Titel: Hohmann und Coradi's Präcisionsplanimeter.
Autor: R.
Fundstelle: Band 252, Jahrgang 1884, S. 60
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Hohmann und Coradi's Präcisionsplanimeter. Patentklasse 42. Mit Abbildungen. Hohmann und Coradi's Präcisionsplanimeter. In neuester Zeit erhielten die Polarplanimeter Verbesserungen, welche diese Instrumente zu einem hohen Grade der Vollkommenheit gebracht haben so zwar, daſs hierdurch den Bedürfnissen der Praxis in mehr als ausreichendem Maſse entsprochen wird, und sollen im Nachstehenden Beschreibung und Abbildung dieser Instrumente gegeben werden. Alle drei der im Folgenden aufgeführten Formen des Präcisionsplanimeters sind vom bayerischen Bauamtmann Friedr. Hohmann in Bamberg erdacht und in der mechanischen Werkstätte von G. Coradi in Zürich ausgeführt worden. Der Construction der Präcisionsplanimeter liegt erstlich das Bestreben zu Grunde, die rollenden Bewegungen gegenüber den gleitenden zu begünstigen; denn während erstere ziemlich sicher erfolgen, entstehen beim gleichzeitigen Vorhandensein beider Fehler, welche um so gröſser sind, je mehr die gleitende Bewegung auftritt. Ferner soll die Angabe der Meſsrolle möglichst unabhängig von der Beschaffenheit der Planunterlage gemacht werden, wie dies bei dem Wetli-Hansen'schen Linearplanimeter thatsächlich der Fall ist, ohne den Nachtheil der bei den letzteren Instrumenten durch die zu einander senkrecht stehenden Schlittenbewegungen bedingten schwereren Beweglichkeit zu haben, d.h. es sollen die Vorzüge beider Systeme unter gleichzeitiger Beseitigung der Mängel derselben vereinigt werden. In welchem Grade diese Bestrebungen bei den Präcisionsplanimetern von Erfolg begleitet waren, mag aus der nachfolgenden Darstellung selbst beurtheilt werden. Fig. 1., Bd. 252, S. 61 Bei der in Fig. 1 zur Anschauung gebrachten ersten Form des Präcisionsplanimeters (* D. R. P. Nr. 12377 vom 15. Juli 1880) trägt der mit einer kleinen Kugel in die Polscheibe eingelagerte Polarm P eine Achse D, um welche der Fahrarm F bewegt werden kann. In der Verlängerung H des Polarmes ist eine gegen die horizontal gedachte Unterlage geneigte Achse in Lagern drehbar, auf welcher, senkrecht dagegen, die Laufrolle L und die Scheibe S fest aufsitzen; letztere ist aus Messing und mit glattem Papier überzogen, die Laufrolle hingegen aus Stahl. In dem ebenfalls mit der Verlängerung H des Polarmes fest verbundenen Rahmen gleitet ein Schlitten R, welcher die Meſsrolle und das Zählwerk trägt (die Zählscheibe für die Angabe der Anzahl der ganzen Trommel- oder Rollenumdrehungen ist in der Figur weggelassen) und liegt die Meſsrolle M durch geringes Uebergewicht auf der Scheibe S auf. Die Hülse, in welcher der Fahrarm eine Verschiebung zuläſst, trägt einen zum Fahrarme F senkrecht stehenden Fortsatz N, welcher mit ersterem einen Winkelhebel bildet. Der Fortsatz N hat nach unten einen kleinen Stahlcylinder o und ein ebensolcher Cylinder B, sowie eine besonders geformte Feder T sind an dem Schlitten R derart befestigt, daſs zwischen beiden der Cylinder o hin und her bewegt werden kann, wobei letzterer von der Feder T stets sanft an B angedrückt wird. Das Gleiten des Schlittens R im Rahmen und damit das Gleiten der Meſsrolle M längs einer Geraden auf der Scheibe S wird durch Drehung des Fahrarmes F um die Achse D verursacht, wodurch auch N gedreht und damit eine seitliche Verschiebung des Schlittens hervorgebracht wird. Dagegen wird eine Bewegung des Polarmes eine Drehung der Laufrolle L, somit auch der Scheibe S und diese eine rollende Bewegung der Meſsrolle bewirken, welche um so gröſser ausfällt, je gröſser der Abstand der letzteren vom Scheibenmittelpunkte sein wird. Es ist zu bemerken, daſs die Bewegung der Meſsrolle nicht mehr auf der Planunterlage und daſs auf dieser überhaupt nur rollende Bewegung (der Laufrolle L) erfolgt; da die rollenden Bewegungen, selbst bei nicht besonders guter Beschaffenheit der Unterlage noch ziemlich richtig geschehen, so ist erklärlich, daſs die Angaben der Meſsrolle wenn auch nicht völlig, so doch in weit höherem Maſse als bei den gewöhnlichen Polarplanimetern von der Unterlage unabhängig sind. Die Rollen C, welche in einer federnden Lamelle ihre Achsen haben, dienen zur theilweisen Entlastung der Laufrolle L. Wie bei den besseren Polarplanimetern ist auch hier der Fahrarm mit einer Theilung, die Hülse mit einem Nonius versehen und kann mittels grober und feiner Bewegung der Fahrarm, zu dessen Verlängerung noch ein Ansatzstück beigegeben ist, auf eine beliebige Lesung eingestellt werden, wodurch der Flächenwerth einer Umdrehung der Meſsrolle verändert werden kann. Die hier besprochene Form des Präcisionsplanimeters läſst auch eine Vergröſserung des Polarmes zu, indem ein Verlängerungsstück, welches ebenfalls eine Polkugel trägt, in das hohle Polende des Polarmes gesteckt und diese zweite Polkugel in das Centrum der Polscheibe gesenkt wird. Eine andere Art der Verlängerung des Polarmes ist bei einem solchen Instrumente dadurch ermöglicht, daſs der Polarm zum Ausziehen ist und mittels Klemmschrauben in irgend einer Länge fixirt werden kann. Diese Instrumente sind ihren Constructionsverhältnissen zu Folge zur Umfahrung sehr groſser Flächen geeignet. Es ist diese Ausführung bereits eine Verbesserung einer ihr unmittelbar vorausgegangenen Form, bei welcher der Schlitten kreisförmigen Querschnitt hatte und der Cylinder o an einen den Stift B ersetzenden Ansatz mit Hilfe einer an N und am Ende des Schlittens befestigten Spiralfeder angedrückt wurde. Fig. 2., Bd. 252, S. 62 Fig. 2 zeigt die zweite Form des Instrumentes, des sog. „freischwebenden Präcisionsplanimeters“ (* D. R. P. Nr. 23538 vom 18. März 1883) und ist daraus zu ersehen, daſs bei demselben die möglichste Unabhängigkeit von der Beschaffenheit der Planunterlage erreicht ist. Die Scheibe S, auf welcher sich die Meſsrolle R bewegt, ist hier horizontal und die Laufrolle L der früheren Construction erscheint nun durch einen geriffelten Cylinder E ersetzt, welcher mit der Scheibe S auf derselben Vertikalachse aufsitzt, sich jedoch auf dem geriffelten Rande der Polscheibe P bewegt und abwälzt. Die Rolle E wird nun in folgender Weise in die richtige Lage zur Polplatte gebracht: In die conisch ausgebohrte Mitte der Polplatte paſst die unten ebenso geformte stählerne Polachse CG; unmittelbar über der Polplatte besitzt diese Achse einen conischen eingedrehten Hals, um welchen der gabelförmige Ausschnitt des Polarmes greift. Der Polarm trägt die Achse für die Scheibe S und die Rolle E und in der Verlängerung des Polarmes ist ein Knöpfchen angebracht, an welchem der Polarm und damit das ganze Instrument mittels der Lamelle H an die Polachse so gehängt wird, daſs der geriffelte Cylinder E mit dem geriffelten Polscheibenrande in Berührung kommt. Der Polarm trägt ferner wieder die Achse B für den Fahrarm A, der seinerseits in einer Hülse mittels grober und feiner Bewegung eine Verstellung zuläſst und mit einer Theilung versehen ist, während an der Hülse ein entsprechender Nonius angebracht ist. Die Hülse ist der Träger für eine in der Figur mit m bezeichnete Achse, um welche sich der Rahmen M bewegen läſst, welch letzterer die Meſsrolle und das Zählwerk zu tragen hat. Die entstehenden Bewegungen bei einer Ortsveränderung des Fahrstiftes F sind leicht verständlich. Eine Drehung des Fahrarmes A um dessen Achse B bewirkt ein Gleiten der Rolle R auf der Scheibe S (die Bedingung, daſs die Rollenachse parallel dem Fahrarme sei, als erfüllt vorausgesetzt); eine Bewegung des Pol armes verursacht eine Abwälzung des Cylinders E auf dem Polscheibenrande, also eine Drehung von E und damit auch eine Drehung von S, wodurch eine rollende Bewegung der Meſsrolle R hervorgerufen wird, welche um so gröſser ist, je weiter die Rolle von dem Scheibenmittelpunkte absteht. Der Rand der Meſsrolle ist aus Glas, die Scheibe S aus Hartgummi und mit glattem Papiere überzogen. Hartgummi hat geringes Gewicht und erweist sich als besonders geeignet dort, wo es sich um rasche Umdrehungen handelt, bei welchen ein schädliches Auftreten der Trägheit, wie dies bei den schwereren Metall- oder Glasscheiben zu befürchten wäre, vermieden werden muſs. Die Aufhängung ist derart angeordnet, daſs selbst für verkürzten Fahrarm ein geringes Uebergewicht auf Seite des Fahrstiftes ist; überdies ist noch die Einrichtung getroffen, daſs bei Anwendung von ganz kurzen Fahrarmlängen (wie solche für genauere Bestimmung sehr kleiner Flächen bei Anwendung eines sehr kleinen Werthes einer Umdrehung der Meſsrolle unter Umständen wüuschenswerth sein können) ein Gegengewicht am Polende des Polarmes auf Seite des Fahrstiftes eingeschraubt werden kann, welches das an der anderen Seite hinausragende Fahrarmstück ausbalancirt. Der in der ersten Form vorkommende Schlitten erscheint bei der vorstehenden und der noch folgenden dritten Ausführung durch den Rahmen M ersetzt. Die letzte Form, in welcher die Präcisionsplanimeter aus der mechanischen Werkstätte von G. Coradi hervorgegangen sind, ist in Fig. 3 veranschaulicht und im Vergleiche mit der früheren Figur ergibt sich unmittelbar der Unterschied und soll nur auf diesen hier eingegangen werden. Die Aufhängevorrichtung der früheren Construction entfällt und tritt an deren Stelle einerseits die Tragrolle L, andererseits die besondere Lagerung im Pole, welche darin besteht, daſs in der Mitte der Polplatte die Polkugel hervorragt. Auf diese paſst nun eine unter 45° gegen die Unterlage geneigte cylindrische Rinne im Polende des Polarmes und wird mit dieser der Polarm auf die Polkugel derart aufgesetzt, daſs die geriffelte Rolle wieder mit dem geriffelten Rande der Polseheibe in Berührung kommt. Bezüglich der übrigen Bestandtheile des Instrumentes ist nur zu bemerken, daſs alles Uebrige unverändert geblieben ist- denn die in der Figur ersichtliche andere Form des Rahmens M ist von keiner prinzipiellen Bedeutung. Die Unabhängigkeit der Angaben der Meſsrolle von der Planunterlage ist allerdings nicht mehr in dem Maſse gewahrt, wie beim freischwebenden Planimeter; allein die Tragrolle macht nur rollende Bewegungen concentrisch um den Pol und hat auch nicht dieselbe Wirkung wie die Laufrolle L bei der ersten Construction, d.h. sie hat mit der Uebertragung der Bewegung auf die Meſsrolle nichts zu thun. Ihre Anordnung ist so getroffen, daſs geringes Uebergewicht des Instrumentes auch für kurze Fahrarmlängen stets auf Seite des Fahrstiftes ist. Fig. 3., Bd. 252, S. 64 Ueber die Theorie der im Vorstehenden beschriebenen Präcisionsplanimeter, über die für deren Richtigkeit zu erfüllenden Constructionsbedingungen, sowie über die bezüglich der Ermittelung der Genauigkeit angestellten zahlreichen Versuche und über andere das Wesen der Planimeter berührende Fragen findet man nähere Auskunft in verschiedenen Abhandlungen.Vgl. Hohmann: Theorie und Gebrauch des Präcisions-Polarplanimeters, Karlsruhe 1882. Kajaba in den Sitzungsberichten der k. Akademie der Wissenschaften, Wien 1882. Lorber in der Zeitschrift für Instrumentenkunde, 1882 S. 327 u. 425. Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1883 S. 239. Zeitschrift für Vermessungswesen, 1883 S. 457. Reitz in der Zeitschrift für Vermessungswesen, 1882 S. 523. Tinter in der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, 1882 S. 90. Nur so viel muſs zur vollständigen und richtigen Würdigung dieser Instrumente hervorgehoben werden, daſs die Constructionsverhältnisse dem Mechaniker einen gröſseren Spielraum in der Wahl einzelner Abmessungen gestatten, wodurch der Flächenwerth einer Umdrehung der Meſsrolle bedeutend herabgedrückt werden kann, was bei den anderen Planimetern nicht geschehen kann, ohne andere Uebelstände herbeizuführen. So sind bei den Präcisionsplanimetern die Flächenwerthe einer Umdrehung der Meſsrolle für verschiedene Fahrarmlängen bei dem ersten Instrumente 50, 40, 30, 20, 10qc, bei dem zweiten (freischwebend) 20, 10, 5, 4qc bezieh. bei dem dritten 10, 8, 5 und 4qc und man sieht leicht ein, welchen Nutzen die Verminderung dieses Werthes für die Genauigkeit der Ermittelung namentlich kleiner Flächen hat. Zahlreiche mit Instrumenten aller 3 Formen angestellte Beobachtungen und Versuche haben ergeben, daſs die Genauigkeit der Präcisionsplanimeter nicht nur jene der gewöhnlichen Polarplanimeter weit übertrifft, sondern auch gröſser als die der Linearplanimeter ist. Die gröſsere Leichtigkeit der Bewegungen, die unbeschränktere Möglichkeit der Umfahrung von Flächen verschiedener, selbst gröſserer Ausdehnung und endlich der verhältniſsmäſsig geringere Preis (etwa 100 bis 120 M.) sind weitere Vorzüge der beschriebenen Instrumente gegenüber den Linearplanimetern. R.