Titel: Ueber Wein und dessen Untersuchung.
Fundstelle: Band 248, Jahrgang 1883, S. 293
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Ueber Wein und dessen Untersuchung. Ueber Wein und dessen Untersuchung. Oenocyanin, der Farbstoff des Weines, ist nach E. J. Maumené (Comptes rendus, 1882 Bd. 95 S. 924) in den Trauben bei beginnender Reife noch farblos und wird wesentlich durch Oxydation blau; Eisen ist nicht dabei betheiligt. Die Herstellung von Wein aus Rüben wird von A. Brin in Paris (Englisches Patent Nr. 196 vom 13. Januar 1882) empfohlen. Rothe Rüben werden gekocht, zerrieben und ausgepreist; den Saft läſst man in mit Heizröhren versehenen Gährgefäſsen, nach Zusatz von Hefe bezieh. Malzaufguſs oder auch Aepfelsaft vergähren. Nachdem man nun noch die erforderliche Menge Gerbsäure hinzugefügt hat, läſst man absetzen, filtrirt und behandelt das Product wie gewöhnlichen Traubenwein. Dieser rothe Rüben wein soll sich wegen seiner schönen Farbe besonders zum Verschneiden rother Traubenweine benutzen lassen. (Vgl. Gautier 1876 222 376.) Aus weiſsen Rüben wird in entsprechender Weise Weiſswein hergestellt; doch soll man bei beginnender Gährung etwas Salpetersäure hinzufügen. Lothringer Weine. C. Weigelt (Zeitschrift für Weinbau in Elsaſs-Lothringen, 1883 Nr. 3) hat aus einer Anzahl Trauben des J. 1881 Weine hergestellt und diese dann untersucht: Mörching Hayingen Novéant Corny St. Julien beiMetz1 Ars an derMosel Wallières Marsal Barzellona Alkohol, Gew.-Proc. 6,21 6,28 6,57 7,00 7,27 7,47 7,93 10,46 12,00 Extract 2,118 2,067 2,000 2,078 1,981 2,264 2,787 2,261 2,528 Nichtflüchtige Säure 0,420 0,420 0,495 0,528 0,495 0,480 0,480 0,907 0,412 Flüchtige Säure 0,195 0,117 0,117 0,157 0,170 0,155 0,202 0,135 0,187 Freie Weinsäure 0,026 0,015 0,023 0,028 0,034 0,029 0,033 0,041 0,059 Glycerin 0,638 0,503 0,403 0,244 0,529 0,439 0,380 0,773 Mineralstoffe 0,168 0,169 0,156 0,190 0,176 0,206 0,255 0,155 0,205 Schwefelsäure 0,006 0,008 0,004 0,004 0,006 0,009 0,007 0,004 0,126 Phosphorsäure 0,024 0,035 0,026 0,028 0,030 0,047 0,033 0,036 0,031 Polarisation (200mm    Halbschatten ± 0 – 0,1 ± 0 ± 0 + 0,1 – 0,2 – 0,1 + 0,2 – 0,2 1 Rothe und weiſse Trauben. E. Borgmann (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1883 S. 601) hat Erde aus einem Weinberge des Distriktes, welcher die besten Sherryweine liefert, untersucht. Dieselbe enthielt nur 0,158 Proc. Schwefelsäure, wodurch sich, wie Borgmann meint, der oft bedeutende Schwefelsäuregehalt in Sherry weinen des Handels nicht rechtfertigt. (Vgl. Reichardt und Nencki 1883 247 259). R. Fresenius und E. Borgmann berichten in der Zeitschrift für analytische Chemie, 1883 S. 46 über die Untersuchung einer Anzahl reiner Traubenweine. Zur Bestimmung des Extractes wurden 50cc Wein in einer flachen Platinschale auf dem Wasserbade verdampft und der Rückstand 2 bis 3 Stunden in einem Wassertrockenkasten getrocknet. Bezügliche Versuche ergaben, daſs sich hierdurch der Glycerin haltige Extract mit genügender Genauigkeit bestimmen läſst und daſs die Fehlergrenze nicht mehr als 0,015 bis 0,02 Proc. beträgt. Durch Veraschen des Extractes wurde der Gehalt an Mineralstoffen bestimmt. Der Gehalt an Glycerin wurde nach Neubauer und Borgmann (1878 230 432), die freie Säure durch Titriren mit 0,1-Normalnatron bestimmt und auf Weinsäure berechnet. Die Polarisationen wurden im 220mm langen Rohre des groſsen Wild'schen Polaristrobometers ausgeführt. Von den mitgetheilten Analysen mögen die der Weine aus dem Hofkeller aus Würzburg angegeben werden: BezeichnungundJahrgang Trauben-sorte 100cc enthalten Gramm Polarisation Alkohol Extract Mineral-stoffe FreieSäure Glycerin Schwefel-säure Phosphor-säure Roth-weine 1875er Leisten1878er Leisten   9,51  9,49 3,302,70 0,350,29 0,620,54 1,231,16 0,0820,070 0,0650,065 ± 00 Weiſsweine 1874er Stein1875er Leisten1876er Stein1876er Leisten1878er Pfülben1878er Pfülben1878er Stein RieslingRieslingRieslingRieslinggemischtRieslingRiesling   9,10  9,70  9,0010,15  8,90  9,85  9,91 2,402,162,222,412,272,742,78 0,170,200,190,200,200,180,18 0,730,640,680,800,540,740,71 1,031,120,920,861,201,261,34 0,0690,0610,0490,0290,0400,0270,031 0,0470,0330,0410,0510,0360,0360,033 0000000 Im Allgemeinen ergaben sich folgende Grenz- und Mittelwerthe der untersuchten Traubenweine. 100cc enthalten Gramm: Maxima Minima Mittel Alkohol 10,39 6,42 8,98 Extract   3,30 1,86 2,47 Freie Säure   1,01 0,48 0,65 Mineralstoffe   0,35 0,15 0,23 Glycerin   1,34 0,60 0,96 Schwefelsäure     0,082   0,006   0,035 Phosphorsäure     0,065   0,023   0,042 Kalk     0,021   0,006   0,010 Kali     0,125   0,056   0,091 Magnesia     0,021   0,012   0,016 Die entsprechenden Grenzwerthe der einzelnen Traubenweingruppen sind in der Tabelle S. 296 aufgeführt. Berechnet man das gegenseitige Verhältniſs der einzelnen Weinbestand theile, so kommen auf 100 Alkohol 7,4 bis 13,8 Th. Glycerin. Dieses Verhältniſs ist nicht nur zum Nachweise eines Zusatzes von Glycerin zu Weinen von Bedeutung; es ist hierdurch auch die Möglichkeit gegeben, mit verhältniſsmäſsig groſsen Mengen von Alkohol versetzte Weine als solche zu erkennen. Auf 10 Th. freie Säure kommen 1,9 bis 5,6 Th. Mineralstoffe. Die Annahme, welche zuweilen gemacht wird, daſs bei einem hohen Gehalte an freier Säure auch ein verhältniſsmäſsig hoher Gehalt an Mineralstoffen in einem Weine vorhanden sein müsse, hat somit nach diesen Untersuchungen keine Berechtigung, da das Verhältniſs zwischen freier Säure und Mineralstoffen ein sehr schwankendes ist. Auf 1 Th. Mineralstoffe kommen 7,9 bis 15,4 Th. Extract, auf 10 Phosphorsäure 3,2 bis 7 Th. Magnesia bezieh. 35,4 bis 212,5 Th. Mineralstoffe, auf 1 Th. Kali 2,0 bis 4,8 Th. Mineralstoffe. Bestandtheile RotheFranken-weine WeiſseFranken-weine Rhein-hessischeWeine WeiſsefranzösischeWeine RothefranzösischeWeine Moselweine Alkohol Maximum 9,51 10,15 10,39 9,84 9,32 8,72 Minimum 9,49   8,90   6,42 9,05 7,99 7,04 Extract Maximum 3,30   2,78   3,00 2,62 2,67 2,44 Minimum 2,70   2,16   1,86 2,47 2,17 1,92 Mineralstoffe Maximum 0,35   0,20   0,30 0,28 0,27 0,20 Minimum 0,29   0,17   0,16 0,24 0,21 0,15 Freie Säure Maximum 0,62   0,80   1,01 0,71 0,58 0,95 Minimum 0,54   0,54   0,48 0,54 0,48 0,64 Glycerin Maximum 1,23   1,34   1,28 1,00 0,99 0,85 Minimum 1,16   0,86   0,64 0,88 0,75 0,66 Schwefelsäure Maximum   0,082     0,069     0,050   0,019   0,027   0,018 Minimum   0,070     0,027     0,045   0,015   0,006   0,006 Phosphorsäure Maximum   0,065     0,051     0,048   0,046   0,037   0,056 Minimum   0,065     0,033     0,026   0,023   0,023   0,039 Kalk Maximum     0,013   0,010   0,013   0,021 Minimum     0,008   0,007   0,006   0,008 Kali Maximum     0,090   0,118   0,125   0,079 Minimum     0,058   0,105   0,078   0,056 Magnesia Maximum     0,021   0,015   0,017 Minimum     0,017   0,013   0,012 Zwei selbstbereitete Obstweine ergaben folgendes Resultat: 100cc enthalten Gramm Polarisation Alkohol Extract Mineral-stoffe Freie Säureals Aepfels. Essig-säure Glycerin Schwefel-säure Phosphor-säure Kali Kalk Magnesia Zucker Aepfelwein1881 5,44 2,38 0,27 1,34 0,096 0,39 0,004 0,008 0,155 0,011 0,009 +0,1° Birnenwein1881 3,65 3,48 0,22 0,93 0,140 0,37 0,006 0,019 0,122 0,010 0,009 0,140 +0,3° Danach sind die Angaben, nach welchen sich Obst- und Traubenweine unterscheiden sollen, mit groſser Vorsicht aufzunehmen (vgl. Kayser S. 219 d. Bd.) E. Borgmann (Daselbst S. 58) hat ferner Untersuchungen ausgeführt, um festzustellen, welchen Einfluſs die verschiedene Zusammensetzung der der Gährung unterworfenen Moste auf das Verhältniſs zwischen Alkohol und Glycerin in den Weinen hat. Zu diesem Zweck lieſs er Most einerseits ohne jeden Zusatz vergähren, andererseits versetzte er denselben vor der Gährung mit wechselnden Mengen von Rohrzucker und Wasser. In den erhaltenen Weinen kamen auf 100 Th. Alkohol nie weniger als 7,81 Th. Glycerin, so daſs die Annahme, ein Wein, welcher auf 100 Th. Alkohol nicht mindestens 7 Th. Glycerin enthält, sei als mit Alkohol vernetzt zu betrachten, ihre Berechtigung zu haben scheint. (Vgl. dagegen Weigelt S. 294 d. Bd.)