Titel: Ueber Alizarinblau.
Autor: Lauber, Haussmann
Fundstelle: Band 246, Jahrgang 1882, S. 92
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Ueber Alizarinblau. Ueber Alizarinblau. Im Bulletin de Rouen, 1882 S. 73 bringen Mattauch, H. Schmid und Blondel, ferner S. 243 Balanche Bemerkungen über das von der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen in den Handel gebrachte wasserlösliche Alizarinblau.Zur Ueberführung von Alizarinblau in eine lösliche Verbindung (D. R. P. Kl. 22 Nr. 17695 vom 14. August 1881) rührt man käufliches Alizarinblau mit einer concentrirten Lösung von Natriumbisulfit zusammen, filtrirt nach 8 bis 14tägigem Stehen und kann man die neue Verbindung in fester Form gewinnen durch Verdampfen der Lösung bei niederer Temperatur oder durch Aussalzen. Die braunrothe Lösung derselben scheidet auf Zusatz von starken Säuren oder von Soda oder beim Erwärmen auf 70° Alizarinblau ab. Die Auflösung kann aber mit Essigsäure, Weinsäure und deren Kalk-, Magnesia- und Chromsalzen versetzt werden, ohne daſs bei gewöhnlicher Temperatur Zersetzung oder Lackbildung eintritt. Man kann daher die Mischung in Lösung der Textilfaser zuführen und dann das Alizarinblau durch Dämpfen bei 70 bis 100° fixiren. Es ist dasselbe ein Doppelsalz von Alizarinblau und Natriumbisulfit. Nach der Behauptung von Witz gibt das neue Alizarinblau S, obgleich in Wasser sehr leicht löslich, braunrothe Lösungen, die bei einem gewissen Verdünnungsgrade keineswegs haltbar sind, sondern nach Verlauf weniger Tage unlösliches Alizarinblau ausscheiden. Dieser Uebelstand erklärt sich aus den am Schluſs angeführten Umständen. Nach der Patentbeschreibung wird es hergestellt durch Mischen von Alizarinblau in Teigform von 10 bis 12 Proc. Farbstoffgehalt mit Natriumbisulfit von 25 bis 30° B. Man überläſst die Mischung 14 Tage sich selbst, filtrirt hierauf und verdampft die Lösung des neuen Farbstoffes bei niederer Temperatur, oder fällt ihn durch Kochsalz aus. Das auf dem Filter zurückgebliebene unveränderte Alizarinblau wird zu einer weiteren Operation verwendet. Man kann aus der Lösung das ursprüngliche unlösliche Alizarinblau durch leichtes Erhitzen mit starker Salz- oder Schwefelsäure wieder herstellen. Thonerde und Eisenlacke bilden sich sehr leicht; Essigsäure, Weinsäure, die Acetate von Calcium und Chrom zersetzen die wässerige Lösung in der Kälte nicht und dieser Umstand gestattet, durch Mischen des Blau mit Stärkeverdickung und Chromacetat oder mit Witz's Chromnitroacetat bei gewöhnlicher Temperatur bequem eine Farbe herzustellen.. Eine Farbe mit 80g Farbstoff im Liter liefert auf dem Gewebe ein bei künstlichem Licht beinahe schwarz erscheinendes Blau, welches gegen chemische Mittel sich ganz wie das unlösliche Blau verhält. Durch kochende Seifen wird es lebhafter und bekommt schwach grünlichen Schein und auf geöltem Gewebe ist der Ton ein wenig lebhafter als auf nicht geöltem. Das Blau läſst sich auch neben Thonerdemordants drucken, um nach dem Dämpfen neben dem Blau durch Färben je nach der Art des anzuwendenden Materials andere Farben hervorbringen zu können. Für glatt gefärbte Waare klotzt man mit einer leicht verdickten Farbe, trocknet und dämpft. Es gestattet also das neue Alizarinblau viele Combinationen mit den anderen Dampffarben und gibt ein Dunkelblau, welches sich auf der Faser leicht fixirt und den gewöhnlichen Operationen widersteht. H. Köchlin war es, der zuerst den Werth der Bisulfite zur Fixation gewisser Phtaleïne erkannte und zur Fixirung der Coeruleïnfarben ist das Natriumbisulfit seither unentbehrlich geworden. Zuerst wurde die Wirkung des Bisulfites einer einfachen Reduction zugeschrieben; aber Prudhomme hat gezeigt, daſs die Wirkung auf der Bildung eines löslichen, krystallisirbaren Doppelsalzes von Coeruleïn mit Natriumbisulfit beruht, wie beim Corallin oder den Aldehyden und Acetonen. Dr. Brunk, Chemiker der Badischen Anilin- und Sodafabrik, hat zuerst diese Thatsache bei der Darstellung des pulverförmigen, wasserlöslichen Coeruleïn S und des löslichen Alizarinblau S industriell verwerthet. Blondel versucht nun die Reductionsfähigkeit der Chromsäure im Kaliumbichromat durch das Natriumbisulfit zur direkten Entwickelung des Chromoxydes auf der Faser zu verwenden und so den Farbstoff ohne vorhergehende Bereitung von Chromacetat oder Chromnitroacetat zu fixiren. Eine Farbe, welche 120g lösliches Blau (entsprechend 48g reinem Anthracenblau) im Liter enthält, wurde durch Hinzufügen von nur 6g Kaliumbichromat vollständig fixirt; es entspricht also 1g reinem Anthracenblau die geringe Menge von 0g,125 Kaliumbichromat. Vergleichungsweise wird angeführt, daſs nach G. Witz zur Herstellung von Alizarindampfbraun auf 1g reinen trockenen Alizarins 1g,5 Kaliumbichromat in Form von Chromnitroacetat nothwendig sind. Durch Zufügen von wenig Essigsäure wird die Entwickelung der Farbe durch leichteres Freiwerden der Schwefligsäure beschleunigt. Dieses Hilfsmittel ist übrigens nur in sehr verdünnten Farben nöthig, wo begreiflicher Weise die Reaction langsamer vor sich geht. Eine Farbe, welche in 1l 120g Blau S, 6g Kaliumbichromat und 100g Essigsäure enthält, kann beliebig verdünnt werden, ohne daſs ihre Fixation irgend wie darunter leidet. Das im Blau S enthaltene Natriumbisulfit, welches bei Anwendung der geringen Menge von Kaliumbichromat in leichtem Ueberschuſs bleibt, wird durch die Essigsäure unter Austreibung der reducirenden Säure unter Bildung von Natriumacetat zerlegt; andererseits wird die in Freiheit gesetzte Schwefligsäure durch die Chromsäure zu Schwefelsäure oxydirt, Kaliumsulfat gebildet und das durch die Schwefligsäure gebildete Chromoxyd auf der Faser niedergeschlagen; überschüssige Schwefligsäure und Essigsäure entweichen. Die Reaction erfolgt nach folgender Formel: NaHSO3 + K2Cr2O7 + C2H4O2 = NaC2H3O2 + K2SO4 + Cr2O3 + SO2 + C2H4O2.    GeringerUeberschuſs. Ueber-schuſs. Die von Balanche auf Grund der Mittheilungen Blondel's angestellten Versuche ergaben hiervon verschiedene Resultate. Die mit essigsaurem Chrom sowohl, als mit neutralem chromsaurem Kali hergestellten Farben gaben Blau, während die mit Kaliumbichromat eine graue Farbe lieferten. Diese Farben waren aus folgender Stammfarbe hergestellt: 30g Blau S, 300g Wasser und 180g Traganthwasser von 120g, und zwar enthielt: Blau I: 97g Blau Stamm   2 essigsaures Chrom 20°   8 Wasser. Blau II: 97 Blau Stamm   3 doppelchromsaures Kali   7 Wasser. Blau III: 97 Blau Stamm   3 neutrales chromsaures Kali   7 Wasser. Das aus der Farbe Nr. II erhaltene Grau rührt von einer zu groſsen Menge des Kaliumbichromates her, da, wenn man eine Skala unter Verminderung der Kaliumbichromatmenge herstellt, sich die Tönung mehr und mehr vom Grau entfernt und, wenn man bei einer 20 mal kleineren Menge als der ursprünglichen angelangt ist, man Blau erhält. Dieses Verhältniſs kann noch verringert werden 5 allein das beste Resultat entspricht 0g,14 metallischem Chrom auf 9g Alizarin, während das im Acetat enthaltene Chrom 0g,4 auf 9g Alizarin entspricht. Nach starkem Waschen und Seifen der Muster zeigte sich, daſs das mittels des Bichromates erhaltene Blau weniger lebhaft und intensiv war als das mittels Chromacetat erhaltene. Fügt man jedoch zu derselben Farbe vorher etwas Natriumbisulfit zu, so ist das mit Bichromat erhaltene Blau viel schöner als das mit dem Acetat. Balanche erklärt den Umstand auf folgende Weise: In der Farbe ohne Bisulfit wird das Bichromat durch die im Blau S befindliche Schwefligsäure reducirt; es wird dem Blau also ein Theil seines Lösungsmittels entzogen, so daſs Ausscheidung von Farbstoff, also Verlust davon eintritt. Setzt man dagegen Bisulfit der Farbe zu, so wirkt das Reductionsmittel auf das Bisulfit und die gesammte Farbstoffmenge bleibt gelöst. Der Vortheil, sich des Bichromates zur Fixation des Blau S zu bedienen, liegt darin, daſs man sich keinen Mordant zu bereiten braucht, daſs es eine ganz bestimmte chemische Zusammensetzung hat und daſs das erhaltene Blau lebhafter und intensiver ist. Die Chromate von Blei und Baryt ergaben keine guten Resultate, Chromoxyd allein ein Blau, welches von dem mit Chromacetat erhaltenen wenig verschieden war. Andere Metalloxyde in Teigform – wie Eisenoxydul, Eisenoxyd, Thonerde – können ebenfalls direkt als Fixationsmittel des Farbstoffes angewendet werden und geben ebenso intensive Töne wie ihre entsprechenden Acetate. Der Ursprung einiger auch von Balanche gerügten Uebelstände, welche sich bei Anwendung des Blau S in der Praxis zeigten, läſst sich aus einem Rundschreiben erklären, welches die Badische Anilin- und Sodafabrik im Juni dieses Jahres versandte. Danach empfiehlt es sich, das Blau in kaltem destillirtem Wasser zu lösen, da bei Anwendung von heiſsem oder unreinem Wasser leicht eine Zersetzung des Doppelsalzes von Blau mit Bisulfit eintritt, Schwefligsäure mit den Wasserdämpfen fortgeht und also dem entsprechend Farbstoff gefällt wird, welcher sich dadurch der Fixation entzieht. Fertige Farben sollen in gut verschlossenen Gefäſsen aufbewahrt werden, um sie dem Einfluſs von saurer Luft, also der Zersetzung zu entziehen; ist jedoch letztere schon eingetreten, so wird durch einen Zusatz von etwas reinem Bisulfit abgeholfen. Da ferner die Farbe bei der Berührung mit Eisen verdirbt, so soll man das Blau weder in Blechbüchsen umleeren, noch bei seiner Verarbeitung mit eisernen Werkzeugen hantiren; es empfiehlt sich also auch, die Farbe mit der Compositionsrakel zu drucken. Zawiercie, September 1882. Lauber und Haussmann.