Titel: Ueber die zum Walken verwendeten Kernseifen; von Th. Morawski und H. Demski.
Autor: Th. Morawski , H. Demski
Fundstelle: Band 257, Jahrgang 1885, S. 531
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Ueber die zum Walken verwendeten Kernseifen; von Th. Morawski und H. Demski. Morawski und Demski, über Kernseifen zum Walken. Bei der Beurtheilung der zum Walken verwendeten Kernseifen kommt auſser der chemischen Analyse – durch welche festgestellt wird, ob die Seife frei von Verfälschungen, Harz u. dgl., ferner ob dieselbe neutral sei: freies Alkali oder als anderes Extrem unverseiftes Fett enthält – auch noch die Frage in Betracht, ob die Seife einen zum Walken geeigneten Seifenleim zu bilden im Stande ist. Da jeder Seifenleim bei höheren Temperaturen eine dünnflüssige, wässerige, zur Verfilzung der Wollhaare ungeeignete Beschaffenheit annimmt, so wird derjenige Leim der bessere sein, welcher noch bei einer höheren Temperatur, wie sie bei der Walke vorkommen kann, eine gewisse, die Verfilzung der Wollhaare fördernde Zähigkeit beibehält. Löst man unter Erwärmung in einem Becherglase im kochenden Wasserbade 10g fein geschabter Seife in 100cc Wasser auf, so erhält man eine dünnflüssige Seifenlösung. Kühlt man diese nun durch Einstellen in kaltes Wasser ab und rührt mit einem Thermometer um, welches man zeitweilig heraushebt, so beobachtet man, daſs die Lösung bei einer bestimmten Temperatur zähflüssig und fadenziehend wird, zu spinnen beginnt, worauf bald das Erstarren zu einem festen Seifenleime erfolgt, während im Verlaufe dieser Erscheinungen sich die Temperatur nur unbedeutend ändert. Der Temperaturgrad, bei welchem dieses Spinnen der Seifenlösung eintritt, ist nun bei den aus verschiedenen Fetten erzeugten Seifen ein sehr verschiedener. Im Allgemeinen scheint das Eintreten dieser Spinnprobe vorwiegend abhängig zu sein vom Schmelzpunkte der in der Seife enthaltenen Fettsäuren; jedoch nimmt die Spinntemperatur in viel schnellerem Grade ab als die Schmelzpunkte. So z.B. gab eine Talgkernseife, deren Fettsäuren bei 43,5° schmelzen, eine Spinntemperatur von 34°; hingegen stellte sich bei einer Marseiller Seife, deren Fettsäuren bei 26° schmolzen, das Spinnen erst bei 4° ein.. Da der Wassergehalt der Seifen auf die Spinnprobe keinen merklichen Einfluſs ausübt und daher unberücksichtigt bleiben kann, so gestaltet sich die Ausführung dieser Probe sehr einfach. In den Tuchfabriken wird bekanntlich die zum Walken bestimmte Seife, falls nicht die Verwendung neutraler Seifen geboten erscheint, durch Zusatz von Soda ausgeschärft. Wir hatten Gelegenheit, solche zum Walken hergestellte Seifenleime, sogen. Gärber, zu untersuchen und fanden bei manchen derselben bedeutende Sodamengen zugesetzt. So bestand z.B. ein Seifenleim für die Walke sogen. rohfester Waare aus 89,3 Proc. Wasser, 3,6 Proc. Soda und 7,1 Proc. wasserfreie Seife. Nimmt man nun an, daſs die zur Herstellung dieses Gärbers verwendete Seife 25 Proc. Wasser enthielt, so wurden zur Bereitung desselben verwendet: 8,9 Th. Seife mit 25 Proc. Wasser, 87,5 Th. Wasser und 3,6 Th. Soda; also war diese Seife etwa im 10fachen Gewichte Wasser gelöst. Dieses Verhältniſs wurde annähernd bei den meisten von uns untersuchten Gärbern angetroffen und deshalb auch für die oben bezeichnete Probe das angegebene Verhältniſs von 1 : 10 benutzt. Wir stellten uns nun die Frage, ob dieser beträchtliche Sodazusatz auſserdem, daſs er den Leim stark alkalisch macht, nicht auch noch eine andere Wirkung auf die Eigenschaften des Seifenleimes ausübe. So bedeutende Sodamengen, wie im obigen Beispiele angeführt, konnten nach unserer Ansicht eine namhafte Verringerung des Lösungsvermögens des Wassers für Seife veranlassen und die Seife jenem Zustande näher bringen, in welchem sie sich aus dem Wasser ungelöst ausscheidet, d.h. ausgesalzen wird. Aus diesem Grunde unternahmen wir eine Fortsetzung der obigen Versuchsreihe in der Weise, daſs wir wieder verschiedene Seifen im 10fachen Gewichte heiſsen Wasser auflösten, kleine Mengen Soda zusetzten und nun wieder die Spinntemperatur beobachteten. Wir fanden so, daſs durch geeignete Zugabe des genannten Salzes die Spinntemperatur wesentlich erhöht werden kann, und glauben daraus den Schluſs ziehen zu können, daſs der Zusatz von Soda zum Seifenleime nicht bloſs die Wirkung hat, letzteren alkalisch zu machen, sondern auch widerstandsfähiger gegen höhere Temperaturen, oder mit anderen Worten, dem Seifenleime auch bei höherer Temperatur, welche in der Walke eintreten kann, seine der Verfilzung der Fasern günstige Beschaffenheit zu erhalten. Eine ganz ähnliche Wirkung üben mäſsige Zusätze von Kochsalz und diese Thatsache könnte vielleicht praktische Verwendung finden dort, wo man Seifen verwendet, deren Spinntemperatur zu niedrig liegt und wo man mit neutraler Seife zu arbeiten gezwungen ist. Durch Anführung einiger von uns in dieser Richtung ausgeführter Versuche wollen wir zeigen, wie bedeutend durch Soda oder Kochsalzzusatz die Temperatur gesteigert werden kann, bei welcher das Spinnen einer Seifenlösung eintritt: 1) Bei einem Seifenleime, der aus einer Talgkernseife (10g Seife in 100cc Wasser, Schmelzpunkt der Fettsäuren 45°) hergestellt war, trat die Faden ziehende Beschaffenheit bei 41° ein; nach neuerlichem Erwärmen und Zusatz von 2g Soda trat das Spinnen bei 70° ein. Bei einem zweiten Versuche mit derselben Seife wurde durch Zusatz von 1g,5 Kochsalz unter sonst gleichen Verhältnissen derselbe Erfolg erzielt. 2) Bei einer Seifenlösung (10g Seife in 100cc Wasser), welche bei 25° zu spinnen begann, wurde durch Zusatz von 1g,5 Kochsalz die Spinntemperatur auf 60° gebracht. 3) Ein aus Sulfurölseife erzeugter Leim (10g Seife in 100cc Wasser) spann bei 8,5°; durch Zusatz von 18 Kochsalz stieg die Spinntemperatur auf 54°. Zum Schlusse heben wir noch hervor, daſs die von uns beschriebene Spinnprobe sich auch zweckmäſsig den Ergebnissen der chemischen Analyse bei Beurtheilung von Walkseifen anschlieſst und empfehlen die von uns gemachten Beobachtungen bezüglich der Wirkung des Zusatzes von Salzen zu den Seifenleimen der Beachtung der Praktiker. Bielitz, Laboratorium der k. k. Staatsgewerbeschule.