Titel: Analyse einiger indischer Bronzen und deren Patina; von Dr. Alto Arche und Carl Hassack.
Autor: Alto Arche , Carl Hassack
Fundstelle: Band 253, Jahrgang 1884, S. 514
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Analyse einiger indischer Bronzen und deren Patina; von Dr. Alto Arche und Carl Hassack. Arche und Hassack's Analyse indischer Bronzen. Die beiden hinterindischen Ceremonientrommeln, auf welche sich unsere Untersuchung bezieht, wurden uns von dem Grafen Hans Wilczek zur Verfügung gestellt. Die eine wurde vor Kurzem in seinem Auftrage in Amsterdam vom Custos der anthropologisch-ethnographischen Sammlung des k. k. naturhistorischen Hofmuseums zu Wien angekauft; die andere befindet sich schon längere Zeit in seinem Besitze und war im J. 1883 in der Bronzeausstellung des österreichischen Museums für Kunst und Industrie ausgestellt. Die erste, in Folgendem mit A bezeichnete Trommel ist vollständig erhalten; ihren unteren Abschluſs bildet ein ringförmiger Fuſs mit unverletztem Guſsrande. Bei der zweiten (B) fehlt der Fuſs und der untere Rand ist abgefeilt, ferner sind einige schadhafte Stellen mit Bronzeplatten ausgebessert; sonst sind die beiden Instrumente in Form, Gröſse und Zeichnung einander sehr ähnlich. Da eine Vorprüfung ergab, daſs die zum Ausbessern der Trommel B verwendeten Stücke nicht etwa dem abgeschnittenen ringförmigen Fuſse derselben Trommel entnommen waren, indem ihre Zusammensetzung sich als eine ganz andere erwies als die des Metalles B, so wurde auch eine vollständige Untersuchung dieses Flickmaterials ausgeführt. Im Ganzen sind somit drei indische Bronzen, ferner die dieselben bekleidende Patina analysirt worden. Untersuchung der Bronzen. Die Metalle A und B zeigten an der Feilfläche licht kupferrothe Farbe, dagegen das Flickmaterial eine helle Bronzefarbe. Die Bruchflächen erschienen unter der Loupe nicht homogen, sondern bis ins Innere mit nichtmetallischen Theilen durchsetzt. Um die Metalle davon möglichst zu trennen und ein zur Analyse geeigneteres Material zu erhalten, wurden dieselben gefeilt, das erhaltene Pulver mittels Magnet von Eisentheilchen, welche von der Feile herrühren konnten, befreit, endlich geschlemmt und getrocknet. Dann hatten die Pulver den Metallglanz verloren und erschienen graubraun gefärbt. Der qualitativen Analyse nach sind die Metalle A und B gleich zusammengesetzt; sie enthalten: Kupfer, Blei, Zinn, Antimon, Arsen, Schwefel, Kohlenstoff und Eisen, sowie sehr geringe Mengen Kieselsäure und Kalk, als Verunreinigungen von ein wenig noch anhaftender Patina. Das Flickmaterial enthält dieselben Bestandtheile, mit Ausnahme von Arsen und Antimon, welche darin auch nicht in Spuren aufzufinden waren. Die quantitative Zusammensetzung ergab sich aus folgenden Bestimmungen: Die Metalle wurden in Salzsäure unter allmählichem Zusätze von Salpetersäure gelöst, die stark verdünnte Lösung abfiltrirt und mit Schwefelwasserstoff gefällt. Aus dem Filtrate wurde das Eisen mit Schwefelammonium, sodann der Kalk mit oxalsaurem Ammon gefällt, das erste in Eisenoxyd, letzterer in Kalk übergeführt und gewogen. Der durch Schwefelwasserstoff erhaltene Niederschlag wurde mit Schwefelnatrium digerirt, wobei die Sulfide von Zinn, Antimon und Arsen in Lösung gingen. Die Flüssigkeit wurde von dem ungelösten Schwefelblei und Schwefelkupfer abfiltrirt, mit Salzsäure zersetzt und die drei Metalle nach der H. Rose'schen Methode getrennt. Das in Schwefelnatrium Unlösliche wurde in Salpetersäure gelöst und die Lösung zur Abscheidung des Bleies mit verdünnter Schwefelsäure eingedampft, das Blei als Bleisulfat gewogen, das Kupfer mit Schwefelwasserstoff gefällt und als Sulfür gewogen. Ein anderer Theil der Metallpulver wurde mit Salzsäure und rauchender Salpetersäure behandelt, dadurch der Schwefel vollständig in Schwefelsäure übergeführt und diese mit Chlorbarium gefällt; der unlösliche Rückstand wurde als Kieselsäure in Rechnung gebracht. Eine Elementaranalyse ergab den Kohlenstoffgehalt der Metallpulver; das dabei gefundene Wasser wurde als solches in Rechnung gezogen, da es wohl zum weitaus gröſsten Theile nicht von dem Wasserstoffe organischer Substanz, sondern aus den Hydroxyden stammte, welche theils von vornherein vorhanden waren, theils in geringer Menge vielleicht auch beim Schlemmen entstanden sein konnten. Zur Bestimmung des in den Oxyden enthaltenen Sauerstoffes wurde eine Reduction im Wasserstoffstrome vorgenommen, von den dabei erhaltenen Wassermengen das bei den Elementaranalysen gefundene Wasser in Abzug gebracht und der Rest auf Sauerstoff berechnet. Aus diesen Bestimmungen ergab sich folgende Procentzusammensetzung der 3 Legirungen: A B Flickmaterial Cu 60,82 70,79 68,78 Pb 15,68 14,25 17,55 Sn 10,88   4,90   6,88 Sb   1,16   3,21 As Spur   0,79 Fe   0,91   0,30   0,85 CaO   0,38   0,12 Spur SiO2   1,13   1,26   0,29 S   1,37   2,20   1,49 C   1,05   0,94   0,70 H2O   2,92   0,89   1,89 O   3,13   0,66 ––––– ––––– –––––– 99,43 99,65 99,09. Diese Zahlen werden zur Vergleichung der Zusammensetzung dieser Bronzen unter einander und mit anderen geeigneter, wenn man die minder wesentlichen Bestandtheile wegläſst, die Summe der anderen gleich 100 setzt und den Procentgehalt an den wichtigeren Metallen und an Schwefel neuerdings berechnet. Auf diese Weise erhält man folgende Verhältnisse: A B Flickmaterial Cu   66,97   73,40   71,98 Pb   17,27   14,77   18,37 Sn   11,98     5,09     7,20 Sb     1,28     3,33 As Spur     0,82 Fe     1,00     0,31     0,89 S     1,50     2,28     1,56 –––––– –––––– –––––– 100,00 100,00 100,00. Das Flickmaterial war an der Trommel B durch sehr roh gearbeitete, unförmliche, eiserne Nieten befestigt; auſserdem fanden sich kleine Stücke eines Löthmetalles vor. In dem Eisen, aus welchem die Nieten bestanden, wurde der Kohlenstoff nach der Methode von W. Weyl (vgl. 1862 163 120) durch Auflösen einer Probe in verdünnter Salzsäure unter Anwendung des elektrischen Stromes und Verbrennung des abgeschiedenen Kohlenstoffes bestimmt. Die Analyse ergab: Eisen 97,43 Kohlenstoff   2,20 SchwefelPhosphor Spur ––––– 99,63. Das Löthmetall war gelb, ähnlich dem Messing, und lieſs sich leicht feilen; es war von einer schön grünen Patina überzogen, von welcher es nicht befreit werden konnte. Die qualitative Analyse erwies Kupfer, Blei, Zinn, Zink, Eisen, Kieselsäure, Kohlensäure und Wasser, ferner in Spuren: Arsen, Nickel, Kobalt und Schwefel als Bestandtheile des Feilpulvers. Von dem oben für die quantitative Analyse der Bronzen angegebenen Gange wurde nur in so fern abgewichen, als auch auf den Zinkgehalt Rücksicht genommen werden muſste. Die Lösung wurde nach Ausfällung des Kupfers, Bleies und Zinnes in zwei gleiche Theile getrennt, in der einen Hälfte Zink und Eisen zusammen als Oxyde bestimmt, in der anderen Eisen mit Chamäleon titrirt. Zur Bestimmung der Kohlensäure und des Wassers reichte das Material nicht hin. Zusammensetzung des Löthmetalles Die Summe der wesentlichen Bestand-theile = 100 gesetzt Cu   66,70 Cu   69,62 Pb     3,78 Pb     3,94 Sn     0,55 Sn     0,57 Zn   23,97 Zn   25,02 Fe     0,82 Fe     0,85 SiO2     0,12 ––––––– As, S, Co, Ni Spuren 100,00. H2O, CO2Verlust     4,06 ––––––– 100,00. Untersuchung der Patina. Die Ueberzüge der 3 Metalle hatten folgendes Aussehen: Die Patina der Trommel A war schön grün und bildete eine hinreichend dicke Schicht, um in kleinen Stückchen abgesprengt werden zu können, mit denen dann auch eine Dichtenbestimmung leicht vorgenommen werden konnte. Auch die Trommel B war an der Auſsenseite mit einer schön grünen Patina bedeckt. Da von derselben aber, um das schöne Aussehen des Gefäſses nicht zu beschädigen, nichts herabgenommen werden sollte, so blieb zur Analyse nur eine graubraune Substanz übrig, welche die Innenseite in ziemlich dicker Schicht überzog und sich leicht abbröckeln lieſs. Wie die Analyse ergab, bestand dieser Ueberzug nicht nur aus Oxydationsproducten der Legirung, sondern zum gröſseren Theile aus beigemengten Erdtheilchen. Das Flickmaterial war beiderseits von einer graugrünen Patina überzogen, von welcher durch Abkratzen eine für die Analyse hinreichende Menge gewonnen werden konnte. Die qualitative Zusammensetzung ist für alle 3 Patinaproben die gleiche; sie enthalten: Bleioxyd, Kupferoxyd, Zinnoxyd, Eisenoxyd, Thonerde, Kalk, Magnesia, Kieselsäure, Schwefelsäure, Kohlensäure, Wasser und organische Substanz. Die quantitative Analyse wurde in folgender Weise ausgeführt: Die Pulver wurden über concentrirter Schwefelsäure getrocknet, der Gewichtsverlust als Feuchtigkeit in Rechnung gebracht. Die Proben wurden mit verdünnter Salzsäure behandelt, sodann sammt dem Ungelösten zur Trockene eingedampft, zur vollständigen Unlöslichmachung der Kieselsäure auf 110° erhitzt, mit concentrirter Salzsäure befeuchtet, mit heiſsem Wasser aufgenommen und abfiltrirt. Der Rückstand wurde geglüht und gewogen; im Filtrate wurden die Basen nach den bei der Analyse der Bronzen beschriebenen Methoden getrennt und bestimmt. Der Gehalt an Kohlensäure wurde durch Zersetzung mit Salzsäure und Auffangen des getrockneten Gases im Kaliapparate, somit direkt bestimmt. Endlich wurden alle 3 Proben der Elementaranalyse im Kopfer'schen Ofen unterworfen. In Folgendem sind die Ergebnisse dieser Bestimmungen zusammengestellt: Patina A B Flickmaterial Dichte   3,192   2,595 Feuchtigkeit   0,73   0,19   1,09 CuO 28,08 11,00 26,11 PbO   4,95   0,59 12,98 SnO2   0,45   0,05 10,52 Fe2O3 + Al2O3   2,82   1,11   4,46 CaO   1,19   0,31   5,66 MgO Spur Spur   0,27 SiO2 u. Unlösliches 45,29 77,51 15,24 SO3 Spur Spur   0,97 CO2   6,33   1,60   5,14 Die Elementaranalyse ergab: H2O   7,46   4,89 12,12 CO2 14,26   6,34 19,36. Bei Zusammenstellung dieser Ziffern wurde in folgender Weise verfahren: Die durch Zersetzung der Substanz mit Salzsäure gefundene Kohlensäure wurde an Kupferoxyd und Bleioxyd gebunden und der Rest dieser beiden Oxyde entsprechend den Hydroxyden Cu(OH)2 und Pb(OH)2 auf Wasser umgerechnet. Dazu wurde noch die Wassermenge addirt, welche an Zinnoxyd gebunden war und als in Form seines beständigsten Hydrates, nämlich als Metazinnsäure H2Sn03, vorhanden angenommen wurde. Die Summe ist als „Hydratwasser“ aufgeführt worden. Das bei der Elementaranalyse gefundene Wasser besteht zum Theile aus diesem Hydratwasser, zum Theile war es an Silicate, beim Flickmateriale auch an Gyps gebunden; ein letzter Antheil bildet sich endlich bei der Verbrennung der organischen Substanz. Von der Gesammtmenge wurde das durch Rechnung gefundene Hydratwasser abgezogen und der Rest, wenn auch nicht ganz zutreffend, als Wasser in die Gesammtanalyse eingestellt. Von der bei der Elementaranalyse gefundenen Kohlensäuremenge wurde die in den Carbonaten enthaltene, direkt bestimmte Kohlensäure abgezogen und der Rest auf Kohlenstoff, enthalten in organischer Substanz, berechnet: Die folgende Tabelle gibt die Zusammensetzung der 3 Patinaproben, wobei die Feuchtigkeit zusammen mit dem oben aus der Differenz gefundenen Wasser angeführt erscheint: Patina A B Flickmaterial CuO 28,08 11,00 26,11 PbO   4,95   0,59 12,98 SnO2   0,45   0,05 10,52 Fe2O3 + Al2O3   2,82   1,11   4,46 CaO   1,19   0,31   5,66 MgO Spur Spur   0,27 SiO2 und Unlösliches 45,29 77,51 15,24 SO3 Spur Spur   0,97 CO2   6,33   1,60   5,14 C   2,16   0,75   3,88 Hydratwasser   4,27   1,90   6,15 Wasser   3,92   3,18   7,04 –––––– –––––– –––––– 99,46 98,00 98,42. Die gefundenen Mengen von Kupferoxyd, Bleioxyd und Kohlensäure gestatten nun die Annahme folgender basischer Carbonate in den 8 Patinasorten: Patina A. Die Ziffern der Analyse stimmen auf ein Kupfercarbonat, CuCO3.2CuO2H2, und auf ein Bleicarbonat von der Zusammensetzung des gewöhnlichen Bleiweiſs, 2PbCO3.PbO2H2: 28,08 CuO brauchen für CuCO3.2CuO2H2 5,35 CO2   4,95 PbO 2PbCO3.PbO2H2 0,65 ––––––– Summe 6,00 CO2 Gefunden 6,33 CO2 Die Patina B enthält ein an Kohlensäure ärmeres Kupfercarbonat und dasselbe Bleicarbonat wie die Patina A: 11,00 CuO brauchen für CuCO3.3CuO2H2 1,53 CO2   0,59 PbO 2PbCO3.PbO2H2 0,08 ––––––– Summe 1,61 CO2 Gefunden 1,60 CO2 Die Patina des Flickmaterials enthält dieselben Carbonate wie B: 26,11 CuO brauchen für CuCO3.3CuO2H2 3,63 CO2 12,98 PbO 2PbCO3.PbO2H2 1,70 –––––– Summe 5,33 CO2 Gefunden 5,14 CO2 Wenn nun zum Schlusse nur die wesentlichen Bestandtheile jeder Patina, also das Zinnoxydhydrat und die basischen Carbonate, herausgehoben und auf 100 berechnet werden, so ergibt sich die Zusammensetzung der reinen, durch keinerlei Beimengungen verunreinigten 3 Patinaproben folgendermaſsen: Patina A CuCO3.2CuO2H2   85,83 2PbCO3.PbO2H2   13,01 SnO3H2     1,16 ––––– 100,00 Patina B Patina desFlickmaterials CuCO3.3CuO2H2   95,11   56,08 2PbCO3.PbO2H2     4,49   24,62 SnO3H2     0,40   19,30 ––––– –––––– 100,00 100,00. Da die archäologische Untersuchung dieser Stücke in Bezug auf ihre Herkunft und Schicksale noch nicht beendet ist, so unterlassen wir es vorläufig, aus den mitgetheilten Ergebnissen der Analyse Folgerungen zu ziehen. Laboratorium für allgemeine Chemie an der k. k. technischen Hochschule in Wien, Juli 1884.