Titel: Neuerungen an Lüftungsvorrichtungen für Aborte und Senkgruben.
Fundstelle: Band 257, Jahrgang 1885, S. 101
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Neuerungen an Lüftungsvorrichtungen für Aborte und Senkgruben. Patentklasse 27. Mit Abbildungen. Lüftungsvorrichtungen für Aborte und Senkgruben. Es ist eine auffallende Thatsache, daſs die Lüftung, der Aborte in den meisten Wohnhäusern fast vollständig vernachlässigt wird und daſs auch die Entfernung der Gase aus den Abfallröhren und Senkgruben meist in ungenügender Weise, vielfach gar nicht geschieht, obwohl die Gefahr, welche durch Austreten der aus den Fäulniſsproducten sich entwickelnden Gase in die Wohnräume entsteht, eine bedeutende ist. Es wird allerdings vielfach in den Bauordnungen vorgeschrieben, daſs die Abfallrohre bis über Dach geführt werden; jedoch wählen die Gase nicht immer den langen Weg des Abfallrohres, sondern entweichen auf kürzerem Wege durch die Abzweigungen unmittelbar in die Aborte und von diesen in die Wohnräume. Wenn auch in Häusern, aus welchen die Excremente durch ein Kanalisationssystem sofort entfernt werden, die Entwickelung der gefährlichen Gase in weit geringerem Maſse als bei Gebäuden, welche mit Senkgruben versehen sind, erfolgt, also die erwähnte Gefahr im ersten Falle geringer ist, so muſs doch gefordert werden, daſs in jedem Falle alle Aborte und Räume für ausschlieſslich flüssige Entleerungen eine kräftige Lufterneuerung erfahren und daſs ferner aus den Abfallrohren, welche die Excremente nach der Kanalleitung, der Senkgrube oder der Tonne führen, die Gase mittels zuverlässig wirkender Vorrichtungen entfernt werden. Wie Prof. Hermann Fischer in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1884 S. 808 ausführt, ist für die Lufterneuerung der Aborte und ähnlichen Räume unbedingt Sauglüftung anzuordnen, da bei Drucklüftung ein nennenswerther Theil der Gase und Gerüche durch die Poren der Wände, der Thürspalten oder Thüröffnungen in die Gänge und sonstige anstoſsende Räume gedrückt wird. Ferner muſs die Absaugung unter den Sitzbrettern geschehen, indem diese etwas von dem Beckenrande abstehen und das Becken dann von einem an das Sitzbrett anstoſsenden Kasten umgeben ist, in welchen die Abluftkanäle münden. Wenn dann letztere eine kräftige Absaugung erzeugen, so entweicht die Luft aus dem Räume durch den zwischen Sitzbrett und Beckenrand angeordneten Spalt und die Gase werden da abgefangen, wo sie sich entwickeln. Es ist dies augenscheinlich richtiger als die Anordnung, welche gebräuchlich ist, wenn überhaupt eine Lüftung der Aborte vorgesehen ist, wobei man sich damit begnügt, die Luft in den Aborten zu erneuern und zu gestatten, daſs sich die aus dem Sitztrichter aufsteigenden übelriechenden Gase mit der Raumluft mischen. Durch eine kräftige Sauglüftung, die allerdings nur in künstlicher Weise durch erwärmte Saugschlote oder in letzteren angeordnete Sauger bewirkt werden kann, wird die Luftspannung im Abortraume eine geringere als in den benachbarten Räumen sein, so daſs bei Anordnung geeigneter Oeffnungen stets ein Luftzug von den letzteren Räumen nach dem Aborte hin entsteht, was jedenfalls anzustreben ist, da dann jedes Eindringen von Gasen und Gerüchen in die Wohnräume vermieden wird. In der Deutschen Bauzeitung, 1884 S. 331 behandelt W. Wagner die Frage der Lüftung von Aborten und Senkgruben und lenkt die Aufmerksamkeit auf zwei Apparate, welche, als Schlotaufsätze angeordnet, eine Lüftung von Senkgruben, wie letztere in Süddeutschland fast ausnahmslos verwendet werden, durch stetige Einführung frischer Luft und Entfernung der Abluft und Gase erzielen sollen. Beide Apparate sind sich sehr ähnlich; der eine ist von J. Römheld in Mainz angegeben und bildet eine für Latrinenlüftung veränderte Form des patentirten selbstthätigen Ventilationssaug- und Druckapparates (vgl. * D. R. P. Nr. 5206 vom 15. Januar 1878). Der andere Apparat ist von A. Huber in Köln (* D. R. P. Nr. 21377 vom 7. Juli 1882) angegeben. Fig. 1., Bd. 257, S. 101 Beide Vorrichtungen Fig. 1 bezieh. Fig. 2 bestehen aus einem luftsaugenden und einem darunter angeordneten luftpressenden Theile, deren Wirkung unter Benutzung der äuſseren Windströmungen erfolgt. Dieselben werden durch die Flächen des Saugapparates so abgelenkt, daſs sie saugend auf den Inhalt des inneren Rohres wirken; die Flächen des Druckapparates fangen einen Theil der auf den Schlotaufsatz treffenden Windströme ab und leiten sie abwärts unter gewisser Pressung in dem äuſseren Rohre, welches bei beiden Vorrichtungen seitlich abführt, so daſs Frischluftrohr und Abluftrohr schlieſslich neben einander laufen. Das erstere Rohr wird enger gemacht als das Saugrohr; letzteres mündet in dem Deckgewölbe der Senkgrube, das erstere dagegen in der Grube so, daſs auch bei ziemlich geringer Füllung der letzteren die am Boden sich ansammelnden Gase durch die eingedrückte Luft aufgewirbelt und in Bewegung gesetzt werden. Letzteres sucht Huber dadurch zu erreichen, daſs er die eingeblasene Luft unter eine abwärts geneigte Rinne aus Thon führt. Bei richtiger Wirkung der Apparate soll die Saugwirkung die Einpressung überwiegen, so daſs in der Grube stets eine geringere Luftspannung herrscht als in dem umgebenden Räume, damit immer ein Luftzug nach der Grube hin entsteht und in dieser nach dem Saugrohre. Fig. 2., Bd. 257, S. 102 Fig. 3., Bd. 257, S. 102 Die bekannte Heizung der Saugrohre will Thomas Rowan in London (* D. R. P. Nr. 22854 vom 15. Oktober 1882) derart einrichten, daſs zugleich die in der Abluft enthaltenen Keime von Krankheitsstoffen zerstört werden, die Abluft also gereinigt in die Atmosphäre gelangt. Zu diesem Zwecke schaltet Rowan in das Saugrohr, welches aus einem Abzugskanale die Kanalgase oder aus Aborten die verdorbene Luft abführen soll, einen Heizkörper ein, der nach Fig. 3 aus einem Fig. 3. Kasten mit lothrechten Scheidewänden besteht, durch welchen Röhren führen; der Heizkasten a wird in irgend welcher Weise geheizt; dann erfolgt ein Ansaugen der Abluft bezieh. der Gase, welche in dem Rohre c aufwärts steigen, durch das Röhrensystem von b nach e ziehen, hierbei eine starke Erhitzung durch die den Kasten a durchstreichenden Feuergase erfahren und schlieſslich durch das Rohr f, welches mit einer Wind ablenkenden Kappe bekrönt ist, über Dach ziehen. Die Feuergase treten durch eine Düse gleichfalls in das Abzugsrohr f und erhöhen somit die Saugwirkung. Als Abzugsrohr kann auch ein Schornstein benutzt werden. Das Bestreben Rowans ist anzuerkennen; ob aber die entwickelbare Hitze zur Zerstörung der Krankheitskeime ausreichen wird, dürfte fraglich sein.