Titel: Zur Bestimmung der Gerbsäure; von Ferd. Simand.
Autor: Ferdinand Simand
Fundstelle: Band 246, Jahrgang 1882, S. 41
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Zur Bestimmung der Gerbsäure; von Ferd. Simand. Simand, zur Bestimmung der Gerbsäure. Die nur nach Milligramm zählende Menge der sich aus extrahirten Knochen und hauptsächlich aus extrahirten Hornschläuchen in destillirtem Wasser lösenden organischen Stoffe brachten mich auf den Gedanken, eine gewichtsanalytische indirekte Bestimmungsmethode der Gerbsäure auszuarbeiten. Diese Methode ist zwar einfach, dürfte jedoch für die Praxis den Uebelstand haben, daſs sie nicht in kurzer Zeit auszuführen wäre; ich will daher auf diesem weiter unten angedeuteten Wege das Aequivalent sowohl des Tannins, als auch der gerbenden Stoffe der verschiedenen Gerbmaterialien gegen Oxalsäure oder Eisen ermitteln, da dies für die Praxis von wesentlichem Nutzen wäre, in so fern als bisher bei den Gerbstoffbestimmungen die Berechnung stets nur auf den Werth des Tannins bezogen wurde, welcher gewiſs verschieden von jenem der meisten anderen Gerbsäuren ist. Die Praxis hat beobachtet, daſs die Wirkung verschiedener Gerbmaterialien, wenn auch von dem absoluten Gerbstoffgehalt abgesehen wird, sehr verschieden ist. Zunächst versuchte ich das von Prof. Oser angegebene Aequivalent für Eichengerbsäure (63 Oxalsäure = 62,29 Eichengerbsäure) zu erhalten. Diese Versuche führte ich so aus, daſs eine gewisse Menge Eichenrinde mit destillirtem Wasser auf ein bestimmtes Volumen abgekocht wurde. Von der erkalteten und filtrirten Lösung sind 2 mal je 100cc eingedampft, getrocknet und nach Abzug der Asche die Menge der organischen Stoffe gefunden worden. Aus zwei anderen Partien zog ich mit Hornschläuchen den Gerbstoff aus und dampfte das Filtrat ein.Ein Theil desselben, auf beiläufig den zehnten Theil eingeengt, gab mit Leimlösung eine deutlich bemerkbare Reaction. Nach Abzug des Aschengehaltes fand ich so die Menge derjenigen Stoffe, welche von Hornschläuchen nicht aufgenommen wurden (Nichtgerbstoff), und durch Subtraktion von Obigem erhielt ich das Gewicht der in der eingedampften Anzahl Cubikcentimeter obigen Eichenauszuges enthaltenen gerbenden Stoffe, welche 1g,1545 bezieh. 1g,1585 betrugen. Nebenbei wurden je 100cc der filtrirten Eichenabkochung auf: a) 500cc, b) 600cc und c) 900cc mit destillirtem Wasser verdünnt und von allen dreien je 10cc mehrere Male titrirt. Aus denselben Brühen wurde auch mit Hornschläuchen der Gerbstoff ausgezogen und je 10cc Filtrat wieder titrirt. 1cc Chamäleon entsprach 0g,001851 Eisen. a) In 10cc dieser Brühe befinden sich 0g,02309 (= 1,1545 : 50) bezieh. 0g,02317 (= 1,1585 : 50) Gerbstoff, welcher 11cc,7 Chamäleon (= 0g,021657 Eisen) zur Oxydation braucht. Das Aequivalent gegen Eisen berechnet sich: 0,02309 : 0,021657 = x : 56, woraus x = 59g,71 Eichengerbsäure, Eichen-gerbstoff     Eisen und 0,02317 : 0 021657 = x : 56, woraus x = 59g,95 Eichengerbsäure. b) In 10cc Brühe sind 0g,01924 (= 1,1545 : 60) bezieh. 0g,01931 (= 1,1585 : 60) gerbende Stoffe, welche 9cc,6 Chamäleon (= 0g,01777 Eisen) zur Oxydation erfordern. Daraus erhält man: 0,01924 : 0,01777 = x : 56, woraus x = 60g,63 Eichengerbsäure, Eichen-gerbstoff     Eisen und 0,01931 : 0,01777 = x: 56, woraus x = 60g,85 Eichengerbsäure. c) 10cc dieser Eichenbrühe enthalten 0g,01283 (= 1,1545 : 90) bezieh. 0g,01287 (= 1,1585 : 90) Eichengerbstoff, welcher 6cc,5 Chamäleon (= 0g,012031 Eisen) reducirt. Das Aequivalent gegen Eisen rechnet sich daher nach folgenden Proportionen: 0,01283 : 0,012031 = x : 56, woraus x = 59g,91 Eichengerbsäure Eichen-gerbstoff     Eisen und 0,01287 : 0,012031 = x: 56, woraus x = 59g,72 Eichengerbsäure. Das Mittel aus diesen 6 Werthen ist 60,11, während Prof. Oser 62,29 gefunden hat.Eine Eichenrinde, welche mit dem auf Tannin gestellten Titer 10 Proc. Gerbstoff enthält, hätte nach Oser 15 und nach meinen Zahlen 14,46 Proc. Die von mir gefundene Zahl ist aber unbedingt zu klein; denn wie schon früher erwähnt, war in dem eingeengten Hornschlauchfiltrat noch Gerbsäure enthalten (mit Leimlösung nachgewiesen); doch bin ich überzeugt, daſs sich dieser Uebelstand wird beheben lassen, und glaube ich auch, daſs dann die Zahl, wenn auch vielleicht nur unbedeutend, gröſser als die Oser'sche sein wird; denn es werden von Haut u. dgl. auch eine gewisse Menge der sogen. Farbstoffe aufgenommen, welche nach meinen Beobachtungen entweder gar nicht, oder nur in sehr geringer Menge bei Gegenwart von Indigo und Gerbsäure durch Chamäleon oxydirt werden und daher das Verhältniſs vergröſsern. Wien, Laboratorium der k. k. Versuchsstation für Lederindustrie, Sept. 1882.