Titel: Ueber die Einwirkung der Diastase auf Stärke.
Fundstelle: Band 259, Jahrgang 1886, S. 369
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Ueber die Einwirkung der Diastase auf Stärke. Ueber die Einwirkung der Diastase auf Stärke. H. T. Brown und G. H. Morris (Liebig's Annalen, 1885 Bd. 231 S. 72) untersuchten die nicht krystallisirbaren Producte der Einwirkung von Diastase auf Stärke. Die erste Angabe über die Bildung eines gummiartigen Stoffes bei der Behandlung von Stärke mit Säuren macht Vogel in Schweigger's Journal, 1812 Bd. 5 S. 80. Biot und Persoz (Annales de chimie et de physique, 1833 Bd. 52 S. 72) nannten denselben wegen seiner Rechtsdrehung Dextrin.Vgl. Bondonneau (1870 212 489). Grießmayer (1876 220 75). Brown und Heron (1880 235 63). Musculus und Gruber (Bulletin de la Société chimique, 1878 S. 54 bezieh. Jahresbericht der chemischen Technologie, 1878 S. 756). Die aus Stärkekleister unter dem Einflüsse von Malzextract bei irgend einer Temperatur über 40° entstehenden Verwandlungsproducte müssen nach ihrem specifischen Drehungs- und Reductionsvermögen als Maltose ([α]j3,86 = 150°, k3,86 = 61)Bezüglich der Bezeichnungen ist zu bemerken, daſs nach Brown (Liebig's Annalen, 1879 Bd. 199 S. 175) die gesammte feste Masse auf 100cc dadurch annähernd festgestellt wird, daſs man das specifische Gewicht weniger 1000 (Wasser = 1000) mit 3,86 theilt. um [α]j3,86 in das absolute specifische Drehungsvermögen zu verwandeln, wird die Winkelgröſse in dem Verhältnisse von 3,86 zum absoluten Theiler vergröſsert oder verringert. k ist das Reductionsvermögen für Kupferoxyd, das der Glukose = 100 gesetzt. und einem nicht reducirenden Dextrin mit einem specifischen Drehungsvermögen von [α]j3,86 = 216° angesprochen Werden. Es wurden z.B. je 5g Stärke mit 5cc Malzauszug eine Stunde lang auf 62° erwärmt. Der erhaltene Syrup ergab: [α]j3,86 = 204,3° und k3,86 = 10,5. Hieraus folgt die Zusammensetzung = 17,2 Maltose und 82,8 Dextrin, verlangend [α]j3,86 = 204,6° und k3,86 = 10,5. Der Syrup wurde auf 100° erhitzt und allmählich 90 procentiger Alkohol zugegossen, bis sich ein geringer bleibender Niederschlag zeigte; das Ganze wurde auf dem Wasserbade heiſs gehalten. Die Flüssigkeit wurde hierauf zur Abkühlung hingestellt und die klare Lösung von der ausgeschiedenen Substanz abgegossen. Diese klare Lösung wurde dann von Neuem auf dem Wasserbade mit mehr Alkohol behandelt, bis sich wieder ein bleibender Niederschlag gebildet hatte. Dieser Vorgang wurde 5 mal wiederholt, jede Fällung in Wasser gelöst, noch einmal mit starkem Alkohol gefällt, in Wasser gelöst und in Luftleere getrocknet. Die Untersuchung derselben ergab: I II III IV V Maltose 16,5   9,1 13,6 22,3 28,0 Dextrin 83,5 90,9 86,4 77,7 72,0. Das letzte alkoholische Filtrat, [α]j3,86 = 167,5° und k3,86 = 35,4, entsprechend einer Zusammensetzung von 58,0 Maltose, 37,2 Dextrin, 4,8 inactive Malzextractstoffe, verlangte [α]j3,86 = 167,5° und k3,86 = 35,4. Weitere Versuche bestätigten, daſs die einzelnen Fällungen nur aus Maltose und einem nicht reducirenden Dextrin bestehen. Bei Einwirkung des Malzextractes zwischen 40 und 60° wird schnell ein Gleichgewichtspunkt erreicht, über welchen hinaus ein weiteres Fortschreiten sehr langsam erfolgt. Dieser Gleichgewichtspunkt ist erreicht, sobald die Mischung der Producte folgende Eigenschaften aufweist: [α]j3,86 = 162,6° und k3,86 = 49,3, was einer Zusammensetzung von 80,9 Maltose und 19,1 Dextrin entspricht und einer Zerlegung nach der Gleichung: 10C12H20O10 + 8H2O = 8C12H22O11 + 2C12H20O10. Stärke Maltose Dextrin Alle Stärke Verwandlungen, welche ein höheres Drehungsvermögen als 162,6° und ein geringeres Reductionsvermögen als 49,3 ergeben, können schnell auf diesen Punkt gebracht werden, indem man sie mit wenig frischem Malzextract bei 50° behandelt. Da die Maltose, bei einer solchen Behandlung nicht angegriffen wird, so kann die Ursache einer Veränderung nur in dem Abbau (sogen. Degradation) des Dextrins gesucht werden und es wäre von groſser Wichtigkeit, zu bestimmen, ob sich das isolirte Dextrin in gleicher Weise verhält und eine ebenso weit gehende Veränderung erfährt. Es wäre dann möglich, sich über die Stelle, welche irgend ein Dextrin in der polymeren Reihe einnimmt, Rechenschaft zu geben, indem man nämlich die Gröſse des Abbaues bestimmt, welche es mit Malzextract bei 50 bis 60° erleidet. Bezügliche Versuche ergaben, daſs durch fractionirte Fällung mit Alkohol und mäſsiges Erhitzen mit Wasser sowie Abdampfen das Molekül der höheren Dextrine keine wesentliche Spaltung erleidet, während eine solche schon durch eine Spur von Malzextract so überaus leicht hervorgerufen wird. Um zu untersuchen, ob unter gleichen Bedingungen die höchste hydrolytische Durchschnittswirkung des Malzextractes auf die getrennten, in Alkohol löslichen und unlöslichen Antheile einer Stärkeverwandlung dem auf die nicht gesonderten Verwandlungsproducte gleich ist, wurde von den Producten einer Stärkeverwandlung bei 66° eine Lösung, welche etwa 5g,5 auf 100cc enthielt, mit 10cc Malzauszug bei 55° behandelt: [α]j3,86 k3,86 Ursprüngliche Lösung 188,1 20,2 Nach   1 Minute 169,3   2½ Minuten 164,6 10 164,0 20 163,4 30 159,3 43,2 60 159,3 Die höchste Verwandlung, entsprechend Nr. 8 der unten folgenden Proben, wurde also in 30 Minuten erreicht. Die ursprünglichen Verwandlungsproducte wurden nunmehr durch 8malige Behandlung mit Alkohol getrennt und der lösliche und unlösliche Antheil, jeder für sich, wie oben mit Malzextract bei 55° behandelt: Löslich in Alkohol Unlöslich [α]j3,86 k3,86 [α]j3,86 k3,86 Vor Einwirk. des Malzextractes 178,8° 31,5 206,5°   8,5 Nach 1 Minute 156,1 192,1     „ 5 Minuten 151,4 190,5     „ 10       „ 148,0 189,4     „ 30       „ 146,8 57,4 186,7 26,4     „ 60       „ 146,8 186,7 Da die ursprünglichen Producte zu 53,1 Proc. aus Alkohol löslichen und zu 46,8 aus unlöslichen Stoffen bestanden, so ergeben sich für die Endwirkung des Malzextractes: [α]j3,86 k3,86 Ursprüngliche Stärkeproducte 159,3 43,2 Getrennt 160,6 42,8 Da die Einwirkung von Malzextract bei 50 bis 60° auf die gemischten Producte der Verwandlung die Dextrine immer bis zu einem gegebenen Punkte herunterzubringen vermag und die Gesammtwirkung nicht durch voraufgegangene Trennung der Stärkeproducte mit Alkohol beeinfluſst wird, so kann man die Dextrine, indem man sie in Theile zerlegt, auf ihre Gleichartigkeit prüfen und die Stelle bestimmen, welche sie in der polymeren Reihe einnehmen. Dies muſs sogar möglich sein, wenn sie nur zum Theile durch Alkohol, Gährung oder andere Mittel von dem zurückbleibenden Antheile der Stärkeproducte, welche gleichzeitig mit ihnen abgespalten wurden, getrennt werden. In der folgenden Uebersicht ist die theoretische Menge von Maltose verzeichnet, welche je 100 Th. der den einzelnen Verwandlungszuständen entsprechenden Dextrine ergeben, wenn sie bis zum Dextrin Nr. 8 abgebaut werden: Nr. derVerwandlung Constante dergemischten Producte Maltose aus je100 Th. der ein-zelnen Dextrine [α]j3,86 k3,86 Lösliche Stärke 216° 84,44 Nr. 1 209   6,4 82,09       2 202,2 12,7 79,20       3 195,4 18,9 75,39       4 188,7 25,2 70,37       5 182,1 31,3 63,33       6 175,6 37,3 52,77       7 169,0 43,3 35,18       8 162,6 49,3 00,00. Diese Zusammenstellung gestattet, für jedes Dextrin seinen Ort in der Reihe und den Reactionszustand, welchem es seine Entstehung verdankt, festzustellen, wenn man bestimmt, wie viel Maltose es bei der Hydrolyse durch Malzextract bei 50 bis 60° gibt. Hat man es mit einer Mischung von Dextrinen zu thun, so kann in dieser Weise natürlich nur die mittlere Stellung bestimmt werden. Aus Umwandlungsproducten, welche der Nr. 8 der Reihe entsprechen, kann man nur ein Dextrin abscheiden; dasselbe wird durch Malzextract bei 50 bis 60° nicht mehr weiter „hydrolysirt,“ wohl aber, wenn auch sehr langsam, zu Maltose „hydratisirt.“ Die aus den übrigen Verwandlungen durch Alkohol abgeschiedenen Dextrine sind ungleich, da sie bei der Hydrolyse verschiedene Mengen von Maltose geben, selbst wenn die Umwandlung der Stärke mit einer besonderen Gleichung übereinstimmt. Bei der Behandlung von 5g Stärke mit 5cc vorher auf 66° erwärmtem Malzauszug ergab sich z.B. ein Gemisch aus 36 Proc. Maltose und 64 Proc. Dextrin, entsprechend der Verwandlung Nr. 3. Man sollte hiernach annehmen, daſs die Stärke gemäſs der Gleichung: 10C12H20O10 + 3H2O = 7C12H20O10 + 3C12H22O11 zerfallen sei. Ohne Zweifel drückt diese Gleichung den mittleren Verlauf der Verwandlung aus; aber es ist leicht möglich, daſs die Stärke sich zum Theile nach höheren, zum Theile nach niederen Gleichungen zerlegt hat. Um dies zu prüfen, wurde die verwandelte Stärke zu Syrup verdunstet, mit wenig Alkohol theilweise von den Malzextractbestandtheilen befreit und dann mit Alkohol gefällt. Der Rückstand (1) enthielt 24,5 Proc. Maltose und 75,5 Proc., Dextrin. Mit Malzextract bei 60° behandelt, gab das Dextrin 64,6 Proc. Maltose, entsprechend dem Dextrin Nr. 5 obiger Reihe. Der Rückstand (1) wurde dann wiederholt mit heiſsem Alkohol behandelt, welcher einen Rückstand (2), entsprechend 30,9 Proc. Maltose und 69,1 Proc. Dextrin hinterlieſs. Dieser Dextrinrückstand gab bei der Hydrolyse mit Malzextract bei 60° einen Maltosezuwachs von 60 Procent des darin enthaltenen Dextrins. Das Dextrin entsprach demnach einer zwischen Nr. 5 und 6 gelegenen theoretischen Verwandlung. Der Rückstand (3), welcher aus Rückstand (1) durch weitere wiederholte Behandlung mit Alkohol erhalten wurde, entsprach 11,3 Proc. Maltose, 85,1 Proc. Dextrin und 3,6 Proc. inactive Malzextractbestandtheile. Beim Abbau mit Malzextract bei 60° gab das vorhandene Dextrin nur 35 Proc. Maltose, so daſs seine Stellung in der Reihe beinahe Nr. 7 entsprach. Diese Versuche zeigen, daſs das in den ursprünglichen Verwandlungsproducten enthaltene Dextrin, obgleich anscheinend das von Nr. 3, doch kein einheitlicher Stoff sein konnte; denn während die Hydrolyse des Ganzen 74 Proc. Maltose ergab, konnte man daraus Dextrine abscheiden, welche, jedes für sich, 64,6, 60,0 bezieh. 35 Proc. lieferten. Das hieran zur Ergänzung der ursprünglichen gemischten Dextrine Fehlende war in das alkoholische Filtrat übergegangen. Bei einem der Versuche wurde Stärke mit Diastase behandelt, bis Jod die stärkste Färbung für Erythrodextrin zeigte. Die Untersuchung ergab: [α]j3,86 = 202,2° und k3,86 = 12,4, entsprechend 20,3 Maltose und 79,7 Dextrin. Bei der Behandlung dieses Productes mit Malzextract bei 60° wurde die äuſserste Grenze der Hydrolyse in wenigen Minuten erreicht, wobei die Untersuchung ergab: [α]j3,86 = 163,5° und k3,86 = 49,9 bezieh. 81,8 Maltose und 18,2 Dextrin, verlangend [α]j3,86 = 162,0° und k3,86 = 49,9. Diese Zusammensetzung, welche beinahe theoretisch der Verwandlung Nr. 8 entspricht, zeigt, daſs das Dextrin bei dem Abbau 75 Proc. Maltose gegeben hat. Hierauf wurde eine bekannte Menge der Flüssigkeit zu einem dünnen Syrup verdampft und mit Alkohol von nach und nach zunehmender Stärke fractionirt, in derselben Weise, wie in dem letzten Versuche. Die folgenden Zahlen geben die Stärke des Alkohols, woraus die einzelnen Fractionen gefällt wurden, sowie das Gewicht einer jeden Fraction, ausgedrückt in Procent der Gesammtmenge: Fraction Stärkedes Alkohols Feste Bestandtheile%-Gesammtbetrag  I       46 Proc. 43,88 II 59,3 23,09 III 75,0 10,64 Mutterlauge 22,39 Die Untersuchung der einzelnen Fractionen ergab: I II III Mutterlauge Maltose 8,0 10,5 22,9 40,0 Dextrin 92,0 89,5 77,1 60,0. Aus der Thatsache, daſs die Producte aller Verwandlungen über Nr. 8 sich bei der Fractionirung als Gemische erweisen, folgt mit ziemlicher Sicherheit, daſs bei einer Umwandlung der Stärke oder der Stärkeproducte nicht alles gleichzeitig in demselben Grade angegriffen wird, sondern daſs einige Theile schneller, andere langsamer hydrolysirt werden. Die Ergebnisse sprechen nicht dagegen, daſs der hydrolytische Zerfall durch bestimmte Gleichungen ausgedrückt werden kann; indessen der Vorgang, welcher in der Flüssigkeit zu irgend einem Zeitpunkte statthat, könnte genau nur durch eine Reihe von gleichzeitig zur Geltung kommenden Gleichungen ausgedrückt werden. Die Zahl der möglichen Gleichungen, welche die Zerlegung der Stärke zum Ausdrucke bringen, muſs naturgemäſs von der Zahl der im Stärkemolekül vorhandenen Gruppen C12H20O10 abhängig sein, wobei immer zu berücksichtigen ist, daſs die äuſserste, gut begrenzte Gleichung Nr. 8 der Hydratisirung von ⅘ dieser Gruppen entspricht, gleichgültig, wie viele derselben vorhanden sind. Ein Dextrin, welches aus einem Stärkeverwandlungsproducte mit Malzextract durch Fällen mit 60procentigem Alkohol gewonnen war, wurde durch mehrmalige Behandlung mit Alkohol von derselben Stärke theilweise gereinigt und enthielt 2,59 Proc. Maltose, 96,02 Dextrin und 1,39 Proc. Malzextract. Die Lösung dieses Dextrins wurde mit einem geringen Ueberschusse einer Lösung von gleichen Gewichtstheilen Cyanquecksilber und Natronhydrat bis zur Beendigung der Reaction erwärmt, abgekühlt und das reducirte Quecksilber abfiltrirt; das Filtrat wurde ganz schwach mit Salzsäure angesäuert und zur Fällung des wenigen überschüssigen Quecksilbersalzes Schwefelwasserstoff eingeleitet. Nachdem das Schwefelquecksilber abfiltrirt war, wurde in geringem Ueberschusse Ammoniak zugegeben, das Ganze zu einem Syrup verdampft, in heiſsem Wasser gelöst, filtrirt und das Filtrat mit 60procentigem Alkohol niedergeschlagen. Das so erhaltene Dextrin gab: [α]j3,86 = 209,4° und k3,86 = 0,0, entsprechend 96,9 Dextrin und 3,1 Inactives; letzteres bestand in diesem Falle beinahe vollständig aus Chlornatrium. Bei dem Abbaue mit Malzextract bei 60° gab das gereinigte Dextrin, um den Betrag des vorhandenen Salzes berichtigt, 51,5 Proc. Maltose gegen 49,5 Proc., welche das ursprüngliche Dextrin gegeben hatte. Das Dextrin wird also durch den Cyanquecksilberprozeſs nicht verändert. Der geringe Unterschied fällt noch innerhalb der Versuchsfehlergrenzen; überdies müſste dieselbe, wenn das Dextrin wirklich eine Veränderung erlitten hätte, in der entgegengesetzten Richtung liegen. Die optische Untersuchung des reinen, nicht reducirenden Dextrins ergab [α]j3,86 = 216,0°, während die Maltose 150,0° zeigt. Aus höher als Nr. 8 gelegenen Umwandlungsproducten ist es auſserordentlich schwierig, die Maltose in einer Menge krystallisirt zu erhalten, welche auch nur entfernt mit dem Kupferoxydreductionsvermögen der Producte im Verhältnisse stände, und diese Schwierigkeit wächst, je weniger weit die Verwandlung in der Reihe fortgeschritten ist. In dem Maſse, wie die Schwierigkeit, die Maltose zu krystallisiren, wächst, nimmt erfahrungsgemäſs auch die Schwierigkeit zu, sie zu vergähren. Wenn die Verwandlung vollständig bis zur Grenze Nr. 8 herunter vorgeschritten ist, kann die ganze Maltose bis auf 1 Proc., ja sogar noch weiter, zum Vergähren gebracht werden; aber aus den höheren Umwandlungen können Lösungen erhalten werden, welche, nach ihrem Reductionsvermögen zu urtheilen, 30 bis 40 Procent der festen Bestandtheile Maltose enthalten sollten und die doch mit gewöhnlicher Hefe gänzlich unvergährbar sind. Die Maltose kann somit in zwei Formen vorkommen, die eine krystallinisch und leicht vergährbar, die andere mit gleichen optischen und reducirenden Eigenschaften, welche jedoch mit Dextrin eine in Alkohol lösliche Verbindung bildet, die von Hefe nicht angegriffen wird, durch Einwirkung von Maltose aber in freie krystallisirbare und vergährbare Maltose verwandelt werden kann. Das Product einer Verwandlung mit [α]j3,86 = 192,0° und k3,86 = 24,9 wurde zunächst mit starkem (90 procentigern) Alkohol gefällt. Der Rückstand zeigte [α]j3,86 = 190,9° und k3,86 = 17,8 und enthielt neben Maltose und Dextrin noch 3,2 Proc. Malzextractbestandtheile. Er wurde nochmals mit heiſsem Alkohol von 70 bis 80 Proc. ausgezogen und der in Lösung gegangene Antheil zum Versuche genommen. Derselbe gab [α]j3,86 = 185,3° und k3,86 = 24,3, entsprechend 39,8 Maltose, 58,1 Dextrin und 2,1 inactive Theile. Bei dem Abbau mit Malzextract bei 60° gab das vorhandene Dextrin 70 Proc. Maltose. Es wurde nun eine wässerige Lösung hergestellt, mit 128,663 fester Bestandtheile in 100cc und bei 28° der Vergährung mit gewaschener und zwischen Flieſspapier theilweise getrockneter Hefe (1g,2 Hefe für je 100cc) ausgesetzt. Der angewendete Gährstoff bestand aus dem gewöhnlichen Saccharomyces cerevisiae (Obergährung nach Burton). Nach der procentischen Zusammensetzung der angewendeten Substanz muſste die Lösung 5g,039 Maltose auf 100cc enthalten. Es stellte sich sofort eine leichte Gährung ein, welche aber nach 3 bis 4 Tagen wieder ganz verschwunden war. Am 9. Tage enthielt die Flüssigkeit scheinbar noch 3g,687 Maltose auf 100cc, während 1g,352 durch Vergährung verschwunden waren. Zum Nachweise, daſs zur Weitergährung lediglich ein gährungsfähiges Kohlehydrat fehlte, wurde der gegohrenen Flüssigkeit, welche noch ihre Hefe enthielt, eine kleine Menge Maltose im Verhältnisse 0g,69 auf 100cc hinzugegeben. Nun begann sofort eine lebhafte Gährung, welche aber ebenso schnell wieder abnahm und dann ganz aufhörte, worauf die optische Drehung der Lösung anzeigte, daſs die beigemischte Maltose ganz verschwunden, daſs aber sonst nichts angegriffen worden war. Nach einigen Tagen wurde eine zweite Menge Maltose im Verhältnisse von 1g,22 auf 100cc zugegeben. Die Gährung begann wieder, war aber in 4 Tagen vollständig beendet. Es wurde nun wieder eine vollständige Analyse der Flüssigkeit gemacht und die seit der ersten Zugabe auf 100cc verschwundene Menge Maltose nach der Zunahme an Alkohol berechnet zu 2g,02 bestimmt, während thatsächlich 0,69 + 1,22 = 1g,91 zugefügt wurde. Nach ihren optischen und reducirenden Eigenschaften berechnet, gab die Trockensubstanz nach der Gährung 31,6 Proc. Maltose im Gegensatze zu 32 Proc. vor der Gährung, ein Beweis dafür, daſs die 3g,687 das Kupferoxyd reducirender Substanz, welche zu den Producten der Stärke gehörte, unberührt geblieben waren, trotz der durch die beigemischte Maltose erzeugten schnellen Gährung. Am Schlusse dieser Versuchsreihe gaben die Producte nach der Gährung [α]j3,86 = 189,2 und k3,86 = 19,3 im Gegensatze zu [α]j3,86 = 189,9° und k3,86 = 19,7 vor der Zugabe der Maltose. Es wurde somit gefunden, daſs bei vollständigem Abbau des Dextrins nach der Gährung 100 Th. desselben 70 Th. Maltose, somit genau die beim Beginne des Versuches aus dem Dextrin erhaltene Menge gaben, daſs also die Dextrine bei der Gährung nicht abgenommen haben. Die nach der Gährung zurückbleibende Flüssigkeit wurde filtrirt, eingedampft und wieder mit Alkohol versetzt; aber diesmal konnte mit dem Auflösungsmittel nur eine geringe oder keine weitere Trennung mehr bewirkt werden, da sowohl der Niederschlag wie das Filtrat nahezu dieselbe optische Drehung und dasselbe Reductionsvermögen besaſsen, nämlich [α]j3,86 = 192,2° und k3,86 = 19,3. Versuche mit Gemischen von Maltose und Dextrin bestätigten, daſs letzteres durch reine Hefe nicht angegriffen wird, nach Zusatz von etwas Malzextract aber vergährt, sowie daſs die Kupfer reducirende Substanz, welche nach der Gährung der Stärkesubstanz zurückbleibt, verschieden von Maltose ist. Diese dritte Verbindung ist offenbar das von Herzfeld (vgl. Berichte der deutschen Gesellschaft, 1884 S. 3469) beobachtete Maltodextrin. Zur Reindarstellung von Maltodextrin wird mit einer möglichst geringen Menge aus Malz frisch hergestellter Diastase eine Stärkeverwandlung bei 60 bis 65° ausgeführt und diese, sobald die optische Thätigkeit der Producte bis auf [α]j3,86 = 198° gesunken ist, unterbrochen. Die Lösung wird nach dem Kochen bis zu einem ungefähren specifischen Gewichte von 1,060 eingedampft und mit einer geringen Menge gewaschener Hefe, Saccharomyces cerevisiae der „Obergährung,“ bei 28 bis 30° in Gährung versetzt. Die freie Maltose, welche in einem solchen Fall 7 bis 8 Procent der Gesammtstärkeproducte beträgt, kann auf diese Weise in wenigen Tagen zerstört werden. Nachdem die Gährung beendigt ist, wird die klare Flüssigkeit von der Hefe abgegossen, filtrirt und zu einem Syrup verdampft, welcher 1 oder 2 Tage mit kochendem Alkohol von 90 Proc. unter häufigem Umschütteln digerirt wird, um die flüchtigen Gährungproducte zu entfernen. Der Alkohol wird, auf 85° gebracht, heiſs vom Rückstande abgegossen; er hinterläſst bei der Destillation Maltodextrin, welches [α]j3,86 = 193,6° und k3,86 = 20,7 zeigt. Wenn es aus einer Mischung von Maltose und Dextrin bestände, würde seine genaue Zusammensetzung sein: 33,9 Maltose und 66,1 Dextrin, verlangend [α]j3,86 = 193,6° und k3,86 = 20,7. Daſs das Maltodextrin nicht Maltose als solche enthält, ist durch die Thatsache erwiesen, daſs es durch den gewöhnlichen Saccharomyces cerevisiae der Obergährung durchaus unvergährbar ist und daſs es sich nicht durch Behandlung mit Alkohol in seine scheinbaren Bestandtheile zerlegen läſst. Ueberdies wird durch Behandlung mit Malzextract bei 50 bis 60° sein scheinbarer Dextrinbestandtheil vollständig in Maltose übergeführt. Dies ist ein weiterer Beweis, daſs nicht eine Mischung von Maltose mit Dextrin vorliegt, da alle wahren Dextrine, welche bis jetzt aus den Stärkeproducten isolirt worden sind, bei dem vollständigen Abbau mit Malzextract bei 50 bis 60° als Endproduct das niederste Dextrin Nr. 8 hinterlassen und zwar in einer Menge, welche von der Stellung jener in der Reihe abhängig ist. Die Dextringruppe des Maltodextrins dagegen wird schnell und vollkommen durch die entsprechende Behandlung in Maltose übergeführt. Angenommen, daſs das Maltodextrin aus einer Art Verbindung von Maltose mit Dextrin besteht, dann kann ihr nach der obigen Analyse als einfachste Formel der Ausdruck: C12H22O11(C12H20O10)2 zugewiesen werden; dies ist eine Maltosegruppe, vereinigt mit zwei Amylin- oder Dextringruppen, wobei jede der Gruppen ihr optisches und reducirendes Vermögen beibehalten hat, entsprechend [α]j3,86 = 193,1° und k3,86 = 21,1, Zahlen, welche den thatsächlich beobachteten sehr nahe kommen. Die Stärke enthält 5 mal die Gruppe (C12H20O10)3, entspricht somit der Formel [(C12H20O10)3]5. Die Wirkung des Malzauszuges bei der Hydrolyse dieses Stärkemoleküls besteht in einer allmählichen Hydratisirung und Abtrennung von (C12H20O10)3, wobei ein Dextrinrückstand von mehr und mehr abnehmenden Molekulargruppen verbleibt, bis die letzte Gruppe (C12H20O10)3 erreicht ist, welche das oft erwähnte Dextrin Nr. 8 darstellt und das keiner weiteren Veränderung als nur eines verhältniſsmäſsig langsamen Hydratisirungsprozesses fähig ist. Die Abtrennung einer jeden (C12H20O10)3-Gruppe vollzieht sich indessen schon, ehe sie vollständig hydratisirt ist, indem die dreitheilige Gruppe in Form von MaltodextrinMaltodextrin ist vielleicht als Maltan, entsprechend dem Dextran und Lävulan aufzufassen. abgespalten wird, in welchem nur eine ihrer Amylintheilgruppen Wasser gebunden hat: (C12H20O10)3 + H2O = C12H22O11(C12H20O10)2. Malzextract, welches nicht über 65° erhitzt wurde, bewirkt schnell die vollständige Ueberführung des Maltodextrins in Maltose durch Hydratisirung der verbliebenen Amylintheilgruppen, nämlich: C12H22O11(C12H20O10)2 + 2H2O = 3C12H22O11 Maltodextrin. Maltose. Die Producte einer Stärkeumwandlung mit Malzextract, welche [α]j3,86 = 190,1° zeigten, wurden eingedampft und 2 mal mit starkem Alkohol behandelt, worauf der Rückstand [α]j3,86 = 191,2° zeigte. Es wurde eine Lösung dieser Stärkeproducte von 1,0995 sp. G., welche Maltose, Maltodextrin und mehrere Achroodextrine enthielt, bei 30° der Gährung ausgesetzt. Diese war anfangs sehr lebhaft, hörte nach 3 Tagen, als die freie Maltose ganz verschwunden war, wieder auf. Die scheinbare Zusammensetzung der Lösung war: [α]j3,86 = 194,2° und k3,86 = 17,7, entsprechend 29,0 Maltose, 69,7 Dextrin und 1,3 inactiver Theile. Durch Abbau mit Malzextract bei 60° gaben 100 Th. Dextrin 66,8 Th.-Maltose. Der Alkohol wurde abgedampft, der Syrup in Wasser wieder gelöst und auf 1,093 sp. G. gebracht, entsprechend 24g,093 fester Substanz in 100cc. Nach obiger Analyse bestanden diese aus 6,986 Maltose, 16,792 Dextrin und 0,315 inactiver Theile. Zu dieser Lösung, deren feste Bestandtheile schon vorher einmal gegohren hatten, wurde wieder etwas Hefe gegeben und das Ganze einer Temperatur von 30° ausgesetzt. Die Lösung wurde genau überwacht und jeden Tag eine Probe des Bodensatzes unter dem Mikroskop geprüft. Die ursprünglichen Hefezellen, bestehend aus dem Saccharomyces cerevisiae der Obergährung, welche keine freie Maltose in der Lösung vorfanden (obgleich man nach dem Reductionsvermögen auf nahezu 7g in 100cc hätte schlieſsen sollen), schrumpften ein und starben allem Anscheine nach ab. Nach Verlauf von 6 oder 7 Tagen, nachdem vorher keine Spur einer Gährung beobachtet worden war, begannen einige Zellen von Saccharomyces ellipticus und Saccharomyces Pastorianus sich zu zeigen. Zugleich mit dieser Veränderung begann eine Gährung, zuerst auſserordentlich langsam, aber nach und nach, in dem Maſse, wie die neuen FormenDiese Nebenformen von Saccharomyces, welche zum groſsen Theile die „Secundär-“ oder „Nachgährung“ des englischen obergährigen Bieres bewirken, stehen genetisch nicht mit dem Saccharomyces cerevisiae der Hauptgährung in Verbindung, welcher den gröſseren Theil der Bierhefe ausmacht, sondern leiten sich von den mehr oder weniger zahlreichen Zellen von Saccharomyces Pastorianus u.s.w., welche in derselben enthalten sind, ab. Die Gegenwart dieser secundären alkoholischen Fermente, welche alle zu den Hefen der Untergährung gehören, wird so lange nicht bemerkt, bis die Wachsthumbedingungen für sie günstiger werden als für die vorherrschende Form. des Saccharomyces an Menge zunahmen, stärker werdend. Nach 40 Tagen war die Gährung nur noch schwach; der Versuch ergab, daſs 14g,4 Maltose in 100cc vergohren waren. Da diese nur 6g,986 Maltose enthielten, so muſsten 7g,414 auf Kosten des Dextrins entstanden sein. Dem entsprechend ergab das zurückgebliebene Dextrin mit Malzextract nur 25,7 Th. Maltose gegen 66,8 Proc. vor der Gährung. Hier haben also Nebenformen von Saccharomyces eine Aenderung bewirkt, welche Saccharomyces cerevisiae nicht vermochte. Es ist anzunehmen, daſs letzteres nicht immer der Fall ist, wenn auch die secundären Formen, welche die „Unterliefe“ bilden, dieses Vermögen in hohem Grade besitzen und es auch unter Nährungsbedingungen u.s.w. auszuüben vermögen, welche dem Saccharomyces cerevisiae nicht günstig und unter denen die letzteren nicht immer im Stande sind, irgend eine hydrolytische Wirkung auszuüben. Die Hydrolyse der Dextrine unter der Einwirkung gewisser Fermente der alkoholischen Gährung erfolgt am leichtesten durch die lebenden Zellen der Hefe, indem dieselbe kleine Mengen von Albuminoiden, welche immer zugegen sind, verändern und so ein Zucker bildendes oder diastatisches Ferment erzeugen. Es wurde schon früher bemerkt, daſs die Albuminoide von ungemälzter Gerste Zucker bildend wirken, wenn man sie wenige Stunden der Einwirkung der Hefe bei 30° aussetzt. Der Abbau der Dextrine und die Hydratation von Maltodextrin unter der Einwirkung von Hefe und Malzextra et erklären viele Erscheinungen, welche bei der Gährung in Brauereien und Brennereien beobachtet werden. Der treibende Einfluſs von Malzmehl, welches man manchmal zugibt, um die Gährung zu beschleunigen, oder (wie bei der Nachgährung des Bieres) eine Thätigkeit zu erneuern, die ganz oder theilweise aufgehört hat, ist der hydrolytischen Kraft, welche solche Stoffe besitzen, zuzuschreiben. Es erfolgt eine Abspaltung der zusammengesetzten Dextrine und Hydratation des Maltodextrins. Auf diese Weise wird der Hefe ein Vorrath von Maltose in einem zerlegbaren Zustande geliefert, Die Wirkung aller dieser Mittel ist folglich eine mittelbare und hat wenig oder nichts mit der unbedeutenden Hefennahrung, welche mit denselben eingeführt wird, zu thun, wie oft irrthümlich geglaubt wurde.