Titel: C. A. Parsons' Dampfturbine.
Fundstelle: Band 260, Jahrgang 1886, S. 294
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C. A. Parsons' Dampfturbine. Mit Abbildungen auf Tafel 20. C. Parsons' Dampfturbine. Unter den zahlreichen neueren schnell laufenden Motoren zum Betriebe von Dynamomaschinen für elektrische Beleuchtungsanlagen u. dgl. verdient die von C. A. Parsons in Gateshead-on-Tyne (* D. R. P. Kl. 14 Nr. 33066 vom 7. November 1884) angegebene Dampfturbine (vgl. A. Winkler 1885 258 * 243) besondere Beachtung, einestheils durch die erreichbaren hohen Umlaufszahlen, anderentheils als die erste bedeutendere und sich lebensfähig erweisende praktische Ausführung eines vielfach versuchten Arbeitverfahrens. Auf der Erfindungsausstellung in London 1885 hatte die diese Dampfturbine ausführende Firma Clarke, Chapman und Comp. in Gateshead-on-Tyne zwei solche Betriebsmaschinen vorgeführt, deren Achsen unmittelbar an die Ankerwelle der Dynamomaschinen gekuppelt waren. Diese Dampfturbinen wurden mit ihren zwei Dynamomaschinen Clarke-Chapman'schen Systemes auf einer gemeinschaftlichen Grundplatte angeordnet, wie dies aus Fig. 1 und 2 Taf. 20 zu entnehmen ist.Die in London ausgestellte Anlage diente zur Beleuchtung von Wirthschaftsräumen. Die Dynamomaschinen speisten 28 Gérard'sche Glühlampen mit je 40 Normalkerzen Leuchtkraft von Gérard und Comp. in London, Haton Garden, bezieh. 50 Shippey'sche Glühlampen mit je 16 Kerzen Leuchtkraft von Shippey Brothers in London, Cheapside, wobei die Lampen in Zweigströmen geschaltet waren. Die Dampfturbinen, deren Geschwindigkeit bis zu 12000 Umdrehungen in der Minute gesteigert werden konnte, kommen in dieser festen Anordnung mit den Dynamomaschinen besonders für die elektrische Schiffsbeleuchtung in Betracht, da ihr Gang und ihre Regulirung vollkommen unabhängig von den Schiffsbewegungen auf hoher See, bei Sturm u. dgl. ist und der Platzbedarf gering genannt werden muſs. Als ein Hauptgrund der praktischen Unbrauchbarkeit von Dampfturbinen mit in der Achsenrichtung der Schaufelräder wirkendem Dampfdrucke kann angesehen werden, daſs der dabei entstehende hohe achsiale Druck ebenso wohl eine rasche Abnutzung und dadurch ein schlechtes Dichthalten der Lager, als auch durch die dabei auftretende ungenaue Stellung der Schaufelräder zu einander eine Ungleichmäſsigkeit des Ganges bedingt. Parsons hat durch die übereinstimmende Anordnung der Schaufelräder vom Dampfeintritte aus nach beiden Seiten erreicht, daſs sich der hohe Achsendruck ausgleicht; dadurch wurde es möglich, die groſse Umlaufsgeschwindigkeit zu erzielen. Von wesentlicher Beihilfe ist jedoch auch eine den Stöſsen und Ungleichmäſsigkeiten nachgebende Lagerung (vgl. 1886 259 * 157), wie auch die besonderen Regulirungseinrichtungen (vgl. * D. R. P. Kl. 21 Nr. 34230 vom 29. November 1884), durch welche die Geschwindigkeit von der Stärke des magnetischen Feldes der Dynamomaschine aus geregelt wird. Zur Verdeutlichung der inneren Einrichtung ist in Fig. 3 Taf. 20 die eigentliche Turbine mit abgenommenem Gehäusedeckel dargestellt. Das mehrfache Triebrad besteht aus einem vollen Cylinder a mit angesetzten Zapfen s, welche letztere durch Stopfbüchsen in den Stirnwänden des Gehäuses nach auſsen treten und in den nachgiebigen Lagern d (Fig. 1 und 2) ruhen. Auf den Cylinder a sind die Schaufelringe b bis zur Mitte aufgeschoben, wo der Cylinder a einen vorstehenden Bund s1 besitzt; den Ringen b mit äuſseren Schaufeln entsprechen gleiche Ringe b1 mit inneren Schaufeln, welche in dem den Cylinder einhüllenden Gehäuse fest angebracht sind. Die Befestigung der Triebschaufelringe b, wie auch der Leitschaufelringe b1 erfolgt auf dem Cylinder a bezieh. im Gehäuse mittels Keilen. Die Schaufelringe b auf beiden Seiten des Cylinders a werden durch die letzten Ringe b2 und besondere an den Stopfbüchsen y anlaufende aufgeschraubte Ringe gehalten. Um den Bundring s1 ist der Dampfeinströmkanal g angeordnet, aus welchem der Dampf nach beiden Seiten gegen die Schaufelringe des Cylinders a tritt. Die Schaufeln der Ringe b und b1 stehen entsprechend rechts und links schräg gegen einander und die von den Schaufeln dem Dampfe gebotene Druckfläche nimmt auf den Ringen von der Mitte nach den Stirnwänden hin immer zu, entsprechend dem sich durch die Expansion vermindernden Dampfdrucke. An den Stirnwänden befinden sich die Kammern h, welche den Abdampf aufnehmen und denselben durch Kanäle in das Rohr h1 und nach dem für die beiden Motoren in Fig. 2 gemeinschaftlichen Abblaserohre F leiten. Die Abdichtung der Zapfen s in den Stirnwänden wird durch die sehr genau schlieſsenden Ringe y und y1 bewirkt. Sollte doch noch im Falle von Undichtheiten Dampf durch diese Stopfbüchsen ausströmen, so wird derselbe in den Ringkammern o aufgefangen und nach der in der Mitte auf dem Gehäuse angebrachten Kammer q1 (Fig. 4 Taf. 20) geleitet; ein in dieser Kammer befindliches kleines Dampfstrahlgebläse p saugt den Dampf an und führt denselben beständig in das Rohr q ab. Die Spindeln der Dampfeinlaſsventile E (Fig. 1 und 2) der beiden Motoren stehen jede für sich durch die Zugstangen o1 mit den Rückenplatten der elastischen Gehäuse t (Fig. 5 Taf. 20) in Verbindung. Die Feder f strebt bei denselben, das Einlaſsventil offen zu halten, und der Feder wirkt eine in dem Gehäuse t erzeugte Luftverdünnung, wodurch das Gehäuse von der äuſseren Luft zusammengedrückt wird, entgegen. Das Gehäuse t steht durch den Kanal e und das Rohr v mit dem auf den Elektromagnet m der Dynamomaschine angebrachten Regulator (vgl. Fig. 6 und 7 Taf. 20) in Verbindung. Bei diesem Regulator ist eine senkrechte, unter stellbarem Federdrucke stehende Spindel j vorhanden, welche den gekröpften Weicheisenstab i und einen Finger k trägt. Der Weicheisenstab wird durch die Anziehungskraft des Elektromagnetes m parallel zu dessen magnetischen Kraftlinien einzustellen versucht; bei der dadurch hervorgebrachten Drehung der Spindel j wird der Finger k so verstellt, daſs sein bogenförmiges Ende die Oeffnung des Rohres v entweder (bei richtigem Gange des Motors) offen läſst, oder (bei zu groſser Umlaufszahl und demnach gröſserer magnetischen Wirkung) theilweise oder ganz schlieſst. Das Rohr v steht durch die Kanäle e und d (Fig. 5) mit dem Gehäuse r eines Sauggebläses, welches auf dem Zapfen s sitzt und Luft aus dem Rohre r1 ansaugt, in Verbindung. Es wird folglich bei offenem Rohre v eine Beeinflussung des elastischen Gehäuses t durch das Sauggebläse nicht stattfinden; ist aber das Rohr v nahezu oder ganz geschlossen, so wird die Luft aus dem Gehäuse t angesaugt und dann durch die Stange o1 das Ventil E geschlossen. Bei zufälligen Störungen in dem äuſseren Stromkreise der Dynamomaschine oder sonstigem Versagen des beschriebenen Regulators tritt bei einer gröſseren Geschwindigkeitsveränderung des Motors eine zweite Vorrichtung in Kraft, Wie aus Fig. 5 ersichtlich, ist der Kanal e bei richtigem Gange durch den Kolben x etwas versperrt; der Kolben x ist mit einem zweiten Kolben x1 von gröſserem Durchmesser, der im Cylinder y spielt, verbunden. Im Deckel des Cylinders y sind Oeffnungen z angebracht, so daſs auf den groſsen Kolben x1 von einer Seite die atmosphärische Luft drückt. Diesem Drucke entgegen wirkt eine Feder w. Der Cylinderraum hinter dem Kolben x1 steht durch einen Kanal c mit dem Kanäle e in Verbindung und zwar zwischen dem Sauggebläse r und dem Kolben x. Wenn nun die Wirkung des ersteren durch die erzielte Luftverdünnung den Druck der Feder w überwindet, so wird durch Verschiebung von x der Querschnitt von e mehr frei gelassen und die Luftverdünnung sich besser im Gehäuse t äuſsern, so daſs dessen Regulirungsthätigkeit eintritt. Zu erwähnen ist noch die gute Schmierung der Lager; dieselben sind vollständig mit Oel gefüllt, welches durch die eigenartige Lagereinrichtung einen Kreislauf ausführt. Die einzelnen Lager stehen unter einander, wie aus Fig. 1 und 2 zu ersehen ist, durch doppelte Rohrleitungen in Verbindung, so daſs sich die erzeugte Strömung des Oeles von einem zum anderen Lager fortpflanzt und ein beständiger Umlauf entsteht.

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