Titel: Zur Gerbstoffbestimmung; von Ferd. Simand.
Autor: Ferdinand Simand
Fundstelle: Band 246, Jahrgang 1882, S. 134
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Zur Gerbstoffbestimmung; von Ferd. Simand. Simand, zur Gerbstoffbestimmung. Die verbesserte Löwenthal'sche Methode (vgl. 1878 228 53) wurde gleich nach ihrem Bekanntwerden (Frühjahr 1877) von den meisten Chemikern für ihre Gerbstoffuntersuchungen angewendet, da die Idee, welche ihr zu Grunde liegt, eine vorzügliche ist und die Analysen verhältniſsmäſsig einfach und schnell ausgeführt sind. In der Versuchsstation für Lederindustrie zu Wien wurde dieselbe auch sogleich angenommen, doch in kurzer Zeit schon die Beobachtung gemacht, daſs die Resultate, wenn dasselbe Gerbmaterial mehrmals und mit verschiedenen Mengen untersucht wurde, unter einander nicht stimmten, wenn auch Rücksicht auf einen gewissen Analysenfehler genommen wurde, ohne damals die Ursache davon zu kennen. Die Fällung des Gerbstoffes mit salziger Leimlösung und verdünnter Schwefelsäure wurde daher wieder aufgegeben und seit dieser Zeit versucht, entweder die Fehler der Löwenthal'schen verbesserten Methode zu beheben, oder aber an Stelle des Leimes einen anderen Stoff zu setzen, welcher die Fähigkeit besitzt, Gerbsäure und gerbende Stoffe aufzunehmen, dessen Anwendung nicht umständlich wäre und bei dessem Gebrauche auch dann gute und übereinstimmende Resultate erhalten werden, wenn die Analysen auch unter verschiedenen Umständen ausgeführt würden. Als Basis wurde die Oxydation mit Chamäleon oder Chlorkalk mit Indigolösung von bestimmtem Gehalte als Indicator bei Gegenwart von Schwefelsäure angenommen, da das Arbeiten damit bekanntlich einfach und bei einiger Uebung der Endpunkt, wenn die zur Analyse verwendeten Lösungen im richtigen Verhältnisse stehen, leicht zu treffen ist, so daſs unter Umständen eine Untersuchung auch von einem Nichtchemiker sicher ausgeführt werden kann. Als der zunächst liegende Körper, welchen schon Hammer und Löwenthal früher zum Ausziehen von Gerbstoff aus Lösungen benutzt hatten, wurde die Haut angewendet.Mittlerweile, als diese und die folgenden Versuche im Gang waren, habe ich den Grund des Nichtübereinstimmens der einzelnen Analysen desselben Gerbmaterials, nach Löwenthal's verbesserter Methode den Gehalt bestimmt, gefunden und veröffentlicht (vgl. 1882 242 398). Ich habe dort auch angedeutet, wie man trotzdem damit richtige Resultate erhalten kann. Trotz der groſsen Vortheile, welche man schon bei Anwendung der Haut dem Leim gegenüber erhält, hat die Verwendung der Hautblöſse doch gewisse Mängel, welche zwar die Genauigkeit der damit erzielten Resultate bei richtiger Anwendung nicht beeinträchtigen, aber doch unangenehm werden können. Hierher gehört die verhältniſsmäſsig schwere Aufnahmsfähigkeit derselben. Man kann 24 Stunden unter Umschütteln Hautpulver mit einer Gerbsäurelösung stehen lassen und, trotz entsprechender Menge desselben zum Gerbstoff, im Filtrate noch Gerbsäure nachweisen. Bedenkt man nun, daſs bei unserer gebräuchlichen Verdünnung der Chamäleonlösung 1cc derselben 0,0013 bis 0g,0017 Tannin entspricht, und berücksichtigt man auch die Empfindlichkeit der Reaction von Leim auf TanninBei einer Verdünnung von 1 : 25 000 ist die Trübung noch erkennbar, während bei 1 : 30000 schon eine dickere Flüssigkeitsschicht nothwendig ist, damit die Trübung bemerkt werden kann., so ist leicht einzusehen, daſs man sich, wenn auch nur immer 10cc des Filtrates vom Hautpulver zum Titriren verwendet werden, um mehrere Zehntel, ja sogar bis zu 1cc irren kann, was unter Umständen mehrere Procent Gerbstoff weniger ergeben wird. Es ist daher nothwendig, wenn man mit Leimlösung in einem Theil des Hautfiltrates einen Niederschlag erhalten hat, entweder noch längere Zeit das Hautpulver damit in Berührung zu lassen, was gewöhnlich nicht sehr viel nützt, oder besser den letzten Rest des Gerbstoffes mit frischen Spänen auszuziehen. Hat man im Filtrate mit Leim auch keinen Niederschlag oder Trübung erhalten, so ist es bei genauen Analysen räthlich, einen Theil des Filtrates auf beiläufig 1/4 oder ⅕ Theil einzudampfen und in der erkalteten Lösung auf Gerbsäure zu prüfen. Besteht die Reaction nur in einer schwachen opalisirenden Trübung, was in der Regel der Fall ist, so kann man sicher sein, daſs der Mehrverbrauch, welcher durch schlechtes Entfernen des Gerbstoffes aus der Brühe entsteht, sehr gering ist. Hat man ein hochhaltiges Gerbmaterial (d.h. ein solches, welches über 25 Proc. Gerbstoff mit Tannin gemessen enthält), so ist diese Vorsicht nie auſser Acht zu lassen; denn es werden davon selbstredend immer weniger auf ein bestimmtes Volumen abgekocht als von einem niederhaltigen (unseren Rinden, Schmack, Mimosarinden, Quebrachoholz u. dgl.) und der Fehler, der durch einen Mehrverbrauch an Chamäleon im Filtrat entsteht, aus welchem der Gerbstoff entfernt sein soll, verringert um so mehr den Gehalt des Gerbmaterials, je weniger davon ausgelaugt wurde. Ein weiterer Uebelstand, welcher sich bei Anwendung von Haut ergibt, ist die Beschaffung derselben und das Zerkleinern. Der Chemiker ist in dieser Beziehung gewöhnlich auf den Gerber angewiesen; denn es ist für ihn in der Regel zu umständlich, sich selbst aus Haut die. Blöſse darzustellen. Das Aeschern oder Behandeln mit einem anderen Haarungsmittel, das Haaren selbst, das vollständige Entfernen der Oberhaut, das Wegnehmen des Unterhautzellgewebes, das Reinigen der Blöſse vom Haarungsmittel, welches noch in derselben steckt, sind, mit Ausnahme vielleicht der letzteren, Arbeiten, welche sich in einem Laboratorium nicht leicht ausführen lassen; dazu kommt noch, da man Felle, welche zu dünn sind und beim Zerkleinern groſsen Zeitaufwand bedürfen, nicht leicht verwenden kann, daſs dickere Häute dazu genommen werden müssen. Woher bekommt man aber etwa 1k solcher Haut, welche in kleineren Laboratorien sehr lange vorhalten würde? Aus den Lederfabriken kann man nur Abfälle beziehen, welche zum Gebrauch vorherige langwierige Reinigung bedürfen, da dieselben (Kalbsköpfe, Klauen u. dgl.), weil sie ohnedies unter das Leimleder wandern, weder vom Unterhautzellgewebe, noch von den Haaren und der Oberhaut sowie dem Kalk auch nur annähernd rein gemacht werden, oder im günstigsten Falle eine halbe Haut erhalten. Trotzdem man bei analytischen Arbeiten gewöhnlich nicht auf den Preis der dazu verwendeten Reagentien sieht, so ist doch, namentlich für kleinere Laboratorien, die Ausgabe für die Haut nicht geringfügig, wenn sie auch auf Jahre hinaus mit derselben versehen werden. Immer wird aber eine Substanz, welche leichter zu beschaffen ist und nicht zum Zerkleinern, wie bei der Haut das Hobeln oder Raspeln, so vieler Zeit bedarf, sehr erwünscht sein, vorausgesetzt, daſs dieselbe gegen Gerbstoff sich ebenso verhält wie die Haut. Eine solche Substanz ist das leimgebende Gewebe der Knochen. Auf Veranlassung des Hrn. Direktors W. Eitner wurden Röhrenknochen mit verdünnter Salzsäure bis zur Entfernung der Kalksalze behandelt, dann ausgewaschen und damit die Gerbsäure mit demselben Erfolg aus Brühen ausgezogen wie mit Hautpulver, nur mit dem Unterschied, daſs der Gerbstoff in bedeutend kürzerer Zeit entfernt war. Später wurden, da A. Müntz (1877 226 326) nachgewiesen hatte, daſs Stickstoff haltige Pflanzenfasern auch Tannin aufnehmen und zwar um so mehr, je reicher sie an Stickstoff sind, die Versuche auch mit den von Kalksalzen befreiten Hornschläuchen (der knochenartige, Gefäſse führende Kern der Hörner vom Rind) angestellt, da man doch als sicher annehmen konnte, daſs dieselben, sowie alle mit Wasser aufweichenden, thierischen, Stickstoff haltigen Substanzen, ebenfalls im Stande wären, Gerbsäure aufzunehmen. Die erzielten Resultate waren übereinstimmend mit den durch Haut oder dem leimgebenden Gewebe der Knochen erhaltenen. Bevor ich die Beleganalysen anführe, will ich kurz erwähnen, wie im Laboratorium der Versuchsstation die Hautblöſse, die extrahirten Knochen und Hornschläuche hergestellt werden. 1) Blöſse. Haut wird mit Schwefelnatrium und Kalkbrei behandelt, gehaart und dabei auch die Oberhaut entfernt, dann 2 Tage in einen dünnen Brei von frisch gelöschtem Kalk gegeben; nach dieser Zeit wird dieselbe mit Wasser abgespült und die Narbenseite so viel als möglich mechanisch (durch Streichen mit einem halbscharfen Instrumente) vom Kalk befreit und das Unterhautzellgewebe durch Ausfalzen weggenommen. Dann wird unter öfterem Wasserwechsel mehrere Stunden gewässert, danach in ein Bad aus 50cc käuflicher concentrirter Salzsäure auf 10l Wasser gegeben, 10 Minuten damit unter festem Kneten zur Entfernung des Kalkes in Berührung gelassen, mit Wasser –, zuerst, so lange dasselbe noch sauer reagirt, mit gewöhnlichem und später mit destillirtem Wasser – ausgewaschen, bis nurmehr eine minime Reaction auf Chlor auftrat, abgepreſst und getrocknet. Die ganzen Operationen müssen hier sehr beschleunigt werden, damit die Haut nicht zu faulen beginnt; bei den extrahirten Knochen und Hornschläuchen ist dies nicht zu befürchten und können dieselben auch viel länger ausgewaschen werden, wodurch einestheils die Mineralsalze, andererseits die löslichen organischen Stoffe gröſstentheils entfernt werden. Die getrocknete Blöſse kann nun auf zweierlei Weise zerkleinert werden: entweder wird sie geraspelt, oder mit einem Hobel in feine Späne zerschnitten. Ich halte das letztere darum für besser, da bei weitem nicht so viel Arbeit nöthig ist, ein Stück Haut zu hobeln, als zu raspeln. Das erhaltene Pulver muſs vollständig frei von Kalk sein. Von demselben werden gewöhnlich 5g auf je 100cc einer Gerbstoffabkochung, von der 10cc etwa 12cc Chamäleon zur Oxydation brauchen, genommen und mindestens 12 Stunden unter öfterem Schütteln stehen gelassen. Gab eine auf beiläufig den vierten Theil eingedampfte Partie des Hautfiltrates mit Leimlösung noch eine beträchtliche Reaction, was öfter der Fall sein kann, so wird das Filtrat mit etwa 2g Hautpulver neuerdings mehrere Stunden stehen gelassen. Es ist bei diesen verdünnten Brühen nicht nöthig, die Hautstückchen, welche ohnedies sehr dünn sind, früher mit einer bestimmten Menge destillirten Wassers aufzuweichen. Die erhaltenen Resultate stimmen im schlimmsten Falle auf beiläufig 0,3 Proc. überein. 2) Leimgebendes Gewebe der Knochen. Röhrenknochen, deren Gelenksenden und das in der Röhre enthaltene Mark entfernt sind, werden in gröſsere Stücke zerschlagen und 2 Tage mit einer 5procentigen Sodalösung digerirt, dann abgebürstet und wiederholt mit Wasser, welches immer einige Stunden damit in Berührung bleibt, ausgewaschen, dann in nuſsgroſse Stücke zerkleinert und mit einer verdünnten Salzsäure, welche 1l käuflicher roher Säure in 8l enthält, so lange behandelt, bis sie weich werden. Jetzt werden sie mit Wasser ziemlich entsäuert und naſs durch eine kleine Mühle laufen gelassen. Die ganz zerfaserte Masse wird, um die letzten Reste von Kalksalzen und etwa auch Eisenoxyd zu entfernen, noch öfter, aber mit einer verdünnteren Säure (1 : 20) digerirt, dann zuerst mit gewöhnlichem und, wenn dasselbe nicht mehr sauer reagirt, mit destillirtem Wasser sehr gut ausgewaschen, abgepreſst und getrocknet. Diese extrahirten Knochen nehmen bedeutend schneller als die Haut den Gerbstoff auf; die Knochen selbst lassen sich überall sehr leicht und in beliebiger Menge beschaffen und auf einfache Weise von den Kalksalzen befreien. 3) In gleicher Weise werden die Hornschläuche behandelt. Dieselben sehen extrahirt und mit Wasser aufgeweicht ganz knorpelig aus. Angezeigt ist, sowohl die extrahirten Knochen als die Hornschläuche nach dem Trocknen durch Siebe zu sortiren und jede Sorte getrennt zu verwenden. Aus den vielen mit Haut, extrahirten Knochen und Hornschläuchen ausgeführten Analysen will ich nur einige anführen, da sich Jeder ohnedies sehr leicht von der Richtigkeit meiner Behauptung überzeugen kann. Ich will auch an einigen derselben zeigen, daſs man mit der verbesserten Löwenthal'schen Methode, mit Berücksichtigung des von mir nachgewiesenen Fehlers, auch richtige, mit den durch Haut u. dgl. erhaltenen ziemlich übereinstimmende Resultate erzielen kann. Die Chamäleonlösung enthielt 1g übermangansaures Kalium im Liter und wurde der Titer mit Eisen gestellt und nach Neubauer's Aequivalent (63 Oxalsäure = 41,57 Tannin), bis dasselbe entgültig rectificirt ist, auf Tannin gerechnet. Die Indigolösung wurde hergestellt durch Auflösen von 250g Indigocarmin in 6l destillirtem Wasser, in welchem 400cc reine concentrirte Schwefelsäure enthalten waren.In meiner Arbeit „Zur Gerbstoffbestimmungsmethode nach Löwenthal (1882 242 391) hatte ich vergessen zu erwähnen, daſs Prof. Oser vorgeschlagen hat, der Indigolösung die zum Titriren nöthige Menge Schwefelsäure gleich zuzusetzen. I) 10g,412 Fichtenrinde wurden 4mal mit destillirtem Wasser ausgekocht, die Brühe abkühlen gelassen und auf 1l ergänzt, dann filtrirt und 10cc davon mit 20cc Indigo und 1l destillirtem Wasser mehrere Male titrirt. 1cc Chamäleon entspricht 0g,001201 Tannin und 20cc Indigolösung brauchen 21cc,6 Chamäleon zur Oxydation. 10cc Brühe und 20cc Indigo benöthigen im Mittel 28cc,1 Chamäleon. Je 100cc Fichtenabkochung wurden mittlerweile mit 4g Hautpulver und 3g extrahirten Knochen versetzt und über Nacht stehen gelassen. Da bei beiden Versuchen in einer kleinen Menge eingeengten Filtrates mit Leim Gerbsäure nachweisbar war, so wurden beide Filtrate noch einmal mit 2g Haut und extrahirten Knochen versetzt und mehrere Stunden unter öfterem Schütteln digerirt: 10ccIch bemerke hier, daſs immer, wo die nöthige Menge Filtrat vorhanden war, mehr als 10cc desselben titrirt wurden, um den Titrirfehler zu verkleinern, und daſs ich nachträglich erst auf 10cc Filtrat rechnete. vom Hautfiltrat verbrauchten 22,3cc Chamäleon 10cc Knochenfiltrat 22,4 Es bleiben sonach zur Oxydation der Gerbsäure in 10cc Brühe 28,1 – 22,3 = 5cc,8 bezieh. 28,1 – 22,4 = 5cc,7 Chamäleon. Oder auf Procent gerechnet, erhalten wir mit Haut 6,69 Proc. und mit Knochen 6,57 Proc., Resultate, welche sehr gut übereinstimmen.Nebenbei wurde der Gehalt dieser Rinde nach der verbesserten Löwenthal'schen Methode bestimmt (50cc Brühe, 50cc salziger Leimlösung und 25 Sauerwasser) und für 25cc Leimfiltrat 22cc,9 benöthigt; dies entspricht 5,99 Proc. um etwa 0,6 Proc. weniger. II) 10g,127 Valoneamehl wurden vollständig ausgelaugt, abkühlen gelassen und auf 2l aufgefüllt. Chamäleon- und Indigolösung waren dieselben. 10cc Abkochung brauchten im Mittel 34cc,6 Chamäleon. Je 100cc Brühe wurden mit Hautpulver und extrahirten Knochen ebenso wie früher behandelt und für 10cc Filtrat bei beiden 22cc,8 Chamäleon verbraucht, was einem Gehalt von 27,99 Proc. entspricht.Mit Leim den Gerbstoff gefällt, verbrauchte ich für 25cc Leimfiltrat, 24cc,0 Chamäleon. Der Gehalt wäre daher gleich 25,15 Proc. Die Differenz gegen Haut und extrahirte Knochen beträgt 2,84 Proc. Die Resultate, welche mit extrahirten Knochen unter verschiedenen Umständen erhalten werden, stimmen sehr gut überein, wie folgende Analyse zeigt: III) 10g,282 fein gestampftes Holz der Edelkastanie (Castanea vesca) wurde 4mal auf 1l ausgezogen, mit der Vorsicht jedoch, daſs jedesmal mindestens 15 Minuten gekocht wurde, da der Gerbstoff aus Hölzern viel schwieriger sich auslaugt. Chamäleon und Indigo waren wie früher. 10cc Brühe erforderten zur Oxydation 34cc,5 Chamäleon: a) Aus 100cc Gerbstoffabkochung entfernte ich den Gerbstoff mit 2 mal 2g extrahirten Knochen: (12 bezieh. 6 Stunden) Chamäleonmenge für 10cc Filtrat = 23cc,0. b) 50cc Brühe und 50cc destillirtes Wasser wurden gleich mit 5g extrahirten Knochen 20 Stunden unter öfterem Schütteln stehen gelassen: Chamäleonmenge für 20cc Filtrat (= 10cc Brühe) = 22cc,9. Der Gerbstoffgehalt dieses Kastanienholzes beträgt daher 13,44 bezieh. 13,56 Proc. (mit Tannin gemessen). Auch hier wurde der Gehalt durch Fällung mit Leim ermittelt und, wie vorauszusehen, geringer gefunden. Ich unterlasse jedoch das Resultat anzuführen und will nur bei der nächsten Analyse und einigen späteren zeigen, daſs man mit Rücksichtnahme auf den Fehler y auch genügend genaue Werthe erhält. IV) Bei dieser und den folgenden zwei Analysen sind die Brühen durch Verdünnen von concentrirteren Eichenauszügen, welche zu einem anderen Zwecke dargestellt wurden, erhalten worden: a) 10g Eichenrinde auf 800cc ausgelaugt, 1cc Chamäleon entspricht 0g,001374 Tannin und 20cc Indigo werden von 19cc,65 Chamäleon entfärbt. 10cc Eichenbrühe und 20cc Indigo erfordern 30cc,5 Chamäleon. Aus 100cc dieser Lösung wurde der Gerbstoff vollständig durch 24 stündiges Digeriren mit 5g Hautpulver und darauf folgendes 6 stündiges Stehenlassen mit 2g entfernt. Chamäleonmenge für 10cc Filtrat und 20cc Indigo 20cc,75. Der Gehalt der Eichenrinde mit Tannin gemessen, wäre sonach 10,72 Proc. Gleichzeitig fällte ich aus 50cc dieser Abkochung mit 50cc Leimlösung und 25cc Sauerwasser die Eichengerbsäure und verbrauchte für 25cc Filtrat (= 10cc Abkochung) im Mittel 21cc,7 Chamäleon (was, nebenbei bemerkt, einem Gehalt von nur 9,67 Proc. entsprechen würde). b) 10g derselben Eichenrinde auf 400cc Lösung. 10cc Brühe und 20cc Indigo brauchen zur Oxydation (aus dem früheren gerechnet) 41cc,35 Chamäleon. 50cc dieser Eichenabkochung mit 50cc destillirtem Wasser verdünnt und mit 5g Hornschläuchen 24 Stunden stehen gelassen, geben den ganzen Gerbstoff an dieselben ab. 20cc des Filtrates (= 10cc der Lösung, welche durch Auskochen von 10g Eichenrinde auf 400cc Flüssigkeit hergestellt wurde) und 20cc Indigo reducirten 21cc,6 Chamäleon. Der Gehalt ergibt sich daher mit 10,85 Proc. Mit Leim den Gerbstoff gefällt, erforderten 25cc des Leimfiltrates (und 20cc Indigo) 22cc,4 Chamäleon, entsprechend 10,41 Proc. Für oxydirbare Substanzen im Leimfiltrat (= 10cc Brühe) sind also verbraucht worden bei (b) 2cc,75 und bei (a) 2cc,05 Chamäleon. Die erstere Zahl für richtig angenommen, sollte die letztere die Hälfte derselben betragen und, letztere als richtig angesehen, sollte erstere dann doppelt so groſs sein. Nennen wir die Anzahl Cubikcentimeter, welche für „Nichtgerbsäure“Darunter verstehe ich die oxydirbaren Stoffe, welche in der Gerbstoffbrühe neben Gerbsäure enthalten sind.  im ersteren Fall (10g Eichenrinde auf 400cc) verbraucht werden, x und die Menge Chamäleon, welche die anderen noch im Leimfiltrate enthaltenen oxydirbaren Körper erfordern, y, so wird im zweiten Falle, wo dieselbe Menge Rinde auf das 2fache Volumen (10g Eichenrinde auf 800cc) ausgelaugt wurde, die Chamäleonmenge für „Nichtgerbsäure“ 0,5 x betragen, y aber bleibt sich gleich. Wir erhalten daher folgende Gleichungen: x + y = 2,75 und 0,5x + y = 2,05, daraus y = 1cc,35. Vermindern wir die beim Titriren der Leimfiltrate verbrauchten Mengen Chamäleon um diese 1cc,35 und rechnen den Gerbstoffgehalt, so finden wir 11,15 Proc. eine Zahl, welche ziemlich gut mit den anderen gefundenen Resultaten stimmt. Bemerken möchte ich hier, wenn auf die eben beschriebene Weise der Gehalt ermittelt wird, daſs man immer ungenauere Resultate erzielt als mit Haut, extrahirten Knochen und Hornschläuchen, da sich ein Fehler beim Titriren in einer oder der anderen Richtung verdoppelt. V) 10g Eichenrinde auf 700cc, Chamäleon und Indigo wie bei IV; 10cc Brühe und 20cc Indigo reduciren 29cc,8 Chamäleon. a) Aus 100cc Gerbstofflösung wurde mit 5g Hornschläuchen durch Behandeln während 30 Stunden alle Gerbsäure ausgezogen; 10cc Filtrat verbrauchen 20cc,73 Chamäleon, entsprechend 8,72 Proc. Gerbstoff. b) Wie bei (a), aber nur 18 Stunden gestanden; 10cc Filtrat reduciren 20cc,7 Chamäleon, entsprechend 8,75 Proc. Gerbstoff. Ebenso wurden je 50cc dieser Eichenbrühe und einer doppelt so starken (10g auf 350cc) mit 50cc Leimlösung und 25cc Sauerwasser gefällt; für 25cc Leimfiltrat 23,3 bezieh. 22cc,1 Chamäleon erfordert. Daraus folgen die beiden Gleichungen: x + y = 3,65 und 0,5x + y = 2,45, somit y = 1cc,25. Mit Berücksichtigung dieser 1cc,25 den Gehalt gerechnet, ergibt sich 8,61 Proc. Gerbstoff. VI) a) 10g Eichenrinde auf 500cc, Chamäleon und Indigo wie früher. 10cc Gerbstoffbrühe und 20cc Indigo erfordern zur Oxydation 33cc,0 Chamäleon und 10cc Filtrat (Gerbstoff durch Digeriren mit 5g Hornschläuchen während 18 Stunden entfernt) brauchen 21cc,3 Chamäleon, entsprechend einem Gehalt von 8,04 Proc. b) 10g derselben Eichenrinde auf 600cc. 10cc dieser Brühe und 20cc Indigo reduciren 30cc,6 Chamäleon. 10cc des von gerbenden Substanzen durch Digeriren mit 5g Hornschläuchen während 18 Stunden befreiten Filtrates verbrauchen 21cc Chamäleon, entsprechend 7,91 Proc. c) 10g derselben Rinde auf 900cc. 10cc Brühe mit 20cc Indigo benöthigen zur Oxydation 27cc,1 Chamäleon. 10cc des von Gerbsäure wie oben befreiten Filtrates brauchen 20cc,6 Chamäleon, daher 8,04 Proc. d) Durch Fällung der Brühen von (a) und (c) mit Leim, Titration von je 25cc Leimfiltrat (20,9 und 21cc,3 Chamäleon) und Berechnung des Gerbstoffgehaltes mit Berücksichtigung des Fehlers y, erhielt ich: 8,24 und 8,29 Proc. Gerbstoff. VII) 10g,87 flüssiger Fichtenextract des Handels wurde zu 2l Flüssigkeit gelöst und filtrirt, dann 10cc davon mehrere Mal titrirt und aus je 100cc mit Haut, extrahirten Knochen und Hornschläuchen durch 2maliges Versetzen mit denselben (3g durch 18 Stunden und 2g durch 8 Stunden) die gerbenden Substanzen ausgezogen und 10cc von jedem Filtrat wieder titrirt. Ebenso wurde auch der Gerbstoffgehalt nach Löwenthal's verbesserter Methode, doch mit Beachtung des Fehlers y wie früher bestimmt: 10cc Fichtenbrühe brauchen 26,6cc Chamäleon 10cc vom Hautfiltrat 21,75 entspr. 12,26 Proc. 10cc vom Knochenfiltrat 21,55 12,77 10cc vom Hornschlauchfiltrat 21,6 12,65 25cc Leimfiltrat (25 Brühe, 25    Leimlösung und 25 Sauer-    wasser) 22,6* 12,52 25cc Leimfiltrat (25cc Brühe,    1 : 1 verdünnt, 25cc Leim    und 25 Sauerwasser) 21,6* 12,52 * Fehler y = 0,95. Ich glaube, diese Beispiele zeigen zur Genüge, daſs extrahirte Knochen und Hornschläuche den Gerbstoff mindestens ebenso gut aufnehmen wie Haut, aber vor dieser den Vortheil voraus haben, daſs sie sich viel leichter und überall in beliebiger Menge beschaffen lassen. Zum Schlüsse will ich noch erwähnen, daſs alle drei beim Digeriren mit destillirtem Wasser an dasselbe keine durch Chamäleon merklich oxydirbaren Stoffe abgeben, daſs aber die Menge der gelösten Substanzen bei Haut am gröſsten ist und zwar, wenn 10g derselben mit 200cc destillirtem Wasser 48 Stunden behandelt und 100cc des Filtrates eingedampft wurden, etwa 0g,025 beträgt, während bei extrahirten Knochen und Hornschläuchen sich bei gleichen Verhältnissen nur 0,008 bezieh. 0,004 bis 0g,005 lösen. Wien, Laboratorium der k. k. Versuchsstation für Lederindustrie, Sept. 1882.