Titel: Elektrische Beleuchtung mittels Batterien; von E. Vohwinkel, Chemiker in Wien.
Autor: E. Vohwinkel
Fundstelle: Band 255, Jahrgang 1885, S. 432
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Elektrische Beleuchtung mittels Batterien; von E. Vohwinkel, Chemiker in Wien. Vohwinkel's Batterie für elektrische Beleuchtung. Vom Verfasser wurde mit seiner neuen Batterie eine elektrische Beleuchtungsanlage für beständigen Betrieb bei Hrn. Weidmann in Wien Angerichtet, welche seit Anfangs September v. J. zufriedenstellend wirkt. Diese Anlage ist die erste ihrer Art in Oesterreich und Deutschland. Bei einer für dauernde Beleuchtung tauglichen Batterie sind erforderlich: gleichmäſsig hohe Spannung, sehr geringer innerer Widerstand, daher starker constanter Strom, ferner Beschränkung des Füllungsmaterials auf höchstens zwei billig und überall leicht zu beschaffende Stoffe, Geruchlosigkeit, leichte und zuverlässige Bedienung, welche untergeordnetem Personale übertragen werden kann. Diesen Anforderungen entsprechen weder die Salpetersäure-Elemente, noch jene mit Chromsäure nach Bandet (vgl. D. R. P. Nr. 14723 vom 27. Februar 1880), Trouvé u.a. (vgl. 1883 248 389. 430. 1884 253 252. 1885 255 353. 450), welche an rascher Erschöpfung leiden, wohl aber das neue Element des Verfassers, welches folgende Einrichtung besitzt. Der negative Erreger, mit einer dünnen Platinschicht belegtes Blei, ist zu einem viereckigen oder cylindrischen Gefäſse umgeformt, welches die depolarisirende Flüssigkeit aufnimmt. In Schlitzen des versteiften oberen Randes dieses Behälters ruht mit Zapfen – mit oder ohne Flügelschrauben – ein siebartiger Einsatz von Blei in angemessener Gröſse. Eine innere Oeffnung des letzteren gestattet, die Thonzelle mit amalgamirter Zinkplatte oder Zinkcylinder einzustellen. Das Element, welches kein zerbrechliches Glas- oder Porzellangefäſs besitzt, wird mit rothem chromsaurem Kali oder Natron und Schwefelsäure von 30 bis 35° B. in folgender Weise gefüllt: Die eingesetzte Thonzelle füllt man zur Hälfte mit dieser Säure, zur anderen Hafte mit Wasser an, dann den Bleibehälter bei herabgelassenem Einsatz so weit mit der nicht weiter verdünnten Säure, bis letztere etwa 1cm,5 hoch im Einsatze steht, legt diesen mit seinen Zapfen auf den Rand des äuſseren Gefäſses, füllt den Einsatz mit nicht zu groſsen Stücken des oben erwähnten Salzes und bringt denselben in die frühere Lage. Die Mischung von 66°-Schwefelsäure mit Wasser zu 30 bis 35°-Säure kann man selbstverständlich ohne Nachtheil auch in dem Bleigefäſse selbst vornehmen. Die Lösung des chromsauren Salzes verläuft dabei rasch, läſst sich aber durch Verstellen des Einsatzes beliebig regeln. Nach ½ Stunde hat das Element seine volle Kraft erreicht und zeigt dann mit dem Siemens'schen Torsionsgalvanometer 2 Volt Spannung, ferner an Stromstärke, gemessen mit dem Ampèrmeter von Deprez-Carpentier bei der Gröſse (Cylinderform) von: 26/14cm 12 bis 15 Ampère 33/17 20 bis 25 40/17 30 bis 35 52/28 50 Die Bleicylinder für sich allein nehmen hierbei auf: 2,75, 4,5, 5,5, 20l Säure, die Einsätze etwa 500, 850, 1000, 4000g Chromsalz. Das Element besitzt folgende Eigenthümlichkeiten: Durch die gröſse Oberfläche des negativen Erregers ist der innere Widerstand beträchtlich herabgemindert; die depolarisirende Lösung bildet sich selbstthätig – durch Auflösung des Chromsalzes und Zersetzung desselben in Chromsäure und schwefelsaures Alkali, zunächst der Stelle des Elementes, wo die Polarisation auftritt; es wird nur die billig zu beschaffende Schwefelsäure in Anwendung gebracht neben dem im Preise immer mehr zurückgehenden Chromate. Das Element ist ganz geruchlos, die gebildeten Nebenproducte, Zinkvitriol und Chromalaun, sind verwerthbar; das Element kann bei herausgehobenem Zink wochenlang stehen, ohne an Kraft zu verlieren; endlich ist dasselbe in jeder Gröſse herstellbar und in seiner Dauer unverwüstlich. Das elektrische Verhalten des Elementes ist überraschend. Benutzt man z.B. zur Speisung einer Bogenlampe von 600 Kerzen 50 Elemente der Gröſse 33/17cm, so findet man nach Erschöpfung der Batterie, welche nach 45 Stunden eintritt, immer noch 90 bis 95 Volt von ursprünglichen 100 Volt vor. Tritt während einer solchen Wirkungsdauer eine Schwächung der Stromstärke durch den höheren Widerstand der gebildeten Zinkvitriollösung ein, so läſst sich dieselbe durch Erneuerung der verdünnten Säure in der Thonzelle sofort beseitigen. Wie viel Ampère ein Element liefern kann, wird auf folgende Weise bestimmt: Das rothe Chromat K2C2O7 (Molekulargewicht 295) enthält 3 Mol. verwerthbaren Sauerstoff; von letzterem entwickelt der Strom von 1 Ampere in der Stunde 0g,3, welche also 1g,85 des Chromsalzes entsprechen. Hierfür ist aber, da die Elemente im praktischen Gebrauche nie bis zur Vernichtung sämmtlicher Chrom säure erschöpft werden, auch ein Verlust durch die Reduction der zum Zink diffundirenden Chromsäure statthat, rund 3g anzusetzen. Bei einem angenommenen Vorrath von 500g Chromsalz im Elemente kann dasselbe demnach 167 Stunden-Ampere liefern, bei einer Stromstärke von 10 Ampère, demnach 16,7 Stunden wirken, ohne dann gänzlich erschöpft zu sein. 3g rothes Chromat entsprechen aber 2g Zink und 15g Schwefelsäure, auf 66° B. berechnet. Bei eingeschaltetem Widerstand ist leicht der Werth für 1 Voltampere zu bestimmen. Zur Erläuterung der vorstehenden Angaben möge hier ein vor längerer Zeit durchgeführter Beleuchtungsversuch beschrieben werden. Zur Beleuchtung eines Schreibtisches wurde eine 20 Volt-Lampe von Greiner und Friedrichs in Stützerbach, welche bei 1¾ Ampere Strom eine Lichtstärke von 12 bis 15 Kerzen liefert, genommen, zur Speisung derselben eine Batterie von 12 Elementen 26/14cm mit Zinkcylindern. An Materialien wurden aufgewendet: 5k,13 Kaliumbichromat, 3k,54 amalgamirtes Zink (die Zinkcylinder wogen bei Beginne 12k,75, nach Beendigung des Versuches 9k,21) und 21k Schwefelsäure von 66° B. Diese Beleuchtung lieferte folgende Ergebnisse: Spannung der Stromstärke bei kurzem Schlusse Brenn- Tag Batterie im Anfange zu Ende stunden Volt Ampère 26. Juni 23 16 16   2 27.   22,5    14,5    14,5   4 28.    14,5    15,5   7 29. 13 13   6 30.    12,5    5†   9 † Eine Ausscheidung von Zinksulfat hatte stattgefunden, weshalb die Säureder Thonzellen erneuert wurde.   1. Juli   22,5    12,5    13,5   6   2. 13 13   4   3.    12,5    13,5   7   4.    13,5    10,5   3   5.    12,5     6††   5 †† Der aufs Neue durch Zinksulfat eingetretene Widerstand wurde wie obenbeseitigt.   7. Juli   22,5 13    12,5   5   8.    12,5 12   4 10.   21,5    11,5 11   4 14. 11 10   4 15. 21 10   9   4 16.   8   8   4 ––– zusammen 78. Das während der ganzen Beleuchtungsdauer eingeschaltete Ampèrmeter zeigte jetzt nur noch 1,5 Ampère Stromstärke der Lampe an, wobei eine genügende Lichtausgabe nicht mehr stattfand. Der Versuch wurde daher abgebrochen. Die Farbe der Chromlösung war dunkelgrün, bei beginnender Bildung von Chromalaun-Krystallen. Die chemische Untersuchung der zusammengegossenen Chromlösungen der 12 Elemente ergab noch einen Gehalt von 0k,76 Chromsäure, entsprechend 1k,3 chromsaures Kali; es waren daher 22 Procent des letzteren unverwendet geblieben. Hiernach ergaben sich folgende Schlüsse: Während der auf 20 Tage sich vertheilenden 78 Brennstunden ging die Spannung der Batterie von 23 auf 21 Volt, also etwa um 10 Proc. zurück, bei einer Abnahme der Stromstärke von 16 auf 8 Ampere. Diese 8 Ampere würden noch genügt, haben, eine kleinere z.B. 12 Volt-Lampe für einige Zeit zu speisen. Da der Stromverbrauch der 20 Volt-Lampe von 1,75 Ampere natürlich in jedem der 12 Elemente stattfindet, so ergibt die Rechnung für den Chromsalzverbrauch = 5,13 : (78 × 12 × 1,75) = 3,1 oder rund 3g für 1 Stunden-Ampere und, da 3k,54 Zink gelöst wurden, 2⅙ oder rund 2g Zink. Werden die in der Chromalaunlösung vorgefundenen 1k,13 Bichromat in Abrechnung gebracht, so stellt sich die Verbrauchsziffer = 4 : (78 × 12 × 1,75) = 2g,44 für 1 Stunden-Ampère. Wird eine durchschnittliche Spannung der Batterie von 22 Volt angenommen, so erhält man 22 × 1,75 = 39 Voltampere für die von der Batterie geleistete elektrische Arbeit. Ein Voltampere beanspruchte daher 5k,13 : (78 × 39) = rund 1g,7 rothes chromsaures Kali, entsprechend rund 1g,2 Zink. Die geleisteten 39 Voltampere würden, da 9,81 Voltampere = 1mk entsprechen, 4 dieser mechanischen Einheiten äquivalent sein und es entfallen hiervon 19 × 1,75Die an den Polen der Lampe gemessene Spannung erwies sich zu 19 Volt. = 33 Voltampere = 3mk,4 auf die in der Lampe geleistete elektrische bezieh. mechanische Arbeit; auf eine Stunde zusammengedrängt würde letztere sich auf 4 × 78 = 4⅙ Pferdekraft belaufen haben. Die Preise des Zwischenhandels für die Berechnung der Materialien angenommen, berechnen sich die stündlichen Beleuchtungskosten für eine 10 bis 12 Kerzenlampe bei meinen Elementen auf:   5k,13 rothes chromsaures Kali 3,33 fl. ö. W.   3k,54 amalgamirtes Zink 1,59 21k 66°-Schwefelsäure 1,26 –––––––––– 6,18 fl. ö. W. für 78 Stunden, d. i. 8 kr. für 1 Stunde. Wie bekannt, brennen die Edison B-(8 Kerzen-) Lampen bei 50 Volt Spannung mit 0,7 Ampère, demnach mit 35 Voltampère; 15 dieser Lampen werden auf eine mechanische Pferdekraft gerechnet; 1 Lampe erfordert daher die Hälfte einer Mannskraft, entsprechend der Leistung meiner Batterie von 12 kleinen Elementen. Wurde bei obiger Beleuchtungsprobe der Versuch gemacht, 2 Stück 20 Volt-Lampen parallel einzuschalten, so zeigte der Strommesser 3,25 Ampère, d. i. 1,62 Ampere für eine Lampe an, welche aber für ein schönes, helles Licht nicht genügten. Aus der Tabelle ist ferner an einigen Tagen (28. Juni, 1. und 3. Juli) eine Steigerung der Stromstärke – zu Ende jeden Tages in kurzem Schlüsse gemessen – zu entnehmen. Dies ist erklärlich, wenn man bedenkt, daſs immer ein Theil der durch den Strom entwickelten Wärme, und zwar im Verhältnisse der im Stromkreise enthaltenen Widerstände, in der Batterie bleibt, wodurch die chemische Energie entsprechend gesteigert wird. Ich habe daher auch häufig die Wahrnehmung machen können, daſs zu Beginn ungenügend brennende Lampen nach kurzer Zeit die richtige Stärke erlangten. Wie ferner schon hervorgehoben wurde, ist die rechtzeitige Erneuerung der verdünnten Säure beim Zink von groſser Wichtigkeit, diesem Zeitpunkte daher besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Da ferner die Bleicylinder in ihrer ganzen Ausdehnung elektrisch erregt sind, so müssen dieselben auf eine trockene, nicht leitende Unterlage gestellt werden- sonst würde ein erheblicher Spannungsverlust stattfinden.