Titel: Zur Bestimmung der Natur des Rohöles in Türkischrothöl; von A. Müller-Jacobs.
Autor: A. Müller-Jacobs
Fundstelle: Band 253, Jahrgang 1884, S. 473
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Zur Bestimmung der Natur des Rohöles in Türkischrothöl; von A. Müller-Jacobs. Müller-Jacobs' Bestimmung der Natur des Rohöles in Türkischrothöl. An ein gutes Türkischrothöl darf man die Anforderung stellen, daſs seine stark verdünnte Lösung (Beizflüssigkeit), mit wässerigem Ammoniak bis zur alkalischen Reaction versetzt, klar bleibe und selbst nach stundenlangem Stehen keine Trübung zeige. Eine solche wird bedingt durch die Gegenwart mehr oder weniger beträchtlicher Mengen von festen Fetten, wie ihrer entsprechenden natürlichen Glycerinäther (Palmitin und Stearin) und beweist, daſs zur Darstellung des Türkischrothöles entweder sehr unreines Ricinusöl oder andere Rohöle (Rüböl, Sesamöl, Thrane, Baumwollsamenöl, Olivenöl), oder endlich Mischungen beider verwendet worden sind, welche bekanntlich alle ziemlich groſse Mengen von Palmitin und Stearin enthalten. Die Ausscheidung erfolgt nur bei starker Verdünnung, in welcher das lösende Vermögen des sulfoleïnsauren Natrons nicht mehr hinreicht, sie vor Ausfällung zu schützen. Die Trübung tritt noch deutlicher und rascher mit gewöhnlichem statt destillirten Wassers ein, unter Bildung unlöslicher fettsaurer Kalksalze. Ein aus reinem Ricinusöle richtig dargestelltes Türkischrothöl zeigt dieses Verhalten nicht, sondern gibt, mit wässerigem Ammoniak versetzt, selbst in hartem Wasser beständig klar bleibende Lösungen, weil es fast gänzlich frei ist von festen Triglyceriden der Palmitin- und Stearinsäure und sogar Kalksalze in verhältniſsmäſsig bedeutenden Mengen zu lösen vermag. In einem „Beitrag zur Untersuchung der Fette“ empfiehlt R. Bensemann im Repertorium für analytische Chemie, 1884 Bd. 4 S. 165 als Kriterium der Reinheit derselben die Bestimmung des Schmelzpunktes der aus denselben abgeschiedenen Fettsäuren. So findet er für das Fettsäuregemisch des Baumwollsamenöles den Schmelzpunkt zwischen 42 und 43°, für Olivenöl zwischen 26 und 27°, für Rüböl zwischen 21 und 22° u.s.w., während Ricinölsäure bekanntlich noch unter dem Gefrierpunkte des Wassers flüssig bleibt. Zersetzt man Türkischrothöl durch Kochen mit verdünnten Säuren, so läſst auch hier der Schmelzpunkt der entstehenden Masse, aus unverändertem Oele, flüssigen und festen Säuren bestehend (vgl. 1884 251 499. 547), auf die Natur der zur Fabrikation desselben angewendeten Rohöle schlieſsen, ja selbst darauf, ob Gemische vorliegen. Im Ferneren gewährt das Verhalten der ausgeschiedenen Masse bei starker Verdünnung mit Alkohol besonders verwerthbare Anhaltspunkte, indem diejenige aus reinem Ricinustürkischrothöle ihrer Zusammensetzung nach in Alkohol in allen Verhältnissen klar löslich ist, wogegen eine solche aus anderen Rohölen mit Alkohol eine trübe Lösung gibt, welche nach einiger Zeit Oeltröpfchen, aus unverändertem Triglyceride bestehend, an der Oberfläche ausscheidet. Vorliegende, äuſserst einfache Methoden gestatten es jedem Verbraucher von Türkischrothöl, sich über den Gütegrad eines zur Untersuchung vorliegenden Productes in kürzester Zeit ein richtiges Urtheil zu bilden.