Titel: Neuere Apparate für chemische Laboratorien.
Fundstelle: Band 260, Jahrgang 1886, S. 215
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Neuere Apparate für chemische Laboratorien. (Patentklasse 42. Fortsetzung des Berichtes Bd. 258 S. 500.) Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 15. Neuere Apparate für chemische Laboratorien. Zur Bestimmung des wirksamen Sauerstoffes in Wasserstoffsuperoxydlösungen läſst M. de Thierry (Comptes rendus, 1886 Bd. 192 * S. 611) 10cc der zu prüfenden Flüssigkeit aus der Röhre b (Fig. 15 Taf. 15) in das mit Braunstein beschickte Entwickelungsgefäſs o abflieſsen. Der sich entwickelnde Sauerstoff wird in der Glocke c über Wasser aufgefangen und das abgelesene Volumen in bekannter Weise auf Normalbarometerstand und Temperatur umgerechnet. Bei dem zerlegbaren Thermometer von Steinle und Hartung in Quedlinburg (* D. R. P. Nr. 34328 vom 21. Juli 1885) ist, wie aus Fig. 13 Taf. 15 zu entnehmen, das unten geschlossene Rohr r cylindrisch ausgebohrt und an seinem oberen Ende mit Gewinde versehen, welches zum Einschrauben des Einsatzstiftes s und des Manometers m dient. Der Stift s ist an seinem oberen Ende mit einer Höhlung, in welche das Röhrchen p eintaucht, versehen; dieses steht durch das Loch l und die seitlich eingeritzte Rinne n in Verbindung mit dem unteren Theile t des Rohres r. An dieser Stelle ist der Stift s mit den im Schnitte III gezeichneten Aussparungen versehen. Soll das Thermometer in Benutzung genommen werden, so füllt man das Rohr r mit einem flüssigen Stoffe, schiebt den Stift s hinein und schraubt denselben und hierauf das Manometer fest. Letzteres kann mit einer Flüssigkeit gefüllt werden, welche sich weniger ausdehnt als die im Rohre befindliche Flüssigkeit. Der durch das Röhrchen p gebildete Wassersack verhindert ein etwaiges Vermischen der verschiedenen Flüssigkeiten. Die Form des unteren Theiles des Stiftes (Schnitt III) ist deshalb gewählt, damit die dort eingeschlossene Flüssigkeit schneller die Temperatur des Rohres r annimmt. Beim Füllen des Thermometers müssen alle Bestandtheile desselben eine bestimmte Temperatur haben, wenn die Angaben des Manometers, welches mit einer entsprechenden Temperaturskala versehen ist, richtig sein sollen. Zur Bestimmung des Schmelzpunktes von Fetten verwendet C. Reinhardt (Zeitschrift für analytische Chemie, 1885 * S. 17) ein mit einer Gradtheilung versehenes Trichterrohr a (Fig. 17 Taf. 15) in einem mit Gummistopfen verschlossenen Stehcylinder b. Die zur Capillare ausgezogene Glasröhre d enthält eine etwa 20mm hohe Fettschicht. Man bringt vorerst durch Einblasen von Luft durch den Hahn c das Wasser im Trichterrohre a zum Steigen. Den Hahn c, welcher nunmehr verschlossen wird, verbindet man mit dem Capillarrohre d mittels eines Gummischlauches. Sodann öffnet man den Hahn c, liest die Höhen h und x1 ab, während der Höhenunterschied y gemessen wird. Es wird jetzt wie gewöhnlich das Becherglas langsam erwärmt bis zur eintretenden Schmelzung des Fettes, welch letzteres als Cylinderchen aus dem Capillarrohre herausgepreſst wird. In diesem Augenblicke wird die Temperatur abgelesen. Das im Druckrohre a befindliche Wasser fällt bis nach h1, steigt indessen im Stehcylinder um die Höhe x2. Der Wasserdruck p, unter welchem das Fett herausgepreſst wurde, ist somit: p = h – (x1 + x2 + y) oder p = h – h1. Je höher der Druck p gewählt wird, desto niedriger fällt die Schmelzpunktbestimmung aus. Auch hat die lichte Weite des das Fett enthaltenden Röhrchens d Einfluſs. Es betrug z.B. bei Paraffin bei Anwendung eines 4mm weiten Röhrchens und bei einem Wasserdrucke von 11 bis 13cm der Schmelzpunkt 52°, bei Anwendung eines Capillarröhrchens und bei demselben Wasserdrucke aber 54° und 55°. Man verwende zweckmäſsig stets ein und dasselbe Becherglas und fülle dasselbe immer mit der gleichen Menge Wasser, was durch Anbringen einer Marke am Glase leicht erreicht werden kann. Das Quecksilbergefäſs des in Zehntelgrad getheilten Thermometers e und das im Röhrchen befindliche Fett soll immer möglichst gleich weit vom Boden des Becherglases entfernt sein. Die Fettschicht soll die Höhe des Quecksilbergefäſses nicht übersteigen; für längere Fettschichten empfiehlt sich daher eine Ausdehnung der Schicht in wagerechter Richtung, durch kreisförmige Biegung des das Fett enthaltenden Röhrchens. Die Glaswandung des Fettröhrchens und diejenige des Thermometergefäſses soll zweckmäſsig gleiche Stärke besitzen. Das allmähliche Erwärmen des Becherglases geschieht am besten auf einer Asbestplatte. Capillar- oder 4mm-Röhrchen müssen nach der Füllung 1 bis 2 Tage lang liegen bleiben, ehe die Schmelzpunktbestimmung vorgenommen werden kann, sonst erhält man zu niedrige Angaben. Das zu prüfende Fett filtrirt man durch ein trocknes Filter, am besten im Luftbade, in ein kleines Becherglas, ohne jedoch den verbleibenden Rückstand mit auf das Filter zu bringen. In einem kleinen Becherglase wird das filtrirte Fett erforderlichen Falles geschmolzen, so daſs eine Fetthöhe von 10 bis 15mm erhalten wird. In das geschmolzene Fett taucht man das 4mm weite Röhrchen ein, hält sodann letzteres oben mittels des Zeigefingers zu, hebt das Röhrchen heraus, taucht die untere Fläche desselben in kaltes Wasser, wartet einen Augenblick, läſst nun den Finger los und stellt zum völligen Erstarren hin. Für Schmelzpunktbestimmungen empfiehlt G. Olberg im Repertorium für analytische Chemie, 1886 * S. 94 ein Oelbad, in welchem ein gleichmäſsiger Kreislauf des Oeles ohne den ermüdenden und die Genauigkeit der Bestimmung beeinflussenden Gebrauch des Rührers stattfindet. Das 15cm lange Rohr A (Fig. 16 Taf. 15) ist unten mit dem Rohre B mittels einer engen Röhre D verbunden, oben durch die weitere Röhre C. Man füllt den Apparat so weit mit Oel, daſs dieses beim Erhitzen den oberen Rand der Verbindungsröhre C nicht ganz erreichen kann. Erhitzt man nun das Oel in A, so wird ein Kreislauf des Oeles in der Pfeilrichtung stattfinden. Zur Schmelzpunktbestimmung fügt man in das nach oben verlängerte Ende von B einen doppelt durchbohrten Kork ein, welcher Thermometer t und Schmelzröhrchen s trägt. Die Verlängerung von B um einige Centimeter ist nöthig, da der Kork einige Grad des Thermometers verdeckt, welche man dadurch sichtbar machen kann, daſs man den Kork verschiebt, während das Thermometer bis zur bestimmten Tiefe eingetaucht bleibt. Es ist von Vortheil, Thermometer und Schmelzröhre möglichst tief in den Apparat einzuführen, da sich der Temperaturwechsel immer ruhiger vollzieht, je mehr man sich von der Oberfläche entfernt. Auſserdem stellt man Thermometer und Schmelzröhrchen praktisch so, daſs die Ebene beider zur Richtung der Röhre C senkrecht steht, weshalb man den Apparat so aufstellt, daſs von A und B der Cylinder B dem Beobachter am nächsten steht. Um Thermometer und Schmelzröhrchen dem Einflüsse der kühleren Glaswände möglichst zu entziehen, bläst man an der Stelle, wo die Kugel des Thermometers sich befindet, B etwas weiter. Zur Bestimmung der Kohlensäure in Saturationsgasen will G. Burkhard (Neue Zeitschrift für Rübenzuckerindustrie, 1886 Bd. 16 * S. 115) die Messung des Gases vor und nach der Behandlung mit Kalilauge in zwei gesonderten Meſsröhren vornehmen. Die Entfernung der Kohlensäure durch Kalilauge erfolgt in einem zwischen beide Rohre eingeschalteten Gefäſse, in welchem das aus dem ersten Rohre verdrängte Gas von Kohlensäure befreit in das zweite Meſsrohr gelangt. Der in Fig. 18 Taf. 15 dargestellte Apparat besteht aus zwei getheilten Röhren A und B und dem zwischen beide eingeschalteten Absorptionsrohre C. Die Vollpipette A trägt ober- und unterhalb des Körpers eine Marke und dient zum Abmessen des zu untersuchenden Gasvolumens. Der linke Schenkel des Rohres B faſst zwischen den Marken 0 und 100 genau so viel Gas wie A zwischen seinen beiden Marken. Unterhalb des Glashahnes h ist seitlich eine Röhre angeschmolzen, welche B mit dem Absorptionsrohre C verbindet. An die Pipette A ist über der oberen Marke ein enges T-Stück angeschmolzen, dessen Schenkel die Glashähne a und c tragen; ersterer vermittelt die Zuführung bezieh. den Abschluſs des zu untersuchenden Gases; Hahn c stellt Abschluſs und Verbindung von A mit dem Absorptionsgefäſse C her. Beide Meſsröhren münden nach unten mittels Gummischläuchen, welche mit Quetschhähnen q1 und q2 versehen sind, bis auf den Boden einer dreifach tubulirten Flasche D. Die Flasche enthält Wasser, welches mit Kohlensäure gesättigt ist und als Sperrflüssigkeit für die Meſsröhren A und B dient. Das Absorptionsrohr C ist mit kleinen Bimssteinstücken oder Glaskugeln angefüllt. Am Boden steht C durch ein engeres Glasrohr mit Gummischlauch und Quetschhahn q3 mit einer zweifach tubulirten Flasche E luftdicht in Verbindung, welche Kalilauge enthält; der andere Tubus der Flasche E und der dritte der Flasche D sind mittels Gummistopfen und Winkelröhren mit den beiden Schenkeln des bekannten, aus Kautschuk hergestellten Druckballens K verbunden. Durch Oeffnen der Quetschhähne und Drücken auf K, während man dessen kleine Oeffnung mit dem Daumen verschliefst, kann man leicht in die Rohre A und B Wasser aus D und ins Rohr C Kalilauge aus E bis zu jeder beliebigen Höhe hinübertreiben. Vor jeder Gasuntersuchung wird nun durch diese Vorrichtung Kalilauge in C bis nahe zum oberen Rande hinaufgedrückt, so daſs sämmtlicher Bimsstein mit derselben befeuchtet wird, und der Ueberschuſs der Lauge wieder nach E abgelassen. Man hat hierdurch eine groſse, mit Kalilauge bedeckte Oberfläche erzeugt, welche Kohlensäure sehr rasch absorbirt. Die Ausführung einer Bestimmung der in einem Gase enthaltenen Kohlensäure geschieht nun in folgender Weise: Bei offenen Hähnen füllt man die Meſsröhren B und A nach einander durch Drücken auf K und Oeffnen der Quetschhähne q2 bezieh. q1 mit Wasser an und zwar derart, daſs man zuerst B bis genau zur 100-Marke einstellt, in A aber dann das Wasser bis in die Hähne a und c hineintreibt und in dem Augenblicke, wo das Wasser c trifft, q1 und hierauf c schlieſst, während Hahn a offen bleibt. Zugleich ist hierdurch auch der Rohransatz bei a vollständig mit Wasser gefüllt worden. Indem die Glashähne in dieser Stellung verbleiben, d.h. indem a und h offen, c geschlossen ist, wird nun durch Oeffnen von q3 und Drücken auf K Kalilauge in C bis nahe zum oberen Rande hineingetrieben und dann wieder abgelassen, wodurch der in C enthaltene Bimsstein mit Lauge vollständig durchtränkt zurückbleibt. Man läſst nun das zu prüfende Gas wenige Augenblicke aus dem Zuleitungsschlauche frei ausströmen, verbindet denselben hierauf mit dem Glasstutzen bei a, öffnet q1 und läſst das Gas, welches das Wasser aus A vor sich her treibt, bis unterhalb der kleinen Kugel von A dringen. Man schlieſst hierauf q1 und dann a und stellt das Wasser mit Hilfe von K genau auf die untere Marke von A ein. Durch den in der Gaszuleitung vorhandenen Druck und durch das Hinaufdrücken des Wassers bis zur unteren Marke von A ist ein gewisser Ueberschuſs von Gas in A hervorgerufen worden. Derselbe wird durch Oeffnen des Hahnes c entfernt und dient zu gleicher Zeit dazu, das enge Glasrohr zwischen c und C gleichfalls mit dem zu untersuchenden Gasgemische anzufüllen. Dieser Zweck wird noch dadurch um so vollkommener erreicht, als das Gasgemisch die kurze Wassersäule, welche sich noch vor C im T-Stück befand, vor sich her treibt, somit sich also nicht mit der in dem Glasröhre hinter c befindlichen Luft vermischen kann. Indem Hahn c offen bleibt, schlieſst man nun auch h und drückt langsam mit Hilfe von K bei geöffnetem Quetschhahne q1 Wasser in A hinein; das eindringende Wasser treibt das entsprechende Volumen Gas vor sich her nach C hinüber, während das Wasser im rechten Schenkel von B steigt und sein Ueberschuſs in kurzen Zwischenräumen durch q2 abgelassen wird. Man läſst das Wasser in A genau bis zur oberen Marke steigen und schlieſst dann q1. Durch vorsichtiges Oeffnen von q2 stellt man nun die beiden Schenkelrohre von B langsam zu gleicher Höhe ein und schlieſst c. Hierdurch hat man genau 50cc Gas in C hineingetrieben, wo dasselbe von Kohlensäure befreit und sein Volumen entsprechend verringert wird. Nach einigen Minuten beobachtet man nochmals den Wasserstand in den beiden Schenkeln von B, regelt nöthigen Falles durch Hinaufdrücken von Wasser in das Druckrohr und liest nun an der procentischen Theilung des linken Schenkels die Volumen-Procent Kohlensäure ab, welche das Gasgemisch enthielt. Zur Herstellung von Zirkonlicht verwendet E. Linnemann (Monatshefte für Chemie, 1885 * S. 899) ein Leuchtgas-Sauerstoffgebläse. Nebenstehend ist die Lampe sammt Zirkonblättchen z in ⅕ n. Gr. abgebildet. Fig. 19 Taf. 15 zeigt vergröſsert die eigentliche Brenndüse, welche im Inneren oben kegelförmig, aber mit cylindrischer Bohrung ausläuft. Das Gras tritt durch Rohr g, Sauerstoff durch Rohr s ein. Die Zuführungsröhre für Sauerstoff ist am oberen Ende cylindrisch, die Ausfluſsöffnung des Gases genau anfüllend und starkwandig mit kaum nadeldicker Ausfluſsöffnung. Das untere Ende der Röhre ist eine gasdichte Schraube, welche mittels des rändrirten Kopfes k genau gegen die Ausfluſsöffnung des Gases gestellt werden kann, wodurch zugleich eine Regelung des Leuchtgasausflusses für verschiedene Druckverhältnisse und die eigentliche Formung der Flamme bewirkt wird. Die Zuführungsröhre d1 für Sauerstoff trägt etwas unterhalb ihres oberen Endes eine in den dort noch cylindrischen Theil der Brennerdüse D passende Erweiterung, welche mit 6 kleinen Längsrinnen und 3 Querrinnen versehen ist. Diese Vorrichtung hat den Zweck, das seitlich einströmende Gas vollständig gleichmäſsig zu vertheilen und im ganzen Querschnitte der Ausfluſsöffnung unter gleichmäſsigem Drucke austreten zu lassen. Textabbildung Bd. 260, S. 219 Der Sauerstoff tritt aus dem Rohre s mit Hilfe einer Aussparung in der Schraube d durch 4 feine Oeffnungen in das Innere der Röhre d1. Da es zur richtigen Formung der Flamme nothwendig ist, daſs der Sauerstoff an seiner Ausfluſsöffnung sogleich mit dem gehörigen Ueberdrucke austritt, so ist es wünschenswerth, unmittelbar vor dem starren Zuführungsrohre der Lampe ein kurzes Stück starkwandigen Kautschukschlauches mit Niederschraubklemmen anzubringen, da durch kurzes Zusammendrücken desselben und plötzliches Auslassen das gewünschte Ziel leicht und sicher erreicht wird. Fig. 21 Taf. 15 zeigt die richtig geformte und ganz lautlos brennende kleinere Flamme mit der etwa 1cm vor der Brennerdüse D liegenden, stark weiſsblau leuchtenden, heiſsesten Stelle 3 der Flamme. Der Saum 1 ist wie der entsprechende Theil der Bunsenflamme dunkel, der Saum 2 kaum sichtbar blau, der Saum 4 etwas kräftiger blau und der innere Theil 5, die Verlängerung des brennenden Sauerstoffstromes, deutlich weiſslich blau gefärbt. In dieser Flamme zeigt nur der sehr kleine heiſseste Theil 3 ein schön entwickeltes Kohlenstoffspectrum; die übrigen Theile der Flamme senden kein merkbares Licht in den Spectralapparat. Fig. 20 Taf. 15 zeigt die Flamme in der Form, welche den jetzt gebräuchlichen Knallgaslampen entspricht, wobei der Sauerstoffstrom schon innerhalb der Düse zu brennen anfängt und die Düse D sehr heiſs wird, wie bei einem zurückgeschlagenen Bunsenbrenner. Die Wärmewirkung dieser Flamme, welche sich stets bildet, wenn der Sauerstoff nicht den nöthigen Ueberdruck zeigt, ist ganz unvergleichlich geringer. Ebenso leicht läſst sich mit dieser Lampe eine vollkommen geräuschlos abbrennende Wasserstoff-Sauerstoffflamme (Knallgasflamme) erzeugen, bei welcher der Sauerstoffstrom erst auſserhalb der Düse zu brennen anfängt und die Düse nicht merkbar heiſs wird. Beim Einführen einer Sodaperle in den heiſsesten Theil 3 (Fig. 21) der Leuchtgas-Sauerstoffflamme entsteht ein so kräftiges Licht, daſs man den Glanz desselben mit freiem Auge nicht zu ertragen vermag. Die so erzeugten Spectren der Alkalimetalle sind von wundervoller Reinheit und vollständig entwickelt, d.h. es treten in denselben wie bei der Hitze des elektrischen Flammenbogens alle Linien auf, welche diese Metalle überhaupt entwickeln können. Die Leuchtgas-Sauerstoffflamme selbst zeigt, wie schon erwähnt, nur im heiſsesten Theile, auf der stark weiſsblau leuchtenden kurzen Stelle 3, ein selbstständiges Spectrum. Da sich nun in demselben Theile der Flamme die weiſsglühende Perle der geschmolzenen Verbindung befindet, so muſs dieser Theil der Flamme ohnedies abgeblendet werden, was am besten durch die mittels einer Linse zu bewirkende zweckentsprechende Projection des Flammenbildes auf den Spalt bewirkt werden kann. Durch diese Umstände erklärt sich die vollkommene Reinheit dieser Spectren und der Ausschluſs von störenden Nebenspectren. Das Bild dieser Spectren ist das Schönste unter allen erzeugbaren Spectren. Auf ganz dunklem Grunde zeigt so das Lithium vier Linien, das Natrium, welches nur in der Umgebung der glänzend leuchtenden Verbreiterungen der umgekehrten D-Linien hellen Hintergrund zeigt, ergibt 5 Doppellinien, das Kaliumspectrum 27 deutliche Linien. Die Lampe eignet sich auch vortrefflich zur Erzeugung eines sehr starken Kalklichtes, zumal wenn man die Flamme so richtet, daſs der weiſsblau leuchtende heiſseste Theil 3 gerade die Kalkoberfläche berührt. Das entwickelte Licht ist auſserordentlich stark und für kurze Zeit auffallend ruhig, nimmt aber bald ab, weil die auſserordentlich concentrirte Hitze der Flamme den Kalk schmilzt. Da Magnesia noch leichter in der Hitze dieser Flamme schmilzt als Kalk, so wurde Zirkonerde versucht. Die Schwierigkeit, Zirkonerde in dichten Stücken zu erhalten, beruht darauf, daſs die Erde für sich eine amorphe, absolut unschmelzbare, pulverförmige Masse darstellt und daſs deren Verbindungen, an der Luft geglüht, ausnahmlos, ohne zu schmelzen oder zu sintern, unter Zersetzung pulverförmige Erde als Rückstand lassen. Die zahlreichen Versuche, welche zur Herstellung fester Massen von Zirkonerde unternommen wurden, ergaben zunächst, daſs jeder als Fluſsmittel gedachte Zusatz zur Zirkonerde die Schwierigkeit nur erhöht und daſs man nur zum Ziele gelangt, wenn man ganz chemisch reine Zirkonerde, namentlich frei von Alkalien und alkalischen Erden, verwendet. Zur Erzeugung von Zirkonlicht benutzt E. Linnemann die Zirkonerde in Form von Scheiben, welche 15mm im Durchmesser und 4mm Dicke besitzen und in einen kleinen Teller von nicht zu dünnem Platinblech gefaſst sind, der seinerseits einen Platindraht trägt, um das Ganze zweckentsprechend an der Lampe befestigen zu können, wie die Textfigur ersehen läſst. Zunächst wird reines Zirkonchlorid in nicht zu groſser Menge in bedecktem Porzellantiegel im Gasofen anhaltend erhitzt, wobei schneeweiſse Zirkonerde zurückbleibt. Diese wird im Achatmörser zum feinsten Pulver zerrieben und in einer zur Erzeugung von etwa 3 bis 4mm dicken Blättchen erforderlichen Menge in einen Stahlmörser von etwa 15mm Durchmesser, wie solche zum Zerkleinern von Mineralien im Gebrauche sind, eingeschüttet. Das durch Klopfen gleichmäſsig ausgebreitete Pulver wird mit Hilfe des Stahlstempels erst sachte mit der Hand, dann möglichst fest zusammengepreſst, worauf die Scheibchen durch ruhigen Schraubendruck aus der Stanze herausgedrückt werden. Die so gewonnenen Scheibchen sind so weit haltbar, daſs sie sich vorsichtig anfassen lassen, ohne zu brechen. Ihre weitere Haltbarkeit und Härtung erhalten die Zirkonerdeblättchen durch bloſses anhaltendes, allmählich immer heftigeres Erhitzen, zuletzt im Knallgasgebläse. Hierbei findet ein theilweises Sintern unter Volumenverminderung statt, wobei die Blättchen in Folge ungleichmäſsigen Schwindens häufig in mehrere Stücke zerspringen. Eine Vorrichtung, welche eine gleichmäſsigere Erhitzung im Knallgasgebläse zulieſse, würde dieses Springen wohl vermeiden lassen. Gesprungene Scheibchen werden aufs Neue im Achatmörser aufs Feinste gepulvert, gepreſst und erhitzt. Die Scheibchen springen jetzt schon viel seltener und meist nur in zwei Stücke. Bei neuerlicher Formung bleibt nun das Scheibchen entweder ganz oder, wenn Sprünge entstehen, setzen sie nicht mehr durch. Das Ausglühen des Zirkonerdeblättchens im Knallgasgebläse kann nur auf Platinunterlage bewirkt werden, da dünne Lagen von Zirkonerde auf Thon z.B. wie Wachs durchschmelzen. Ein im Feuer ganz gebliebenes Zirkonerdescheibchen ist hinreichend hart, um in den kleinen Platinteller gefaſst werden zu können. Von unverwüstlicher Dauer sind die so gewonnenen Zirkonerdeblättchen allerdings auch nicht; sie blättern im Gebrauche allmählich von der Oberfläche ab, zumal bei zu raschem Anheizen; allein man kann ein und dasselbe Blättchen doch viele Hundert mal gebrauchen, bevor eine so groſse Unebenheit der Oberfläche entsteht, daſs eine Neuformung der Scheibe nothwendig würde. Benutzt man die vollkommen lautlos, ganz ruhig und stetig brennende Flamme des Leuchtgas-Sauerstoffgebläses, so hat man das Zirkonerdeblättchen so zu richten, daſs der blaue Punkt 3 der Flamme gerade die Oberfläche der Zirkonerde berührt. Obgleich fast das ganze Scheibchen weiſsglühend wird, ist es doch nur eine kaum 5mm Durchmesser zeigende kreisrunde Fläche, welche den höchsten Grad der Weiſsglut erreicht, woraus bei dem erzielten bedeutenden Lichte eine auſserordentlich hohe Lichtstärke der Flächeneinheit folgt. Entsprechend dieser groſsen Concentration des Lichtes erhält man auch sehr scharf begrenzte Schatten. Das von dem glühenden Zirkonerdeblättchen ausgehende sehr concentrirte, vollkommen ruhige und stetige Licht ist rein weiſs. Bei spectraler Zerlegung gibt es ein continuirliches Spectrum, welches die Frauenhoffer'schen Linien A bis H umfaſst und keine Spur einer hellen Spectrallinie aufweist, wie etwa das Kalklicht, welches neben der Natriumlinie die rothen und grünen Kalkbänder zeigt. Dieser Umstand läſst das Zirkonlicht als einen werthvollen Ersatz für Sonnenlicht erscheinen und es ist deshalb für eine Reihe von Versuchen dem elektrischen Lichte vorzuziehen. Ein weiterer Vortheil ergibt sich daraus, daſs die glühende Zirkonerde, wahrscheinlich im Zusammenhange mit der erzeugten groſsen Lichtmenge, ganz auffallend wenig Wärme ausstrahlt, so daſs die Lichtquelle den zu beleuchtenden Gegenständen sehr nahe gebracht werden kann. Bei bezüglichen Versuchen betrug der Gasdruck im Mittel 6cm Wassersäule, der Druck des Sauerstoffes im Mittel das 15 fache davon. Die beobachteten Lichtstärken reichten je nach dem Verbrauche an Sauerstoff und Gas von 60 bis 280 Kerzen. Hierbei verlangten im Mittel vieler Versuche etwa 60 Kerzen stündlich 24l Leuchtgas und 15l Sauerstoffgas, 120 Kerzen 37l Leuchtgas und 26l Sauerstoffgas, 200 Kerzen 48l Leuchtgas und 44l Sauerstoff. Hierbei ist zu bemerken, daſs Lichtstärken von 60 bis 120 Kerzen noch mit der vollkommen geräuschlos abbrennenden Flamme erzeugt werden, während höhere Lichtstärken nur mit bereits pfeifender Flamme entstehen. Das Dispersionspolarimeter von J. Seyffart in Berlin (* D. R. P. Nr. 34339 vom 28. Juli 1885) ist mit Einstellung auf nur eine bestimmte Wellenlänge des Lichtes zum Gebrauche in Zuckerfabriken, mit beliebiger Einstellung auf irgend welche gewünschte Wellenlänge des Lichtes zum Gebrauche in wissenschaftlichen Laboratorien bestimmt. Der Lichterzeuger A (Fig. 14 Taf. 15) ist entweder mit Vorrichtungen für Drummond's Kreidelicht oder mit Erdölbrennern versehen. Der Spectralapparat B dient zur Zerlegung des Lichtes in parallelschichtige monochromatische Farben. Der eigentliche Polarisationsapparat D besteht aus zwei Nicol'schen Prismen N1 und N2, welche den Lichtstrahl in zwei polarisirte Strahlen zerlegen, wovon der eine seitlich vernichtet wird, während nur der andere das Prisma durchsetzt. Eines der beiden Prismen ist um meſsbare Winkel drehbar. Zwischen diese beiden Prismen kommt die zu untersuchende Probe. Das Eigenthümliche des Apparates besteht in der Einschaltung einer verstellbaren Wand mit feinem Spalte S im beiderseitigen Brennpunkte des Okulares O und der zweiten Objectivlinse L2 des Fernrohres vom Spectralapparate, in systematischer Verbindung mit zwei Cylinder linsen, wovon die erste C1 vor, der Strahlrichtung nach hinter dem obengenannten Okular, mit ihrer Achse in gekreuzter Stellung zu dem Spalte S sich befindet und achsial, im Kreise sowie wagerecht verstellt werden kann, während die zweite Cylinderlinse C2 zwischen dem zweiten Nicol'schen Prisma N2 und der Probelösung, wagerecht und im Kreise verschiebbar, angebracht ist. Die Cylinderlinse C1 kann jedoch auch hinter dem Nicol N1 und die Cylinderlinse C2 hinter dem Nicol N2 befestigt werden. Auch lassen sich die Cylinderlinsen durch schwach elliptische Linsen ersetzen. Wesentlich ist ferner ein verschiebbarer, einfacher oder doppelter Plan- oder Winkelspiegel L, mit welchem man das aus dem Spectralapparate austretende Lichtbündel nach einem seitlich angebrachten zweiten Spectralapparate oder Spectroskope G und G1 hinablenken und aus der Spectrallinie das monochromatische Lichtbündel auf seine mittlere Wellenlänge genau prüfen kann. Während dieser Prüfung kann der Winkelspiegel hin und her bewegt werden mittels des Ständerschlittens F oder einer mit dem Spectroskope G1 verbundenen einfachen Handhabe F1, welche auch den Spiegel tragen kann. In Fig. 14 findet sich auf der einen Seite des Polarimeters eine Anordnung mit verschiebbarem Ständerschlitten F und Spectralapparat, auf der anderen Seite eine solche mit einfachem Planspiegel, Spectroskop à vision directe und Handhabe F1 angegeben. Für den Gebrauch in Fabrikslaboratorien ist das Prisma des groſsen Spectralapparates B parallel zu seiner Brechungskante etwas dreh- und genau einstellbar. In der Zeichnung ist der drehbare Teller, welcher das dreikantige Prismatischchen mit dem Prisma trägt, in fester Verbindung gedacht mit der die Trägersäule des Spectralapparates durchdringenden Achse, welche an ihrem unteren Ende einen Hebel H1 trägt, der durch die Triebstangen H2 und Schraube H3 bewegt und ausgeschaltet werden kann. Für den wissenschaftlichen Gebrauch läſst sich das Prisma um genau meſsbare, an dem Nonius H4 abzulesende Winkel einstellen. Für beide Gebrauchsweisen kann der groſse Spectralapparat statt mit einem einfachen Prisma mit einem Systeme zusammengehöriger Prismen à vision directe versehen sein. Der Polarisationsapparat 2), obwohl unabhängig vom Spectralapparate aufgestellt, kann dadurch, daſs er auf einer bis unter den letzteren untergreifenden Schiene M1 steht, die ihrerseits auf einer das gesammte Dispersionspolarimeter tragenden Grundplatte W entweder unmittelbar gleitet oder auf Zwischenröllchen sich fortbewegt, um ein Weniges um die ideelle Drehungsachse vom Prisma des Spectralapparates bewegt und genau eingestellt werden, wie bei J erkennbar ist. Es kann auch die Lichtquelle des Skioptikons A um eben dieselbe Achse bewegt und regulirt werden, entweder unmittelbar am Skioptikon selbst, oder durch Verlängerungsspindeln nach dem Beobachter hin zur bequemen Einstellung während der Beobachtung. In Fig. 14 ist eine bezügliche Einrichtung mit verkuppelten Drehspindeln K1, Bewegungsschraube, Zahnrädchen, Schraubenspindel und Schraubenmutter, welche durch ein bewegliches Glied n die Unterlagsschiene M2 für das Skioptikon hin und her schiebt, sobald die Drehspindeln durch den Knopf K bewegt werden. Durch diese eigenthümliche Zusammenstellung erhält man bei gekreuzter Nicol-Stellung ein scharfes, auf eine bestimmte Wellenlänge einstellbares Lichtbild in Form eines schmalen wagerechten Bandes mit schwarzen senkrechten Mittelstreifen. Die Bestimmung der Drehung der Polarisationsebene für jede beliebige Farbe bestimmter Wellenlänge ist sehr genau. Für Licht der D- bezieh. F-Linie beträgt der Beobachtungsfehler am Dispersionspolarimeter nur 0,004 bis 0,015°.

Tafeln

Tafel Tafel 15
Tafel 15