringbank notirt werden: die Nummer des Garnes, die Zerreiſsfestigkeit Z desselben, Sorte und Beschaffenheit der Gespinnstfasern und das Gewicht des Läufers, so läſst sich die Fadenspannung auf Grund der oben aufgestellten Theorie entwickeln und das Verhältniſs P : Z herstellen. Zur Berechnung von P ist nur die Auflösung der beiden Gleichungen (1) und (14) nach P erforderlich. Die Centrifugalkraft C ist bekannt, da das Läufergewicht und die Zahl der Läuferumgänge durch die Aufzeichnungen gegeben werden. Es steht zu erwarten, daſs aus einer gröſseren Anzahl von in dieser Weise durchgeführten Untersuchungen ein bestimmter Zusammenhang zwischen P und Z gefunden wird, oder die zulässige gröſste Fadenspannung sich als Function der Garnnummer und des Drahtes darstellen läſst. Daſs der Zusammenhang zwischen gröſster zulässiger Fadenspannung, Garnnummer und Draht nicht für alle Sorten einer Gespinnstfaser derselbe sein wird, liegt auf der Hand. Angenommen, die Gleichung Pmax = Function (Nr., \varphi\,\sqrt{\mbox{Nr.}}) wäre bekannt, so ist, soll eine andere Garnnummer auf der Ringbank gesponnen werden, zur Bestimmung des erforderlichen Läufers nur die Gleichung (18) aufzulösen. Zu bestimmen ist zunächst noch u1. Läuft das Garn gegen den bekannten mittleren Kötzerhalbmesser r2 an und hat der Läufer in diesem Augenblicke u2 Umdrehungen, so findet sich u2 durch Multiplication der vom Streckwerk herausgegebenen Garnlänge l mit \varphi\,\sqrt{\mbox{Nr.}}, also u_2=l\,\varphi\,\sqrt{\mbox{Nr.}} Ferner ist u_2=n-\frac{l}{2\,r_2\,\pi}.Hieraus läſst sich l bestimmen und dann ergibt sich u1 aus der Gleichung: u_1=n-\frac{l}{2\,r_1\,\pi}. Auf dem angegebenen Rechnungswege wird bei Bestimmung des Läufergewichtes auch den Drahtverhältnissen Rechnung getragen. Darin scheint mir ein Fortschritt zu liegen gegenüber dem bisherigen Verfahren. Bisher schrieb der Fabrikant der Ringbank einfach vor: Bei dem Spinnen von Garn Nr. x ist Läufer Nr. y zu nehmen. Berücksichtigt man dagegen bei Bestimmung des Läufergewichtes auch den Draht, so kann das Resultat recht leicht Schwankungen gegen die Angabe des Fabrikanten innerhalb der Nummern y + 2 und y – 2 aufweisen, da die Gewichtsdifferenzen bei benachbarten Läufernummern sehr klein sind. Um letzteres darzulegen, füge ich hier die Gewichte eines Satzes Läufer, bezogen von Dobson und Barlow in Bolton, an. Die Gewichte sind bestimmt durch Wiegen von 5 oder 10 Stück. Es wiegt ein Läufer: Nr. 15 G = 0,262g Nr. 5 G = 0,093g Nr. 6/0 G = 0,029g 14 = 0,254 4 = 0,084 7/0 = 0,0285 13 = 0,232 3 = 0,077 8/0 = 0,027 12 = 0,218 2 = 0,069 9/0 = 0,0256 11 = 0,193 1 = 0,060 10/0 = 0,022 10 = 0,1697 1/0 = 0,049 11/0 = 0,020 9 = 0,1536 2/0 = 0,047 12/0 = 0,019 8 = 0,127 3/0 = 0,043 13/0 = 0,0187 7 = 0,113 4/0 = 0,036 14/0 = 0,0177 6 = 0,1065 5/0 = 0,031 15/0 = 0,017 Gelingt es auf den gezeigten Wegen, aus Erfahrungs- und Beobachtungsresultaten einerseits eine Gleichung für den Coefficienten der Reibung zwischen Läufer und Ring abzuleiten und andererseits einen gesetzmäſsigen Zusammenhang zwischen gröſster zulässiger Fadenspannung während des Spinnens, Garnnummer und Draht festzustellen, so lassen sich ferner noch die Geschwindigkeitsverhältnisse einer Ringbank ermitteln, wenn zur Bedingung gemacht wird, daſs die Fadenspannung constant bleiben soll. Jacob Grime in Preston hat bereits den Versuch gemacht, derartig construirte Ringbänke in den Spinnereibetrieb einzuführen. Ich habe schon (1881 240 * 265) ausführlich über diese Maschine Bericht erstattet. Die von mir hierbei angeknüpfte rechnerische Untersuchung muſs allerdings jetzt als nicht zutreffend bezeichnet werden. Der Reibungscoefficient ist aller Wahrscheinlichkeit nach zu niedrig (0,1) und dann auch als constant angenommen worden, während die Versuche dargelegt haben, daſs derselbe mit zunehmender Geschwindigkeit abnimmt. Mit der Aufforderung an die in der Praxis stehenden Spinnereitechniker, recht viele Daten in der angegebenen Richtung zu sammeln, will ich diese kleine Studie schlieſsen. Mit Vergnügen erkläre ich mich zur Bearbeitung der Beobachtungsresultate bereit, falls dies gewünscht werden sollte. Fände sich eine Spinnerei, welche aus Interesse an der Sache geneigt ist, Versuche über die aufgeworfenen Fragen anzustellen, so wäre es mir sehr erwünscht, davon Kenntniſs zu erhalten, gegebenen Falles die Versuche selbst vornehmen zu können. Eine Störung des Betriebes würde nur in höchst untergeordnetem Grade eintreten.