Titel: Ueber Neuerungen in der Zuckerfabrikation.
Fundstelle: Band 243, Jahrgang 1882, S. 140
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Ueber Neuerungen in der Zuckerfabrikation. Mit Abbildungen auf Tafel 13. (Patentklasse 89. Fortsetzung des Berichtes Bd. 242 S. 206.) Ueber Neuerungen in der Zuckerfabrikation. Dem nach dem neuen österreichischen Steuergesetz (vgl. Wagner's Jahresbericht, 1880 S. 572) erforderlichen Zählapparat für Diffusionsgefäſse von J. und H. Sebek in PragZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1880 Bd. 4 * S. 322. liegt folgender Gedanke zu Grunde: Werden im Innern eines Diffuseurs zwei Platten von verschiedenem Metall oder elektrische Leiter der ersten Ordnung, z.B. eine Zink- und eine Kupferplatte, in der Weise angebracht, daſs man sie auf die innere Mantelfläche isolirt aufschraubt, so wird in dem Augenblicke, wo der Diffuseur mit frischen Rübenschnittlingen und heiſsem Wasser bezieh. Saft gefüllt wird, zwischen beiden Platten ein elektrischer Strom erzeugt, welcher in Verbindung mit einem Elektromagnet sofort einen Anker anzieht. Durch allmähliches Abziehen des Saftes aus dem Diffuseur wird der elektrische Strom der beiden Platten mit der des Saftes oder des Salzgehaltes der Flüssigkeit geringer. Der Anker ist an einem drehbaren Hebel befestigt, welcher an dem anderen Hebelende einen zweiten Anker trägt, dem ein zweiter Elektromagnet gegenüber steht. Bringt man diesen zweiten Elektromagnet mit einer Kupfer- und Zinkplatte eines zweiten Diffuseurs, welcher in der Kette vom ersten Diffuseur um einige Diffuseure weiter absteht, in Verbindung, so zieht in dem Augenblicke, in welchem der zweite Diffuseur neu gefüllt wird, der zweite Elektromagnet den Anker an, da der elektrische Strom der Platten in diesem neu gefüllten Diffuseur viel stärker ist als in dem abgezogenen und fast schon ausgelaugten ersten Diffuseur. Kommt die Reihe des Füllens mit frischen Rübenschnittlingen wieder an den ersten Diffuseur, so wird der erste Anker vom Elektromagnet angezogen, weil der elektrische Strom dieser Platten in diesem frisch gefüllten Diffuseur wieder stärker ist als in dem bereits wieder abgezogenen Diffuseur. Diese Bewegung des Hebels wird nun in bekannter Weise auf ein Zählwerk übertragen. – K. V. Zenger empfiehlt den Apparat a. a. O., 1881 Bd. 5 S. 243 als praktisch brauchbar. Der Zählapparat, System Divis-GroſsZeitschrift für Rübenzuckerindustrie in Böhmen, 1880 Bd. 4 S. 379. Bd. 5 * S. 129 und 148., besteht wie der von B. F. GroſsOrgan des Vereines für Rübenzuckerindustrie der ö.-u. Monarchie, 1880 Bd. 4 * S. 404 und 411. Bd. 5 S. 115 und 137. angegebene aus dem luftdicht geschlossenen Cylinder B (Fig. 1 Taf. 13), welcher durch das Rohr D mit dem Diffuseur verbunden ist, so daſs bei Füllung des Diffuseurs die Luft im Behälter B zusammengepreſst wird. Dieser durch das Rohr e fortgepflanzte Luftdruck hebt die Gummischeibe n mit dem Stift a und dadurch die in das Zählwerk F eingreifende Stange v. Hört bei der Entleerung des Diffuseurs der Druck auf, so wird diese Vorrichtung durch das Gewicht K in die ursprüngliche Lage zurückgebracht und durch diese Doppelbewegung das erste Rad m des Zählwerkes um einen Zahn vorgeschoben. Dieser regierungsseitig vorgeschriebene Apparat zeigt jedoch häufig zu viel an, nie zu wenig. Die für denselben von B. F. Groſs vorgeschlagene Arretirungsvorrichtung wurde nach einem Commissionsgutachten abgelehnt. – Ob sich das von KarlikZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1881 Bd. 5 S. 195. in die Leitung e eingeschaltete Glyceringefäſs oder der von Morab und KrauseOrgan des Vereines für Rübenzuckerindustrie der ö.-u. Monarchie, 1881 * S. 53. construirte Moderator bewähren wird, bleibt abzuwarten. Sehr ähnlich ist der Diffuseurzähler von Egerle, während F. Pokorny die Bewegung des Zählwerkes durch einen Kolben bewirkt, auf welchen die Flüssigkeit des Diffuseurs direct wirkt.Zeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1880 Bd. 4. * S. 388. Bd. 5. S. 137 und 151 bezieh. * S. 393. Bei dem Apparate von MachovskyZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1880 Bd. 5 * S. 95. gelangt die Flüssigkeit, mit welcher sich das mit dem Zählapparate unmittelbar in Verbindung stehende Diffusionsgefäſs füllt, durch den Stutzen S in das Gehäuse a (Fig. 2 Taf. 13) und hebt den Schwimmer b, bis sich das obere Luftrohr e durch die am Schwimmer sich befindenden Verschluſsplatten d verschliefst. Jene Bewegung des Schwimmers sammt der Führungsstange c hat auch das Heben des Hebels f zur Folge, wobei diese Lage so lange erhalten bleibt, als die Flüssigkeit im Gehäuse bezieh. in dem Diffuseur oder Calorisator sich befindet. Sobald aber der Diffuseur entleert wird, so wird sich gleichzeitig auch das unmittelbar in Verbindung stehende Schwimmergehäuse entleeren, in welchem der Schwimmer seine ursprüngliche Lage annimmt, und somit die Anzeige des Uhrwerkes um eine Einheit vorgerückt. OpplZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1881 Bd. 5 * S. 230. verbindet den 1l Flüssigkeit fassenden Messingcylinder A (Fig. 3 Taf. 13) durch Gummischläuche a und e mit dem unteren und oberen Uebersteiger des Diffuseurs. Wird nun der frisch mit Schnitzeln gefüllte Diffuseur mit Saft gefüllt, so tritt dieser auch durch den Schlauch a in das Gefäſs A, während die Luft durch die andere Verbindung entweicht. In Folge dessen sinkt der durch den kleinen Hebel n geführte Cylinder A und greift mittels des Hebels F in das erste Rad C des Zählwerkes ein. Bei der Entleerung des Diffusionsgefäſses flieſst auch der Saft aus dem Behälter A zurück, so daſs dasselbe nun von dem Gegengewicht D wieder in seine frühere Stellung gehoben werden kann. G. Hodek verbindet das Zählwerk mit dem Deckel des Diffusionsgefäſses, StrubeZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1880 Bd. 5 S. 29 u. 137. 1881 Bd. 5 S. 196 u. * 226 bezieh. 1880 Bd. 5 * S. 92. mit dem Wasserhahn, A. WlasakOrgan des Vereines für Rübenzuckerindustrie der ö.-u. Monarchie, 1881 * S. 55. 1881 Bd. 5 S. 197. mit dem Lufthahne des Diffuseurs, Alle in der Voraussetzung, daſs diese Theile des Diffusionsapparates bei jeder neuen Füllung nur einmal geöffnet und geschlossen zu werden brauchen. Die Anwendung des Hodek'schen Apparates ist seit dem 12. Januar 1881 den österreichischen Zuckerfabriken gestattet. Schäffer und BudenbergZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1881 Bd. 5 * S. 173. füllen ein in den Diffuseur ragendes Rohr R (Fig. 4 Taf. 13) mit Aether, dessen Spannung durch die Röhrenfeder f mittels Hebel und Sperrklinke auf das Zählwerk z übertragen wird. Die Anordnung der Sperrklinke ist so getroffen, daſs dieselbe nur bei steigender Temperatur und zwar beim Ueberschreiten einer bestimmten Grenze die Einerscheibe des Zählwerkes um eine Stelle weiter bewegt, während dies bei weiterem Steigen und beim Rückgang der Temperatur nicht geschieht, so daſs ein Zählen erst wieder stattfinden kann, wenn nach erfolgtem Rückgang der Temperatur um ein Bestimmtes unter jene Grenze ein abermaliges Ueberschreiten jener Grenze stattfindet. Der Sicherheit wegen können zwei derartige Federn und Zählwerke angewendet werden, welche sich gegenseitig controliren. Wenn nun auch das neue österreichische Gesetz, nach welchem die Steuer nach der Gröſse der Diffuseure und der Anzahl der Füllungen bemessen wird, Vorzüge vor der früheren PauschalirungWagner's Jahresbericht der chemischen Technologie, fortgesetzt von F. Fischer, 1880 S. 562 und 569. hat, so erscheint es doch nicht unwahrscheinlich, daſs auch diese Bestimmung, und damit auch die genannten Zählapparate, früher oder später durch die in Deutschland übliche Rübensteuer oder aber durch die Fabrikatsteuer ersetzt wird. Bei dem in Fig. 5 und 6 Taf. 13 dargestellten Verdampfapparate von G. Turek und J. Kettler in Ratibor (* D. R. P. Nr. 13407 vom 29. Mai 1880) treten die Retourdämpfe durch das Rohr n in den Vorkocher A und verlassen denselben bei Q, während der directe Dampf bei z einströmt, der Saft bei x eintritt und durch Rohr a zum Fertigkocher B geht. Die Uebersteiger C und D sind mit Saftabfluſsrohr d versehen, der Röhrencondensator E mit Wasserzufluſs und Abfluſsrohr R und O. Die aus dem Vorkocher A herrührenden und aus der Heizkammer des Fertigkochers B tretenden Dämpfe gelangen nun nicht wie sonst in Brüdenpumpen oder Condensationsgefaſse, um in letzteren durch aus Brausen tretendes Wasser condensirt zu werden, sondern durch Rohre T und S in einen eigens dazu construirten Condensator M, welcher bis zum Siebe I immer mit Wasser aus den Brausen F und G gefüllt ist und mittels Rohr P mit der Luftpumpe in Verbindung steht. Die Pumpe saugt in Folge dessen nur 50 bis 55° warmes Wasser ab. Sollen die Apparate gereinigt werden, so läſst man bei b Wasser eintreten. Das Substitutionsverfahren zur Gewinnung von Zuckerkalk aus Melasse, welches A. Graf Buonaccorsi di Pistoja in Wien, L. Steffen in Wien und J. Drucker in Brunn (Erl. * D. R. P. Nr. 8346 vom 26. Juni 1878) patentirt wurde, benutzt das Zerfallen des in der Kälte gebildeten Zuckerkalkes beim Erhitzen in Zucker und schwer löslichem Drittelzuckerkalk. In Behältern, deren Gesammtinhalt etwa das 10fache Gewicht an Wasser der täglich zu verarbeitenden Melasse fassen soll, wird diese mit Wasser verdünnt und mit Kalkbrei von 30° B. versetzt. Die Verdünnung mit Wasser soll so bemessen werden, daſs die gebildete Zuckerkalklösung beim Erhitzen auf 100° einen Niederschlag ausscheidet, Melasse mit 47 bis 50 Proc. Zucker z.B. mit der 6fachen Wassermenge. Der verdünnten Melasse wird nun so viel Kalk zugesetzt, als sich bei der entsprechenden Temperatur darin auflöst. Es soll nur dann gearbeitet werden, wenn die Melassenlösung sich noch auf 15° abkühlen kann, falls man keine künstliche Kühlung anwenden will. Da die Löslichkeit des Kalkes von 0 bis 15° nur wenig verschieden ist, so verwende man die Menge Kalk, welche 0° entspricht, oder 28 Th. reinen Kalk auf 100 Th. Zucker in der betreffenden Lösung. Die Behälter, von denen jeder bei täglicher Verarbeitung von 10t Melasse 20cbm Inhalt hat, haben einfache Rührwerke. Hat sich der Kalk nach etwa 8 Stunden gelöst, so wird die erhaltene sogen. Ansatzlauge in geschlossenen Kochgefäſsen auf etwa 110° mittels Dampf erwärmt, so daſs sich der unlösliche Zuckerkalk abscheidet, worauf der gesammte Inhalt der Kochgefäſse durch Filterpressen getrieben wird, welche mit Vorrichtungen zum Auslaugen der Kuchen mittels 110° heiſsen Wassers versehen sind. Man packt dann die Kuchen in Preſstücher von Zwillich, in welchen dieselben mittels einer hydraulischen, mit Dampf geheizten Presse bei einem Drucke von 100 bis 150at nachgepreſst werden. Die Ansatzlauge darf während des Filirirens sich nicht unter 100° abkühlen, weshalb die Filterpressen vor dem Einlassen von Flüssigkeit mit Dampf angewärmt werden müssen. Die aus den Pressen ablaufende Mutterlauge wird abgekühlt und die dem ausgefällten Zuckerkalk entsprechende Menge Zucker in Form von Melasse und Kalk als Kalkbrei wieder zugefügt. Die so behandelte Mutterlauge rührt man bei gewöhnlicher Temperatur etwa 3 Stunden weiter, bis die Flüssigkeit mit Kalk gesättigt ist. Es ist dann die Mutterlauge durch „Substitution“ von Melasse und Kalk der ursprünglichen Ansatzlauge im Procentgehalt an Zucker und Kalk gleich. Man erhitzt nun die Mutterlauge in den Kochgefäſsen, worauf ebenso wie vorhin bei der Erwärmung der Ansatzlauge sich unlöslicher Zuckerkalk ausscheidet, welcher abfiltrirt und abgepreſst wird. Die darin enthaltene Zuckermenge entspricht dem gesammten Zucker, welchen man in der Melasse der Mutterlauge substituirte. Nun wiederholt man Substitution und Fällung mit derselben Mutterlauge so lange, bis die letztere durch die sich anhäufenden Nichtzuckerstoffe und Salze, nach 20- bis 25facher Wiederholung, nicht mehr zu verwenden ist. Die letzte Mutterlauge macht man zuckerarm, indem man nur Kalk nach jeder Fällung substituirt. Der gewonnene Zuckerkalk wird in einfachen Mischmaschinen mit Wasser zu einem Brei von 10° B. angerieben, mit Kohlensäure zersetzt und so wie saturirter Rübensaft auf Zucker weiter verarbeitet. Der Zuckerkalk kann auch im Wasser zu einem Brei von 30° B. verrieben und als Scheidemittel statt Kalk den grünen Rübensäften zugesetzt und mit diesen gemeinsam auf Zucker verarbeitet werden. Bei der Verarbeitung von Melasse für sich nach diesem Verfahren in TroppauHier wurde das Verfahren in Folge einer Explosion wieder verlassen. und Dolloplass zeigte sich, wie K. Stammer in der Zeitschrift des deutschen Vereines für Rübenzucker, 1880 S. 139 und 1881 S. 871 berichtet, daſs die Saturation ohne jeden Anstand verlief und durch einfache Wiederbenutzung verdünnterer Säfte solche von der Schwere der gewöhnlichen Fabriksäfte zu liefern vermochte. Die erhaltenen Saturationssäfte unterschieden sich darin von den gewöhnlichen, daſs die Wirkung der Filtration auf dieselben sehr bedeutend war und so Dicksäfte und Füllmassen von hoher Reinheit erhalten werden konnten, sowie das Kochen auf Korn in ganz normaler Weise von Statten ging. Stammer stellte dem entsprechend folgende Reinheiten fest: UngereinigterGereinigter Zuckerkalk 81,280,6 und 85,7 Scheinbare Reinheit des durch    Saturation des Zuckerkalkes    gewonnenen Saftes. Scheinbare WirklicheReinheit Unfiltrirter Dicksaft 84,5 83,0 85,8 Filtrirter Dicksaft 86,5 88,5 87,9 90,1 Füllmasse, wirkliche Reinheit 90,4. An Ablaufzucker ersten Productes wurden erzielt 62 Proc. der Füllmasse, entsprechend 26,9 Proc. der verarbeiteten Melasse, ferner 3,4 Proc. der Melasse an geschleudertem zweiten und etwas drittes Product, welches hier, ebenso wie die Restmelasse, auſser Berechnung gelassen werden mag. Der Saturationsschlamm enthielt, weil die Filterpressen nicht mit Absüfsvorrichtung versehen waren, noch eine auf 4 bis 5 Procent der Melasse zu berechnende Menge Zucker, so daſs die wirkliche Ausbeute etwa 35 Proc. betrug. Wenn die Arbeit im Gange ist, enthalten die mit Rührwerk versehenen Ansatzbehälter G (Fig. 7 Taf. 13) abgekühlte Ansatzlauge, d.h. eine Mischung von Mutterlauge von der vorhergehenden Zuckerkalkabscheidung mit Melasse und Kalk, womit sie in geeignetem Verhältniſs versetzt und zur richtigen Temperatur abgekühlt ist. Nach beendeter Mischung wird die Ansatzlauge aus einem dieser Gefäſse durch Rohr a nach dem Erwärmungsgefäſs H befördert, wo sie zur Abscheidung des unlöslichen Zuckerkalkes auf 110° erhitzt wird, worauf die Flüssigkeit nach dem Druckgefäſs (Montejus) J und von hier mittels Dampfdruck aus Rohr d durch Rohr e in die Filterpressen R gedrückt wird. Die abflieſsende Mutterlauge gelangt durch Rohr b nach dem Sammelbehälter k, der Zuckerkalk wird durch die Schnecke s nach dem Vorreiber mit Rührwerk P geschafft. Hier wird der Zuckerkalk mit im Gefäſs L erhitzten, in N gemessenem, kochendem Wasser im Verhältniſs von 4 : 7 zu Brei verrieben und eine Zeit lang durchgemaischt, um dann mittels Druckgefäſs O in eine zweite Reihe Filterpressen r gedrückt zu werden. Hier findet die Trennung des gereinigten Zuckerkalkes von der durch den Wasserzusatz verdünnten Mutterlauge statt, wonach man ersteren – erforderlichen Falles nach vorherigem Waschen mit Wasser von 100° – ausdämpft. Die abflieſsende Mutterlauge gelangt ebenfalls nach k, während der feste Kuchen bildende Zuckerkalk durch die Schnecke s nach der Verreibevorrichtung p geht, wo er – mit Wasser, Süſswasser oder Rübensaft zu einem Brei verrieben – durch das Druckgefäſs Z in passender Weise zur Saturation oder zur Saftscheidung befördert wird. Verarbeitet man Zuckerkalk mit Rübensäft, so gibt man dem Brei eine Dichte von etwa 45 Proc.; wenn man ihn für sich allein verarbeitet, so verdünnt man zu etwa 18 Proc. Die aus den Filterpressen nach k geflossene Mutterlauge wird durch Centrifugalpumpe W nach dem Gefäſs A gepumpt und flieſst nach dem Hollefreund'schen Vacuumkühler B, wo durch Luftverdünnung eine starke Verdunstung (etwa 10 Proc.) und dadurch Abkühlung auf etwa 50° bewirkt wird (vgl. 1879 231 * 165). Gleichzeitig wird hier aus dem Meſsgefäſs C so viel vorher mit etwa 6 Proc. Kalk gekochte Melasse zugesetzt, daſs der ursprüngliche Zuckergehalt der Ansatzlauge, welcher durch die Abscheidung von Zuckerkalk vermindert war, wiederhergestellt wird. Die auf 50° abgekühlte substituirte Mutterlauge flieſst nun durch D über den Neubecker'schen Flächenberieselungsapparat E (vgl. 1876 222 * 487), wo die Abkühlung auf 15° erfolgt. Die so gekühlte Lauge erhält dann aus dem Meſsgefäſs F einen Zusatz von gleichfalls abgekühlter Kalkmilch und flieſst in einen der Behälter G, um den Kreislauf aufs Neue zu beginnen. Durch das angewendete Verdünnungswasser für die im ungereinigten Zuckerkalk zurückgehaltene Mutterlauge, die zugesetzte Kalkmilch und die Melasse findet eine durch die Verdunstung nicht ausgeglichene Vermehrung des Flüssigkeitsvolumens statt, welche 12 bis 13 Proc. von der Ansatzlauge ausmacht. Wenn die Vermehrung der Flüssigkeit so viel beträgt, daſs man mit dem Ueberschuſs die Gefäſse zum Erhitzen der Ansatzlauge allein anfüllen kann, ein Fall, der sich bei regelmäſsiger Arbeit auch regelmäſsig wiederholt, so erhält dieser Ueberschuſs an Mutterlauge keinen weiteren Zusatz an Melasse, er wird nicht weiter substituirt, sondern nur durch Kalkzusatz theilweise entzuckert oder reducirt und dann als Abfalllauge aus dem Kreislaufe entfernt. Es entfallen sonach auf 100 Th. verarbeiteter Ansatzlauge regelmäſsig 12 bis 13 Th. Reductionsmutterlauge und daraus nach Ausfällung mit Kalk ebenso viel Abfallauge. Diese beträgt also ungefähr ⅛ der Ansatzlauge, so daſs bei einer täglichen Behandlung von 8 Gefäſsen Ansatzlauge durch Substitution immer je ein Gefäſs zur Reduction und dann als Abfalllauge zur Entfernung gelangt. Sie nimmt mit einem gewissen Antheil Zucker jenen Nichtzucker mit aus dem Kreislauf, welcher einer Substitution durch Melasse entspricht; es entfallen nach Steffen's Angaben auf 100 Th. Melasse 280 Th. Abfalllauge, einschlieſslich des Waschwassers von demjenigen Zuckerkalk, welcher von der Reduction stammt. Eine neuerdings eingeführte wesentliche Verbesserung dieses Verfahrens besteht darin, daſs statt der Kalkmilch die Melassenlösung mit gebranntem und gemahlenem Kalk gemischt wird. Die Flüssigkeit braucht in Folge dessen nicht mehr auf 12 bis 15° abgekühlt zu werden, sondern nur noch auf etwa 25°, so daſs das Verfahren nun auch im Sommer ausgeführt werden kann. Auſserdem wird die Lauge vor dem Einziehen in das Kochgefäſs H nicht mehr durch Absetzenlassen geklärt und von dem überschüssig zugesetzten Kalk getrennt, sondern man drückt sie durch Filterpressen und bringt die klare Lösung dann unmittelbar in das Kochgefäſs. In besonders musterhafter Weise und mit bestem Erfolg ist dieses verbesserte Verfahren jetzt in der Zuckerfabrik Gronau bei Hannover eingeführt, welche seit Ende December 1881 täglich etwa 10t Melasse direct auf Zucker verarbeitet. H. B. v. Adlerskron (Zeitschrift des deutschen Vereines für Rübenzucker, 1881 S. 796) hat Proben aus einer Fabrik untersucht, welche bereits 2mal osmosirte, mit Salzsäure fast neutralisirte Melasse direct auf Zucker verarbeitete, aber unzureichende Vorrichtungen zum Waschen des Rohsaccharates hatte. Derart gereinigtes Saccharat aus der zweiten Presse enthielt: Untersuchung Wasser Trocken-substanz Zucker Durch CO2fällbarerKalk Gleich nach Entnahme aus den Pressen 15,75   3 Tage später 69,52 30,48 15,73 8,40   7    „        „ 69,72 30,28 15,49 8,35 14    „        „ 69,93 30,07 15,27 8,35 27    „        „ 14,60 8,09 41    „        „ 13,85 7,67 Der Zuckergehalt des Saccharates nimmt somit bei längerer Aufbewahrung ab. Das gewaschene Saccharat, der saturirte Saccharatsaft und die Füllmasse hatten folgende Zusammensetzung: Saccharat Saccharatsaft Füllmasse Wasser   69,52 Proc.   94,630 Proc.   11,28 Proc. Zucker   15,73     4,523   80,80 Kalk (CaO, durch CO2 fällbar)     8,40     –     – Kohlensaurer Kalk     0,91     –     – Unlösliches (in verdünn. HCl)     0,06     –     0,01 Schwefelsäure (SO3)     0,10     0,004     0,07 Eisenoxyd (Fe2O3) und Spuren   Phosphorsäure     0,44     –     Spur Kalk (CaO)     0,51     0,050     0,16 Magnesia (MgO)     0,02     –     – Kali (K2O)     0,49     0,166     2,82 Natron (Na2O)     0,07     0,019     0,42 Chlor     0,11     0,032     0,65 ––––––––––––––––––––––––––––––––––   96,36   99,424   96,21 Sauerstoff-Aeq. des Chlors ab     0,02     0,007     0,14 ––––––––––––––––––––––––––––––––––   96,34   99,417   96,07 Organische Substanz     3,66     0,583     3,93 –––––––––––––––––––––––––––––––––– 100,00 100,000 100,00 Kalkalkalität     –     0,018 CaO     – Reinheitsquotient =   74,30   84,23   91,07 Die Abfalllauge hatte eine Kalkalkalität von 0,74 Proc. CaO und 1,048 sp. G. bei 9,50 Proc. Trockensubstanz. Diese enthielt: Zucker 23,89 Proc. Schwefelsaurer Kalk   0,53 Eisenoxyd   0,32 Chlorkalium   1,37 Chlornatrium   4,42 Kalk   7,58 Kali 15,58 Organische Substanz 46,31 mit 3,26 Proc. Stickstoff. Die geklärte Ansatzlauge von 1,085 sp. G. und 20,4° Brix enthielt 6,73 Proc. Zucker und 2,16 Proc. Kalk, so daſs auf 1 Aeq. Zucker 2 Aeq. Kalk kommen. Die Mutterlauge der ersten und zweiten Pressen hatten bei 1,0595 sp. G. und 14,6° Brix 4,30 Proc. Zucker und 1,06 Proc. Kalk, somit ein Aequivalentverhältniſs von Zucker zu Kalk wie 2 : 3. Der untersuchte Rohzucker stammte aus nicht osmosirter Melasse und war aus blank gekochter Füllmasse geschleudert; er enthielt: Wasser   2,97 Proc. Zucker 93,80 Schwefelsäure   0,06 Eisenoxyd   0,06 Kalk   0,07 Kali   0,94 Natron   0,18 Chlor   0,26 Organische Substanz   1,72 Somit kommen auf 100 Th. Zucker: ImSaccharat ImsaturirtenSaccharatsaft Inder Füll-masse Inder Abfall-lauge Schwefelsäure   0,64   0,09 0,09     1,32 Kalk   3,24   1,11 0,20   33,04 Kali   3,12   3,67 3,49   68,72 Natron   0,45   0,42 0,52     9,69 Chlor   0,70   0,71 0,80   13,66 Gesammtasche † 11,32   5,84 4,94 124,67 Organische Substanz 23,27 12,89 4,86 193,83 Durch CO2 fällbarer CaO 53,40 † Nach Abzug des durch Kohlensäure fällbaren Kalkes und des kohlensauren Kalkes. Dieser verhältniſsmäſsig hohe Gehalt des Saccharates und der Füllmasse an organischen Stoffen und Alkalien ist durch die unzureichende Wäsche des Saccharates und der Anwendung bereits osmosirter Melasse erklärlich. Um über die Wirkung einer besseren Wäsche Aufschluſs zu erhalten, wurde ein bereits gereinigtes Saccharat aus der zweiten Presse nochmals mit heiſsem Wasser behandelt. Das Saccharat war aus einer Melasse gewonnen, welche gröſstentheils aus Ablauf vom 2. Product bestand mit nur wenig Ablauf des 3. Productes. Melasse, Rohsaccharat aus den ersten Pressen (I), einmal gewaschenes Saccharat aus den zweiten Pressen (II) und zweimal gewaschenes Saccharat (III) enthielten: Melasse Saccharat I II III WasserZuckerKalk (durch CO2 fällbar)Kohlensaurer KalkUnlösliches (in verdünnter Salzsäure)KieselsäureSchwefelsäureEisenoxyd und PhosphorsäureMagnesiaKalkKaliNatronChlorSauerstoff-Aequivalent des Chlors abOrganische Substanz 22,24853,4000,0110,0060,1370,0280,0470,1295,3030,7450,5340,12017,532   66,379  16,451    8,455    0,618    0,041    0,125    0,102    0,214    0,105    0,658    1,147    0,200    0,122    0,028    5,411   75,783  12,070    7,515    0,757    0,035    0,120    0,073    0,236    0,101    0,404    0,344    0,068    0,039    0,009    2,464   78,369  11,065    7,172    0,950    0,022    0,161    0,073    0,228    0,107    0,237    0,102    0,027    0,017    0,004    1,474 100,000 100,000 100,000 100,000 Asche †Organische Substanz 6,82017,532     2,686    5,411     1,411    2,464     0,970    1,474 Nichtzucker †Zucker     8,097  16,451     3,875  12,070     2,444  11,065 Trockensubstanz †Reinheitsquotient 68,68   21,54867,02   15,94575,70   13,50981,91 † Nach Abzug des durch Kohlensäure fällbaren Kalkes und des kohlensauren Kalkes. Die Untersuchung der saturirten Säfte des Rohsaceharates (Ia) des einmal (IIa) und 2mal gewaschenen Saccharates (IIIa) ergab: Ia IIa IIIa Spec. Gewicht bei 17,5° 1,043 1,030 1,031 Grad Brix bei 17,5° Temp. 10,7° 7,58° 7,7° Wasser 90,214 Proc. 92,907 Proc. 92,771 Proc. Zucker 7,192 6,225 6,810 Schwefelsäure 0,016 0,008 0,011 Eisenoxyd 0,006 0,004 0,004 Magnesia 0,021 0,019 0,023 Kalk 0,121 0,071 0,073 Kali 0,500 0,175 0,061 Natron 0,080 0,033 0,015 Chlor 0,056 0,019 0,010 Organische Substanz 1,807 0,543 0,224 Reinheitsquotient 73,49 87,76 94,20 Die von den ersten Pressen ablaufende Mutterlauge (I), die Waschlauge der zweiten Pressen (II) und die von der zweiten Wäsche (III) enthielten: I II III Trockensubstanz 14,63 4,78 2,54 Zucker   5,58 1,78 1,03 Kalk   1,06 0,37 0,44 Auf 100 Th. Zucker kommen somit: In derMelasse ImSaccha-rat ImSaccha-ratsaft ImSaccha-rat ImSaccha-ratsaft ImSaccha-rat ImSaccha-ratsaft I Ia II IIa III IIIa Kalk, durch CO2 fällbar 51,40   0,00 62,26   0,00 64,82   0,00 Kohlensaurer Kalk   3,76   0,00   6,27   0,00 8,59   0,00 Unlösliches (in verdünnter     Salzsäure)   0,02   0,25   0,00   0,29   0,00   0,20   0,00 Kieselsäure   0,01   0,76   0,00   0,99   0,00   1,46   0,00 Schwefelsäure   0,26   0,62   0,22   0,60   0,13   0,66   0,16 Eisenoxyd u. Phosphorsäure   0,05   1,30   0,08   1,96   0,06   2,06   0,06 Magnesia   0,09   0,64   0,29   0,84   0,31   0,97   0,34 Kalk   0,24   4,00   1,68   3,35   1,14   2,14   1,07 Kali   9,93   6,97   6,95   2,85   2,81   0,92   0,90 Natron   1,40   1,22   1,11   0,56   0,53   0,24   0,22 Chlor   1,00   0,74   0,78   0,32   0,31   0,15   0,15 Gesammtasche 12,77 16,33 10,94 11,69   5,22   8,77   2,86 Organische Substanz 32,83 32,89 25,13 20,41   8,72 13,32   3,29 Gesammt-Nichtzucker 45,60 49,22 36,07 32,10 13,94 22,09   6,15 Reinheitsquotient 68,68 67,02 73,49 75,70 87,76 81,91 94,20 Die nochmalige Wäsche des Saccharates hat mithin die Reinheit desselben um etwa 6 Proc. erhöht durch vollständigere Entfernung der löslichen Salze. Bei der Saturation werden mit dem kohlensauren Calcium organische Stoffe, Gyps und Magnesia niedergeschlagen. Bei der Melasseverarbeitung nach dem Substitutionsverfahren ist demnach namentlich auf möglichst vollständige Verdrängung der Mutterlauge zu sehen. Wenn es hierdurch möglich ist, aus Saccharat Scheidesäfte von der Reinheit von 94 zu erzielen (welche ja durch die Filtration über Knochenkohle noch eine weitere wesentliche Reinigung erfahren), so ist anzunehmen, daſs die erhaltenen Dicksäfte bezieh. Füllmassen von einer allen Anforderungen genügenden Beschaffenheit sein müssen. Ebenso kann voraussichtlich die Verwendung von so gereinigtem Saccharat zur Scheidung von Rübensäften nur eine Verbesserung derselben bewirken. Allerdings hat die Einführung gröſserer Wassermengen bei der Saccharatwäsche auch mancherlei Unannehmlichkeiten und technische Schwierigkeiten im Gefolge, wie Verdünnung der Mutter- und Abfalllauge und die dadurch bedingte Notwendigkeit, häufiger zur Reduction schreiten zu müssen. Doch erscheinen diese Nachtheile gegenüber den erlangten Vortheilen nur von zurücktretender Bedeutung.

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Tafel Tafel 13
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