Titel: Ueber das Rosten des Eisens.
Fundstelle: Band 246, Jahrgang 1882, S. 377
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Ueber das Rosten des Eisens. Ueber das Rosten des Eisens. Beim Rosten des Eisens bildet sich nach R. Akermann (Jernkontorets Annaler, 1882 durch Stahl und Eisen, 1882 S. 417) unter Entwickelung von Wasserstoff, welches mit Stickstoff ein wenig Ammoniak erzeugt, kohlensaures Eisenoxydul, das sehr rasch in mit Eisenoxydul gemischtes Eisenoxydhydrat übergeht, aber auch etwas unverändertes Eisencarbonat mit einschlieſst. Hierdurch wird der Gehalt des Rostes an Eisenoxydul, Kohlensäure und Ammoniak erklärlich. Unter Wasser gebildeter Rost ist in Folge weniger vorhandener Säure gewöhnlich reicher an Eisenoxydul und deshalb ein wenig magnetisch und von dunklerer Farbe als an der Luft entstandener. Danach ist anzunehmen, daſs die in der Luft und im Wasser vorhandene Kohlensäure bei der Rostbildung in gleicher Weise wie Säuren wirkt, in denen Eisen aufgelöst wird und der einzige Unterschied darin besteht, daſs bei dem Rosten des Eisens das zuerst gebildete Eisenoxydulsalz, bevor es aufgelöst wird, in basisches Eisenoxydsalz oder Eisenoxydhydrat sich umsetzt, welche Umwandlung eine natürliche Folge der für die Lösung des Eisens in ungenügender Menge vorhandenen Säure oder Wassers oder beider ist. Je dichter das Eisen, je ebener und glatter seine Auſsenflächen, um so geringer wird die Berührung zwischen demselben und den angreifenden Stoffen und um so besser unter sonst gleichen Umständen muſs dasselbe natürlich dem Rosten widerstehen. Hat das letztere begonnen, so wird es dagegen durch sich selbst befördert, weil der Rost, ähnlich wie andere poröse Stoffe, Gase aufsaugt und somit die Feuchtigkeit der Luft und Säuren aufsammelt; auch ist ein bereits begonnenes Rosten, vereint mit Entbindung dabei wirksamer Säuren, wenn die zuerst gebildete Eisenoxydulverbindung in Oxydhydrat umgesetzt wird. In diesem Zustande wirkt bekanntlich eine Säure stärker als sonst und dadurch wird das Rosten auſs neue befördert; man muſs deshalb den beginnenden Rost schleunigst entfernen, soll nicht Vertiefungen fressender Rost entstehen. Wie der Rost durch Säuren befördert wird, welche in der Luft enthalten sind, so wird derselbe auch durch im Wasser befindliche Säuren begünstigt und wird Eisen in Mooren und Sümpfen deshalb schneller zerstört als in Seen oder in gröſseren Wasserläufen, die gewöhnlich verhältniſsmäſsig frei von Säuren sind. Die Rostneigung des Eisens wird auch von einigen im Wasser aufgelösten Salzen unterstützt; hierdurch erklärt sieh, weshalb Eisenguſsstücke bei langem Liegen im Meerwasser unter Beibehaltung ihrer äuſseren Form zu einer wesentlich aus Kohle bestehenden losen Masse verändert werden können. In dieser Weise verwandeltes Roheisen besteht um so mehr aus Kohle, als das Eisen selbst vollständiger aufgelöst wurde; es ist dies die Veranlassung sowohl des geringen specifischen Gewichtes, als auch der groſsen Porosität, welche nach Entnahme des Guſsstückes aus dem Wasser eine Luftverdichtung verursacht und dadurch Erwärmung, mitunter sogar Selbstentzündung bedingt. Wenn ein im Vergleich mit Eisen negativer Stoff, wie Glühspan, Zinn u.a., die Flächen des Eisens nur theilweise deckt, so werden allerdings die davon bedeckten Theile dauernd dadurch geschützt; das Rosten der entblöſsten Theile aber wird aus dem früher angeführten Grunde nur um so mehr befördert, weshalb man auch vor dem Ueberziehen mit Oelfarbe die Stücke durch Beizen mit verdünnter Säure von allem Glühspan befreit. Wenn, wie es der Fall zu sein scheint, die Berührung mit Sehlacke das Eisen positiver elektrisch macht, muſs auch das Vorhandensein derselben im Inneren das Rosten begünstigen. Deshalb scheint auch Schlacken haltiges Schmiedeisen oft zuerst längs der darin vorkommenden Schlackenbänder zu rosten. Wenn ein Ueberzug mit im Vergleich zu Eisen positiv elektrischen Metallen, wie Zink, die Oberfläche des Eisen nur theilweise deckt, so wirkt dieses Metall nicht nur schützend, wo es das Eisen von der Berührung mit Luft und Wasser abschlieſst, sondern es hindert auch das Rosten der entblöſsten Theile und zwar um so vollständiger, je kleiner dieselben sind. Wie andere gut deckende Stoffe, so schützt auch ein Fettüberzug, jedoch nur eine Zeitlang, weil das Fett durch Aufnahme von Sauerstoff aus der Luft ranzig und zum Theil in Fettsäure umgewandelt wird; ist dies geschehen, so wird die Neigung zum Rosten befördert. Aus dem Einflüsse galvanischer Einwirkungen auf das Rosten des Eisens folgt, daſs solch im Vergleich mit Eisen positiv elektrischer Stoff, welcher durch bloſse Berührung mit dem Eisen dem Roste entgegenwirkt, denselben befördert, sobald er mit dem Eisen legirt ist, weil eine solche Legirung im Allgemeinen mehr positiv elektrisch ist als das Eisen selbst. So befördert mit Eisen legirtes Mangan die Rostneigung; so lange aber der Mangangehalt gleichmäſsig und nicht zu groſs ist, kann sein Einfluſs in dieser Richtung doch nicht erheblich sein. Ist er dagegen ungleichmäſsig vertheilt, so muſs das Rosten der an Mangan reichen und dadurch mehr positiv elektrischen Theile des Eisens bedeutend befördert werden durch die Berührung mit den Einmengungen an Mangan ärmeren Eisens und ist hierin der Hauptgrund zu suchen, daſs ein ungleich vertheilter Mangangehalt die Rostneigung so wesentlich zu unterstützen scheint. Durch die Vereinigung mit negativ elektrischen Stoffen, wie Kohle und Phosphor, wird bekanntlich die Neigung des Eisens zum Rosten vermindert, wenn der Gehalt an elektronegativen Stoffen gleichmäſsig durch die ganze Masse des Eisens vertheilt ist. Im entgegengesetzten Falle kann das an Metalloiden ärmere Eisen durch Mischung oder Berührung mit dem darin reicheren mehr positiv elektrisch werden und. dann muſs das Rosten der reinen Theile schneller vor sich gehen. Eine Ausnahme von den übrigen im Eisen vorkommenden Metalloiden macht der Schwefel, indem er das Rosten begünstigt. Das Schmiedeisen rostet am leichtesten. Mit der Zunahme des Gehaltes an Kohle, Silicium und Phosphor beim Eisen vermindert sich die Neigung zum Rosten, so daſs die Roheisensorten um so widerstandsfähiger werden, als sie mehr gebundene Kohle, Silicium und Phosphor enthalten und dichter werden. Graue Roheisensorten sind bekanntlich ärmer an gebundenem Kohlenstoff und weniger dicht als weiſse; beide Eigenschaften rufen gröſsere Rostneigung hervor; aber vielleicht trägt hierzu auch der mechanisch beigemengte Graphit bei, da durch die Berührung desselben mit dem Eisen möglicher Weise galvanische Einwirkungen entstehen. Daſs das graue Roheisen trotz geringerer Dichtigkeit und trotz des eingemengten Graphites dem Roste besser widersteht als Stahl, obwohl dessen Gehalt an gebundener Kohle wahrscheinlich mindestens ebenso groſs war als der des ersteren, mag seine Erklärung in gröſserer Reinheit von Silicium und Phosphor haben; ebenso wird sich der Umstand, daſs das mit Kokes erblasene graue Roheisen schwerer löslich als das bei Holzkohlen gefallene, wohl aus seinem gröſseren Silicium- und vielleicht Phosphorgehalt erklären lassen. Spiegeleisen widersteht besser als körniges weiſses Roheisen wegen seines gröſseren Kohlengehaltes, wahrscheinlich auch wegen seiner gröſseren Dichtigkeit; auch ein hoher Mangangehalt scheint die Löslichkeit des Eisens nicht besonders zu vergröſsern. W. Parkers (Journal of the Iron and Steel Institute, 1881 Bd. 1 S. 39) hat von 2 gewöhnlichen Puddeleisensorten, 5 Sorten bester Yorkshire Puddeleisenplatten und 4 Sorten Fluſseisenplatten gleich groſse Stücke theils vorher durch Beizen vollständig von Glühspan gereinigt, theils mit Glühspan 6 verschiedenen Rostversuchen unterworfen. 3 dieser Versuche wurden in der Weise ausgeführt, daſs die Probeplatten der Reihe A während 437 Tagen im Hafen Brighton im Meerwasser versenkt gehalten wurden, während die der Reihe B 240 Tage unter dem Boden des Maschinenraumes eines Oceandampfers in feuchter Luft und mit Oel gemischtem Leckwasser liegen muſsten und die Probereihe C 455 Tage lang auf einem Dache der Londoner City der unreinen Luft und dem Regen ausgesetzt wurde. 3 Plattenreihen wurden zwischen den Röhren des Wasserraumes von Marinedampfkesseln so aufgehängt, daſs sie stets wenigstens 0m,3 unter der Wasserlinie blieben. Die Platten der Reihe D befanden sich so 361 Tage im Kessel eines Ostindienfahrers, der so selten als möglich abgeblasen bezieh. geleert wurde und in welchem zum Erschweren des Röstens Zink eingelegt war. Die Platten E hingen in gleicher Weise im Kessel eines China-Dampfers 264 Tage lang, welcher ohne Benutzung von Zink an jeder Endstation abgeblasen und auſs neue mit Meerwasser gefüllt wurde. Die Platten F endlich reisten 336 Tage im Kessel eines Küstendampfers, welcher Steinkohlen zwischen Newcastel und London verfuhr, Zink nicht benutzte und sein Speisewasser aus einem Theile des durch chemische Fabriken verunreinigten Flusses Tyne erhielt. Aus der S. 381 beigegebenen Tabelle folgt, daſs in 5 von sämmtlichen 6 Reihen die gewöhnlichen, an Phosphor reichsten Plattensorten sich am besten hielten und daſs das Fluſseisen und das von jeher so hoch geschätzte Yorkshire-Eisen ungefähr gleichviel von ungewärmtem Meerwasser angegriffen wurden. Dagegen bestand das Fluſseisen die Versuche in Londoner Luft und in kochend heiſsem Meerwasser mit etwas geringerem Erfolge als die Yorkshire-Platten. Besonders bei der Reihe D, also bei Gegenwart von Zink in den Kesseln, war der Unterschied verhältniſsmäſsig groſs; auf alle Fälle aber ist die Rostbildung so unbedeutend dabei, daſs die gröſsere Rostneigung des Fluſseisens unter solchen Umständen ziemlich gleichgültig bleibt. Die von Glühspan nicht befreiten Platten lieferten besonders ungleiche Resultate, da nach den lang dauernden Versuchen der schützende Glühspan 75 Procent der Fläche einzelner Platten einnahm, während derselbe bei anderen sich gelöst hatte und abgefallen war. Aber die spanfreien Stellen der ersteren, welche sich zwischen den spanbedeckten befanden, waren 3,3 mal tiefer angefressen, als wenn die Probeplatten vor den Versuchen mit Säure rein gebeizt worden waren. Man kann dies schwerlich anders erklären als dadurch, daſs durch Glühspan oder Schlacke galvanische Wirkungen hervorgerufen werden, und im Zusammenhange damit mag die bedauerliche Erscheinung stehen, daſs Salzwasser das, was die Engländer pitting nennen, verursacht: nach Ausdehnung kleine, aber bisweilen um so tiefere Ausfressungen durch Rost. Der Umstand, daſs auch solches Martinmetall, bei dessen Bereitung wenig oder gar kein Manganeisen zugesetzt wurde, zuweilen Textabbildung Bd. 246, S. 381 Die Platten bestanden aus; Procentgehalt der Platten an Kohle, Silicium, Phosphor, Schwefel, Kupfer, Mangan, Kobalt und Nickel; Spec. Gewicht der Platten;  Gewichtsverlust für Jahr und 1 Quadratfuſs engl. Die Rostversuche wurden ausgeführt in kaltem Wasser, Meerwasser, Oelgem. Kielwass.; Londoner Luft; in Dampfkesseln mit Zink, im Oceandampfer, im Küstendampfer ;Gewöhnliches Puddeleisen von Parkhead; Gewöhnliches Puddeleisen von Skerne; Mittelwerth; Bestes Puddeleisen von Leeds Forge; Bestes Puddeleisen von Taylors verk; Bestes Puddeleisen von Bowling; Bestes Puddeleisen von Farnley; Bestes Puddeleisen von Lowmoor; Martineisen von Landore; Fluſseisen von Brown und Co., Sheffield; Bessemereisen von Bolton u. Co.; Martineisen von der Steel Co. of Scotland groſse Neigung für solche Ausfressungen zeigt, mag vielleicht darauf beruhen, daſs ihm Eisenoxydoxydul beigemengt ist, was auch Rothbruch im Gefolge hat. Das im Eisenbade enthaltene Eisenoxydoxydul läſst sich durch einen Zusatz von Manganeisen beseitigen; es ist aber erforderlich, daſs das zugesetzte Manganeisen sehr gut im Bade vertheilt wird, da sonst das Eisenoxydoxydul theilweise zurückbleibt und der Mangangehalt ungleich werden würde, worin Snelus (vgl. Journal of the Iron, 1881 Bd. 1 S. 66) die gröſsere Neigung des Fluſseisens zu dieser Art Ausfressung suchen zu müssen glaubt. Auſser diesem Umstände ist es schwer, für das mehrfach beklagte geringere Widerstandsvermögen des Fluſseisens gegen das Rosten als des Puddeleisens einen anderen faſslichen Grund zu finden, als daſs ersteres von Phosphor freier ist als gewöhnliches Puddeleisen. Die gegen Puddeleisen gröſsere Dichtigkeit und Schlackenreinheit des Fluſseisens müssen natürlich in entgegengesetzter Richtung wirken; aber groſse Reinheit und Freiheit von allen Metalloiden kann doch wie die Erfahrung mit schwedischem Eisen im Vergleich mit unreinerem ausländischen lehrt, die Rostneigung noch mehr vergröſsern, als gröſsere Dichtigkeit dem entgegenwirkt, und die einander oft entgegengesetzten Resultate von Untersuchungen über die Rostneigung von Schweiſs- und Fluſseisen mögen wohl ihre Erklärung darin finden, daſs jene einander entgegen arbeitenden Einwirkungen das eine Mal mehr, das andere weniger vorherrschen. Einen Beweis dafür, daſs gröſsere Dichtigkeit und Schlackenfreiheit das Eisen gegen das Rosten besser verwahren können als ein groſser Gehalt an Phosphor u. dgl., geben die von Adamson im Journal of the Iron, 1878 S. 398 veröffentlichten Resultate über Versuche mit verschiedenen Eisensorten, welche 17 Tage lang unter Wasser mit 1 Proc. Schwefelsäure gehalten wurden: Eisen Mangan Kohlenst. Silicium Phosphor Schwefel Gewichtsverlustunter Wasser Gew. Puddel-    eisen 98,8 Spur Spur 0,177 0,523 0,008           79 Proc. Tuchoe Crown    Puddeleisen 98,9 0,107 0,217 Spur 46 Tuchoe best best    Puddeleisen 99,0 0,216 0,111 0,165 35 Weicher Guſs-    stahl 98,4 1,008 0,330 0,065 0,075 0,022 13 Fluſseisen 99,354 0,504 0,115 0,055 0,037 0,028   5 Daſs der Stahl bei diesen Versuchen mehr rostete als Fluſseisen, findet seine Erklärung in dem gröſseren Mangangehalte des ersteren, wogegen das sehr schnelle Rosten des Puddeleisens, besonders des gewöhnlichen, wohl in seiner Undichtheit und seinem Schlackengehalte begründet ist, wie die angegebenen Siliciumgehalte erkennen lassen. Im Uebrigen ergibt sich deutlich, daſs Undichtheit, welche besonders durch Zerstörung der Angriffsfläche beim Eisen wirkt, das Rosten um so mehr befördert, je saurer das Wasser ist, und daſs deshalb das Verhalten der fraglichen Eisensorten in gewöhnlichem Wasser ein ganz anderes sein kann. Zu den angeführten Hauptgründen für die einander oft entgegengesetzten Rostresultate kommt endlich der Umstand, daſs man bei einigen Versuchen von Glühspan nicht befreite Probestücke verwendete, in welchem Falle die Resultate nur durch die Einwirkung des Glühspans so ganz entgegengesetzt ausfallen konnten, als es gemäſs den Eigenschaften des Eisens an und für sich hätte der Fall sein müssen, und daſs man zuweilen nicht durch die Isolirung der Probestücke den Eintritt anderer galvanischer Einwirkungen als der verhinderte, welche aus der eigenen Beschaffenheit der betreffenden Eisensorten herstammen. Unter solchen Umständen konnten natürlich die Resultate leicht ganz verschoben werden.