Titel: Ueber Zusammensetzung und Wirkungsweise des Türkischrothöles; von A. Müller-Jacobs.
Autor: A. Müller-Jacobs
Fundstelle: Band 251, Jahrgang 1884, S. 499
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Ueber Zusammensetzung und Wirkungsweise des Türkischrothöles; von A. Müller-Jacobs. Müller-Jacobs, über die Zusammensetzung des Türkischrothöles. Die Ansichten bezüglich der chemischen Zusammensetzung und des Verhaltens der vegetabilischen Gespinnstfaser sowohl, als den zu fixirenden Farbstoffen gegenüber gehen bei diesem seit einem Jahrzehnte in der Färberei vielfach gebrauchten Producte zur Stunde noch sehr weit aus einander. Da indessen keine derselben mit denjenigen Untersuchungsresultaten, welche der Verfasser die lange Zeit hindurch erlangt hat, während welcher er sich der Lösung dieser wichtigen Frage widmete, noch mit den Thatsachen bei der Verwendung des Productes praktisch übereinstimmt, möge es ihm gestattet sein, in Nachstehendem den erwähnten Gegenstand näher zu berühren. Dabei stützt er sich im Wesentlichen auf eine von ihm bereits im Februar vergangenen Jahres der Société industrielle de Mulhouse vorgelegte Arbeit, betitelt: „Zur Theorie der Türkischrothfärberei“, welche in ihrem zweiten Theile diese Frage ziemlich ausführlich behandelt. I. Wenn man auf irgend ein Oel von der Constitution der triaciden Aether des Glycerins, z.B. auf Mandelöl, Olivenöl, Rüböl oder Ricinusöl, concentrirte Schwefelsäure so einwirken läſst, daſs sich die Masse nicht über 50° erwärmt und keine Entwickelung von Schwefeldioxyd eintritt, dann die Reaction durch rasche Zugabe etwa des doppelten Volumens kalten Wassers unterbricht, so entstehen – je nach der Concentration, Menge und Einwirkungsdauer der angewendeten Schwefelsäure, sowie der Endtemperatur der Masse – stark wechselnde Producte sowohl bezüglich ihrer Eigenschaften, als ihrer chemischen Zusammensetzung. Eine acidimetrische Untersuchung der von der öligen Schicht genau getrennten, sauren, wässerigen Flüssigkeit führt uns dabei sofort zu der Thatsache, daſs die jeweilige Menge der bei dem Versuche in Reaction getretenen Schwefelsäure in bestimmter Beziehung zu dem entsprechenden öligen Producte steht. Beifolgende Tabelle, welche die diesbezüglichen Resultate einer gröſseren Anzahl von Versuchen enthält, möge das Gesagte veranschaulichen: Nr. Rohöl Schwefelsäure Einwirkung Reactionsmasse bei 15° Sp. G. cc H2SO4 Zeit Temp. Sp. G. g H2SO4 Eigenschaften   1  2  3  4  5  6  7  8  9101112 TrioleïnOelsäureRicinusölMandelölTrioleïnRübölOelsäureMandelölRübölRübölTrioleïnMandelöl 1,8271,8341,8161,8271,816 5030503050 83,149,883,185,348,483,880,8   5 Min.  510  6 Std.  2  6  615 Min.15  6 Std.  1 Min.  5 58 SO2343246 SO2„   SO2„   SO2„   SO255 SO232„   SO234 0,9610,9640,9680,9720,9730,9740,9750,9760,9770,9790,980 221230210246240270265270272247 12,113,4  8,110,314,013,612,214,512,817,617,3 Geben mit H2O mil-chige Emulsionen,welche Oeltropfenausscheiden. DurchAmmoniakzusatz zurEmulsion werden ge-klärt Nr. 2 u. 7. wer-den dast gekl. Nr. 4, 5,7, 8, 10, werden nichtgeklärt Nr. 1, 3, 9, 11und 12. Die ausgesch.ölige Schicht ist un-löslich in Alkohol beiNr. 9, 11, 12, theilw.löslich bei Nr. 1, 4, 5,6, 8, 10, leicht löslichbei Nr. 2, 3, 7. 13141516171819202122 RicinusölMandelölMandelölRübölMandelölRübölOelsäureMandelölOelsäureRicinusöl 1,8341,8161,8271,8341,827 3050305030 51,280,883,149,883,185,185,349,8 1510  5  315  2  5  2  112 Std. 464732 0,9901,0031,0051,0151,0171,0211,0251,0271,0281,031 216290312300320308305330273 13,324,027,132,335,439,328,7 Geben m. Wassererstklare Lösungen, dannopalisirende Färbung,später Emulsionen,welche durch Ammo-niak geklärt werden,was namentlich beiNr. 13, 19, 21, u. 22 derFall ist. Sie scheidengar nicht oder erstnach sehr langer Zeit    ölige Schicht ab. Es erhellt aus diesen Versuchen, daſs das specifische Gewicht und der Wassergehalt der Reactionsmasse mit der Menge der beim Versuche vom Oele aufgenommenen Schwefelsäure steigt und daſs im Zusammenhange damit ihre Löslichkeit in Wasser und wässerigem Ammoniak gleichzeitig gröſser wird. Läſst man die Einwirkungstemperatur eine bestimmte Grenze überschreiten, so gehen Schwefelsäure und Wassergehalt, specifisches Gewicht und Löslichkeit zurück, während andererseits die Löslichkeit in Alkohol beträchtlich gesteigert wird. Die diesen eigenthümlichen Erscheinungen zu Grunde liegenden Ursachen konnten selbstredend nur durch möglichst genaue Untersuchung der erhaltenen Reactionsmassen ermittelt werden. Daſs dieselben keinesfalls chemische Individuen darstellten, bewies ihre wechselnde Löslichkeit in Wasser. Die specifisch leichteren ergaben dabei Emulsionen, aus welchen sich nach kürzester Zeit Oeltröpfchen ausschieden. Die schwereren Reactionsproducte lösten sich zuerst klar und trübten sich dann nach einiger Zeit milchig. Im weiteren Verlaufe der Untersuchung zeigte sich ferner, daſs jede Reactionsmasse, auf welche Weise sie auch erstellt sein möge, sich in zwei Theile trennen läſst und zwar: in einen wasserlöslichen bezieh. in einen in Aether oder in Benzin löslichen Theil. Wird der letztere mit Alkohol behandelt, so gibt er an denselben eine beträchtliche Menge in Alkohol löslicher Stoffe ab. Im Aether oder Benzin bleiben dann nur noch die in Alkohol unlöslichen Stoffe gelöst. Die Methode der Trennung dieser drei verschiedenen Gruppen von Stoffen ist demnach einfach, kann aber nicht auf absolute Genauigkeit Anspruch machen, in Folge der äuſserst leichten Zersetzbarkeit der wasserlöslichen Verbindung in freiem Zustande und ihres Lösungsvermögens für die Verbindungen der anderen beiden Gruppen. Die Reactionsmasse wird in ihrem gleichen Volumen Aether gelöst, ungefähr die 10 fache Menge destillirten Wassers zugegeben, durchgeschüttelt und auf den Scheidetrichter gebracht, worauf sich nach einiger Zeit glatte Schichten bilden, welche sich leicht trennen lassen. Der Prozeſs wird mehrmals wiederholt, die gewonnenen ätherischen Lösungen vereinigt, der Aether abdestillirt und der ölige Rückstand mit warmem Alkohol behandelt. Die wässerigen Lösungen werden mit reiner Salzsäure oder Kochsalz versetzt, worauf sich die Verbindung mit einem Gehalte an ungefähr 60 Proc. Wasser, welches ihm durch Zusatz von Chlornatrium zum groſsen Theile entzogen werden kann, als leicht zu trennende Schicht an die Oberfläche begibt. A) Die wasserlösliche Verbindung reagirt stark sauer, ist leicht löslich in reinem, Säure haltigem Wasser, sowie in Alkohol. Mit Aether ist sie mischbar, zeigt in concentrirtem Zustande 1,025 sp. G. bei 17,5°. Die Lösungen schäumen beim Schütteln und schmecken bitter, zusammenziehend. Durch Zusatz groſser Mengen von Mineralsäuren scheidet sie sich wieder unverändert aus denselben aus; geringere Mengen bringen leicht verschwindende Trübungen hervor. Beim Erhitzen zersetzt sie sich, ebenso bei längerem Stehen für sich, oder in wässeriger Lösung (in beiden Fällen unter Bildung zweier Fettsäure artiger Substanzen, welche bei gewöhnlicher Temperatur zu einer gelblichen krystallinischen Masse von ziemlich fester Consistenz und 59 bis 63° Schmelzpunkt erstarren); gleichzeitig tritt Schwefelsäure aus. Dieselbe Zersetzung wird auch durch Säuren und Alkalien bewirkt. Mit Metalloxyden bildet die Verbindung wohlcharakterisirte Salze, von denen die der Erden und schweren Metalle Niederschläge oder dickliche Oele bilden, welche in einem Ueberschusse der Säure wieder löslich sind. Die Alkalisalze sind syrupöse, in Wasser und Alkohol klar lösliche Flüssigkeiten, welche sich unzersetzt auf 100 bis 110° erhitzen lassen, wogegen das Ammoniaksalz schon bei weit niedrigerer Temperatur unter Abgabe freien Ammoniaks zersetzt wird. Die Alkalisalze dienen am besten zur Darstellung der Metallsalze, indem sie mit den Acetaten derselben versetzt werden. Das Bariumsalz ist ein pulveriger, weiſser, getrocknet schwach gelblicher Niederschlag (Sulfobrassicasäure); aus Sulfoleïnsäure: käsig, zusammenbackend; getrocknet zum weiſsen Pulver zerreiblich, welches bei 100° Wasser abgibt und sich allmählich zersetzt. In Wasser unlöslich, dagegen leicht löslich in Aether. Die Analyse ergab Zahlen, welche mit Rücksichtsnahme auf die übrigen Eigenschaften des Körpers die Formel C18H32O5SBa + 2H2O wahrscheinlich machen. Die Formel C17H32.CO.O.SO2.O.Ba + 2H2O: Verlangt: Gefunden wurden: I II S   6,006 Proc.   5,899 Proc.   5,34 Proc. Ba 25,675 25,704 24,73 Das aus dem Acetate erhaltene Kupfersalz bildet ein dunkelgrünes, in Wasser lösliches Oel, welches bald erstarrt und mit Alkohol einen voluminösen Niederschlag gibt; zuweilen werden kleine glimmerartig glänzende Blättchen erhalten, a-Sulfobrassicasäure). Ueber Schwefelsäure getrocknet und analysirt, liefert es folgende Werthe für Kupfer und Schwefel. Auf einer Glasplatte ausgebreitet, trocknet das ölige Product zu einem durchsichtigen, grünen Firnisse ein, dessen Kupfergehalt sehr angenähert dem des wasserfreien Salzes entspricht. Die Formel C17H32.CO.O.SO2.O.Cu verlangt 14,8 Proc. Cu; gefunden wurden 14,69 Proc. Wird das dunkelgrüne Oel mit Alkohol behandelt, so fällt ein hellgrüner Niederschlag aus, der weit Kupfer haltiger ist, während ein Theil in alkoholische Lösung geht. Die Formel C17H32.CO.O.SO2.O.Cu + 4H2O: Verlangt: Gefunden wurden: I II S   6,461 Proc.   6,450 Proc.   5,07 Proc. Cu 12,780 12,910 11,55 Das Silbersalz, aus dem Nitrate dargestellt, ist ein voluminöser, weiſser, beim Trocknen hornartig werdender Niederschlag, welcher sich am Lichte leicht schwärzt. Die Formel C17H32.CO.O.Ag.SO2.O.Ag + H2O: Verlangt: Gefunden wurden: S 5,392 Proc. 5,09 Proc. Ag   36,299        36,11 Ueber Schwefelsäure bis zum constanten Gewichte getrocknet, wobei Zersetzung eintrat, ergab die freie Säure Werthe, welche immerhin dafür sprechen, daſs derselben die Formel einer Sulfosäure zukommt: C18H34SO5. Gefunden wurden: Verlangt: I II III IV C 59,6 Proc. 62,3 Proc. 62,8 Proc. H   9,3 10,1 10,3 S   8,8 8,1 Proc. 7,9 Proc. Die Zersetzung der freien Säure bei langem Stehen, oder bei anhaltendem Kochen mit Wasser gibt uns ebenfalls verwerthbare Anhaltspunkte für ihre Zusammensetzung und ihren Charakter. Mehrmals mit Petroleumbenzin und Aether gereinigte Sulfosäure wurde während zweier Stunden in einem schief gestellten geräumigen Glaskolben mit ihrem 20 fachen Volumen Wasser gekochtEs treten während der Zersetzung sehr leicht Siedeverzüge der Flüssigkeit ein und würden dahin zielende Versuche sicherlich zu interessanten Schlüssen führen. , die ausgeschiedene, nach dem Erkalten erstarrende, gelblich braune Masse (Schmelzpunkt 62,5°) abgehoben, nach längerem Auswaschen mit Wasser bei 110° getrocknet und gewogen. In der mit dem Waschwasser vereinigten und filtrirten sauren Unterlauge, welche kein Glycerin enthält, wurde die freie Schwefelsäure durch Titration bestimmt. Die weiter unten folgenden Analysen rechtfertigen die Annahme, daſs die bei dieser Zersetzung sich abscheidenden Stoffe als Oxystearinsäure und Oxyölsäure aufzufassen sind, und wird eine diesbezügliche Reaction deshalb unzweifelhaft im Sinne folgender Gleichung vor sich gehen: 2C18H34SO5 + H2O = C18H34O3 + C18H34O3 + 2SH2O4. Die Richtigkeit dieser Annahme vorausgesetzt, würden bei der Zersetzung der Sulfosäure auf je 299 Th. gebildeter Fettsäure 98 Th. oder 30,5 Proc. H2SO4 frei werden müssen. Dahin zielende Versuche geben folgende Zahlen: Ausgeschiedene Oxysäuren 12,4 4,6 29,4 13,5 46,1g Gefundene Schwefelsäure 3,9 1,5 8,6 4,2 4,2g In Procent H2SO4 31,4 32,0 29,3 31,1 30,7g. Die ausgeschiedene ölige Schicht ist leicht und vollständig löslich in Alkohol und Aether (nicht so, wenn ungereinigte Sulfosäure mit Wasser gekocht wurde; auch liegt dann der Schmelzpunkt bedeutend niedriger, bei 39 bis 42°) und sie reagirt sauer. Aus der concentrirten alkoholischen Lösung schieſsen weiſse Krystalle oder drusenförmige Warzen an, welche, auf gleiche Weise mehrmals gereinigt, eine der Stearinsäure ähnliche, bei 70,4° schmelzbare Fettsäure abgeben. Mit Basen bildet sie wohlcharakterisirte Salze, welche bei der in Gemeinschaft mit Hrn. J. Kupfer im Laboratorium der Landwirtschaftlichen Akademie zu Petrowsky Rasumowsky bei Moskau ausgeführten Analysen folgende Zahlen lieferten. Kupfersalz, durch Fällen einer alkoholischen Lösung der Säure mit Kupferacetat erhalten: Voluminöser blaugrüner Niederschlag. Nach dem Auswaschen mit Alkohol und Trocknen ergab derselbe bei der Analyse folgende Werthe, welche für oxystearinsaures Kupfer stimmen. Die Formel (C18H35O3)2Cu: Verlangt: Gefunden wurden: I II III C 65,3 Proc. 64,51 Proc. 64,64 Proc. H 10,5 10,93 10,6 Cu   9,5 9,73 Proc. Bariumsalz, wie das Kupfersalz dargestellt: Weiſser, voluminöser Niederschlag, getrocknet ein schweres, amorphes, weiſses Pulver bildend. Die Formel (C18H35O3)2Ba: Verlangt: Gefunden: Ba 18,1 Proc. 18,49 Proc. Für die freie Säure werden nach 5 maliger Umkrystallisation aus Alkohol und Trocknen bei 110° folgende Werthe für zwei aus verschiedenen Reactionsmassen dargestellte Producte gefunden. Die Formel C18H36O3: Gefunden wurden: Verlangt: aus OelsäureSchmelzp. (70,5°) aus RübölSchmelzp. (73,5°) C 72,0 Proc. 71,3 Proc. 73,13 Proc. H 12,0          12,3        12,45 Frémy fand für seine sogen. Hydromargaritinsäure aus Olivenöl (Schmelzpunkt 68°) für C = 71,00 Proc., für H = 12,26 Proc. Die alkoholische Mutterlauge enthielt nach der vollständigen Abscheidung der erwähnten festen Säure eine bei – 10° noch nicht erstarrende, viscöse, flüssige Säure von ranzigem Gerüche und Geschmacke, welche den Oleaten ähnliche, in Alkohol und Aether jedoch leichter lösliche Salze bildete. Das dickflüssige zähe Bleisalz ergab bei der Analyse Zahlen, welche es auſser Frage stellen, daſs die Säure mit der von Burg und OverbeckJournal für praktische Chemie, Bd. 93 S. 227. Bd. 97 S. 159. durch Einwirkung von feuchtem Silberoxyde auf Dibromstearinsäure erhaltenen Oxyölsäure identisch ist. Die Formel (C18H33O3)2Pb: Verlangt: Gefunden wurden: I II III IV C 53,9 Proc. 52,1 Proc. 52,3 Proc. H   8,2   8,6   8,7 Pb 25,8 24,8 Proc. 25,1 Proc. Für seine in gleicher Weise erstellte Hydroleinsäure fand FrémyAnnales de Chimie et de Physique, Bd. 65 S. 113. : Verlangt: Gefunden: C 72,4 Proc. 73,14 Proc. H     11,4    11,86 Alkoholische Jod- und Bromlösung wird durch freie Sulfoleïnsäure oder ihre Alkalisalze entfärbt; es scheint Addition der Haloïde einzutreten und zwar, wie einige dahin zielende Versuche zeigten, auf 1 Molekül H2SO4 je 2 Atom Jod oder Brom. Als fernere Eigenschaften der Sulfoleïnsäure und ihrer wasserlöslichen Salze sind aufzuführen: ihr ganz bedeutendes Lösungsvermögen für Schwefel, Jodoform, Campher, die festen Kohlenwasserstoffe, z.B. Naphtalin und Anthracen, für Farbstoffe und Farblacke. Sie mischen sich auch leicht mit dem gleichen oder doppelten Volumen Aether, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Terpentinöl, Benzin, Petroleum, mit ätherischen Oelen u.s.w. zu klaren, wasserlöslichen, oder mit Wasser innigst mischbaren Flüssigkeiten. Auf ganz analoge Weise werden durch die concentrirte Säure und ihre Salze ziemlich groſse Mengen von Triglyceriden (Oelen), von Oelsäure, Ricinölsäure und festen Fettsäuren gelöst. Beim Kochen der Lösungen ölhaltiger Sulfosäuren erleiden die darin enthaltenen Oele unter Austritt von Glycerin Zersetzung; mit Metallsalzen zusammengebracht, geht der fremde Bestandtheil mit in die Niederschläge, wodurch solche zäher, lackartiger Natur werden. B) Aetherische Lösung der Reactionsmasse. Das nach Digestion mit Alkohol verbleibende Oel ist neutral, gelblich braun, zeigt 0,927 sp. G. bei 17,5° (aus Mandelöl) und hat einen milden Geschmack. Mit Alkalien und Bleioxyd verseift es sich unter Austritt von Glycerin und erweist sich in jeder Beziehung als unverändertes Triolew, (C18H33O)3C3H5O3. Seine Menge betrug bei verschiedenen Darstellungen zwischen 28 bis 35 Procent vom angewendeten Rohöle. C) Alkoholische Lösung der Reactionsmasse. Nach dem Verjagen des Alkoholes verblieb eine halbfeste, butterartige Masse, welche sich in zwei Theile, einen flüssigen und einen festen krystallisirbaren, welcher bei 70,5° schmolz, trennen lieſs. Die sämmtlichen Eigenschaften dieser Substanzen stimmten mit den bereits oben beschriebenen Zersetzungsproducten der Sulfoleïnsäure beim Kochen mit Wasser – mit Oxyoleïn- und Oxystearinsäure – überein, und es scheint demnach, daſs sich dieselben während der Darstellung der Reactionsmasse in Folge Zersetzung eines Theiles der Sulfosäure gebildet haben; sie betrugen etwa 27 Procent des benutzten Rohöles. Es galt nun noch die von der Reactionsmasse abgeschiedene saure Unterlage einer Prüfung auf Glycerin zu unterziehen. Dieselbe wurde zu diesem Zwecke mit Bariumacetat bis zur genauen Ausfallung der Schwefelsäure versetzt und auf dem Wasserbade eingedampft. Es verblieben zuletzt geringe Mengen eines dicklichen, braunen, süſs schmeckenden Syrupes, der bei qualitativer Untersuchung alle für Glycerin eigenthümlichen Reactionen ergab. Im Mittel wurden von je 100g angewendetem Rohöle etwa 2g,7 Glycerin erhalten. Nach diesen Untersuchungen war es voraus zu sehen, daſs concentrirte Schwefelsäure auch auf reine Oelsäure in ganz analoger Weise unter Bildung von Sulfoleïnsäure einwirken werde, was sich denn auch vollkommen bestätigte. Die erhaltenen Reactionsmassen, welche klar wasserlöslich und ziemlich dünnflüssig waren, zeigten 0,978 bis 1,023 sp. G. bei 17,5°. Mit Aether oder Benzin behandelt, lieſsen sich regelmäſsig gegen 50 Proc. alkohollöslicher Körper, aus unveränderter Oelsäure, Oxyölsäure und Oxystearinsäure bestehend, entfernen, wonach die verbleibende Substanz alle Eigenschaften der aus Triglyceriden in ähnlicher Weise erstellten Sulfoleïnsäure zeigte. In allen Fällen wurde die Bildung von Schwefeldioxyd umgangen und dadurch auch gleichzeitig einer Zersetzung der Sulfoleïnsäure vorgebeugt. Die Reaction geht demnach offenbar im Sinne folgender Gleichung vor sich: C18H34O2 + H2SO4 = C18H34SO5 + H2O. Durch vollständiges Neutralisiren dieser Reactionsmasse mittels Alkalien entsteht in Folge Verseifung der gelösten Oelsäure und der Oxysäuren ein seifenartiger Gallert, was bei den aus Triglyceriden dargestellten Massen in weit geringerem Grade der Fall ist. Die Ricinölsäure, welche als eine Oxyölsäure zu betrachten ist, liefert analoge Körper, die indessen von mir nicht näher untersucht worden sind. Die Einwirkung der Schwefelsäure auf dieselbe, wie auf ihr Triglycerid ist eine weit weniger schnelle. Das Gemisch darf ruhig 12 Stunden sich selbst überlassen bleiben, ohne daſs Zersetzung oder Bildung von Schwefligsäureanhydrid eintritt, wenn man die Endtemperatur von 32° nicht überschreiten läſst. Trotzdem die Sulforicinölsäure sich in geringerer Menge in der Reactionsmasse (zu 17 bis 20 Proc.) vorfindet, ist letztere mit Alkalien neutralisirt, doch vollkommen klar in Wasser löslich, was mir zu beweisen scheint, daſs solche ein noch höheres Lösungsvermögen für verschiedene Stoffe, z.B. Oele, besitzt als die Sulfoleïnsäure. Als Endresultat vorliegender Untersuchungen ergibt sich demnach folgendes: Durch Einwirkung von Schwefelsäure auf Triglyceride, unter Bedingungen, wie sie im Groſsen bei der Fabrikation von TürkischrothölDas Türkischrothöl der Kattundruckereien, wie es Liechti und Suida erstellen (Einwirkung der Schwefelsäure bei höherer Temperatur und Austrittvon SO2, vgl. 1883 250 543), dürfte höchst wahrscheinlich im Sinne folgender 2 Gleichungen Entstehung nehmen.1) Aus Oelsäure: 2C18H34O2 + H2SO4 =C18H36O3+C18H34O3 + SO2Oxystearins.Oxyolsäure2) Aus Triglyceriden:(3C18H33O.C3H5O3)2 + 3H2SO4 + 3H2O =3C18H36O3+ 3C18H34O3+   3SO2+2C3H8O3.Oxystearins.OxyolsäureBei so energischer Reaction wird selbstredend alles Oel zersetzt. Eine etwas mildere Wirkung gestattet auch noch das Vorhandensein von Sulfoleïnsäure. eingehalten werden (Abkühlung und Vermeidung der Entwickelung von SO2), tritt Zersetzung eines Theiles der angewendeten Oele ein, unter Austritt von Glycerin und Bildung einer Sulfosäure: (C18H33O)3C3H5O3 + 3H2SO4 = 3C18H34SO5 + C3H8O3, wie solches bereits in meinem Deutschen Reichspatent Nr. 1488 vom 30. September 1877 (vgl. 1878 229 544) angegeben wurde. Der unangegriffene Theil des Oeles nebst den durch Zersetzung entstandenen Oxysäuren werden durch die Sulfoleïnsäure in Lösung erhalten. Die Menge der letzteren wechselt mit der Reactionstemperatur und der Zeit, während welcher das nicht neutralisirte Gemisch sich selbst überlassen bleibt, und kann selbst auf Null heruntersinken. Die Einwirkung geht aber auch niemals weiter, als bis zur Bildung vollkommen gesättigter Lösungen, wahrscheinlich in Folge verdünnenden Einflusses des frei gewordenen Glycerins (oder von Wasser, wie bei der Oelsäure). (Schluſs folgt.)