Titel: Ueber Bildung von Oxy- und Chloro-Cellulose auf elektrochemischem Wege; von Prof. Fr. Goppelsroeder.
Autor: Friedrich Goppelsroeder [GND]
Fundstelle: Band 254, Jahrgang 1884, S. 43
Download: XML
Ueber Bildung von Oxy- und Chloro-Cellulose auf elektrochemischem Wege; von Prof. Fr. Goppelsroeder. Goppelsroeder, über Bildung von Oxy- und Chlorocellulose. Indem ich an die so lehrreichen Untersuchungen von Georg Witz. über gewisse in der Bleicherei stattfindende Veränderungen der Baumwollfaser (vgl. 1883 250 271), sowie an die ebenso interessante Notiz von H. Schmid über Oxycellulose (vgl. auch Bulletin de Ronen, 1884 S. 123) erinnere, theile ich hiermit die ersten Ergebnisse meiner Versuche über dieselbe, aber auf elektrochemischem Wege bewirkte Veränderung der Baumwoll- und Leinenfaser mit. Wenn man ein Stück Baumwoll- oder Leinenzeug mit einer neutralen, sauren oder alkalisch gemachten Lösung von Salpeter oder Kochsalz oder chlorsaurem Kalium tränkt, dann auf eine 8 bis 16fache ebenfalls getränkte Zeuglage legt, welche ihrerseits auf einem als negative Elektrode dienenden Platinbleche ruht, so wird, wenn man das Zeugstück mit einem als positive Elektrode dienenden Platinbleche berührt, durch die während kürzerer oder längerer Zeit stattfindende Einwirkung des Stromes, d.h. durch die an der positiven Elektrode frei werdenden Producte, die Pflanzenfaser in der Weise mehr oder weniger stark verändert, daſs dieselbe an allen von der positiven Elektrode berührten Stellen gewisse Farbstoffe, wie z.B. Methylenblau, weit begieriger anzieht, gerade so, als wenn man die Faser an diesen Stellen gebeizt hätte. Färbt man z.B. die durch Elektrolyse behandelten Baumwoll- oder Leinenmusterchen in einem Bade von Methylenblau oder Anilingrün oder Fuchsin und nimmt dasselbe hernach noch, selbst mehrere Male, durch kochendes Wasser, so sind die von der positiven Elektrode bedeckt gewesenen Stellen je nach der Dauer der Einwirkung des Stromes, je nach dem angewendeten Elektrolyten, je nachdem die Lösung desselben neutral, angesäuert oder alkalisch war, mehr oder weniger lebhaft bis dunkel blau, grün oder roth gefärbt. Ringsherum ist die Baumwoll- oder Leinwandfaser weit heller gefärbt, so daſs ein dunkelfarbiges Muster auf mehr oder weniger hellem Grunde, je nach der mehr oder weniger groſsen Reinheit der benutzten Zeugfaser erscheint. Beim Aetzen des Türkischroth und Indigblau auf elektrolytischem Wege, wie ich es früher (vgl. 1884 253 * 430) beschrieben habe, ist die Cellulose an den geätzten Stellen ebenfalls verändert, da dieselbe die Farbstoffe weit stärker anzieht als das gewöhnliche weiſse Zeug. Man kann deshalb beim nachherigen Färben helle Färbungen auf einem türkischrothen oder indigblauen, auf elektrolytischem Wege geätzten Zeuge erhalten. Ich werde auf diesen Gegenstand nochmals zurückkommen. Mülhausen i. E., August 1884. –––––––––– Nachtrag. Gestern den 17. September erhielt ich das Mai-Juniheft 1884 des Bulletin de Rouen zugesendet und lese darin im Sitzungsberichte des Comité de Chimie vom 11. Juli 1884, daſs G. Witz interessante Bemerkungen über die das Aetzen auf Indigblau mit Chlorgas betreffende Entdeckung des Hrn. Alb. Scheurer gemacht und eine Reihe von Mustern mit Aetzungen auf Blau und Roth vorgewiesen hat, beifügend, daſs dasselbe Verfahren die von ihm entdeckte Oxycellulose liefere. Nun ist aus dem letzten Abschnitte meiner Notiz zu entnehmen, daſs ich beim Aetzen auf elektrochemischem Wege zu demselben Ergebnisse wie G. Witz gelangt war, d.h. daſs ich unabhängig von diesem nachgewiesen hatte, daſs sich die Cellulose beim Aetzen der darauf fixirten Farben, wie z.B. des Indigblau und Türkischroth, ebenfalls in Oxy- oder Chlorocellulose verwandelt. Was G. Witz auf gewöhnlichem chemischem Wege bewirkt hat, hatte ich auf elektrochemischem Wege erhalten.