Titel: Ueber Fortschritte in der Zuckerfabrikation.
Fundstelle: Band 257, Jahrgang 1885, S. 420
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Ueber Fortschritte in der Zuckerfabrikation. (Schluſs des Berichtes von S. 372 d. Bd.) Ueber Fortschritte in der Zuckerfabrikation. Die Frage der Invertzuckerbestimmung ist nach Bodenbender (a. a. O. S. 625) namentlich deshalb wichtig, weil sie der englische Handel beansprucht. Man bestimmt den Invertzucker aus der Menge des in alkalischer Lösung ausgeschiedenen Kupferoxyduls. Nun finden sich aber in den Rübensäften Stoffe, welche ebenfalls Kupferoxydul abscheiden. So gaben bei seinen Versuchen über Elution die sämmtlichen Säfte durch den ganzen Fabrikbetrieb hindurch eine Ausscheidung von Kupferoxydulhydrat. Es war vollständig ausgeschlossen, daſs dies Invertzucker sein könne, denn die geringsten Mengen von Invertzucker muſsten durch die Wirkung des Aetzkalkes in den Prozessen der Elution vollständig zerstört werden. Wenn trotzdem die Erscheinung auftrat, daſs solche Säfte Kupferoxydul reducirten, also wie Invertzucker wirkten, so lag schon darin ein sicherer Beweis, daſs es Invertzucker nicht sein konnte, denn der Invertzucker wird durch Natronlauge sowohl, als durch Kalk hinsichtlich seiner Eigenschaft, Kupferoxyd zu reduciren, vollständig zerstört und geht in andere Producte über. Schon aus diesem Grunde ist die Kupferoxydmethode nicht anwendbar. Der betreffende Stoff, welcher noch nicht näher untersucht ist, unterscheidet sich von dem Invertzucker dadurch, daſs er im Fabrikbetriebe hinsichtlich seiner Eigenschaft, Kupferoxyd zu reduciren, nicht zerstört wird, sondern diese Eigenschaft behält, folglich in den Zuckern und Melassen mit derselben Eigenschaft auftreten muſs. Es wird also darauf ankommen, Methoden zu finden, die es gestatten, sowohl den Invertzucker wie diesen Körper neben einander zu bestimmen. Dies kann annähernd dadurch geschehen, daſs man den fraglichen Zucker vor und nach dem Kochen mit Natronlauge mit Fehling'scher Lösung behandelt. Ferner wird Invertzucker durch Natronlauge stark gefärbt, gebräunt, während die andere fragliche Substanz diese Erscheinung nicht in dem Maſse besitzt. Allerdings beziehen sich diese Bestimmungen auf chemisch reinen Invertzucker, für welchen dieselben ergaben, daſs Abweichungen von 0,05 Proc. erkennbar sind. Nun ist es aber, wie bei allen colorimetrischen Methoden, schwierig, sich einen unveränderlich bleibenden Maſsstab zu verschaffen. Bodenbender hat übrigens noch keinen Zucker gefunden, welcher nicht unter gewissen Bedingungen Kupferoxyd reducirt. Wenn einzelne Zucker und Melassen die Reaction nicht geben, so enthalten sie durchweg Ammoniak, welches bekanntlich die Ausscheidung des Kupferoxyduls verhindert. Nach den jetzt in England üblichen Verfahren kann man in jedem Zucker Invertzucker finden. Bekanntlich wurde früher, wenn in der Analyse Invertzucker gefunden wurde, derselbe mit 20 multiplicirt und die dadurch erhaltene Zahl mit 25 Pf., um den Werth oder Unwerth eines derartigen Invertzuckers festzustellen. Jetzt hat man den Coëfficienten 20 bereits verlassen und ist auf 5 herabgegangen; vielleicht kommt man noch auf 1. Bekanntlich enthält der indische Zucker groſse Mengen von Invertzucker, ohne daſs dadurch dessen Werth verringert wird. Für Raffinerien kann der Invertzucker schädlich sein, wenn er in die Raffinade übergeht und ein Feuchtwerden der Brote bedingt. Deshalb arbeiten auch unsere meisten Raffinerien mit Kalk. Zugegeben, der Invertzucker habe diese Wirkung, dann wäre dieser Nachtheil durch Kochen der Säfte mit Kalk zu beseitigen. Dies würde natürlich den Nachtheil haben, daſs der Invertzucker zerstört würde und daſs die Zersetzungsproducte nachher von der Knochenkohle aufgenommen werden müſsten. Wenn kein anderer Nachtheil vorhanden sein sollte, so würde man diesem Invertzucker doch auch nur den Werth eines organischen Nichtzuckers beimessen können; er würde keine gröſseren Nachtheile haben als der organische Nichtzucker, welcher in unseren Handelsanalysen fast niemals zum Ausdrucke kommt. Man kann den Invertzucker ja berechnen, wenn Zucker, Asche und Salze bestimmt sind; aber zum Ausdrucke kommt er nicht, der Händler legt auf ihn keinen Werth. Für diejenigen Fabriken, welche nicht mit Kalk arbeiten und die gleichzeitig indische Zucker verarbeiten und für letztere die Eigenschaft des Kalkes, den darin enthaltenen Invertzucker zu zerstören, nicht anwenden können und wollen, weil dadurch ihre Syrupe geringwerthiger würden, kann doch auch ein geringer Gehalt an Invertzucker nicht die Bedeutung haben, um denselben mit dem Coëfficienten 5 zu multipliciren. Danach ist es nicht angezeigt, dem Invertzucker einen gröſseren nachtheiligen Einfluſs für den Handel bezieh. für den Raffinationsprozeſs beizulegen als anderen organischen Substanzen. Nach dem Beschlusse der Versammlung englischer Chemiker am 22. December 1884 soll die Bestimmung des Invertzuckers durch unmittelbare Anwendung Fehling'scher Lösung nach J. Patterson und J. W. Biggart erfolgen. Herzfeld bemerkt dagegen, daſs nach Biggart der Zuckerlösung von vorn herein eine Invertzuckerlösung zugesetzt wird und man dann in der alten Weise titrirt. Er läſst die Zuckerlösung nebst Invertzuckerlösung in die Fehling'sche Lösung hineinflieſsen, kocht von Zeit zu Zeit auf und bestimmt die Endreaction mit Ferrocyankalium. Dieselbe Behandlung nimmt er mit einer Invertzuckerlösung vor, zieht die gefundene Zahl ab und erhält dann aus dem Unterschiede den Invertzucker. Dabei tritt der Fehler ein, daſs die Fehling'sche Lösung gleichzeitig auch den Rohrzucker verändert; man muſs also nach diesem Verfahren in jedem Zucker Invertzucker finden. Das hat denn auch Biggart eingesehen und hat versucht, dadurch eine Berichtigung anzubringen, daſs er seiner Normal-Invertzuckerlösung von vorn herein etwas Rohrzucker zusetzt; es liegt aber auf der Hand, daſs diese Berichtigung nicht eine derartige sein kann, daſs sie den Fehler ganz und gar ausschliefst; derselbe wird dadurch nur verringert werden und auf jeden Fall bleibt eine groſse Unsicherheit bestehen. Ganz zu verwerfen ist die zweite Methode von Patterson, welche darauf beruht, daſs er zunächst den zu untersuchenden Zucker mit überschüssiger Fehling'scher Lösung kocht, den Ueberschuſs an Fehling'scher Lösung alsdann mit Invertzuckerlösung von bekanntem Gehalt zurücktitrirt. Nach diesem Verfahren kann man überall Invertzucker finden. Weder das Titrirverfahren von Soxhlet, noch das gewichtsanalytische von Meiſsl reicht aus, die hier in Frage kommenden geringen Mengen Invertzucker neben Rohrzucker zu bestimmen. Pauly bestätigt letztere Angaben. Er hat Kupferlösungen hergestellt, welche an Stelle des Aetzkalis kohlensaures Kali, doppelt kohlensaures Natron, auch Chlorammonium oder ähnliche Ammoniakverbindungen enthielten; aber alle diese Versuche miſslangen, so daſs er zur Fehling'schen Lösung als der besten wieder zurückgekommen ist. Die Einwirkung des Rohrzuckers auf die Fehling'sche Lösung ist so bedeutend und so auſserordentlich von dem Arbeitsverfahren abhängig, daſs es unbedingt nöthig ist, hier eine feste Methode zu vereinbaren. Die Einwirkung ist zunächst abhängig von der Kochdauer. Die Handelschemiker benutzen eine verschieden lange Einwirkung, indem sie einmal nur aufkochen, das andere Mal 2 Minuten und sogar 5 Minuten lang kochen. Je länger die Einwirkung des Rohrzuckers auf die alkalische Kupferlösung dauert, desto gröſser wird vermuthlich der nachtheilige Einfluſs. 2g,6 reiner Rohrzucker gaben z.B. mit 50cc Fehling'scher Lösung bei einmaligem Aufkochen einen scheinbaren Invertzuckergehalt von 0,23 bis 0,94, im Mittel 0,59 Proc. nach 5 Minuten langem Kochen von 1,84 Proc. Gleiche Mengen Fehling'scher Lösung geben nun mit wechselnden Mengen von reinem Rohrzucker fast gleiche Mengen von Kupferoxydul. Er hat nun 2 Parallelversuche gemacht, einmal mit 10g Raffinade und dann mit 10g des zu untersuchenden Rohzuckers; beide wurden unter ganz gleichen Bedingungen mit derselben Menge Fehling'scher Lösung gekocht, das durch chemisch reinen Rohrzucker gewonnene Kupferoxydul von dem aus dem Rohzucker erhaltenen abgezogen und aus dem Unterschiede die Menge des Invertzuckers berechnet. In dem einen Falle, als 2g,6 Raffinade und 2g, 6 Rohzucker angewendet wurden, erhielt er beide Mal einen scheinbaren Gehalt von 1,05 Proc. Invertzucker; dies gab also keinen Invertzucker. In dem zweiten Falle, wo 10g Raffinade und 10g Rohzucker zum Vergleiche kamen, lieferte die Raffinade sogar mehr scheinbaren Invertzucker, nämlich 0,56 Proc. der Rohzucker nur 0,49 Proc; also enthielt der Rohzucker scheinbar 0,07 Proc. Invertzucker weniger als die Raffinade. Pauly führt dies darauf zurück, daſs in dem Rohzucker Stickstoff haltige Bestandtheile enthalten sein mögen, welche die Ausscheidung des Kupferoxyduls beeinfluſsten und thatsächlich verhinderten. Nach Stammer ist der Invertzucker in der Raffinerie mit Recht ein sehr gefürchteter Feind, nicht sowohl wegen der geringen Menge, welche etwa in dem eingeschmolzenen Rohrzucker enthalten sein kann, sondern weil sich in den Producten, welche mit einem geringen Invertzuckergehalte verarbeitet werden, dieser Invertzucker schleunig vermehrt und zwar in dem Maſse, als die Temperatur der Jahreszeit höher ist. Er bemerkt, daſs die besten und feinsten Zucker, die russischen Raffinadenzucker, keinen Invertzucker enthalten, wenigstens nicht nach der Probe, wie man sie gewöhnlich in den Raffinerien zu machen pflegt, daſs aber, wenn man in den Zuckern zunehmende Mengen von Invertzucker bemerkt, die höchste Gefahr ist, daſs die Brote feucht werden. Colonialzucker wird nicht Invertzucker, sondern Traubenzucker enthalten. H. Schulz hebt hervor, daſs Zucker, welcher nur sehr wenig Invertzucker enthält, zuweilen auf dem Lager sehr bedeutend an Invertzucker zunimmt, und daſs dies gerade bei ganz hohen Korn- und Krystallzuckern am leichtesten wenn auch selten geschieht. Er habe mit Krystallzucker zu thun gehabt, der ursprünglich nur eine ganz schwache Reaction mit Fehlingscher Lösung gab, ja absolut blank beim Aufkochen blieb, aber schon nach 6 bis 8 Wochen auf 95° Polarisation herunterging, während die erste Polarisation 99° ergeben hatte. Degener hat gefunden, daſs eine Lösung von kohlensaurem Kupfer in Kaliumbicarbonat Invertzucker nicht reducirt. Nach Bodenbender verfolgen die Raffinerien den Invertzucker mit Recht- denn eine Bildung von Invertzucker in den Raffinerien ist immer ein Beweis, daſs eine Säurebildung vorangegangen ist. Der Invertzucker entsteht in neutralen Säften oder in sauren Säften, wenn auch die Säure nicht unmittelbar mit dem gewöhnlichen Lackmuspapiere nachzuweisen ist. Wenn diese Veränderung vorgegangen ist, so muſs natürlich der Raffinadeur sie auszuschlieſsen suchen, und er hat als Anzeige für die Veränderung das Auftreten von Invertzucker. Bodenbender glaubt, daſs in dem indischen Zucker recht viel Invertzucker vorkommt; dies geht schon daraus hervor, daſs sehr viele indische Zucker sauer reagiren, und auch daraus, daſs sie gewisse Aether enthalten, die sich nur unter Bedingungen bilden können, welche mit der Säurebildung zusammenhängen. Der Aethergeruch der indischen Zucker stammt durchaus nicht von dem Zuckerrohre her, sondern einzig von der Fabrikationsmethode. Die Aether sind auch sehr verschiedener Art; vielleicht hängt dies von den Bodenarten ab, aber sie entstehen erst in Folge der Fabrikation, da die Säfte dort meist sauer gearbeitet werden. Man kann auch aus Rübenzucker einen dem indischen Zucker in Geruch und Geschmack gleichen Zucker herstellen, wenn man sauer arbeitet. Wenn es für den Raffinadeur von groſser Wichtigkeit ist, den Invertzucker zu verfolgen, so ist es doch eine andere Frage, ob für den Rohzucker des Handels der Invertzucker die Bedeutung hat wie das Auftreten desselben für die Raffinerie, weil dieser Invertzucker durch Kalk zerstört wird, während sein Auftreten in letzterem Falle Veränderungen der Raffineriesäfte anzeigt. Zur Prüfung auf Invertzucker ist es nach O. v. Lippmann nothwendig, die Zuckerlösung mit der Fehling'schen Lösung vor dem Erwärmen kräftig zu schütteln, damit sich die schwere Zuckerlösung nicht an den Boden setzen und anbrennen kann. Wird der Invertzucker in der Raffinerie nicht zerstört, so macht derselbe die Säfte geneigt zu Umsetzungen, welche sie nicht leicht eingehen, wenn die Säfte frei von Invertzucker sind; zerstört man denselben aber, so behält man die Zerstörungsprodukte, die Farbstoffe und die zum Kochen gebrauchten Alkalien im Safte und muſs sie entfernen. Dies kann dann nicht anders als durch verstärkte Filtration über Knochenkohle geschehen, während doch das Bestreben der Raffinerien dahin gehen muſs, die Knochenkohlestation zu entlasten und die Wiederbelebung zu vereinfachen. Aus Colonialzucker hat er durch Alkohol leicht Invertzucker ausziehen können. Sickel (a. a. O. S. 645) empfiehlt den Polarisationsapparat von Schmidt und Hänsch (vgl. 1884 254 * 74). Landolt hält die Quarzplatten für bedenklich und glaubt, daſs es sehr viel sicherer ist, die Polarisationsapparate mit Zuckerlösungen von bekanntem Gehalte zu prüfen. Bei den Quarzplatten kommt es auf die Lage derselben an. Wenn die Platten gegen die Strahlenachse geneigt sind, kann ein Fehler entstehen; dann können Fehler in der Bestimmung der Dicke vorkommen und dieses Alles macht die Prüfung mittels solcher Platten unsicher. Er erinnert ferner daran, daſs im J. 1865 die französische Regierung Versuche in der Weise ausführen lieſs, daſs sie Rohzucker an verschiedene Zollämter schickte mit dem Auftrage, die Polarisation Vormittags vorzunehmen, und dann dieselben Proben – ohne daſs die Zollämter dies wuſsten – mit dem Auftrage, sie zwischen 8 und 9 Uhr Abends zu prüfen. Die Zahlen liefen ein und es ergab sich, daſs die Vormittagsbestimmungen ziemlich übereinstimmten, wählend die Abends ausgeführten völlig verschieden waren. Dies war der Einfluſs des Mittagsmahles; unzweifelhaft spielt die verschiedene Empfänglichkeit des Auges auch eine Rolle. Kleemann (Zeitschrift des deutschen Vereins für Buben Zuckerindustrie, 1885 S. 369) hat gefunden, daſs gepulverte Braunkohle zum Reinigen von Zuckerlösungen geeignet ist. Nach seinen Angaben werden die Lösungen dadurch von allen schleimigen, gummiartigen, trübenden Beimengungen befreit, klar, entfärbt und erhalten einen angenehmen Geschmack. Es ist zu beachten, daſs die Kohle nicht unmittelbar mit Dampf in Berührung gebracht und das Absüſsen mit Wasser ausgeführt wird, welches wicht wärmer als 50° ist. Die Benutzung gekörnter Kohle weist auch gute Erfolge auf, erreicht aber nicht diejenigen der fein gemahlenen. Eine künstliche Trocknung darf nicht stattfinden. Hiernach gestaltet sich das Verfahren sehr einfach: Man bringt in Raffinerien bei geschlossenen Dampfschlangen in den Lösepfannen die Kohle mit dem Zucker in diese Pfanne, bei offenen Dampfschlangen erst, nachdem die Auflösung und das Aufkochen bewirkt ist. Kalk kann nach wie vor zugesetzt werden; nur ist zu berücksichtigen, daſs die Kohle einen Theil desselben absorbirt. Das so erhaltene Saft- und Kohlengemisch wird durch eine Pumpe in Filterpressen befördert und so der gereinigte Saft gewonnen. Druckgefäſse (Montejus) dürfen nicht in Verwendung kommen. Die Kräfte der Braun- und Knochenkohle ergänzen sich gewissermaſsen, d.h. es gibt Farbstoffe, welche durch Knochenkohle nicht, und solche, welche durch Braunkohle nicht entfernt werden. Dagegen werden sämmtliche vorkommende Farbstoffe beseitigt, sobald die betreffende Flüssigkeit zuerst mit Braunkohle und darauf mit einer sehr geringen Menge Knochenkohle behandelt wird. Soll nur eine Klärung stattfinden, so genügen 5 bis 10 Procent vom Zucker, wobei eine Entfärbung von 50 bis 75 Proc. bewirkt wird, je nach der Beschaffenheit des Rohzuckers. Soll aber eine weitergehende Reinigung der Säfte erreicht werden, so muſs mehr Kohle zur Verwendung gelangen und ist bei Rübenzucker im Allgemeinen eine gleiche Wirkung zu erzielen als durch Knochenkohle. Erfolg hat die Braunkohle bei der Verarbeitung schleimiger Massen, wie beispielsweise des sogen. Raffinerieschlammes, aufzuweisen. Während derselbe allein nur sehr langsam durch Beutel abtropft, läſst er sich mit Braunkohle vermischt sehr leicht in Filterpressen verarbeiten, bildet feste Kuchen und wäscht sich bis zur Erschöpfung leicht aus. Hierbei ist erforderlich, daſs Pumpe und Filterpresse entsprechend eingerichtet sind. Eine hervorragende Wirkung hat das Braunkohlenverfahren bei der Verarbeitung von Rüben auf Speisesaft oder Speisesyrup, wie durch den Betrieb eines ganzen Jahres festgestellt ist. Der dabei erzielte Syrup ist vollständig frei vom Rübengeschmacke und kommt dem Colonialsyrupe vollständig gleich. P. Degener (daselbst S. 121) untersuchte den Einfluſs des Bleiessigs auf das optische Verhalten einiger Nichtzuckerbestandtheile der Rübensäfte. Versuche ergaben, daſs die Linksdrehung des Asparagins in wässeriger Lösung durch Bleiessig in eine Rechtsdrehung verwandelt wird, welche, bei einem Ueberschusse von Bleiessig, von der des Rohrzuckers nicht sehr unterschieden ist. Als Ueberschuſs des ersteren sind auf 0g,40 Asparagin 10cc des letzteren zu betrachten. Eine Umkehrung der Rotation erfolgt aber schon durch wenige (5 bis 10) Tropfen bei Anwesenheit beträchtlicher Mengen des Asparagins; nur ist der Drehungsbetrag dann nicht so groſs. Die Lösungen des Asparagins mit Bleiessig versetzt zeigen, wahrscheinlich durch allmähliche Entstehung von Asparaginsäure und damit verbundene Ausscheidung von Bleihydrat, die Erscheinung des Nachtrübens in unangenehmer Weise, so daſs die Polarisation dadurch mitunter sehr erschwert und unsicher gemacht wird. Dasselbe ist übrigens bei den meisten der nachfolgend beschriebenen Substanzen der Fall. In den Rübensäften ist das Asparagin links drehend, bei der Klärung mit Bleiessig wird es stark rechts drehend, somit als Rohrzucker in Rechnung gestellt. Bei Verwendung von Alkohol und Bleiessig bleibt eine geringe Drehung nach rechts, mit Alkohol allein geringe Linksdrehung. Die schwache Linksdrehung des asparaginsauren Kalis wird durch Bleiessig in eine äuſserst starke Rechtsdrehung umgewandelt, welche 3½ bis 4 mal so groſs ist wie die eines gleichen Gewichtes Rohrzucker, wenn der Bleiessig im Ueberschusse vorhanden ist. Eine Umkehrung der Drehung wird durch Bleiessig auch in geringen Mengen immer hervorgebracht. Beim Zusätze des letzteren erfolgt zunächst keine Fällung; dann tritt eine solche von Bleihydrat ein und letzteres löst sich im Ueberschusse des Fällungsmittels wieder auf. Alkohol erhöht das Drehungsvermögen des asparaginsauren Kalis bedeutend, so daſs es bei einem Alkoholverhältnisse von 1 : 3 halb soviel Rohrzucker verdecken kann, als Asparaginsäure vorhanden ist. Bei einem Alkohol Verhältnisse 1:3 ist die Polarisation des asparaginsauren Bleies = 0, in an Alkohol ärmeren Flüssigkeiten ist sie aber zu bedeutend, als daſs sie zu vernachlässigen wäre. Glutaminsäure dreht nach rechts. In Alkohol ist sie nicht löslich, mindestens inactiv; der gröſste Theil wird bei Alkoholzusatz aus wässeriger Lösung ausgefällt. Das Kalisalz ist dagegen löslich in Alkohol, wenigstens in wässerigem. Kali, selbst in so geringen Mengen zugesetzt, daſs die Lösung der Säure noch sauer reagirt, vermindert die Rechtsdrehung, bis schlieſslich eine schwache Linksdrehung daraus wird; die Kali haltige alkoholische Lösung dreht nur noch auſserordentlich schwach. Bleiessig verwandelt die Rechtsdrehung der freien Säure in eine starke Linksdrehung und fällt dieselbe nicht aus. Alkohol erzeugt in solcher Lösung einen Niederschlag, ohne daſs dadurch die Linksdrehung verschwände; dieselbe wird vielmehr eher um ein Geringes erhöht. Die Linksdrehung der Aepfelsäure in alkalischer Lösung ist sehr von der Concentration und dem Alkalizusatze abhängig. In Alkohol verliert die Aepfelsäure ihr Drehungsvermögen. Die äpfelsauren Salze sind in Alkohol unlöslich. Wenige Tropfen Bleiessig erhöhen die Linksdrehung so unbeträchtlich, daſs die dadurch verursachte Drehung nicht mehr als 0,2° beträgt; der gröſste Theil des Bleimalates fällt aus. Ein sehr groſser Ueberschuſs von Bleiessig löst das Malat, wenigstens theilweise, und es tritt eine auſserordentlich starke Linksdrehung ein. Alkohol im Verhältnisse 1 : 3 fällt äpfelsaures Blei vollkommen aus. Die Aepfelsäure ist somit, was die Alkoholmethoden anlangt, als unwesentlich zu bezeichnen. In wässerigen Lösungen unter Verwendung von Bleiessig kann sie zu nicht sehr groſsen Fehlern Veranlassung geben. Geringe Mengen Arabinsäure sind ohne Einfluſs auf die Polarisation, bei gröſseren Mengen kann der Fehler sehr wohl bemerklich werden, indem die links drehende Substanz rechts drehend wird. Alkohol sowie Alkohol und Bleiessig fällen die Arabinsäure vollständig aus. Weinsäure ist ohne Einfluſs. Das rechts drehende Saccharin wird durch Alkalihydrat schwach links drehend, durch kohlensaure Alkalien ebenfalls und zwar schon ohne Kochen. Bleiessig läſst Rechtsdrehung des Saccharins wenn auch vermindert bestehen; bei längerem Stehen verschwindet sie allmählich und geht in schwache Linksdrehung über und es berechnet sich dieselbe gegenüber der des Saccharins mit αD = + 93,8° zu 50,32° bezieh. 49,66°. In Alkohol ist anscheinend die specifische Drehung des Saccharins ein wenig höher, jedenfalls nicht niedriger als in Wasser. Aus alkoholischen Lösungen fällt Bleiessig Saccharin nicht aus. Saccharin wird also weder durch Alkohol, noch durch Bleiessig, noch durch beide zugleich sicher ausgeschieden und führt es daher bei allen jetzigen Untersuchungsmethoden zu Fehlern, wenn es vorhanden ist. Aus wässerigen Lösungen wird Eiweiſs durch Bleiessig nicht gefällt; bei Zusatz weniger Tropfen bleibt die Linksdrehung ziemlich, bei einem Ueberschusse ganz erhalten. Alkohol mit und ohne Bleiessig (vor diesem zugesetzt), in der Kälte wie in der Wärme, fällt das Eiweiſs vollkommen aus; dasselbe kann daher nur bei wässerigen Polarisationen zu Fehlern führen. Bei Polarisationen in wässeriger Lösung sind die in Raffinaden und ersten Producte enthaltenen Nichtzuckerstoffe, mit Ausnahme eines etwaigen Gehaltes an Invertzucker, wegen ihrer geringen Menge ohne Bedeutung für die Polarisation der Lösungen und der Bleiessig hat hier wesentlich nur als Klär- und Entfärbungsmittel zu dienen. Bei allen übrigen Rohstoffen und Producten dagegen ist der Einfluſs des Bleiessigs auf die Polarisation nicht zu vernachlässigen; vielmehr ist derselbe so bedeutend, daſs die Polarisation mit Bleiessig geklärter wässeriger Lösungen nunmehr vollständig verlassen werden sollte. Von den untersuchten Stoffen, welche wohl zugleich die wesentlichsten des optisch activen Nichtzuckers bilden dürften, werden schon durch geringe Mengen Bleiessig in ihrer Polarisation beeinfluſst: Asparagin, Asparaginsäure, Glutaminsäure, Saccharin, Eiweiſs, und zwar derart, daſs sie, mit Blei entweder nicht, oder nur zum Theile ausfallend, entweder im gleichen oder entgegengesetzten Sinne wie Rohrzucker und in mehr oder weniger beträchtlichem Maſse circularpolarisirend auftreten; daſs sie aber bei Anwesenheit gröſserer Mengen des Klärungsmittels zu weit gröſseren Unterschieden Veranlassung geben können, schon dann, wenn wir den zu untersuchenden Lösungen 0,1 ihres Volumens an Bleiessig zusetzen; insbesondere sind in diesem Falle störend Asparagin- und Glutaminsäure, in etwas geringerem, aber immer noch sehr erheblichem Grade: Asparagin, Saccharin, Eiweiſs. Geringe Mengen Aepfelsäure, Arabinsäure und Weinsäure werden zwar von wenig Bleiessig ausgefällt, aber schon bei dem allgemein angewendeten 0,1 Volumen geht ein Theil der Bleisalze wieder in Lösung. Man kann somit nach dem alten Untersuchungsverfahren keine zuverlässigen Ergebnisse über den Zuckergehalt von Rübensäften, Füllmassen und Melassen, sowie von Nachproducten und Melasseentzuckerungslaugen erwarten. Auch die Alkoholklärung unter gleichzeitiger Anwendung von Bleiessig kann die Beeinflussungen der Polarisation seitens optisch activen Nichtzuckers nicht vollständig aufheben. Wenn auch die Blei Verbindungen der Aepfelsäure, Arabinsäure und Weinsäure sowie des Eiweiſs auch bei Bleiessigüberschuſs in einem Gemische von 3 Th. absolutem Alkohol und 1 Th. wässeriger Lösung unlöslich sind und somit für die Polarisation wegfallen, wenn auch Asparagin und Asparaginsäure unter gleichen Verhältnissen nahezu sicher und vollständig ausfallen, so bleiben noch einzelne Verbindungen übrig, besonders Glutaminsäure und Saccharin, wahrscheinlich auch Glutamin und vielleicht noch andere, bisher nicht untersuchte Verbindungen, welche sich anders verhalten. Rechnet man dazu, daſs von Asparagin und Asparaginsäure keine Drehungswerthe dazu kommen können, besonders von dem ersteren, so sind die Unregelmäſsigkeiten groſs genug, um nach einer Verbesserung der Methode zu suchen. Der Grad von wahrscheinlicher Richtigkeit, welchen die Alkoholmethoden unter Anwendung mäſsiger Mengen Bleiessig und bei ganz genauer Einhaltung des Verhältnisses, 3 Vol. absoluten Alkoholes auf 1 Vol. Zuckerlösung, erreichen lassen, ist gegenüber den bisherigen Methoden aber ein so bedeutend höherer, daſs wir dennoch, bis wir vielleicht noch Vollkommeneres kennen lernen werden, uns des Alkoholes in noch viel ausgedehnterem Maſse bedienen müssen als bisher. Zweckmäſsig erscheint es somit vorläufig bei der Alkohol – Bleipolarisation zu bleiben, obwohl die Rechtsdrehung des saccharinsauren Bleies bei sofortiger Polarisation gröſser ist als die Linksdrehung des entsprechenden Kalisalzes und die Linksdrehung des glutaminsauren Bleies stärker als die des glutaminsauren Kalis. Dagegen ist die Drehung des asparaginsauren Kalis in Alkohol fast ebenso stark als die aller zuletzt genannten Stoffe und die der Aepfelsäure, zwar gleichfalls nach links gerichtet, vermehrt bei Anwesenheit von Asparaginsäure oder Glutaminsäure sowie Saccharin deren Drehung. Die Alkoholpolarisationen werden somit in Rücksicht auf diese Stoffe zu niedrig, die Alkohol-Bleipolarisationen in Rübensäften u. dgl. gleichfalls zu niedrig, in Saccharin haltigen Producten aber durch die rechts drehende Bleiverbindung jenes beeinfluſst erscheinen. Die Ablenkungswinkel des Asparagins und Saccharins bei Gegenwart von Bleiessig verändern sich bei längerem Stehen allmählich. Wenn bei den Alkoholverfahren die Polarisationen der Rübensäfte den Zuckergehalt etwas zu niedrig erscheinen lassen, so hat dies auf die Ausbeuteberechnung an Füllmasse aus den Rüben keinen unwesentlichen Einfluſs, sobald auch hier mit Alkohol gearbeitet wird; denn es finden sich zwar dieselben Stoffe oder ähnlich sich verhaltende Abkömmlinge in derselben wieder; aber aus dem durch Alkohol wie durch Alkohol und Blei entfernbaren Asparagin (und wahrscheinlich Glutamin) sind jetzt die durch Alkohol nicht entfernbaren entsprechenden Säuren geworden, von denen wiederum nur Asparaginsäure durch Alkohol und Blei beseitigt wird. Neu hinzugekommen kann ferner sein: Saccharin. Die Polarisation der Füllmasse wird also der der Rüben nicht entsprechen können. Diese Unterschiede ziehen sich naturgemäſs durch die weitere Fabrikation hindurch, um schlieſslich in Melasse und fertigen Zucker den höchsten Grad zu erreichen. Ein groſser Theil der sogenannten unerklärlichen Verluste findet seine Erklärung durch derartige Polarisationsänderungen in Folge von Zersetzungen, welche durch die Einwirkung der Reinigungsprozesse stattgefunden haben; noch bedeutender treten diese bei der Polarisation ohne Alkohol auf. Bei der Beaufsichtigung der Arbeit einer Zuckerfabrik gelangt man zu vergleichbaren Ergebnissen, wenn man alle Producte auf dieselbe Weise untersucht. Man kann mit Alkohol und Bleiessig geklärte Rübensäfte nicht mit Füllmassenpolarisationen ohne Alkohol vergleichen. Wie nothwendig es ist, auch den Zuckergehalt von zum Verkaufe bestimmten Melassen u. dgl. genau zu bestimmen, ergibt sich auch daraus, daſs eine Melasse je 8mal von zwei Chemikern untersucht wurde, welche nicht wuſsten, daſs es dieselbe Melasse sei und 16 verschiedene Zuckergehalte fanden. Auch hierfür ist das Alkohol-Bleiverfahren sosu empfehlen. Wenn man von Füllmassen, Nachproducten, Melassen das Normalgewicht abwägt, auf 100cc mit Wasser verdünnt, 25cc der filtrirten Lösung abmiſst und nach Zusatz von 5 bis 20 Tropfen Bleiessig mit absolutem Alkohol zu 100cc auffüllt, so hat man, wenn man das Volumen von 26g,048 Zucker oder Melasse rund gleich 16cc annimmt, in den 100cc alkoholischer Lösung: 4cc Zucker (und Nichtzucker), 21cc Wasser und 75cc absoluten Alkohol, ohne Berücksichtigung der hier nicht ins Gewicht fallenden Contraction also 100cc 78procentigen Alkohol, welcher 6,51procentigen Zucker zu lösen hat. Nach Scheibler ist dies aber sehr wohl möglich. Ein einfaches Mittel, in dieser Richtung noch gröſsere Sicherheit zu erlangen, läge darin, die wie beschrieben erhaltene Flüssigkeit auf 110cc mit 80procentigem Alkohol zu verdünnen und die Polarisation um 0,1 zu vermehren. Die Polarisation dieser Lösungen wäre alsdann am besten in 400rnm-Röhren vorzunehmen. Daſs auch die Verdünnung der Beobachtungsfehler multiplizirt wird, ist wohl gegen die sonstigen Vortheile in Kauf zu nehmen. Ausgelaugte Schnitzel wären warm auszuwaschen oder auszuziehen, ebenso Schlamm, Absüſs- und Condenswasser aber entweder wie gewöhnlich zu polarisiren, oder vorher auf den 4. Theil des Volumens einzudampfen und dann mit Alkohol und 1 bis 2 Tropfen Bleiessig zur Marke aufzufüllen. Melasseentzuckerungslaugen werden 4fach mit Alkohol verdünnt und dann wie oben polarisirt. Das Inversionsverfahren von Clerget setzt voraus, daſs auſser Rohrzucker keine Stoffe zugegen sind, welche durch Säuren ihr Polarisationsvermögen ändern. Asparagin und Asparaginsäure drehen aber neutral oder alkalisch links, sauer stark rechts, Glutaminsäure verhält sich umgekehrt, Saccharin dreht als Kaliverbindung nach links, in saurer sehr stark nach rechts u.s.w. Berücksichtigt man ferner die Beobachtung Gubbe's (a. a. O. 1884 S. 1353), daſs die Polarisation des Invertzuckers in sauren Flüssigkeiten verschiedener Concentration verschieden ist, so wird man durch Inversion den wahren Zuckergehalt von Melassen u. dgl. nicht bestimmen können. Anwendung von Oxalsäure als invertirende Säure einerseits und nachherige Neutralisation mit kohlensaurem Kali andererseits könnten vielleicht Einiges dabei bessern. Indessen kann man sich einfacher von der Anwesenheit einzelner optisch activer Substanzen, wie Asparagin u. dgl., dadurch überzeugen, daſs man die Zuckerlösungen kalt (20°) mit verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure ansäuert und rasch polarisirt. Eine Aenderung der Drehung, gegenüber der Polarisation, welche man mit einer ohne allen Zusatz bereiteten Lösung desselben Productes erhielt, gibt Aufschluſs über die Anwesenheit mehr oder weniger bedeutender Mengen optisch activen Nichtzuckers. Ebenso wird dieser Nachweis geführt dadurch, daſs man nach Clerget invertirt und sowohl unmittelbar, als nach genauer Neutralisation mit kohlensaurem Kali polarisirt.