Titel: Neuere Schutzvorrichtungen an Webstühlen gegen das Herausfliegen der Schützen.
Fundstelle: Band 255, Jahrgang 1885, S. 368
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Neuere Schutzvorrichtungen an Webstühlen gegen das Herausfliegen der Schützen. Patentklasse 86. Mit Abbildungen auf Tafel 26. Neuere Schutzvorrichtungen an Webstühlen. In Webereien werden – abgesehen vom Motor und der Transmission – Unfälle fast nur durch aus den Webstühlen fliegende Schützen verursacht; doch sind die vorkommenden Verletzungen stets sehr gefährlich, da sie gewöhnlich den Kopf der bedienenden oder auch nur vorübergehenden Personen betreffen und nicht selten den Verlust eines Auges nach sich ziehen. So gibt Dr. Jones am Hospital in Manchester nach dem Textile Manufacturer, 1884 S. 96 den durch ausfliegende Schützen herbeigeführten Verlust von Augen auf 20 bis 30 Personen jährlich in der genannten Stadt und ihrer Umgebung an. Von 6 durch den Unfallverhütungsverein zu M.-Gladbach zur Kenntniſs gebrachten Unfällen durch Herausfliegen von Schützen hatten 5 Augenverletzungen (1 davon den Verlust des Auges) und 1 eine 34tägige Arbeitsunfähigkeit nach sich ziehende Verwundung am Kopfe zur Folge. Die gewöhnlich an den Seiten der Webstühle angebrachten Drahtnetze, welche die ausfliegende Schütze auffangen sollen, gewähren keinen ausreichenden Schutz und man bedarf Vorrichtungen, welche den Schützenlauf über die ganze Blattbreite abdecken. Durch den genannten Verein ist neuerdings wieder zur Construction von befriedigenden Schutzvorrichtungen letzterer Art aufgefordert worden und wohl in Folge dessen sind in jüngster Zeit einige solche Sicherungen patentirt worden, welche mit Berücksichtigung zweier anderer Einrichtungen hier beschrieben werden sollen. Die bekannten Schutzvorrichtungen von A. Köchlin (1871 201 * 194), Heller (1873 208 * 321), Schönstedt (1879 234 * 187) und Bruney (1884 251 * 106) benutzen alle zur Abdeckung der Schützenbahn an der Ladendecke befestigte Gitter oder Rechen, welche die ausspringende Schütze aufhalten sollen. H. Scharm in Landshut i. Schl. (Erl. * D. R. P. Nr. 12381 vom 2. December 1879) hat statt dieser Rechen an dem Ladendeckel B (Fig. 13 Taf. 26) in Gelenken A hängend einen vorn und an den beiden Enden niedergebogenen Blechstreifen C angeordnet; derselbe bildet also gewissermaſsen eine Kammer, in welcher die aus dem Fache tretende Schütze gehalten werden soll, so daſs dieselbe dann auf der Webekette liegen bleibt, um beim Aufklappen der Blechmulde C gleich zur Hand zu sein. Eine Sicherheit gegen das Ausspringen der Schütze will A. Coulter in Bielefeld (Erl. * D. R. P. Nr. 17326 vom 6. September 1881) mit seinem Webschützenführer erreichen, welcher die Schütze zwingt, in der Ecke von Ladenboden und Blatt zu verharren. Wie Fig. 14 Taf. 26 zeigt, sind auf einer an dem Ladendeckel drehbaren Achse in der Breite der Webekette mehrere flache Arme f befestigt, welche dadurch, daſs der ebenfalls auf dieser Achse angebrachte Hebel h mit einer an dem Gestelle des Webstuhles angehängten Stange s in Verbindung steht, beim Rückwärtsgange der Lade zwischen den oberen Kettenfäden in das Fach treten und dann während des Schützenschlages eine Art oberer Führung der Schütze S abgeben. Sollte die Schütze an einen dieser Arme antreffen und dadurch zur Ruhe kommen, so wird der Webstuhl durch das Fehlen der Schütze in ihren Kasten in bekannter Weise ausgerückt. Diese Anordnung ist jedoch, trotzdem sie die Beobachtung der Kette mehr als die anderen Abdeckungsvorrichtungen frei läſst, nicht sehr zu empfehlen, da die Arme f bei ihrer Schwingung zwischen den Kettenfäden diese leicht beschädigen können; sie wäre daher nur bei sehr weit gestellten Ketten und gröberen Stoffen anwendbar. Daſs die Arme f auch leicht durch die Schütze verbogen werden können, ist ebenso als Nachtheil zu bezeichnen. – Die einfachen Schutzvorrichtungen mit bloſser Abdeckung der Schützenbahn, welche während der Ladenbewegung an der Lade in Ruhe bleiben, können leicht wieder zu Unfällen Veranlassung geben, indem beim Ladenschlage der Weber zwischen der Abdeckung und dem Breithalter zu Schaden kommen kann. Es ist deshalb, ähnlich wie bei A. Köchlin (1871 201 * 194) und Schönstedt (1879 234 * 187), das Schutzgitter beim Ladenschlage an dem Ladendeckel in die Höhe zu heben. In dieser Beziehung hätte der Coulter'sche Schützensicherer, indem die Arme f durch die Verbindung mit der Stange s beim Vorwärtsgange der Lade in die Höhe gedreht werden, einen Vorzug. Eine neue Einrichtung zu diesem selbstthätigen Ausheben ist von Ed. Hochheim in M.-Gladbach (* D. R. P. Nr. 26983 vom 28. Juli 1883) angegeben. Wie aus Fig. 18 Taf. 26 zu entnehmen, ist die Schütze hier durch eine Führungsstange versichert, welche mit ihren umgebogenen Enden i an den auf den Ladenschwengeln l verschiebbaren Gleitstücken f stellbar befestigt ist. Die Gleitstücke f sind an die um den festen Zapfen d schwingenden gebogenen Hebel a angehängt und werden dadurch ebenso wie die Schützenführungsstange beim Vorwärtsgange der Lade in die Höhe gehoben, wie die punktirt gezeichnete Stellung andeutet. Durch den an a befindlichen, auf den Zapfen d sich stützenden Fuſstritthebel c kann die Schützenführungsstange bei irgend einer Ladenstellung in die Höhe gehoben werden, wenn Fäden anzuknüpfen sind, oder Schützen ein- und ausgebracht werden müssen. Die Anordnung besitzt den Vorzug, daſs, indem sich die Schützenführungsstange durch ihr eigenes und das Gewicht des Mechanismus sofort senkt, wenn der Druck auf den Hebel c aufhört, stets das Bestreben zu selbstthätiger Einstellung in die richtige Schutzlage nach stattgehabter Aushebung vorhanden ist. Diese selbstthätige Wiedereinstellung der Schutzvorrichtung ist nun bei der von J. von den Berg in M.-Gladbach (* D. R. P. Nr. 28446 vom 6. December 1883) getroffenen Anordnung dadurch vollkommen gesichert, daſs die Schutzvorrichtung mit dem Riemenführerhebel für den Antrieb des Webstuhles in Verbindung steht. Wie aus Fig. 15 Taf. 26 zu ersehen, befindet sich auf der Hinterseite der Lade eine Achse e, von welcher zwei Hebel d emporragen, die an ihren Kopfenden c mittels der Arme b die Schützenführungsstange a tragen. Auf der Achse e sitzt noch ein Gelenkstück g, welches mit dem anderen Ende an dem um den festen Zapfen m schwingenden Hebel i angehängt ist. Dadurch wird die Schützenführungsstange a beim Vorwärtsgange der Lade gehoben und legt sich beim Ladenschlage fest an den Ladendeckel A an, wie Fig. 16 zeigt. Dadurch ist das sonst durch den Ladenschlag bedingte lästige Erzittern der Schützenführungsstangen, wenn dieselben frei hängen, vermieden. In dieselbe feste Lage am Ladendeckel, in welcher die Stange a kein Hinderniſs gegen den Zugang zu den Kettenfäden bildet, gelangt dieselbe bei jeder Ladenstellung, wenn der Webstuhl behufs Fadenanknüpfens ausgerückt wird, ganz selbstthätig. Auf der Stange i ist, nach Fig. 17 Taf. 26, um den Bolzen q drehbar ein zweiarmiger Hebel k, dessen unteres gegabeltes Ende sich auf den Kopf n des Zapfens m stützt, während sein oberes Ende durch eine Kette o mit dem Riemenführer p verbunden ist. Der Hebel k wird durch die Feder l stets auf dem Kopfe n erhalten, so lange der Webstuhl im Gange ist; wird jedoch der Webstuhl durch Verschiebung des Riemens auf die Losscheibe t ausgerückt, so zieht die Kette o den Hebel k von n ab und durch sein Gewicht fällt der Hebel i in dem Schlitzloche für den Zapfen m nach unten, wodurch die Stange a gehoben wird. Zum Wiedereinrücken des Webstuhles braucht man nur die Stange a niederzudrücken; es wird dann der Hebel i wieder gehoben und die Feder l drückt den Hebel k auf den Kopf n, wobei auch durch die Kette o die Riemengabel p auf die Festscheibe s gezogen wird. Die von J. Mayer in Lampertsmühle bei Kaiserslautern (* D. R. P. Nr. 28494 vom 13. Februar 1884) angegebene Schutzvorrichtung ist besonders durch die Anordnung des Schutzgitters bemerkenswerth. Die einzelnen Stäbe a dieses Gitters sind, wie in Fig. 19 und 20 Taf. 26 skizzirt, an ihren Enden drehbar auf zwei treppenförmigen, in ihren Abstufungen der schrägen Lage der oberen Kettenfäden entsprechenden und um die am Ladendeckel festen Bolzen c drehbaren Hebeln b befestigt. Wenn der Stuhl behufs Anknüpfung eines Kettenfadens oder zum Ein- und Auslegen der Schütze ausgerückt wird, so werden durch einen ganz ähnlichen Mechanismus wie bei der vorhergehenden Anordnung die Hebel b zur Seite gedreht und gleichzeitig auf den Bolzen c gehoben. Das Schutzgitter schiebt sich dadurch zusammen und nimmt sine die Bedienung nicht erschwerende Stellung am Ladendeckel ein, bis beim Wiedereinrücken des Webstuhles dasselbe gleichzeitig wieder geöffnet und niedergelassen wird.

Tafeln

Tafel Tafel 26
Tafel 26