Titel: Beitrag zur Lösung der Schaumgährungsfrage in der Spiritusfabrikation; von F. Pampe in Halle a. S.
Autor: F. Pampe
Fundstelle: Band 248, Jahrgang 1883, S. 129
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Beitrag zur Lösung der Schaumgährungsfrage in der Spiritusfabrikation; von F. Pampe in Halle a. S. (Schluſs der Abhandlung S. 76 d. Bd.) Pampe, über Schaumgährung in der Spiritusfabrikation. Behandlung der Hefe, um der Schaumgährung entgegenzuwirken. Es ist den Praktikern in der Spiritusfabrikation bekannt, daſs im Anfang jedes Brennjahres das Betriebsresultat niemals so gut ist als nach Verlauf von 8 bis 14 Tagen, wenn die zum Anstellen verwendete Preſshefe auch noch so triebkräftig war. Dieselbe Erscheinung tritt hervor, wenn z. B., um die Schaumgährung zu bekämpfen, frische Kunsthefe mit Preſshefe angestellt wird. Anscheinend muſs in solchem Falle die Hefe mangelhaft sein und kann dies nur in der ungenügenden Menge der für die Hefe assimilirbaren Stickstoffverbindungen liegen. Auſserdem wird man durch diese Erscheinungen zu der Annahme geführt, daſs eine Vermehrung der Stickstoffverbindungen verdauenden Fermente in der Hefenmaische und vielleicht auch in der Hauptmaische erfolgt. Man kann die Menge dieser Fermente, welche in die Haupt- und Hefenmaische gelangt, dadurch vermindern, daſs man nur einen gewissen Theil der Mutterhefe verwendet und auch eine geringere Menge Hefenmaische erzeugt. Meiner Ueberzeugung gemäſs findet nicht nur bei 38 bis 50°, sondern in weiteren Grenzen und zwar von etwa 20 bis 50° Peptonisirung statt. Die Verminderung der Menge der Hefenmaische ist ein brauchbares Mittel zur Bekämpfung der Schaumgährung, welches aber nur dann angewendet werden darf, wenn man sich durch das Mikroskop überzeugt hat, daſs die Hefe nicht entartet ist. Tritt die Schaumgährung etwas heftiger auf, so gelingt es durch Verminderung der Mutterhefe nicht, dieselbe zu beseitigen, sondern muſs man mit guter Preſshefe eine neue Mutterhefe anstellen. Es ist letzteres in vielen Fällen mit Erfolg gegen die Schaumgährung angewendet worden. Seit ziemlich langer Zeit ist es den Praktikern bekannt, daſs die Schaumgährung dadurch bekämpft werden kann, daſs man die Hefenmaische weiter vergähren läſst, bevor man sie verwendet und auch die Mutterhefe etwas später abnimmt. Ich kann bestätigen, daſs dies ein äuſserst wirksames Mittel gegen die Schaumgährung ist. In Folge des Keimprozesses der Gerste befindet sich in der Hefenmaische eine mehr oder weniger groſse Menge eines die Stickstoffverbindungen verändernden Fermentes, welches sich sowohl während des Mälzens, als auch in der Maische vermehrt. In welcher Weise das Ferment wirkt und wie es sich vermehrt, ist nicht festzustellen möglich; nach den hervortretenden Erscheinungen muſs dasselbe aber durch die Alkoholgährung verbraucht werden, so daſs bei weiter vorgeschrittener Vergährung eine geringere Zahl der Fermente in der Hefenmaische verbleibt und später in die Hauptmaische übergeführt wird. Hiernach müſste dieses Ferment selbst dem Alkoholferment als Nährmittel dienen, also die Zellwandung der Alkoholhefe durchdringen können, kann somit nicht selbst aus Zellen bestehen. Andererseits ist es aber auch nicht unmöglich, daſs das Ferment durch seine eigene Wirkung zerstört, daher in Folge dessen mehr oder weniger davon in die Hauptmaische übergeführt wird. Die Wahrscheinlichkeit der letzteren Annahme ist aber wesentlich geringer. Thatsache ist, daſs durch die weiter geführte Vergährung der Hefenmaische die Schaumgährung mit Erfolg bekämpft werden kann, und ebenso, daſs nur die Beschaffenheit der Stickstoffverbindungen die Gährungsform beeinfluſst; es muſs daher durch die Hefenmaische ein Stoff in die Hauptmaische übertragen werden, welcher solche Veränderungen hervorruft. Es gibt nun noch eine Art von Mitteln gegen die Schaumgährung, welche in der Praxis viel, wenn auch nicht mit dauerndem Erfolge, angewendet werden. Es sind diese das Aufspritzen von Petroleum, Gel und Seifenwasser, das Aufwerfen von fettigen Lappen, das Peitschen der Oberfläche mit Ruthen. Die letzten beiden will ich nicht berücksichtigen, weil dieselben nur sehr wenig wirksam sind. Erdöl, Leinöl und Seifenwasser sind mit der Maische nicht mischbar, die Cohäsion der Maische wird daher durch diese Stoffe auch nicht beeinfluſst; dennoch wirken sie auf die an die Oberfläche tretenden Kohlensäureblasen und zwar in folgender Weise: Durch das Besprengen werden diese Stoffe auf die Oberfläche der Maische gleichmäſsig vertheilt, so daſs die aufsteigenden Blasen meistentheils an solchen Stellen an die Oberfläche treten, wo die Grenze zwischen kleinen Fett- oder Erdölschichten und der Maischflüssigkeit liegt. Auf dieser Stelle wirkt nun aber keine Cohäsion; es muſs daher jede Blase sogleich platzen, wenn der Scheitel derselben über die Oberfläche tritt. Diese Mittel wirken sofort nach dem Besprengen und zwar Erdöl am meisten. Seifenwasser ist für den Zweck aber nicht in dem Maſse zu empfehlen. Wenn die Vertheilung des Erdöles recht vollkommen geschieht, so genügen schon 100cc auf einen Bottig von 3000 bis 40001 Maischraum; diese Menge schadet dem Geschmack des später gewonnenen Destillates nicht, da es während der Gährdauer verdunstet. Ich habe mich überzeugen können, daſs Brennereibeamte 0,5 bis 0l,75 für einen Bottig verwendeten. Daſs der Spiritus in solchem Falle stets einen Beigeschmack haben muſs, leuchtet wohl ein. Oel wirkt zwar nicht so gut als Petroleum; es können aber auch ohne Schaden etwas gröſsere Mengen davon verwendet werden und mit einer Zerstäubungsvorrichtung läſst sich dasselbe auch möglichst gut vertheilen. Vorstehend angeführte Mittel müssen, wenn die Schaumgährung fortlaufend bekämpft werden soll, bei jeder Gährbottigfüllung angewendet werden und das Hauptübel der Schaumgährung, die zu weit gehende Hefebildung, wird dadurch doch nicht beseitigt. Bei der letzten Generalversammlung der Spiritusfabrikanten in Deutschland am 17. Februar d. J. wurde bemerkt, daſs man über das Wesen der Schaumgährung noch vollständig im Unklaren ist und daſs es Fälle von Schaumgährung gibt, welche man nicht hat bekämpfen können. Ich theile nun diese Ansicht nicht, sondern bin überzeugt, daſs jede Schaumgährung beseitigt werden kann, wenn man systematisch bei der Bekämpfung vorgeht. Man muſs, bevor man irgend ein Mittel anwendet, zuerst eine Analyse der Schaumgährung vornehmen. Auf dieser Versammlung wurden neben den vielen bekannten Mitteln auch Salizylsäure und Schwefelsäure gegen die Schaumgährung empfohlen. Ich bin der Ansicht, daſs die bekannten Mittel vollkommen genügen, wenn man sie nur anzuwenden versteht; sodann wirken Salicylsäure und Schwefelsäure nur in der Weise, daſs sie das Alkoholferment selbst beeinflussen und, sofern genügende Mengen von den Stoffen verwendet werden, die Intensität der Gährung vermindern. Es wäre auch schwer zu begreifen, wie man Schwefelsäure in der Preſshefefabrikation verwenden könnte, wenn es ein brauchbares Mittel gegen die Schaumgährung wäre. Dagegen ist es eine alte Erfahrung, daſs Kartoffeln von sonst gleicher Beschaffenheit, wenn sie auf verschiedenen Schlägen gebaut sind, häufig ganz verschiedene Gährungsformen hervorrufen; Kartoffeln von einem Schlage erzeugen Schaumgährung, von anderen nicht. Es liegt dies nur daran, daſs der Gehalt der Kartoffeln an Stickstoffverbindungen mehr oder weniger groſs ist, was durch ungleiche Beschaffenheit des Bodens oder ungleiche Düngung verursacht wird: andererseits dürfte es mitunter aber auch daran liegen, daſs die Stickstoffverbindungen mehr oder weniger leicht in die lösliche Form übergeführt werden können. Die verschiedenen Kartoffelsorten verhalten sich in der Beziehung auch ungleich, sie beeinflussen mehr oder weniger die Schaumgährung; z.B. neigen die Maischen von Rosenkartoffeln, wie schon erwähnt, besonders im August zu Schaumgährung; es ist aber auch bekannt, daſs die Rosenkartoffeln einen ganz besonders groſsen Stickstoffgehalt haben. Wird die Schaumgährung durch die Beschaffenheit der Kartoffeln hervorgerufen, so ist es rathsam, dieselben etwas schärfer als gewöhnlich zu dämpfen; auſserdem muſs man so viel als möglich darauf hinwirken, die Umwandlung der Stick Stoffverbindungen in diffusibele Form zu vermeiden, vor allem die Vergährung der Hefe sehr weit zu führen. Wenn man für gewöhnlich eine Hefe von ursprünglich 12 Proc. Zucker bis auf 6 vergährt, so kann man am nächsten Tage schon bis 4 vorgehen; wirkt dies noch nicht, dann geht man am zweiten Tage bis auf 3, am dritten Tage bis auf 2,5 Proc. und erforderlichen Falles am vierten auch bis auf 2 Proc., was man ohne jede Scheu thun kann. Die Mutterhefe wird zu diesem Zweck entsprechend später abgenommen. Wird die Vergährung der Hefe regelmäſsig untersucht und sind die Temperaturverhältnisse in der Hefenkammer normal, so ist es leicht, auch ohne vorherige Untersuchung die Zeit anzugeben, in welcher die Vergährung der Hefe weit genug vorgeschritten ist. Wenn das Material die Schaumgährung befördert, muſs man auſserdem auch noch darauf sehen, daſs die Gerste etwas weniger als sonst geweicht und bei niederer Temperatur geführt wird. Beim Eintritt sehr heftiger Schaumgährung muſs man häufig an allen Punkten angreifen, um der zu weit gehenden Umwandlung der Stickstoffsubstanzen entgegen zu arbeiten. Zum Schlusse will ich noch in Kürze die wesentlichsten Punkte der vorstehenden Untersuchungen zusammenfassen und ganz kurz den Weg für die Analyse der Schaumgährung anführen. Vorerst habe ich gezeigt, daſs bei dem Eintritte der Schaumgährung die Cohäsion der Gährflüssigkeit wesentlich geringer ist als bei den für die Spiritusfabrikation normalen Gährungsformen. Diese geringere Cohäsion ist vorzugsweise durch die Beschaffenheit der Stickstoffverbindungen verursacht bezieh. auch durch die darin enthaltene Menge derselben. Die verschiedene Beschaffenheit der Stick Stoffverbindungen kann hervorgerufen sein: dadurch, daſs dieselben von Hause aus im Roh-materiale in solcher Form vorhanden waren, daſs sie die Cohäsion verminderten, also auch der Hefe direkt als Nährmittel dienen konnten (Asparagin und andere Amide). Die Stickstoffverbindungen werden durch den Dämpfprozeſs in eine andere Form übergeführt, so daſs dieselben dann für die Hefe nicht direkt als Nährmittel dienen können. Sind die Kartoffeln nicht vollkommen gedämpft, wie dies bei gefrorenen Kartoffeln vorkommt, dann tritt immer Schaumgährung ein, weil diese Umwandlung nicht erfolgte. Wenn die Schaumgährung wegen ungenügenden Dämpfens eintrat, erscheint die Maische nicht gelbbraun, sondern grau. Dieser Fall darf nur bei Verarbeitung von gefrorenen Kartoffeln eintreten und selbst dann ist er ein Beweis dafür, daſs die Dampfeinströmungen am Dämpfer unzweckmäſsig eingerichtet sind. Ferner werden die Stickstoffverbindungen durch besondere Fermente in die diffusibele Form umgewandelt. Durch die Zuführung bedeutender Mengen Luft beim Maischen und Kühlen kann auch die Wirkung obiger Fermente begünstigt werden. In den beiden letzten Fällen geht die Hauptwirkung in den Gährbottigen vor sich und besonders in der Zeit, in welcher sich die Maische von 22 bis 27° erwärmt. Diese Veränderung der Stickstoffverbindungen muſs erfolgen, weil im anderen Falle eine ungenügende Hefebildung nachtheilig auf das Betriebsresultat wirken würde. Von der Richtigkeit obiger Annahmen kann man sich schon allein durch die Beobachtung von Maischen gleicher Concentration während der ersten 24 Stunden der Gährung überzeugen. Je nach den Vorgängen in der Maische sieht man schon, wie mitunter die ganz kleinen Kohlensäurebläschen leicht und ohne jedes Hinderniſs an die Oberfläche treten oder gröſsere Bläschen träge aufsteigen und dann platzen. Im Falle gröſsere Luftmengen beim Maischen und Kühlen mit der Maische in Berührung kommen, muſs man dahin trachten, daſs die Thätigkeit der auf die Stickstoffverbindungen wirkenden Fermente auf anderem Wege in den richtigen Grenzen gehalten wird. Es ist dies leicht und gerade bei Anwendung von Luft gelingt es ohne Ausnahme, Maischen von hoher Concentration vortheilhaft zu vergähren. Die verändernde Wirkung kann entweder durch das Malz, oder durch die Kunsthefe hervorgerufen sein. Verursacht das Malz dieselbe, so hat immer ein zu starkes Weichen und zu warmes Führen stattgefunden. Der Graskeim ist in solchem Falle immer sehr stark entwickelt und es wird auſserordentlich leicht, dies festzustellen. Ist dagegen die Umbildung der Stickstoffverbindungen, als auch die Hefebildung in den Gährbottigen ungenügend, dann schadet es nicht, wenn das Malz bei 20 bis 22° ja bis 25° geführt wird, selbst wenn wirklich schon eine Spur von Graskeim bemerkbar ist. Erfahrene Brennereibeamte behaupten, Graskeim verursacht keinen Schaden, und ich muſs bestätigen, daſs dies in einem speciellen Falle zutrifft:, keineswegs kann dieser Zustand aber als ein normaler in dem Brennereibetriebe gelten. In einer richtig geführten Brennerei darf die Temperatur des Malzes beim Wachsen niemals über 22,5° steigen und die normale Temperatur muſs 15° sein. Es wird jedem Fachmann auf den ersten Blick gelingen, festzustellen, ob die Schaumgährung durch das Malz verursacht ist oder nicht. Ist das Malz normal ausgebildet und auch der Dämpfprozeſs ein genügender, dann liegt der Grund in der Hefe und dieselbe muſs in der angegebenen Weise behandelt werden. Ist die Hefe gesund, so gibt es kein sicherere und wirksameres Mittel, als die Hefe weiter vergähren zu lassen. Um bezüglich der Ursache für die Schaumgährung schnell zu einem sicheren Resultate zu kommen, muſs man systematisch vorgehen, dieselbe gewissermaſsen analysiren und dabei ist folgender Weg zu empfehlen: Zuerst wird ein äuſseres Mittel angewendet, um die nöthige Ruhe zur Untersuchung zu gewinnen; man verwendet als solches entweder Leinöl oder Erdöl. Ist man nicht in der Lage, sich eine Vorrichtung zum Zerstäuben desselben herzustellen, dann benutzt man eine einfache Literflasche dazu. Man schlieſst theilweise die Mündung der Flasche mit dem Zeigefinger der rechten Hand und gibt derselben wiederholt Stöſse mit der linken Hand nach vorwärts. Auf diese Weise stöſst die Flüssigkeit gegen die Fläche des Zeigefingers, zerspritzt nach allen Seiten und vertheilt sich auf der Oberfläche der gährenden Flüssigkeit. Man führt diese Operation immer erst aus, wenn man sich überzeugt hat, daſs die Maische in Schaumgährung übergeht und wiederholt sie, falls inzwischen angewendete innere Mittel nicht gewirkt haben. Nachdem die Hefe mikroskopisch untersucht worden ist, stellt man zuerst fest, ob unvollkommenes Dämpfen die Schaumgährung verursacht hat, ob gefrorene Kartoffeln verarbeitet sind und ob der einströmende Dampf gleichmäſsig vertheilt wurde. Hat man sich hierüber Gewiſsheit verschafft, dann geht man an die Untersuchung des Malzes und überzeugt sich, ob Graskeimbildung vorhanden, ob es also möglich ist, die Dauer des Weichens abzukürzen. Ist man über die beiden vorstehenden Punkte im Klaren, was schon während des ersten Tages gelingen kann, dann bleibt nur noch die Untersuchung der Hefe. In den meisten Fällen liegt der Grund der Schaumgährung auch darin, daſs die Beschaffenheit der Hefe nicht den übrigen Verhältnissen in der Brennerei entspricht, entweder die Hefebildung zu groſs ist, also unnütziger Weise Zucker zur Bildung der Hefezellen verwendet wird, oder zu gering ist und daher Zucker in der Maische unvergohren bleibt.