Titel: Das Erdöl von Baku; von C. Engler.
Autor: C. Engler
Fundstelle: Band 260, Jahrgang 1886, S. 525
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Das Erdöl von Baku; von C. Engler. (Mit Abbildungen. Schluſs der Abhandlung S. 481 d. Bd.) (Alle Rechte vorbehalten.) Engler, über das Erdöl von Baku. IV. Die Schmierölfabrikation.Vgl. auch Ljutyk 1884 253 * 460. Daſs die Rückstände der in Baku betriebenen Kerosindestillation ein zur Erzeugung von Schmierölen ganz besonders geeignetes Material darstellen, wurde bald nach Anlage der dortigen gröſseren Raffinerien erkannt. Es waren insbesondere V. J. Ragosine, Gebrüder Nobel, Mirzoëff, Schibajeff, Oelrich (mit Dr. M. Albrecht), Tagjeff und Sarkisoff, welche sich um die Entwicklung dieses Zweiges der Naphta-Industrie groſse Verdienste erworben haben. Die Rückstände zeigen 0,900 bis 0,910 sp. G., sind verhältniſsmäſsig noch dünnflüssig und, wenn sie auch gegenüber den amerikanischen Rückständen nur äuſserst geringe Mengen von Paraffin aufweisen, eine Gewinnung dieses letzteren sich deshalb auch entfernt nicht lohnen würde, so liefern sie bei der Destillation doch einen erheblichen Theil von Oelen, die vermöge ihrer hohen Zähflüssigkeit (Viscosität), ihrer Kältebeständigkeit und Feuersicherheit die zur Zeit zweifellos bestbekannten mineralischen Schmieröle abgeben. Nur die auf Tscheleken gefundene Naphta zeigt den verhältniſsmäſsig hohen Paraffingehalt bis zu 6 Proc., während nach Redwood der bis jetzt gefundene höchste Gehalt der Naphta von Baku 0,25 Proc. betrug. Unter der der Wirklichkeit jedenfalls nicht ferne kommenden Annahme einer mittleren Ausbeute von 56 Proc. Rückstand ergibt sich für die gesammte Erzeugung (16,4 Mill. MC. im J. 1885) an Rohnaphta ein Gesammtbetrag von rund 9,2 Mill. MC. Rückstände. Rechnet man von jenen 56 Proc. etwa 6 Proc., also rund 1 Mill. MC, ab für den Eigenbedarf der Raffinerie, zur Heizung der Destillirapparate, Dampfkessel u. dgl., so bleibt die ansehnliche Menge von 8,2 Mill. MC. Rückständen für die Schmierölfabrikation übrig und dies ergibt unter der Voraussetzung von 40 Proc. Ausbeute einen jährlich zu erzeugenden Posten von über 3 Mill. MC. Schmieröl. Die Schmierölerzeugung Bakus betrug aber 1885 nur 260000 MC. und rechnet man auch noch das aus Rückständen auswärts dargestellte Schmieröl (in Moskau und St. Petersburg, Nischni-Nowgorod, Riga u.a. O., auch auſserhalb Rufsland verarbeitet man Rückstände oder Halbfabrikate auf Schmieröle), sowie das als rohe Naphta unmittelbar versandte Material hinzu, so ergibt sich, daſs bis jetzt doch kaum 10 Procent der Gesammtrückstände der Baku'schen Petroleumraffinerien auf Schmieröle verarbeitet werden. In diesem Fabrikationszweige ist somit noch eine erhebliche Productionssteigerung möglich und in Rücksicht auf die mit Recht immer mehr zunehmende Verbreitung der Anwendung russischer Schmieröle auch mit Sicherheit zu erwarten. Was von den Rückständen zur Zeit auf Schmieröle nicht verarbeitet werden kann, wird zur Heizung der Dampfschiffe auf dem Kaspischen und Schwarzen Meere, der Locomotiven der benachbarten Bahnen und der Dampfkessel von Fabriken abgesetzt. Der Preis beträgt zur Zeit 40 bis 50 Pf. für 100k. Die Fabrikation zerfällt wie die Kerosinbereitung in die Destillation und die chemische Reinigung, welche, dem Prinzipe nach zwar mit den bei der Kerosinbereitung beobachteten Verfahren übereinstimmend, im Einzelnen jedoch nicht unerheblich davon abweichen. Hierbei muſs bemerkt werden, daſs aus den Raffinerien von Baku auch groſse Mengen nicht chemisch gereinigter Destillate, als Halbfabrikate, ausgeführt werden, sowie auch, daſs in einzelnen Schmierölfabriken auſserhalb Bakus Petroleumrückstände durch bloſse chemische Reinigung mit Schwefelsäure und Aetznatron, manchmal mit Zuhilfenahme einer Filtration über Knochenkohle, also ohne Destillation auf Schmieröl zur Verarbeitung kommen. Die Schmieröldestillation kommt in liegenden schmiedeisernen Kesseln von meist ovalem Querschnitte zur Ausführung, deren Einrichtung nur wenig von derjenigen der Kerosinkessel abweicht. Statt ovalen Querschnittes findet man neuerdings auch die cylindrische Form, desgleichen statt eines einzigen Helmes mehrere Aufsätze neben einander, die aber alle in ein mit nur ganz schwacher Neigung über den Kessel hinweglaufendes gemeinschaftliches Sammelrohr (vgl. Fig. 29) einmünden, welch letzteres die Oeldämpfe nach den Dephlegmatoren oder Kühlern führt. Ein solcher Kessel faſst bei ¾ Füllung gewöhnlich 82 MC. (500 Pud) Rückstände. Ein Rohr zur Zuleitung des überhitzten Dampfes endigt, nachdem es mehrfach durch die Rückstände in wagerechten Windungen hindurchgegangen ist, in mehreren Zweigenden in der Nähe des Kesselbodens, so daſs der Dampf vor seinem Austritte die Temperatur der kochenden Rückstände annimmt. An der tiefsten Stelle des Kessels befindet sich der Ablaſsstutzen mit Ventil für die Schmierölrückstände. Zur Erzeugung des überhitzten Dampfes sind die verschiedensten Ueberhitzungsapparate in Anwendung, welche jedoch als allgemein bekannt in ihrer Einrichtung hier nicht näher beschrieben werden sollen; sie werden ebenfalls mit Rückständen geheizt und müssen den Dampf mit Temperaturen von 200 bis 300° abgeben. Um die Röhren vor der Stichflamme der Brenner (Forsunken) zu schützen, sind sie durch einen Mantel von Chamotte oder auch durch Eisenplatten umhüllt. Jeder Kessel hat entweder seinen besonderen Ueberhitzer, oder aber es werden mehrere Kessel von einem Ueberhitzer gespeist; letzteres ist der seltenere Fall. Von gröſster Wichtigkeit ist die Einrichtung der Kühlapparate. Früher hatte man – und auch jetzt sah ich noch eine solche Einrichtung – eiserne Kühlschlangen mit Wasserkühlung, aus denen man die Destillate fractionsweise nach einander aufsammelte; auch sah ich zwischen Helm und Kühler einen kleinen Vorkühler eingelegt. Die neueren und besser eingerichteten Schmierölfabriken haben aber neuerdings ganz allgemein die Separationskühlung, wobei die Dämpfe durch eine Art von mit Luft gekühlten Dephlegmatoren entsprechend ihrer Flüchtigkeit in Fractionen geschieden werden. Die wichtigeren derselben seien hier in schematischer Darstellung wiedergegeben. Fig. 29., Bd. 260, S. 527 In Fig. 29 bezeichnet A den Destillirkessel (Länge 3,5 bis 4m und ovaler Querschnitt 1m,3 hoch, 2m breit), aus welchem durch die Stutzen a die Abdämpfe in das weite Blechrohr B, von hier in das engere Rohr B1, dann in den sogen. Separator C und von da durch c in einen Wasserkühler beliebiger Construction treten. Die in B sich verdichtenden schwer siedenden Theile des Dampfes flieſsen durch die Röhre b, die von Rohr B1 durch b1, die vom Vorkühler C durch c1 ab, während die leichtest flüchtigen mit den Wasserdämpfen erst in dem Wasserkühler verdichtet werden. Man kann selbstverständlich auch das Oel aus C nach B1 zurückflieſsen und ebenfalls aus b1 auslaufen lassen. Fig. 30., Bd. 260, S. 527 Ein anderes, stehendes, Kühlsystem zeigt Fig. 30. Hier treten die Oeldämpfe bei a ein; was sich in dem ersten daran anschlieſsenden U-förmigen Rohre verdichtet, flieſst durch b ab, wird im Wasserkühler b1 gekühlt und dann aufgesammelt; ähnlich verdichten sich in den folgenden Schenkeln immer leichter flüchtige und dünnere Oele, welche bei c und d ablaufen und in c1 und d1 gekühlt werden; die leichtesten Oele gehen mit den Wasserdämpfen bei e in einen Wasserkühler. Dieser Luftkühler hat den Fehler, daſs die schweren Abdämpfe gezwungen werden, wiederholt in den senkrechten Röhrenschenkeln in die Höhe zu steigen, wodurch ein nachtheiliger Druck entsteht. Fig. 31., Bd. 260, S. 527 Das neueste, liegende, Kühlsystem endlich ist in Fig. 31 im Grundrisse abgebildet. Die Fig. 31. eisernen Röhren a bis e liegen in nahezu wagerechter, nur in der Richtung der Pfeile ganz wenig geneigter Lage frei in der Luft. Die Länge jeder einzelnen Röhre beträgt 6 bis 7m, der Durchmesser der Röhre a etwa 20cm, in den folgenden abnehmend bis e mit etwa 10cm Weite, woran sich dann noch bei f ein mit Wasser gekühltes Schlangenkühlrohr anschlieſst. Die Abdämpfe treten bei a1 ein und was sich davon in a verdichtet, flieſst durch die mit Sicherheitsbiegung versehene Röhre a2, die in b und c verdichteten Oele durch c1 die in d und e durch e1 ab. Wasserdämpfe und leichtest siedende Theile des Oeles werden in dem Schlangenkühler verdichtet. Die Kühlung erfolgt in a, b und c nur mittels Luft, in d und e mit Unterstützung (namentlich bei heiſser Jahreszeit) von Wasser, welches aus g aufgerieselt wird. Beim Betriebe der Destillation wird der Kessel zu ¾ mit Rückständen gefüllt und durch Anzünden der Forsunka erhitzt, bis die ersten Tropfen leichteren Oeles übergehen. Alsdann wird der Dampfhahn geöffnet und überhitzter Wasserdampf, dessen Temperatur sich möglichst der Temperatur der kochenden Rückstände anschlieſsen soll, eingeleitet. In dem Maſse, als der Kesselinhalt heiſser wird, gibt man auch dem Dampfe gröſsere Hitze, überschreitet jedoch auch zu Ende der Destillation die Temperatur 300° nicht oder doch nur um weniges. Wie schon erwähnt, nimmt der Dampf in den von kochenden Rückständen umgebenen Röhren deren Temperatur an, ehe er aus feinen Löchern austritt. Ein einfaches Mittel, um sich davon zu überzeugen, daſs der Dampf die ungefähre Temperatur von 300° erreicht hat, besteht in dem Andrücken eines Stückchens Papier an das Dampfrohr, wobei dasselbe nur gelb, nicht aber braun anbrennen soll. Unter keinen Umständen darf das Papier ankohlen, denn zu stark überhitzter Dampf bewirkt Zersetzungen. Nach Roſsmäſsler's AngabeVgl. F. A. Roßmäßler: Fabrikation von Photogen u.a. aus Baku'scher Naphta. (Halle a. S. 1884.) wird zu Anfang der Destillation so viel Dampf eingeleitet, daſs das daraus verdichtete Wasser zum verflüssigten Oele sich wie 2 : 1, gegen Ende wie 1 : 1 verhält; nach mir gewordener Mittheilung kommt man aber mit 50 Proc. Dampf (als Condensationswasser gemessen), ja mit noch weniger aus. Desgleichen habe ich in zwei groſsen Destillationsanlagen wahrgenommen, daſs die Temperatur des einströmenden Dampfes von Anfang bis zu Ende auf nur etwa 200° gehalten wurde. Die Oele, welche sich in den zwei oder drei Abtheilungen der Luftkühler (Separatoren, Dephlegmatoren) verdichten und von da ablaufen, sind gelb gefärbt und müssen in der Kälte vollkommen geruchlos sein; die leichteren, durch die Luftkühler hindurchgehenden und erst im Wasserkühler zugleich mit den Wasserdämpfen sich verdichtenden Oele besitzen dagegen einen sehr unangenehmen Geruch. Dieselben werden, oft mit den Schmierölrückständen vermischt, in den Forsunken verbrannt, oder aber durch Rectification noch auf „Solaröl“ verarbeitet, wovon bis zu 15 Proc. vom Gewichte der Rückstände erhalten werden können. Der bei dieser Rectification verbleibende Rückstand kann nur zum Heizen benutzt werden. Von gröſster Wichtigkeit ist es endlich, daſs langsam destillirt wird; für eine Füllung von 82 MC. (500 Pud) rechnet man 22 Stunden und dabei soll das Oel immer möglichst gleichmäſsig übergehen. Der Verbrauch an Rückständen für die Feuerung der Schmierölblasen beträgt 20 Procent der Füllung, also ungleich mehr als bei der Kerosindestillation. Das specifische Gewicht des aus den übergerissenen Dämpfen verdichteten Oeles steigt von anfänglich 0,860 bis auf 0,925, das specifische Gewicht der in der Kälte zähflüssigen, fast festen Schmierölrückstände ist 0,950. Selbstverständlich treten aber auch hierin je nach der Natur der Kerosinrückstände, der Art und Weise der Destillation und Kühlung nicht unerhebliche Abweichungen ein. Ausbeute und specifisches Gewicht der einzelnen Fractionen nach den im Groſsbetriebe einer der ersten Fabriken gewonnenen Erfahrungen ergeben sich aus folgender Zusammenstellung: Proc. Spec Gew. Grenzen des spec. Gew. Vorlauf (Solaröl) 10 bis 15 0,870 bis 0,890 Spindelöl 9 0,896 0,890 bis 0,900 Maschinenöl 40 bis 42 0,911 0,900 bis 0,918/920 Cylinderöl   3 bis 4 0,915 bis 0,925 In einer anderen groſsen Raffinerie werden erhalten: Proc. Spec. Gew. Solaröl 10 Spindelöl 10 0,897 Maschinenöl 25 0,908/910 Cylinderöl   3 0,915/918 Die Gesammtausbeute an nicht gereinigtem Schmieröl schwankt hiernach zwischen 38 und 54 Procent vom Gewichte der Rückstände bezieh. bei 56 Proc. Rückstandsausbeute zwischen 21 und 30 Procent vom Gewicht der Rohnaphta. Aus der bei Tagjeff und Sarkisoff verarbeiteten leichten Rohnaphta von Bibieybat werden nur 14,5 Proc. erhalten. Daſs man durch weitere Unterabtheilungen in den Luftkühlern die Anzahl der Fractionen noch vermehren kann, ist selbstverständlich; nur ausnahmsweise arbeitet man aber auf mehr als zwei oder drei Schmierölfractionen. Immer findet dabei ein nicht unerheblicher, 2 bis 3 Proc. betragender, Verlust durch Vergasung statt. Die chemische Reinigung der Schmieröle erfordert die gröſste Sorgfalt; sie wird in der Hauptsache wie beim Kerosin ebenfalls durch Waschprozesse mit Schwefelsäure und Natronlauge bewirkt. Auch die Apparatur ist im Ganzen dieselbe, weshalb diese gleich im Zusammenhange mit der ganzen Betriebsweise beschrieben werden soll. Im Uebrigen ist die Schmierölreinigung eine Kunst, welche in Rücksicht auf jede Oelsorte besonders gehandhabt sein will und nur durch Erfahrung erlernt werden kann. In der einen Fabrik benutzt man Gefäſse von beistehender Form und Einrichtung. Der eiserne Behälter A (Fig. 32) hat einen cylindrischen Einsatz B, welcher mit seinem unteren Rande nicht auf den kegelförmigen Boden von A reicht. In B ist der Schraubenrührer b, durch dessen Drehung die Flüssigkeit in der Richtung der Pfeile in Bewegung gesetzt wird. Solche Behälter sind wiederum zwei treppenartig über einander aufgestellt. Der höher stehende, für Behandlung mit Schwefelsäure bestimmte, ist mit Blei ausgeschlagen und gestattet durch ein unten angebrachtes Ablaſsrohr die Ableitung in den tiefer stehenden eisernen Laugenbehälter. In beiden Gefäſsen liegt am Boden ein Dampfrohr, mittels welchen man den Inhalt zur Winterszeit auf eine Temperatur von etwa 30° erwärmen muſs, da bei niedererer Temperatur die Oele zu dickflüssig sind. Fig. 32., Bd. 260, S. 530 Die zur Reinigung dienende Schwefelsäure von 66° B., die möglichst frei von Oxyden des Stickstoffes sein muſs, wird dem vorher nach Möglichkeit getrockneten Oele im inneren Cylinder B unter starkem Umrühren mittels der archimedischen Schraube b beigemischt und das Rühren nach Zusatz der Schwefelsäure noch etwa ½ Stunde lang fortgesetzt. Es folgt ein etwa 2 stündiger Klärprozeſs, Ablassen der Harzsäure durch eine seitliche Abzweigung am Ablaſsstutzen und Ueberleiten des Oeles in den Laugbehälter. Je dicker das Oel, um so mehr Schwefelsäure wird gebraucht, um demselben genügend helle Farbe und Durchsichtigkeit, wenigstens in dünnen Schichten, zu ertheilen; bei dem oben beschriebenen Verfahren nimmt man 2 bis 3 Proc. Das Laugen erfolgt ebenfalls unter Behandlung, und zwar zuerst mit etwa 3 Proc., einer etwas concentrirteren Natronlauge von 20° B. (1,16 sp. G.), entsprechend etwa 0,3 Proc. Natron (Na2O) vom Gewichte des Oeles, alsdann mit immer dünnerer Lauge, zuletzt mit Wasser. Auf diese Weise muſs verfahren werden, weil die zuerst angewendete concentrirtere Lauge die gebildeten Seifen nicht genügend aus dem Oele herauslöst, sofortige Anwendung von Wasser aber nach der concentrirten Natronlauge die Bildung einer nur sehr schwer zu beseitigenden Emulsion zur Folge haben würde. In der angegebenen Weise behandeltes Oel wird beim Schütteln mit Wasser nicht emulgirt. – Bei Herstellung sehr feiner heller Oelsorten wird zwischen Säuerungs- und Laugenprozeſs eine Filtration durch ein Kokesfilter zur Beseitigung der restlichen Säureharztheilchen vorgenommen. Dies ist jedoch nur ein Ausnahmefall. In einer anderen groſsen Schmierölfabrik behandelt man das auf etwa 30 bis 40° vorgewärmte trockene Oel in bleiernen Behältern unter Luftrührung (siehe bei Kerosinreinigung) mit bis zu 6 Proc. Schwefelsäure von 66° B., alsdann mit etwa so viel einer dünnen Natronlauge, daſs auf 100 Th. Oel etwa 0,2 bis 0,3 Proc. Natronhydrat kommen, und unter Erwärmung auf 60 bis 70°. Da die Behandlung mit Schwefelsäure und das darauf folgende Klären ziemlich rasch, das Laugen dagegen nur langsam von statten geht, sind für einen Säurebehälter mehrere Laugebehälter neben einander aufgestellt. Die Erwärmung geschieht in beiden Fällen indirect mittels Wasserdampf und, damit sie gleichmäſsig ist, stehen die Laugebehälter in einem geschlossenen, möglichst gleichmäſsig warm gehaltenen Raum, sind auch mit Holzverkleidungen gegen Wärmeausstrahlung versehen. Nach erstmaliger Klärung folgt eine zweite in einer zweiten Reihe noch tiefer stehender eiserner Bottiche ebenfalls in stark erwärmtem Raume und bei etwa derselben Temperatur des Oeles, schlieſslich ein Waschprozeſs mit destillirtem Wasser ebenfalls heiſs und unter anfänglicher Mischung mit Luft. Das Charakteristische bei der letztbeschriebenen Methode der Schmierölreinigung besteht in der innegehaltenen gleichmäſsigen hohen Temperatur beim Lauge- und Waschprozesse. In allen Fällen muſs das Schmieröl noch getrocknet werden, was durch indirekte Erhitzung in flachen runden oder viereckigen Gefäſsen mittels eingelegter Dampfschlangen oder Doppelboden mit Dampf bewirkt wird. Man erhitzt das Oel so lange, bis es selbst beim Erkalten keine Spur von Trübung mehr zeigt. Zur Reinigung des Schmieröles aus Naphtarückständen von Bibieybat werden bis zu 10 Proc. Schwefelsäure verbraucht. Je dicker das Oel und je rascher destillirt wird, desto gröſser ist im Allgemeinen der Säureverbrauch. Die Gewichtsverluste der chemischen Reinigung betragen bei Schmieröl aus Naphta, von Balakhani-Sabuntschi bis 18 Proc., von Bibieybat 20 bis 22 Proc. und das specifische Gewicht des Oeles nimmt während des Reinigungsprozesses um 0,003 bis 0,004 ab, wird also um weniges leichter und dünner. Die Gröſse der Gefäſse zur chemischen Reinigung der Schmieröle ist immer erheblich geringer als diejenige der Kerosinreinigungsapparate. Die von Hoſsmäſsler noch erwähnte ältere Darstellungsweise von Schmieröl durch Behandlung des Gemisches der leichteren und schwereren Oele mit Schwefelsäure, dann mit Kalk und darauf folgende Rectification unter Scheidung in verschiedene Oelsorten sah ich nirgends mehr in Anwendung. Die Rückstände der Schmieröldestillation sind so zähflüssig, daſs sie bei dem billigen Preise der Kerosinrückstände zur Zeit nur ausnahmsweise zur Feuerung benutzt werden. Man vermischt sie zu ihrer Verdünnung mit den leichtest siedenden Theilen der Schmieröldestillation (Solaröl), leitet sie auch vor Eintritt in die Forsunka durch ein nach Art eines Liebig'schen Kühlers eingerichtetes Rohr, in welchem sie mittels Dampf erwärmt und verflüssigt werden. In den meisten Fällen läſst man diese Rückstände jedoch ins Meer laufen. Aus dem Säureharze, welches bei der chemischen Reinigung sowohl des Kerosins, als auch des Schmieröles entsteht, wird bei dem hohen Preise der Säure in Baku neuerdings die Schwefelsäure in einer besonderen Anlage, welche jene Rückstände aufkauft, regenerirt. Der Prozeſs ist im Wesentlichen derselbe wie in den sächsischen Solarölfabriken (Zerlegung des Säureharzes mit Wasser und Concentration der von dem Harze geschiedenen dünnen Schwefelsäure), nur daſs, der Leichtlöslichkeit der Harze in heiſser verdünnter Schwefelsäure wegen, kalt gearbeitet werden muſs. V. Der Transport der Naphtaproducte Bakus. Der Transport der Naphtaproducte hat durch das Eingreifen des Mitbesitzers der Firma Gebrüder Nobel, Hrn. Ludwig Nobel, eine gewaltige Umwälzung und Förderung erfahren. Erst hiernach war es möglich, die Erdölindustrie Bakus auf ihre heutige gewaltige Höhe zu heben. Schon weiter oben ist bemerkt worden, wie man früher die Rohnaphta von Balakhani aus auf zweirädrigen Karren mühsam in die fast 11km entfernten Raffinerien schaffen muſste und wie die Firma Nobel den Anfang mit dem Transport der Rohnaphta durch Rohrleitungen machte. Des Weiteren waren aber noch zahlreiche, auf theuerem und umständlichem Transport beruhende Schwierigkeiten vorhanden, welche der Entwickelung der Industrie hemmend im Wege standen. So z.B. muſste die Schwefelsäure zur Reinigung des Kerosins aus Moskau bezogen werden, trotzdem das am nordöstlichen Kaukasus gelegene Daghestan sowie das nicht ferne Persien bedeutende Vorkommen von Schwefel aufweisen. Gebrüder Nobel legten eine Schwefelsäurefabrik an, welche nicht allein für die eigene Raffinerie, sondern auch noch für eine Reihe anderer Werke Schwefelsäure in drei Bleikammersystemen liefert. Diese Schwefelsäurefabrik befindet sich unter Leitung des äuſserst erfahrenen und intelligenten Herrn J. J. Thyſs, eines geborenen Elsässers, welchem wir die Entdeckung und Einführung eines Bleikammersystemes zu verdanken haben, das unter Anwendung von Colonnen aus durchlochten Bleiplatten eine sehr bedeutende Reduction des Kammerraumes gestattet (vgl. 1885 256 * 75). Ein System von Thyſs soll in 24 Stunden die folgende Erzeugung an Schwefelsäure, berechnet auf 66° B., gestatten: 2 Bleikammern mit zusammen 850cbm liefern 1275k, 6 Colonnen mit zusammen 33cbm geben 5600k, im Ganzen also 6875k. Wie ich mich überzeugen konnte, arbeiten die Colonnen vollkommen zufriedenstellend. Eine zweite groſse Schwefelsäurefabrik besitzt die Firma Schibajeff. Der Transport der Naphtaproducte geschah früher, abgesehen von geringen Mengen, welche man (wie auch noch jetzt) in Schläuchen auf Kamelen beförderte, in Fässern, die auf persischen Barken bis zur Wolga geschafft und von da auf Fluſsbarken umgeladen und in langer Fahrt stromaufwärts gefahren wurden. Der Verlust durch Leckage betrug dabei in manchen Sommern bis zu 30 Proc; auch stellte sich ein Faſs doppelter Gröſse bei den auſserordentlich hohen Holzpreisen dortiger Gegend auf 24 bis 27 M. für 300k Inhalt. Statt dessen lieſs Ludwig Nobel eiserne Dampf boote bauen, welche in mehreren eisernen Kästen 6500 bis 8300 MC. Kerosin aufnehmen können. Auch die Kaspische Gesellschaft, Pallaschkowsky und andere groſse Firmen besitzen ihre Transportschiffe für das Kaspische Meer. Das Kerosin wird in Rohrleitungen von den Raffinerien in die Einzelbehälter des Schiffes geleitet und in denselben in 50 stündiger Fahrt bis vor Astrachan gebracht, woselbst Umladung in flacher gehende Wolgadampfer erfolgt. In letzteren geht das Oel bis zu einigen Hauptstationen an der Wolga, woselbst weitere Verladung in Aufbewahrungsbehälter oder auf die Bahn statthat. Gebrüder Nobel besitzen Stations-Behälter in Astrachan zu 50000 MC, Zarizyn zu 250000, Saratow zu 180000, Bobruisk zu 80000 (für Rückstände), Nischny-Nowgorod zu 50000 und Perm zu 25000 MC. Groſse eiserne Behälter, welche mit den vorgenannten Stationen Bahnverbindung in Cisternenwagen zu 100 MC. haben, befinden sich des Weiteren im inneren Rufsland in Moskau zu 80000, Orel (32 Behälter) zu 650000, St. Petersburg zu 65000, Riga zu 60000, Liebau zu 40000, Kiew zu 50000, Charkow zu 40000, Rostow zu 33 000 und Warschau zu 80000 MC. Fassungsraum. (Anerkannter Specialist im Baue solcher Behälter ist Ingenieur Altvater, ein geborener Deutscher.) Auſserdem besteht noch eine ganze Anzahl kleinerer Sammelbehälter. Für Transport auf dem Kaspischen Meer und der Wolga besaſs die Firma Gebrüder Nobel 1884 eine Flotille mit der stattlichen Zahl von 69 Schiffen (12 groſse Dampfer für das Kaspische Meer, 10 kleinere für die Wolga, 8 groſse eiserne Cisternen-Lichterschiffe, 7 Barken mit Oelbehältern, 32 hölzerne Barken für Rückstände), für die Bahnbeförderung schon gegen 2000 Cisternenwagen. Neben dem Wege über Astrachan und die Wolga hinauf nach Rufsland schlägt ein verhältniſsmäſsig noch kleiner Theil der Baku'schen Naphtaproducte die Richtung über die nahezu 900km lange Bahn von Baku nach Batum und von da in verschiedene Hafenstädte des Schwarzen und Mittelländischen Meeres ein. Trotzdem diese Bahn 900 Cisternenwagen zu je 100 MC. Kerosin besitzt, ist der Transport noch ein unzureichender, hauptsächlich deshalb, weil durch die starke Steigung über den landschaftlich zwar selten schönen, aber äuſserst steilen Paſs des Suram-Gebirges (zwischen Tiflis und Batum), der nur eine langsame Fahrt kleiner Züge gestattet, Stauungen an dieser Stelle der Bahn entstehen. Durch einen bereits concessionirten und angeblich in Angriff genommenen Tunnelbau soll diesem Miſsstande nach Möglichkeit abgeholfen werden. Desgleichen sollen schon jetzt die beiden Bahnstationen Michailowo und Beschatuban, ersteres östlich, letzteres westlich vom Suram-Passe, durch eine Röhrenleitung mit mehreren Pumphäusern mit einander verbunden werden, was zweifellos eine erhebliche Beschleunigung des Transportes auf der ganzen Bahn zur Folge haben würde. Ob auch die schon vielfach besprochene Röhrenverbindung zwischen Baku und Batum zu Stande kommt, steht noch dahin. Zur Zeit betragen die Transportkosten von Baku nach Batum 2 M. für 1 MC., so daſs bei einem Preise in Baku von 50 Pf. für 1 MC. Rohnaphta (ungefährer jetziger Preis) diese in Batum schon auf 2,50 M. zu stehen kommt. Entsprechend erhöht sich natürlich auch der Preis des Brennöles um 2 M. für 1 MC. In Batum haben verschiedene Firmen ebenfalls groſse Behälter errichtet und geschieht der Versandt des Erdöles von hier aus theils in Blechbüchsen (2 solcher mit 1 Pud = 16k,36 Oel sind immer in 1 Holzkiste) oder Fässern (Barrels), theils in Cisternen-Dampfern ähnlicher Art wie auf dem Kaspischen Meer. Die ersten Schiffe dieser Art, das eine der von der russischen Regierung für das Schwarze Meer monopolisirten Dampfschiffgesellschaft, das andere der Firma Burckardt und Comp. in Batum gehörig, wurden den 20. Januar 1886 von Batum abgelassen. Ersteres läuft alle 10 Tage zwischen Batum und Odessa, letzteres zwischen Batum und Antwerpen. Desgleichen ist in neuester Zeit ein solcher Dampfer für den Verkehr nach der Ostsee und ein weiterer (für Kerosin und für Rückstände) von der Firma Oelrich und Comp. für den Verkehr zwischen Batum und Hamburg, woselbst die Firma eine Filiale besitzt, eingestellt worden. Von Antwerpen und Hamburg aus wird sonach schon jetzt eine gewisse Menge kaukasischen Erdöles nach Deutschland eingeführt (die Groſsh. Badische Staats-Eisenbahn brennt beispielsweise zur Zeit solches Erdöl mit sehr gutem Erfolge). Eine bedeutendere Menge wird aber ohne Zweifel von den nächst gelegenen russischen Oelbehältern aus in das nordöstliche Deutschland gebracht und die Deutsch-Russische-Naphta-Import-Gesellschaft (Gebrüder Nobel) beabsichtigt die Einfuhr von St. Petersburg aus über die Ostsee. Schon sind zwei Cisternen-Dampfer für diesen Transport – nach Stettin und Lübeck – im Baue und daſs selbst auf diesem mit langer Landfracht verbundenen Wege das Baku'sche Kerosin mit dem pennsylvanischen Petroleum noch in Wettbewerb treten kann, ergibt sich aus folgender Kostenberechnung: 100k Kerosin in Zarizyn 5,20 M. Fracht bis St. Petersburg (1635 Werst zu 18 Pf. die      Wagenladung) u.a. 3,18 Wagenmiethe an Gebrüder Nobel (1635 Werst zu 6 Pf.      für den Wagen) 0,98 –––––– 100k bis St. Petersburg 9,36 M. Dazu kommen dann noch die Kosten für Schiffstransport beispielsweise nach Stettin, welche unter gleichen Voraussetzungen wie für den Transport von Baku nach Astrachan (für 100k 30,6 Pf.) etwa 80 Pf. und 13,7 Pf. Löschkosten, also 93,7 Pf. betragen würden. Zusammen also für 1 MC. Kerosin 10,30 M. in Stettin. Bei einem Verkaufspreise des amerikanischen Oeles zu 12 bis 13 M., eine schon recht niedrige Annahme, erscheint sonach die Concurrenzfähigkeit des kaukasischen Erdöles gesichert. Für Herstellung der Fässer, welche zwar durch die Cisternen, wie oben bemerkt, mehr und mehr verdrängt werden, befinden sich in Baku Fabriken, in denen nach amerikanischem System gearbeitet wird. Auch die Füllung der Fässer erfolgt nach amerikanischer Methode, also selbstthätig. Kistchen und Blechbüchsen, insbesondere für den Versandt nach dem Orient verwendet, werden in Fabriken zu Batum (die gröſste von Pallaschkowsky) hergestellt.Nachtrag betreffend „Vergleichende Versuche über die Eigenschaften des kaukasischen und des amerikanischen Erdöles“ folgt im nächsten Bande. Karlsruhe i. B., April 1886.