Titel: Die direkte Eisenerzeugung in Amerika.
Fundstelle: Band 245, Jahrgang 1882, S. 29
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Die direkte Eisenerzeugung in Amerika. Die direkte Eisenerzeugung in Amerika. Nachdem R. J. Anderson auf einem Werke in Tyrone, Pennsylvanien, festgestellt hatte, daſs die Fabrikation von Eisen nach dem directen Verfahren von C. W. Siemens im Groſsen mit verhältniſsmäſsig geringen Kosten möglich sei (vgl. 1881 239 140), wurde, wie das Engineering and Mining Journal, 1881 Bd. 32 S. 431 mittheilt, vor einiger Zeit in Pittsburg die Siemens-Anderson-Steel-Company zur Ausbeutung des Verfahrens gegründet. Das Prinzip des Verfahrens ist bekanntlich folgendes: Eisenerz wird durch Kohle bei einer solchen Temperatur reducirt, daſs das gebildete Eisen in festem Agregatzustand verbleibt, während die Gangarten des Erzes, die Brennmaterialasche und die Zuschläge zu einer flüssigen Schlacke zusammenschmelzen, die theilweise vom Eisen durch Abstechen oder Zangen entfernt werden kann. Die Hütte besteht aus der Erzzerkleinerungsanstalt und 4 Siemensschen Drehöfen von der auch bei Puddelöfen angewendeten Einrichtung (vgl. 1881 242 * 123). In Höhe der Absturzbühne der die Hütte berührenden Baltimore-Ohio-Eisenbahn stehen 4 Blake'sche Steinbrecher (vgl. 1872 206 * 346), welche Erz, Kohle und Kalkstein bis auf Graupengröſse zerkleinern. Paternosterwerke führen das zerkleinerte Material in eine Reihe von Kasten, deren untere Auslaſsöffnungen 3m,35 über der Hüttensohle liegen. Aus diesen gelangt das Material in Wagen, welche auf Geleisen über die Oefen gefahren werden können, um die Beschickung durch umklappbare Rinnen in letztere stürzen zu können. Jeder Ofen besitzt 2 Regeneratoren und 2 Gaserzeuger. Auſserdem liegt unter demselben Dache noch ein 3t-Hammer zum Bearbeiten der Luppen. Die Regeneratorkammern sind 6m,40 hoch, 3m,05 lang und 2m,33 breit, Die feuerfeste Ziegelfüllung besteht aus Woodlandsteinen. Die Oeffnung, durch welche das Gas in den Drehofen eintritt, hat eine ovale Gestalt von 0m,91 Länge und 0m,33 Höhe. Ueber dieser Oeffnung liegen noch zwei halbmondförmige Züge, von denen jeder mit einem Regenerator in Verbindung steht. Durch den einen tritt die in einem der Regeneratoren erhitzte Luft, verbrennt das aus der unteren Oeffnung kommende Gas, worauf die verbrannten Gase durch den anderen Regenerator zu der gemeinschaftlichen 27m hohen Esse gehen. Die Gas- und Luftventile der Regeneratoren, sowie die Zugklappe der Esse werden von der Kopfseite des Drehofens aus gehandhabt. Letzterer besitzt einen 25mm starken, cylindrischen, doppelt vernieteten Mantel und guſseiserne Kopfstücke. Die lichte Länge des Mantels beträgt 3m,65, der lichte Durchmesser 3m,35. Die Ausmauerung besteht aus 0m,11 hohen Steinen, auf welchen eine Erzschicht eingeschmolzen ist. An der Kopfseite des Drehofens liegen die Arbeitsöffnung mit der Einsatzthür und 3 Schlackenabstiche. Die Bewegung des Drehofens bewirkt eine zweicylindrige Dampfmaschine mit 0m,35 Hub- und 0m,20 Cylinderdurchmesser. Da eine doppelte Schneckenradübersetzung vorgesehen ist, so macht der Drehofen nur eine Umdrehung in 5 Minuten, während die Maschinenwelle sich 180 bis 300 mal in einer Minute umdreht. Der Drehofen wird von zwei Paar Stahlrädern getragen, von welchen das hintere Paar auf Rollen läuft, um den durch Temperaturdifferenzen bedingten Längenausdehnungen des Mantels gerecht zu werden. Beim Beschicken der Oefen wird die oben erwähnte Rinne in die Beschickungsöffnung eingeführt und werden sodann 2500k Erz, 600 bis 800k Kohlen und wenn nöthig bis zu 200k Zuschlagsmaterial in das Ofeninnere gestürzt. In Zukunft soll als Reductionsmittel nur Staubkohle verwendet werden. Nachdem der Ofen unter fortwährender Drehung während 8 Stunden geheizt worden, ist die Reduction des Erzes beendet und wird nun die Schlacke in eiserne Wagen abgestochen. Sodann werden die einzelnen Luppen, welche oft von sehr unregelmäſsiger Gestalt sind, herausgenommen und unter dem Hammer gezängt. Letzteres muſs schnell vor sich gehen, da die anfanglich heiſse und flüssige Schlacke bald anfängt zu erstarren. Das Gewicht der Luppen schwankt zwischen 88 und 113k und beträgt das Ausbringen 47 bis 53 Procent des eingesetzten Erzes. Das Ausbringen ist gering gegen das früher von Tunner und Holley angegebene, welches nach Ersterem 72,4 Proc., nach Letzterem sogar 88 Proc. beträgt. Der Grund hierfür ist nach der folgenden Analyse in dem hohen Kieselsäure- und dem geringen Kalkgehalt der Erze zu suchen. So enthielt z.B. ein in Pittsburg verhüttetes Erz aus Canada: 12,07 Proc. Kieselsäure, 9,24 Proc. Kalk, 52,21 Proc. metallisches Eisen, 3,75 Proc. Thonerde und 0,03 Proc. Phosphor. Die aus diesem Erze hergestellten Luppen enthielten 82,570 Proc. Eisen, 0,006 Proc. Phosphor, 0,021 Proc. Schwefel und 16,950 Proc. Schlacke. Das Werk beschäftigt in der Tag- und Nachtschicht zusammen 35 Arbeiter. Das Entleeren eines Ofens dauert eine Stunde, so daſs eine Hitze 9 Stunden in Anspruch nimmt. Der Kohlenverbrauch für 1t Luppen beträgt 3t,25. In letzterer Zahl ist der Bedarf für die Gaserzeuger und Dampfkessel mit eingerechnet. Die Luppen werden als Zuschlagsmaterial für die Flammofen-Fluſsstahlerzeugung verwendet. Hoffentlich sind die Amerikaner mit der Mittheilung der ferneren Betriebsresultate nicht zurückhaltend; denn die direkte Eisenerzeugung gewinnt immer mehr an Interesse und verdient auch die Beachtung der mit unreinen Erzen gesegneten Länder, wie z.B. Deutschland, da die Möglichkeit, aus Phosphor und Schwefel stark haltigen Erzen sehr reines Eisen abzuscheiden, erwiesen ist. Die folgenden Analysen geben z.B. die Zusammensetzung verschiedener Erze und Schlacken von dem in Towcester in England ausgeführten Siemens'schen Prozesse: Towcester Erze Gebrannter Schlacke nach A B C Kohleneisenst. 1. Abst. 2. Abst. Eisenoxyd 52,04 54,1 50,4 74 bis 80   46,95 49,24 Eisenoxydul Spur Spur Spur 8 bis 16   7,05 Manganoxyd   0,223   –   0,112 Spur     0,49 Spur Thonerde   8,76 12,7 14,1   16,50 20,40 Kieselsäure 16,3 12,3 15,3 2 bis 3   28,10 18,10 Kalk   –   –   – 3     2,09 Spur Phosphorsäure   2,4   2,15   2,1 1 bis 1,3     5,22   3,465 Schwefel   6,033 Spur Spur    0,3 bis 0,6     1,03   0,408 Kohlensäure u. Wasser 19,5 14,8 16,3 Magnesia   –   –   – 2 bis 3 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Summe 97,296 96,05 98,312 100,38 99,363. Das hieraus gewonnene Luppeneisen enthielt: Eisen 99,710 Kohlenstoff 0,120 Silicium 0,065 Schwefel 0,027 Phosphor 0,074 Mangan Spur ––––––– 100,005. St.