Titel: Untersuchung der Blutlaugensalz-Schmelze; von Professor Karl Zulkowsky.
Autor: Carl Zulkowsky
Fundstelle: Band 249, Jahrgang 1883, S. 169
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Untersuchung der Blutlaugensalz-Schmelze; von Professor Karl Zulkowsky. Zulkowsky, über die Untersuchung der Blutlaugensalz-Schmelze. Die Literatur enthält in Betreff dieses Gegenstandes äuſserst wenige und dürftige Angaben und, wollte man dieselben befolgen, so wäre es mit der Betriebscontrole einer Blutlaugensalzfabrik sehr schlecht bestellt. Es handelt sich hierbei um eine möglichst rasche und hinlänglich genaue Prüfung der Schmelzen auf die Menge von Blutlaugensalz, welche sich aus denselben ergibt. Bekanntlich enthält die Schmelze noch kein Blutlaugensalz, sondern dasselbe entsteht erst beim Auflösen im Wasser durch die Wechselwirkung des Cyankaliums und des Schwefeleisenkaliums. Eine solche Lösung enthält auſser dem soeben gebildeten Blutlaugensalze noch andere Cyanverbindungen in kleiner Menge, ferner Schwefeleisen, Schwefelkalium, kohlensaures Kalium u.s.w. Zur Bestimmung der theoretischen Ausbeute an Blutlaugensalz fand ich in einer Fabrik ein Verfahren in Ausübung, welches meines Wissens nirgends veröffentlicht ist und das ich einer näheren Prüfung zu unterziehen genöthigt war. Dasselbe gründet sich auf die bekannte Reaction zwischen Blutlaugensalz und einem löslichen Zinksalze, wodurch ein weiſser Niederschlag gebildet wird, welcher eine Doppelverbindung des Ferrocyanzinkes und des Ferrocyankaliums darstellt. Diesem Niederschlage kommt nach den Untersuchungen Mosander'sHandwörterbuch der reinen und angewandten Chemie, 1848 S. 86. die Formel K4FeCy6 + 3Zn2FeCy6 + 12H2O zu, wenn bei der Fällung Blutlaugensalz im Ueberschusse war. Schindler und WyrubowBeilstein: Organische Chemie, S. 677. fanden die gleiche Zusammensetzung. Schindler fand auſserdem, daſs der Zinkniederschlag bei Ueberschuſs von Zinksalz frei von Kalium sei. Ist letzteres richtig, so gestaltet sich die Fällung eines Zinksalzes durch eine Blutlaugensalzlösung folgendermaſsen: Anfänglich bildet sich bloſs Ferrocyanzink; ist aber das Zink völlig niedergeschlagen, so gesellt sich zu demselben das frisch hinzukommende Blutlaugensalz, bis der Niederschlag die oben angegebene Zusammensetzung zeigt. Diese Doppelverbindung dürfte ohne Frage sofort gebildet werden, wenn man das Zinksalz in eine überschüssige Menge von Blutlaugensalzlösung einflieſsen läſst. Wenn die Aufeinander Wirkung des Zinksalzes und des Blutlaugensalzes glatt vor sich gehen und einen Niederschlag von constanter Zusammensetzung ergeben würde, so lieſse sich diese Reaction ohne weiters in der Maſsanalyse zur Bestimmung des Zinkes oder des Blutlaugensalzes verwerthen. In ersterer Beziehung erwähnt Mohr in seinem Lehrbuche der chemisch-analytischen Titrirmethode (4. Auflage S. 446), daſs eine Blutlaugensalzlösung zur volumetrischen Bestimmung ungeeignet wäre, weil das erstere mitgefällt werde. Ohne Zweifel glaubte Mohr, daſs die Fällung des Blutlaugensalzes nicht nach molekularen Verhältnissen stattfindet. Die Prüfung der Blutlaugensalzschmelze wurde in der Fabrik derart durchgeführt, daſs man 50g derselben in Wasser zu 250cc löste und die von dem Rückstande abfiltrirte Flüssigkeit in eine Bürette füllte. Ferner wurde ein Bechergläschen mit 10cc titrirter Zinklösung und 10cc verdünnter Schwefelsäure gefüllt und diese Flüssigkeit so lange mit obiger Blutlaugensalzlösung titrirt, bis ein kleiner Ueberschuſs der letzteren durch eine Tüpfel probe nachweisbar war. Der Zusatz der Schwefelsäure ist deshalb nöthig, weil die Schmelzelösung Schwefelkalium und Kaliumcarbonat enthält; da aber ein Ueberschuſs derselben nicht zu vermeiden ist, so vollzieht sich die Reaction zwischen dem Zinke und Blutlaugensalze bei Gegenwart von mehr oder weniger Schwefelsäure. Unter diesen Verhältnissen muſste man auf einen anderen Verlauf der Reaction gefaſst sein. Mehrfache Versuche, die ich mit dieser maſsanalytischen Probe anstellte, ergaben unter einander eine vortreffliche Uebereinstimmung; es handelte sich nunmehr darum, ob die sich ergebenden Zahlen auch wirklich der Wahrheit entsprechen. Um diese Frage zur Entscheidung zu bringen, habe ich ½ Aeq. (d. i. 110g,82 des Zinkdoppelsalzes (K2SO4 + ZnSO4 + 6H2O) und ½ Aeq. Blutlaugensalz (d. i. 1058,5) zu 1l gelöst und mit diesen zwei Probelösungen jene Versuche angestellt, welche in folgender Tabelle 1 verzeichnet sind. Für diese Versuche wurden 25cc Zinklösung abgemessen, mit 25cc Wasser verdünnt und mit steigenden Mengen 11procentiger Schwefelsäure versetzt, um auch den Einfluſs derselben kennen zu lernen. Zur sicheren Erkennung der Endreaction bedarf es mehrfacher Vorsicht und etwas Uebung. Nachdem man die auf einander wirkenden Flüssigkeiten mit einem Glasstabe umgerührt, wird das benetzte Ende desselben auf einen Streifen eisenfreies Filtrirpapier aufgesetzt. Die am Glasstabe anhängende Flüssigkeit saugt sich in das Papier ein, der darin vertheilte Zinkniederschlag bleibt in der Mitte sitzen und bildet einen weiſsen Kern. Wenn dieser Flüssigkeitsring eine Breite von mindestens 7mm erreicht hat, wird daneben ein Tropfen stark verdünntes Eisenchlorid gebracht. Wenn an der Berührungsstelle dieser Flüssigkeiten, also am äuſsersten Umfange eine deutliche, blaue Färbung eintritt, so zeigt diese das Ende der Reaction an. Es ist nothwendig, dem Flüssigkeitstropfen zur Ausbreitung Zeit zu lassen; denn kleine Spuren des Zinkniederschlages werden von demselben eine kleine Strecke fortgeschwemmt und, da derselbe mit Eisenchlorid ebenfalls blau wird, so könnte man hierdurch getäuscht werden. Sollte dieser Flüssigkeitsring keine solche Ausbreitung erfahren, so kann man mit dem frisch eingetauchten Glasstabe dem Kerne noch etwas Flüssigkeit zuführen. Um das Fortschwemmen des Zinkniederschlages möglichst zu verhindern, soll man auf das Papier keinen Tropfen fallen lassen, sondern immer nur das Ende des eingetauchten Glasstabes aufsetzen, weil die Niederschlagstheilchen durch Adhäsion von dem Glasstabe zurückgehalten werden. Tabelle 1. Tabelle 2. Für 25cc Zinklösung wurdegebraucht Für 25cc Zinklösung und 40ccWasser wurden gebraucht Von 11 proc.Schwefelsäure Von Blutlaugen-salzlösung An 11 proc.Schwefelsäure An Blutlaugen-salzlösung 0123456 19,519,419,219,119,0  18,85  18,80 0,02,03,04,05,06,0 17,917,917,9  17,85  17,75  17,85 Im Mittel   17,86 Aus Tabelle 1 ist zu ersehen, daſs der Verbrauch an Blutlaugensalz mit der Zunahme an Schwefelsäure abnimmt, was übrigens vorauszusehen war. Auf Grund dieser Beobachtungen würde sich die Regel ergeben, bei der Titration der Blutlaugensalzschmelze-Lösung einen gröſseren Ueberschuſs von Schwefelsäure zu vermeiden, oder den hierdurch bedingten Fehler auf geeignete Weise zu berichtigen. Vergleichende Versuche mit Schwefelsäure von doppelt so groſser Concentration haben ferner gezeigt, daſs es nicht gleichgültig ist, ob man das Zinksalz mit stärkerer oder schwächerer Schwefelsäure ansäuert, auch dann, wenn in derselben ein und dasselbe Säuregewicht enthalten ist. Es ist daher die Anwendung einer schwachen, etwa 10procentigen Schwefelsäure anzurathen. Wenn man die Volumen der verbrauchten Zink- und Blutlaugensalzlösung mit einander vergleicht, so wird man gewahr, daſs in der That Blutlaugensalz als solches mitgefällt wird; allein das Verhältniſs beider entspricht nicht der von Mosander und Wyrubow gefundenen Zusammensetzung. Würde der Niederschlag frei von Kalium sein, also nur aus Ferrocyanzink bestehen, so müſste man auf ½ Raumtheil Blutlaugensalzlösung 1 Th. Zinklösung gebrauchen, weil jede dieser Flüssigkeiten ½ Aeq. in 1l enthält. Hätte der Niederschlag die oben angegebene Zusammensetzung, so müſste man auf 1 Th. Zinklösung ⅔ Th. Blutlaugensalzlösung gebrauchen. Im letzteren Falle erfordert die Theorie für 25cc Zinklösung 16cc,67, während in Wirklichkeit in neutraler Flüssigkeit erheblich mehr, nämlich 19cc,5 gebraucht wurden. Es hat den Anschein, als ob noch eine zweite an Kalium reichere Zinkdoppelverbindung bestehe, welche die Zusammensetzung 2K4FeCy6 + 3Zn2FeCy6 hat. Für diese Verbindung kämen 5 Aeq. Blutlaugensalz und 6 Aeq. Zinksalz zur Wirkung und man müſste für diesen Fall für 25cc Zinklösung 20cc,8 Blutlaugensalz gebrauchen. In neutraler Lösung hat man nach der 1. Tabelle 19cc,5, also um nicht viel weniger erhalten. Daſs diese Zahl nicht völlig erreicht werden konnte, hat offenbar darin seinen Grund, daſs diese Verbindung wegen Mangel an überschüssigem Blautlaugensalz nicht völlig zu Stande kommt. Man sollte demnach glauben, daſs bei der Umkehrung dieses Verfahrens Niederschläge erhalten werden, deren Blutlaugensalzgehalt gröſser ist. Mehrfache in dieser Richtung angestellte Versuche haben jedoch ergeben, daſs diese Annahme nicht richtig ist und das Verhältniſs der Volumen beider Flüssigkeiten gleich bleibt. Dagegen hat sich herausgestellt, daſs die Titration von Blutlaugensalz durch Zinksalz weitaus unsicherer ist. Das Verschwinden der blauen Färbung läſst sich schwieriger erkennen als das Eintreten derselben, so daſs man um 1cc fehlen kann. Aus allen diesen Versuchen ergibt sich der Schluſs, daſs diese maſsanalytische Methode nur dann genauere Resultate liefern kann, wenn man den bei der Titration der Schmelzelösung unvermeidlichen Ueberschuſs der Schwefelsäure wenigstens näherungsweise kennt, weil dann eine Correction derselben ermöglicht wird. In dieser Form wäre diese maſsanalytische Methode zur Betriebscontrole der Blutlaugensalzfabriken noch immer brauchbar, nicht aber für wissenschaftliche Zwecke oder überhaupt für genauere Gehaltsbestimmungen. Es ist mir schlieſslich gelungen, diese Methode so umzuändern, daſs sie nunmehr ganz genaue Ergebnisse liefert und sowohl zur Bestimmung des Blutlaugensalzes, als auch der Zinksalze dienen kann. Wenn man nämlich die verdünnte und erforderlichenfalls mit Schwefelsäure angesäuerte Zinklösung vorher zum Kochen erhitzt und in die heiſse Flüssigkeit die Lösung des Blutlaugensalzes einlaufen läſst, so bekommt man ganz constante Resultate, welche von der Schwefelsäuremenge nicht beeinfluſst werden. In diesem Falle stehen die Mengen von Zink- und Blutlaugensalz in einem einfachen molekularen Verhältnisse, d.h. der Niederschlag ist kein Gemisch, sondern ein chemisches Individuum. Der Zinkniederschlag ist dann feinpulverig, während der in der Kälte entstandene etwas schleimig erscheint. Wegen dieser Beschaffenheit muſs man doppelt vorsichtig sein, daſs dieses Pulver bei der Tüpfelprobe von dem Flüssigkeitstropfen nicht zu weit von dem Mittelpunkte hinausgetragen werde. Es läſst sich dies vermeiden, wenn man mit dem Glasstabe weniger Flüssigkeit aufnimmt, denselben wie sonst auf das Papier aufsetzt und diesem Flecke vom Mittelpunkte aus noch ein zweites Mal etwas Flüssigkeit mit dem Glasstabe zuführt. Der Niederschlag, welcher sich das erste Mal in dem Mittelpunkte abgelagert, bildet ein Hinderniſs für das Fortschwemmen desjenigen, welcher in der zweiten Flüssigkeitsmenge enthalten ist. Die Ergebnisse der hierauf bezugnehmenden Versuche sind in der Tabelle 2 (S. 170) enthalten. Es ist natürlich, daſs in der zu titrirenden Flüssigkeit ein gewisser Ueberschuſs von Blutlaugensalz vorhanden sein muſs, um die Endreaction zu erkennen. Um diesen Ueberschuſs zu bestimmen, wurden 85cc WasserDieses Volumen entspricht dem Volumen des Flüssigkeitsgemisches, welches bei der vorherigen Titration erhalten wurde. so lange mit Halbnormal-Blutlaugensalzlösung versetzt, bis ein Tropfen dieser auf Papier gebrachten Flüssigkeit mit Eisenchlorid eine schwache, aber deutlich blaue Färbung bewirkte. Dies war bei einem Zusätze von 0cc,4 der Fall. Zieht man nunmehr von den 17cc,86 den Ueberschuſs von 0cc,4 ab, so wurden auf 25cc Halbnormal-Zinklösung 17cc,46 Halbnormal-Blutlaugensalzlösung gebraucht. Aus diesen Zahlen läſst sich berechnen, daſs auf 10cc Halbnormal-Zinklösung 6cc,98 oder rund 7cc Halbnormal-Blutlaugensalzlösung reagiren. Da die Aequivalente beider auf einander wirkender Stoffe die Hälfte des Molekulargewichtes betragen, so läſst sich für den hierbei stattfindenden Prozeſs folgende Gleichung aufstellen: 10ZnSO4 + 7K4FeCy6 = 10K2SO4 + (5Zn2FeCy6 + 2K4FeCy6) Zinkniederschlag. Dem aus der heiſsen Lösung gebildeten Zinkniederschlage kommt also eine andere Zusammensetzung zu wie demjenigen, welcher aus kalter Lösung bei einem Ueberschusse von Blutlaugensalz entsteht. Wie Eingangs erwähnt wurde, sind die Zinkniedersehläge von verschiedener Zusammensetzung je nach dem Ueberschusse des einen oder des anderen Fällungsmittels. Nunmehr hat sich ergeben, daſs auch die Temperatur von groſsem Einflüsse ist. Diese Doppel Verbindungen bilden eine Reihe von zunehmendem Kaliumgehalte, z.B.:   Zn2FeCy6 bei Ueberschuſs von Zinksalz (Schindler) 5Zn2FeCy6 + 2K4FeCy6 in heiſser Lösung (Zulkowsky) 3Zn2FeCy6 +   K4FeCy6 bei Ueberschuſs von Blutlaugensalz (Mosander u. Wyrubow) 3Zn2FeCy6 + 2K4FeCy6. Die Existenz der letzteren Verbindung ist fraglich, geht aber mit groſser Wahrscheinlichkeit aus den in Tabelle 1 verzeichneten Versuchen hervor. Diese letztere Verbindung dürfte allem Anscheine nach keine sehr beständige sein und beim Abfiltriren und Waschen in die zweitletzte übergehen. Daraus würde sich erklären, warum dieselbe bisher nicht bekannt wurde. Diese Ansicht stimmt mit einer von Mohr gemachten Beobachtung sehr gut überein, welche er gelegentlich seiner Versuche über die Titration des Zinkes mit gelbem Blutlaugensalze machte. Er sagt hierüber in seinem erwähnten Lehrbuche S. 446 wörtlich: „dabei tritt die eigenthümliche Erscheinung ein, daſs die anfänglich schwache Reaction auf Blutlaugensalz mit Eisenchlorid nach einiger Zeit stärker wird, als wenn sich das mitgefällte Blutlaugensalz wieder aus dem Niederschlage herauszöge.“ Da die Titration in heiſser Lösung einen Niederschlag von constanter Zusammensetzung liefert, so ist es nunmehr möglich geworden, das gelbe Blutlaugensalz und solche Producte, welche dasselbe enthalten, auf viel einfachere Weise zu untersuchen, als dies bisher möglich war. Zu diesem Belaufe bereitet man sich eine Halbnormallösung des Kaliumzinksulfates, wie sie zu meinen Versuchen diente (105g,5 für 1l). Man miſst von derselben je nach Umständen 10 bis 25cc ab, verdünnt mit 20 bis 40cc Wasser, erhitzt zum Kochen und läſst die Blutlaugensalz haltige Flüssigkeit einlaufen, bis die blaue Färbung erkennbar geworden. Dieser Erstlingsversuch muſs wiederholt werden, um die Neutralitätsgrenze genauer zu ermitteln. Sollte das zugeflossene Volumen der Flüssigkeit so groſs sein, daſs eine bedeutendere Abkühlung der Flüssigkeit zu befürchten wäre, so ist es rathsam, dieselbe vor Beendigung der Titration anzuwärmen. Hätte man pg Substanz eingewogen und zu Vcc gelöst, hiervon vcc gebraucht für zcc Halbnormal-Zinklösung, so ist der Gang der Rechnung für die Ermittelung des Procentgehaltes folgender: 1cc Halbnormal-Zinklösung entspricht nach der Zersetzungsgleichung 0g,07385 krystallisirtem Blutlaugensalze (theoretischer Titer). zcc Halbnormal-Zinklösung entsprechen somit (0,07385 z)g Blutlaugensalz. In Vcc Lösung oder in pg Substanz sind enthalten (0,07385 Vz : v)g Blutlaugensalz; der Procentgehalt ist daher B = 7,385 Vz : pv. Will man noch den Fehler beseitigen, welcher sich daraus ergibt, daſs ein erkennbarer Ueberschuſs des Blutlaugensalzes zugegeben werden muſs, so ist das Volumen der titrirten Flüssigkeit in Betracht zu ziehen. Nach den in dieser Richtung angestellten Versuchen ist zur deutlichen Erkennung der Endreaction für je 1cc Flüssigkeit rund 0mg,5 erforderlich. Hieraus berechnet sich leicht der Ueberschuſs und das vorher berechnete Gewicht des Blutlaugensalzes muſs um denselben vergröſsert werden (nicht vermindert, wie man glauben könnte). Ist f das Volumen der Flüssigkeit nach der Titration, so ergibt die Formel B = (7,385 Vz + 0,05f) : pv den Procentgehalt. Will man diese Berichtigung ganz umgehen, so bestimmt man den Titer der Zinklösung mit einer Blutlaugensalzlösung von bekanntem Gehalte oder mit einer gewogenen Menge dieses Salzes. Es ist wünschenswerth, bei der Titerstellung und bei den späteren Proben immer so viel Verdünnungswasser anzuwenden, damit nahezu das gleiche Volumen titrirter Flüssigkeit zum Vorscheine kommt. Wäre der empirische Titer = t, so ergibt die Formel B = 100 tVz : pv ebenfalls den Procentgehalt. Um den Grad der Uebereinstimmung dieser maſsanalytischen Bestimmung des Blutlaugensalzes zu beurtheilen, können die in der Tabelle 2 vorhandenen Zahlen dienen, wenn man aus dem Volumen der Blutlaugensalzlösung dessen Gewicht berechnet und mit demjenigen vergleicht, welches sich aus dem Volumen der Zinklösung mittels des theoretischen und empirischen Titer, ferner mit Zuhilfenahme der Correction aus dem ersteren ergibt. Aus der Zersetzungsgleichung ergibt sich der theoretische Titer für 1cc Halbnormal-Zinklösung zu 0,07385 und aus der Tabelle 2 mit Zugrundelegung der Durchschnittszahl, der empirische Titer zu 0,07537. Hieraus sind die Zahlen folgender Tabelle 3 gefunden: Tabelle 3. Nr. desVersuchs Vol. derHalbnormal-Blutlaugensalz-lösung Gewicht desBlutlaugen-salzes dieserLösung Gefunden aus dem theore-tischen Titer Gefundenaus demempirischenTiter ohneCorrection mitCorrection cc g 1 17,9 1,8885 1,8463 1,8863 1,8843 2 17,9 1,8885 3 17,9 1,8885 4   17,85 1,8832 5   17,75 1,8726 6   17,85 1,8832 Wie man aus diesen Zahlen ersieht, findet zwischen den berechneten und gefundenen Mengen eine auffallende Uebereinstimmung statt, wenn man die Correction vornimmt oder statt dessen den empirischen Titer benutzt. Es ist selbstverständlich, daſs diese maſsanalytische Methode ebenso gut zur Bestimmung des Zinkes dienen kann. Eine ähnliche Methode für dieses Metall rührt von Kieffer (vgl. Mohr a. a. O. S. 443) her, welcher zur Fällung desselben rothes Blutlaugensalz empfahl. Sie hat jedoch den Nachtheil, daſs eine Lösung dieses Salzes ihren Titer sehr bald ändert, wenn man derselben nicht eine gröſsere Menge Weingeist zusetzt. Aus diesem Grunde glaubte Mohr, das gelbe Blutlaugensalz für denselben Zweck prüfen zu müssen, und wurde durch die früher angegebenen Gründe in seinen Erwartungen getäuscht. Um den Grad der Uebereinstimmung für die maſsanalytische Bestimmung des Zinkes zu beurtheilen, können die Zahlen der Tabelle 2 (S. 170) ebenfalls verwendet werden. Da 10 Aeq. Zink durch 7 Aeq. Blutlaugensalz gefällt werden, so ist der theoretische Titer einer Halbnormal-Blutlaugensalzlösung 0,02321. Nach Tabelle 2 wurden für 25cc Halbnormal-Zinklösung im Mittel 17cc,86 Halbnormal-Blutlaugensalzlösung gebraucht; somit ist der empirische Titer 0,02275. Nachdem endlich für je 1cc Flüssigkeit 0mg,5 Blutlaugensalz zur Erkennung der Endreactionen benöthigt werden, so ist für obige Flüssigkeitsmenge das Aequivalent an Zink, d. i. 0mg,106 in Abzug zu bringen. Mit Benutzung dieser Angaben sind die Zahlen in Tabelle 4 entstanden: Tabelle 4. Nr. desVer-suches Anstatt 0g,4063 Zink, welche in 25cc Lösung enthalten waren,wurde gefunden: Aus dem theoretischen Titer Aus dem empirischenTiter ohne Correction mit Correction g g g 1 0,4154 0,4069 0,4072 2 0,4154 0,4069 0,4072 3 0,4154 0,4069 0,4072 4 0,4142 0,4057 0,4061 5 0,4120 0,4035 0,4038 6 8,4142 0,4057 0,4061 Diese Tabelle läſst erkennen, daſs die Abweichungen zwischen der berechneten und gefundenen Menge noch kleiner sind als beim Blutlaugensalze, weil das Aequivalent des Zinkes weitaus kleiner ist. Hat man eine ammoniakalische Zinklösung, wie solche bei der Prüfung der Zinkerze entsteht, so wird dieselbe mit Schwefelsäure angesäuert, nöthigen-falls concentrirt oder verdünnt und mit einer halbnormalen Blutlaugensalzlösung titrirt. Benutzt man anstatt des empirischen Titer den theoretischen, so ist mit Berücksichtigung des Flüssigkeitsvolumens eine Correction in der früher angegebenen Art durchzuführen. Bestimmung der Blutlaugensalz-Ausbeute der Schmelze: Auf Grund der früheren Arbeiten ist bei der Prüfung der Schmelze folgendes Verfahren einzuhalten. 50g grob zerstoſsene Schmelze wird in einem Becherglase mit etwa 150cc Wasser zusammengebracht, wobei eine beträchtliche Erwärmung wahrzunehmen ist. Hat diese nachgelassen, so kann man die Flüssigkeit 2 Stunden auf etwa 40° anwärmen, um die chemische Reaction zu unterstützen. Ist die Prüfung nicht eilig, so erscheint diese Erwärmung überflüssig und man läſst das Ganze über Nacht stehen. Die Flüssigkeit und der dunkle Rückstand werden hierauf in einen 0l,25-Kolben gespült und mit Wasser bis zur Marke verdünnt. Nach dem Umschütteln wird die Flüssigkeit abfiltrirt und das Filtrat in eine Bürette gefüllt. Hierauf miſst man in 1 Becherglas 10cc Halbnormal-Zinklösung ab, setzt 20cc Wasser und 5cc verdünnter Schwefelsäure (1 : 5) zu und erhitzt zum Kochen. In die heiſse Flüssigkeit läſst man die Schmelzelösung absatzweise einlaufen und rührt jedesmal um, damit Kohlensäure und Schwefelwasserstoff' besser entweichen. Gegen das Ende wird die Lösung angewärmt, weil sie durch die Schmelzelösung stark abgekühlt sein kann. Ist die Endreaction eingetreten, so wird der Versuch wiederholt, indem man nahezu die ganze Menge Schmelzelösung einlaufen läſst, umrührt, anwärmt und die Titration unter Einhaltung der üblichen Vorsichten beendet. Dem Zinkniederschlage gesellt sich in diesem Falle etwas Schwefel bei, welcher in Folge seiner flockigen Beschaffenheit das Fortschwemmen desselben bei Vornahme der Tüpfelprobe völlig hindert. Die Erkennung der Endreaction ist in diesem Falle vor jeder Täuschung bewahrt. Bei Vornahme einer solchen Prüfung wurden an Schmelzelösung gebraucht 17,4, 17,25, 17,65 bezieh. 17cc,40, also im Mittel 17cc,4. Wenn man in der früher entwickelten Formel für den Procentgehalt B = (7,385 Vz + 0,05 f) : pv die Werthe einsetzt, für V = 250, z = 10, f = 53, p = 50 und v = 17,4, so erhält man B = 21,22 Proc. Benutzt man den empirischen Titer, welcher nach der 2. Tabelle 0,7537 beträgt, so folgt aus der Formel B= 100 tVz : pv, wo t den Titer = 0,7537 bedeutet, B = 21,66 Proc. Wenn bei der Darstellung des Blutlaugensalzes viel Schrenz verwendet wurde, so ist der beim Auflösen der Schmelze zurückbleibende Rückstand ziemlich bedeutend und beeinfluſst in merklicher Weise das Ergebniſs der Rechnung. Ich habe durch einen Versuch gefunden, daſs das Volumen dieses Rückstandes 8cc betrug. In diesem Falle wäre in den früheren Formeln für V, statt 250, die Zahl 242 zu setzen. Thut man dies, so bekommt man statt 21,22 die Zahl 20,54 und statt 21,66 die Zahl 20,96. Bestimmung des Rhodankaliums der Schmelzelösung: Obwohl ein Theil des Rhodanates höchst wahrscheinlich erst beim Auflösen der Schmelze durch die Wechselwirkung des Cyankaliums und Schwefelkaliums entstehen dürfte, so wird die gefundene Menge gewöhnlich als „Gehalt“ der Schmelze angesehen. Für die Fällung des Rhodans als Kupferrhodanür muſs das Schwefelkalium der Schmelze vorher entfernt werden. Die Menge desselben ist aber so beträchtlich, daſs es nicht angeht, Cadmiumcarbonat anzuwenden. Man könnte statt dessen Eisenchlorid zusetzen, durch welches das Schwefelkalium und kohlensaures Kali zerstört, das Ferrocyan hingegen als Berlinerblau gefällt wird. Man hat hierfür ebenfalls sehr bedeutende Mengen nöthig und bekommt einen massenhaften Niederschlag, welcher obendrein das leicht zersetzbare Schwefeleisen enthält. Aus dem Filtrate muſs das überschüssige Eisen vorerst durch Aetzkali entfernt werden, ehe an die Fällung des Rhodans geschritten wird. Um den gröſsten Theil des Schwefels der Schmelzelösung zu beseitigen, könnte man dieselbe zuvor mit Salzsäure ansäuern; allein dabei ist zu bedenken, daſs Schwefelwasserstoff und Rhodanwasserstoff' im freien Zustande sich gegenseitig zersetzen nach der Gleichung CN.SH + H2S = CS2 + NH3; auch ist die Neubildung von Rhodanwasserstoff aus Schwefelwasserstoff und etwa vorhandener Blausäure nicht ausgeschlossen. Das einfachste Mittel zur Zerstörung des Schwefelkaliums und des kohlensauren Kalis ist die Schwefligsäure, welche mit dem frei werdenden Schwefelwasserstoff sofort Wasser und Schwefel bildet, ehe derselbe auf Rhodanwasserstoff wirken kann. Man zersetzt demnach eine gemessene Menge der Schmelzelösung, z.B. 50cc, mit einem reichlichen Ueberschusse von starkem schwefligsaurem Wasser und läſst das Ganze ½ bis 1 Tag stehen. Es scheidet sich ein Niederschlag von Schwefel und etwas einer braunen Masse ab, welch letztere durch Zersetzung von Blausäure entstanden sein dürfte. Die saure Flüssigkeit wird mit Zinkblumen neutralisirt, wodurch sich ein Theil des Ferrocyans als Zinkverbindung abscheidet. Den Rest fällt man mit Zinkvitriol heraus und filtrirt diese Niederschläge ab. Das Filtrat, welches in Folge seiner neutralen Beschaffenheit keine freie Rhodanwasserstoffsäure enthält, kann auf dem Wasserbade eingeengt werden, ohne befürchten zu müssen, daſs sich dieselbe verflüchtige. Dieses Filtrat wird mit schwefligsaurem Wasser und so viel Kupfervitriol versetzt, bis dasselbe deutlich grün wird. Setzt man weniger Kupfersalz zu, so entsteht gar keine Fällung. Der weiſse Niederschlag von Kupferrhodanür wird nach dem Absetzen abfiltrirt, gewaschenDas Waschwasser soll nur aufgegossen und nicht aufgespritzt werden, sonst läuft das Filtrat trübe durch., getrocknet und in einem Rose'schen Tiegel eingeäschert. Die Asche wird mit Schwefelpulver vermischt und im Wasserstoffstrome geglüht, wobei das Kupfer als Sulfür erhalten wird. Da 158,8 Th. Kupfersulfür aus 194,22 Th. Rhodankalium entstehen, so ist das gefundene Gewicht des Sulfürs mit 1,223 zu multipliciren, um die Menge des Rhodankaliums der Schmelzelösung zu erhalten. Um eine Gewähr für die Richtigkeit dieser Methode zu haben, habe ich einen meiner Schüler, Hrn. Josef Spilka, mit deren Prüfung betraut. Zu diesem Behufe wurde eine wässerige Lösung von reinstem Rhodanammon hergestellt und deren Gehalt mit Silberlösung nach Volhard's Methode bestimmt. Es ergab sich hierbei, daſs 100cc dieser Lösung 0g,4131 Rhodanammon enthalten. 1. Probe: Es wurde aus 100cc dieser Probelösung das Rhodan mit schwefligsaurem Wasser und Kupfersulfat herausgefällt. Durch Behandlung dieses Niederschlages auf die früher erwähnte Weise erhielt man 0g,613 Kupfersulfür, entsprechend 0g,4168 Rhodanammon. 2. Probe: 100cc der Probelösung wurden vorerst mit gelbem Schwefelammonium versetzt, hierauf schwefligsaures Wasser im Ueberschusse zugefügt, um das Sulfid zu zerstören. Aus dem Filtrate dieser Flüssigkeit wurde das Rhodan auf obige Weise bestimmt. Man erhielt 0g,615 Kupfersulfür und dies entspricht 0g,4182 Rhodanammon. 3. Probe: Dieselbe wurde wie die vorherige ausgeführt und lieferte 0g,6165 Kupfersulfür oder 0 g,4193 Rhodanammon. 4. Probe: Eine Lösung von Cyankalium und Schwefelammonium wurde mit schwefligsaurem Wasser versetzt und die Flüssigkeit auf Rhodan geprüft. Es konnte dasselbe nicht nachgewiesen werden. Aus diesen Versuchen geht zur Genüge hervor, daſs die oben angeführte Methode der Wahrheit entsprechende Ergebnisse liefern müsse. Laboratorium für chemische Technologie an der k. k. technischen Hochschule in Brunn, Juni 1883.