Titel: Wilh. Lorenz's Verfahren zur Herstellung von Metallpatronenhülsen grossen Kalibers.
Fundstelle: Band 260, Jahrgang 1886, S. 517
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Wilh. Lorenz's Verfahren zur Herstellung von Metallpatronenhülsen groſsen Kalibers. Patentklasse 49. Mit Abbildungen. W. Lorenz's Herstellung groſser Metallpatronenhülsen. Zur Herstellung leichter und dabei möglichst dauerhafter Metallpatronenhülsen für groſskalibrige Schuſswaffen hat Wilh. Lorenz in Karlsruhe (* D. R. P. Nr. 30275 vom 6. Mai 1884) ein Verfahren angegeben, nach welchem die Patronenhülsen mit nur dünnem Boden aus dicken Blechscheiben hergestellt werden, indem das Material durch wiederholtes Pressen von der Mitte des Bodens aus nach dem Rande desselben hin und in diesen hineingedrängt wird, um dasselbe von hier aus in die Hülsenwandung hinein zu bringen. (Vgl. 1885 257 * 225.) In eine dicke Metallscheibe wird zunächst das Hülsennäpfchen in gewöhnlicher Weise gepreſst und erfolgt dann die erste Pressung des Näpfchenbodens, wobei aus dem dicken Materiale heraus die Zündglocke für die Patronenhülse vorgebildet wird. Das in nächster Nähe dieser Zündglocke befindliche Metall wird bei dieser Pressung zum Theile radial von der Mitte des Näpfchenbodens aus weggedrängt. Diese Vorbildung der Zündglocke und das theilweise Wegdrängen des Materials aus der Mitte der zu pressenden dicken Scheibe kann auch schon vor der Bildung des Näpfchens geschehen. Bei den beiden hierauf folgenden erneuten Pressungen wird das Material immer mehr aus dem Boden nach dem Rande zu verdrängt, wodurch sich der Bodendurchmesser des Näpfchens vergröſsert und wulstförmig ausbaucht und die Bodenstärke vermindert. Von diesem Wulste am Bodenrande aus wird dann das Metall in den cylindrischen Theil der Hülse durch Ziehen übergeführt, so daſs dieser Theil nach und nach immer länger wird, bis er die gewünschte Gröſse erreicht hat. Am Umfange des Bodens der auf diese Weise genug lang hergestellten Hülse muſs dabei genügendes Material zur Bildung des Bodenrandes r der Hülse stehen gelassen werden, um dann diesen in gleicher Weise nach und nach herauspressen zu können. Es ist leicht einzusehen, daſs bei diesem Herausdrängen des überschüssigen Metalles aus der Bodenmitte durch mehrere Pressungen die körnige Structur des Metalles, allmählich strahlenförmig oder radial von der Mitte ausgehend, zu einer faserigen wird, welche durch die stets gleichartige Weiterverdrängung faserig in den Wulst oder den Uebergang des Bodens in den cylindrischen Theil übergeführt und von da weiter zum Mantel ausgestreckt wird. Durch diese Faserbildung wird keine Stelle des Materials übermäſsig angestrengt und ebenso wenig können schwache Stellen in der Nähe des Bodenrandes der Hülse, wie bei den vorhandenen Längsfasern Querrisse entstehen. Fig. 1., Bd. 260, S. 517 Bei dieser Herstellungsweise können Scheiben von beliebiger und passender Stärke verwendet werden, da diese Stärke doch auf die vorgeschriebene Bodendicke herabgedrückt werden muſs und das überschüssige Metall in den Hülsenmantel flieſst, der ebenfalls auf eine vorgeschriebene Wandstärke ausgezogen und auf eine bestimmte Länge abgeschnitten wird. Dieses Verfahren verlangt allerdings im Gegensatze zu dem bisher üblichen Verfahren bei der Herstellung von Hülsen mit dünnen Böden aus dünnem Blech ganz auſsergewöhnlich hohe Pressungen, um die dünnen Böden aus dem dicken Bleche zu bilden. Da aber möglichst leichte Hülsen auf diese Weise gewonnen werden können, so soll durch dieses Verfahren die Möglichkeit der Anwendung von Metallhülsen für Geschütze erreicht sein. Fig. 2–6., Bd. 260, S. 517Fig. 2 bis 6. Zur Erleichterung dieser schwierigen Patronenhülsenbildung hat Lorenz (* D. R. P. Nr. 31331 vom 24. September 1884) das beschriebene Verfahren dahin abgeändert, daſs derselbe die ursprünglich angegebene theilweise Verdrängung des Materials aus der Mitte nach dem Rande hin und die Vorbildung der Zündglocke in der vollen Platte nach und nach in der durch nebenstehende Figuren veranschaulichten Weise bewerkstelligt, wobei in die Platte bis oder nach der ersten oder einer der ersten Pressungen bezieh. Materialverdrängungen aus der Plattenmitte nach deren Rande hin eine ringförmige Rinne a eingepreſst wird, um die Näpfchenbildung zu erleichtern. Der Zeitpunkt des Einpressens dieser Rinne ist durch die Plattendicke und die herzustellende Hülsengröſse bedingt. Durch diese ringförmige Vertiefung wird auch schon an dem Rande der Platte Material zur Bildung der Hülsenwand nach dem oben beschriebenen Verfahren angesammelt, was unter Vereinfachung des Arbeitsprocesses eine Ersparniſs an Werkzeugen zum Ziehen der Hülsenwand zur Folge hat.